Re: [Ennepe-Ruhr] Kleine Nachlese

[Thomas Temme <th.temme AT gmail.com>]

Hallo Martin,

Ich verstehe deinen Frust gut. Ganz unabhängig ob auf Kommunaler-, Landes-, Bundes oder internationaler Ebene bin ich nach wie vor zu einem erstaunlich großen Teil total von unserem Programm überzeugt und finde, wir haben da richtig viele Perlen in unserem Programm stehen, die keine andere Partei sich traut zu fordern. Dies ist es auch, was die Piraten so revolutionär macht und unser Alleinstellungsmerkmal ist. Dieses Programm ist in jahrelanger Kleinarbeit der einzelnen AGs und durch viel viel Engagement entstanden. Keine andere Partei fordert wie die Piraten, unsere Demokratie durch Hilfsmittel der IT zu stärkern (Stichwort Liquid Democracy). Keine andere Partei - auch nicht die Grünen - hebt die Freiheit des Einzelnen so hervor, wie die Piraten. Bei uns spielt es keine Rolle, in welcher Art und Weise Menschen gerne zusammen Leben möchten (Stichwort: Geschlechter- und Familienpolitik, sowie Freie Selbstbestimmung des Zusammenlebens). Dagegen stinkt das Programm der Grünen sowas von ab. Wir waren die ersten, die einen effektiven Whistleblowerschutz gefordert haben - lange bevor der Name Edward Snowden in den Medien genannt wurde. Wir sind die einzigen, die eine vernünftige Trennung von Staat und Kirche fordern. Wir waren die ersten die Netzneutralität gesetzlich verankern wollten. Lange bevor die Telekom auf die Idee kam, dass man die Netzneutralität bei DSL abschaffen könne, um den Konzerngewinn zu erhöhen. Wir waren die einzigen, die sich eindeutig und Nachhaltig gegen Internetzensur ausgesprochen haben.

Zusammengefasst: Die Piraten sind die einzigen, die sich trauen auf Basis des Grundgesetzes und einem demokratisch- freiheitlichen Prinzip unsere Gesellschaft wie sie besteht zu hinterfragen und komplett neu zu durchdenken und überlegen, wie man Politik gestaltet, um das Leben der Menschen so angenehm wie möglich zu machen.

Wir haben also ein total geniales Programm welches in mühevoller Kleinarbeit angefertigt wurde und dann kommt so ein populistischer Haufen wie z.B. die AFD daher, deren Forderungen und Ziele sehr egoistisch sind - deren Weltbild weder sozial, ökologisch oder freiheitlich ist und die dann bei Wahlen allein durch populistische Parolen mal locker das doppelt- bis dreifache an Stimmen holen. Alle vier Jahre wird hier eine Frau zur Bundeskanzlerin gewählt, die vor einigen Jahren zusammen mit den USA einen Angriffskrieg im Irak starten wollte. Vielleicht auch einfach nur, um zusammen mit George W. Bush etwas Öl verticken zu können. Die keinen Hehl daraus macht, dass sie sich mit alternativen Lebensstilen schwertut und nur ihr eigenes erzkonservatives Menschenbild dulden möchte - ohne eine vernünftige Begründung zu geben und sich dabei lediglich auf ihr Gefühl beruft:
https://www.youtube.com/watch?v=_ERfnTE1Hgw

Es werden immer wieder diejenigen gewählt, die vom Verfassungsgericht wegen Grundrechtsverletzungen ermahnt werden und die als Konsequenz daraus das Verfassungsgericht entmachten möchten:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/cdu-will-rechte-des-bundesverfassungsgerichts-beschraenken-a-962804.html

Wir haben einen Finanzminister, der mit dem Umgang von viel Geld entweder total überfordert ist - oder über beide Ohren hinaus im Korruptionssumpf steckt:
https://www.youtube.com/watch?v=XaWE8K2nRVs

Bei der letzten Bundestagswahl wurden zu 78.2% Parteien gewählt, denen Diskriminierung in unserem Land entweder scheißegal ist (SPD), oder die sich in der Vergangenheit proaktiv für Diskriminierung sowie Unterteilung von Menschen in mehrere Klassen ausgesprochen haben (CDU/CSU, FDP, AFD, NPD, REP).

Wenn man jahrelang versucht zu erklären warum diese Parteien eben scheiße sind und was z.B. Piraten (oder zu großen Teilen vielleicht auch Grüne oder Linke) besser machen und eine Mehrheit CDU/CSU trotz allem total super findet, dann ist das irgendwann einfach nur noch zum Kotzen.

Normalerweise würde ich sagen, es ist Zeit zum Auswandern. Das wirklich schlimme an der Sache:

Ein Land in dem es besser läuft, muss man erstmal finden. Im Vergleich zu anderen Ländern stehen wir immer noch verdammt gut da.

Wie auch immer:

Ich würde mich freuen, wenn wir weiter in Kontakt bleiben. Vielleicht können wir ja demnächst mal den Raspberry-Workshop angehen.

Beste Grüße,
Thomas

Am 26. Mai 2014 00:12 schrieb Martin Debold <mailto AT m-debold.de>:

Liebe EN -Piraten,

die Kommuwahl 2014 ist Ende. Es wird wieder einige geben, die sagen, wir haben
einen tollen Wahlkampf gemacht, mehr war nicht drin, dieser Meinung bin ich
nicht, das Ergebnis ist relativ katastrophal, in Europa noch mehr.
Heute habe ich zufällig erfahren, dass die Piraten in Österreich ein
Wahlbündnis mit den Kommunisten (KPÖ) für die EU-Wahl geschlossen haben und
dies auch nach der Wahl weiterführen wollen. Wie man das mit einer
demokratischen Grundhaltung vereinbaren kann, ist mir absolut schleierhaft.

Traurig stimmt mich, dass einige unter uns nicht begriffen haben, dass man
eine Partei nicht von oben nach unten bauen kann, sondern umgekehrt, also
diese Kommunalwahl die vielleicht letzten Möglichkeit war, den turnaround zu
schaffen. Dazu hätte man aber den Kreis missionieren müssen. Aber noch ist
Polen nicht verloren!

Ich werde nicht mehr der Piratenpartei im Kreis zur Verfügung stehen und
wahrscheinlich auch nicht mehr oft auf den Stammtischen
erscheinen, aber zu einigen von Euch natürlich den persönlichen Kontakt
halten.

Leider werden wir wohl auf absehbare Zeit keinen Kreisverband mehr gründen
können, der Moment wurden verpasst und es war ein strategischer Fehler, es
nicht zu tun. Die Entscheidungen werden jetzt in den Kommunen verlagert.

Ich werde versuchen, das Piraten-Gedankengut nun schließlich und endlich in
einem Ortsverband umzusetzen, Witten, Ennepetal und Hattingen werden da auch
nicht drumrum kommen. Es braucht ein Entscheidungsgremium vor Ort, das man für
die kommunale Arbeit haben muss. Hier sind alle Sprockhöveler eingeladen,
dabei mitzuarbeiten, auch wenn das extrem schwer wird, weil wir so wenige
sind. Vielleicht sollten wir mit einem Stammtisch in Sprockhövel anfangen.

Sollte tatsächlich in Witten eine Fraktion zustande kommen, wäre ich dafür,
das Kreisbüro von Ennepetal nach Witten zu verlegen und es als Fraktionsbüro,
das dann von der Stadt finanziert wird, zu deklarieren. Das spart viel Geld und
zentralisiert auch räumlich den Aktionsschwerpunkt im EN-Kreis.

Denjenigen