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rlp-aw - [Rlp-aw] [INFO] Sie haben Post von der Piratenpartei

rlp-aw AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Rlp-aw mailing list

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[Rlp-aw] [INFO] Sie haben Post von der Piratenpartei


Chronologisch Thread 
  • From: Gernot Reipen <gernot.reipen AT online.de>
  • To: ML Ahrpiraten <rlp-aw AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: [Rlp-aw] [INFO] Sie haben Post von der Piratenpartei
  • Date: Thu, 05 Mar 2015 11:17:40 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/rlp-aw>
  • List-id: <rlp-aw.lists.piratenpartei.de>

Hallo Ahrpiraten,

im Rahmen der bundesweiten TTIP/CETA Aktion der PIRATEN, habe ich auch
Frau Mechthild Heil per Brief als auch per e-mail kontaktiert.

Wir hatten zu dieser Aktion auch eine PM an die Medien verschickt, die
aber leider – wiedereinmal - nicht in den lokalen Zeitungen
veröffentlicht wurde, soweit Neutralität und objektive Berichterstattung.

Siehe: https://www.dropbox.com/s/b2qrk3bk8iswiow/PM%202015-02.pdf?dl=0

Gestern erhielt ich von Frau Heil die Antworten, die ich euch hiermit
mitteilen möchte.

Gruß Gernot

1. Regulatorische Kooperation
Die regulatorische Kooperation im Freihandelsabkommen TTIP zwischen der
EU und den USA ermöglicht es Lobbyisten, geplante regionale
Regulierungen und Gesetzesinitiativen im voraus zu prüfen und
gegebenenfalls neu zu formulieren. Sollte das Abkommen zum Abschluss
kommen: Wie wollen sie diese Fußfessel für die Legislative und
Entmündigung demokratisch gewählter Mandatsträger rechtfertigen?

Heil: Durch die regulatorische Kooperation wird es keine Privilegierung
von Lobbyvertretern oder speziellen Interessengruppen geben. Vielmehr
soll die breite Öffentlichkeit (d. h. Nichtregierungsorganisationen,
Zivilgesellschaft, Wirtschaft) die Möglichkeit zur Stellungnahme haben.


2. Transatlantischer Handel und Datenschutz
Transatlantischer Handel findet heute zu 100% über das Internet statt.
Wie kann ein Freihandelsabkommen im "NSA-Zeitalter" ohne umfassenden
Datenschutz die Freiheit des Handels vor Ausspähung und den Schutz der
Privatsphäre und der persönlichen Daten der Verbraucher garantieren?

Heil: Allgemeine transatlantische Datenschutzfragen werden nicht im
Rahmen der TTIP verhandelt - Freihandelsverhandlungen sind dafür nicht
das richtige Forum. Sie sollen stattdessen in den dafür vorgesehenen
Gremien und Regelwerken (etwa der Ad-hoc Expertengruppe EU-US Working
Group on Data Protection oder der EU-US-Safe-Harbor-Vereinbarung) gelöst
werden. Allerdings betrifft der Datenschutz zum Beispiel auch
handelsbezogene Kommunikation, d.h. etwa bei Dienstleistungen im
IKT-Bereich auch Fragen, ob und wie Regeln und Vorschriften zusammen
passen ("regulative Kompatibilität"). Solche Aspekte werden im Rahmen
von TTIP behandelt. Auch Fragen des Datenschutzes beim
Dienstleistungshandel, bei E-Commerce oder im IKT-Bereich werden mit dem
Ziel einer gemeinsamen Verständigung angesprochen. TTIP hat jedoch
keinen Einfluss auf die gegenwärtig laufenden Verhandlungen zur
EU-Datenschutzreform. Generell setzt sich die Bundesregierung für hohe
Datenschutzstandards auch im transatlantischen Verhältnis ein. Die
bestehenden Datenschutzstandards in Deutschland und der EU stehen nicht
zur Disposition.


3. Vorsorgeprinzip
Als einen Grundsatz ihrer Politik hat die EU das Vorsorgeprinzip
verankert. Dieses besagt, dass Belastungen für die Umwelt oder Schäden
für die menschliche Gesundheit (bei unvollständiger Wissensbasis) im
Voraus vermieden oder weitgehend verringert werden sollen. Immer wieder
sind Politiker dem Druck der den Agrarmarkt beherrschenden Konzernen
ausgesetzt, man möge dieses Prinzip aufgeben, da Chancen für eine
konkurrenzfähige Landwirtschaft vertan würden (z.B. Zulassung GMO,
Hormone in der Tiermast). Dass jedoch bei Missachtung des
Vorsorgeprinzips der volkswirtschaftliche Schaden gegenüber den
privatwirtschaftlichen Gewinnen ins Unermessliche steigen kann, stellte
die Europäische Umweltagentur schon 2004 fest und beschreibt dies in
zahlreichen Beispielen. Wie werden Sie sicherstellen, dass das
Vorsorgeprinzip im Rahmen des Freihandelsabkommens aufrecht erhalten
bleibt? Wenn Sie keine Einflussmöglichkeiten sehen, werden Sie dann
gegen das Abkommen stimmen?

Heil: Das sogenannte Vorsorgeprinzip soll in jedem Fall bestehen
bleiben. Das heißt zum Beispiel, dass wie bisher gentechnisch veränderte
Organismen - also etwa Genmais - nur nach den strengen EU-Regeln in
Verkehr gebracht werden dürfen. Dafür wird nach wie vor eine positive
Sicherheitsbewertung durch die Europäische Behörde für
Lebensmittelsicherheit (EFSA) notwendig sein.


4. Einheitliche Standards
TTIP verspricht die Vereinheitlichung oder gegenseitige Anerkennung von
Standards. In den USA liegt die Kompetenz für Definition und Überwachung
von Standards aber in den meisten Fällen im privatrechtlichen Bereich
oder bei den Bundesstaaten. Die US-Bundesregierung hat also keinen
direkten Einfluss darauf. Wie wollen Sie sicher stellen, dass es im Zuge
von TTIP keine einseitige Anerkennung von US-Standards in der EU ohne
entsprechende Anerkennung der EU-Standards in den USA gibt?

Heil: Weder das europäische noch das US-amerikanische Schutzniveau im
Gesundheits-, Lebensmittel- oder Verbraucherbereich sind in TTIP
verhandelbar. Diese Sichtweise der Bundesregierung wird von der
EU-Kommission uneingeschränkt geteilt und spiegelt sich im
TTIP-Verhandlungsmandat wider. Auch US-Präsident Obama unterstrich dies
im Rahmen des EU-US Gipfels am 26./27. März 2014 in Brüssel. Bei keinem
der Themen, über die verhandelt wird, steht das bestehende Schutzniveau
im Gesundheits-, Lebensmittel- oder Verbraucherbereich zur Disposition.
Die EU wird keines ihrer grundlegenden Gesetze zum Schutz von Menschen,
Tieren oder Umwelt aufheben. Beim Arbeitsschutz sind die so genannten
Kernarbeitsnormen der UN-Agentur ILO (Internationale
Arbeitsorganisation) maßgeblich, die hohe soziale Standards, bzw.
menschenwürdige Arbeitsbedingungen und einen hinreichenden Schutz
garantieren. Es ist geplant, einen Mechanismus in das Abkommen
aufzunehmen, der dafür sorgt, dass diese Normen auch durchgesetzt
werden. Außerdem sollen Bestimmungen zur verantwortlichen
Unternehmensführung (Corporate Social Responsibility) in den Vertrag
eingehen. Bei den Verhandlungen geht es nicht darum, die beiderseits des
Atlantiks geltenden Standards gegenseitig zu unterbieten. Die jeweils
geltenden Regelungen sollen aber kompatibler werden. Dies bedeutet
jedoch nicht, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu suchen, sondern
unnötige Unterschiede zu identifizieren und aus dem Weg zu räumen. Jede
Seite behält weiterhin das Recht, ihr angemessenes Schutzniveau selbst
festzulegen und in diesem Rahmen Umwelt-, Sicherheits- und
Gesundheitsangelegenheiten so zu regeln, wie sie es für angebracht hält.

5. Geistiges Eigentum
Ein Ziel von TTIP ist für geistiges Eigentum im Zielland den gleichen
Schutz zu garantieren wie im Ursprungsland. Was halten Sie davon, dass
damit Trivialpatente aus den USA in der EU durchsetzbar werden?

Heil: Generell stehe ich Trivialpatenten kritisch gegenüber, da sie ein
Hemmnis für wirtschaftliche Entwicklungen darstellen. Es sollte das
Anliegen der EU-Kommission sein diese Einzuschränken.


6. Investorenschutz und CETA
In dem jetzt vorliegenden Vertragstext des Freihandelsabkommens CETA der
EU mit Kanada
(http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/september/tradoc_152806.pdf)
ist ein Investorenschutz durch nicht staatliche Schiedsgerichte
vorgesehen, deren Entscheidungen für die Vertragsstaaten bindend sind.
Kanada und die Mitgliedsstaaten der EU sind Rechtsstaaten. Halten Sie
eine zusätzliche übergeordnete private Schiedsgerichtsbarkeit im
CETA-Abkommen zur Durchsetzung unternehmerischer Interessen für
erforderlich? Würden Sie bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag dem
CETA-Vertrag zustimmen?

Heil: Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass spezielle
Investitionsschutzvorschriften in einem Abkommen zwischen der EU und den
USA nicht erforderlich sind, da beide Partner hinreichenden Rechtsschutz
vor nationalen Gerichten gewähren. Der Umfang der gegenseitigen
Investitionen aus den USA in Deutschland und aus Deutschland in den USA
belegt: Auch US-amerikanische und deutsche Investoren erachten den
bestehenden Rechtsschutz in beiden Ländern als ausreichend. Eine
endgültige Entscheidung darüber, ob Investitionsschutzbestimmungen in
das Abkommen aufgenommen werden, wird erst nach einem
Verhandlungsergebnis und nach Evaluierung durch die Mitgliedstaaten
erfolgen. Es muss auf jeden Fall ausgeschlossen werden, dass Regelungen
zum Schutz von Gemeinwohlzielen, die rechtsstaatlich und demokratisch
zustande kommen, ausgehebelt oder umgangen werden. Es muss verhindert
werden, dass z. B. ein Marktzugang, der solchen Regeln widerspricht,
einklagbar wird. Die EU-Kommission hat von Ende März bis Juli 2014
öffentliche Konsultationen zum Thema Investitionsschutz und
Investor-Staat-Schiedsverfahren in TTIP durchgeführt und die
Verhandlungen dazu für drei Monate unterbrochen. Die Ergebnisse der
Konsultationen werden Anfang 2015 durch die EU-Kommission vorgelegt.


Schlussbemerkung Heil: Generell sehe ich große Chancen für Deutschland
und Europa in einem Freihandelsabkommen mit den USA.




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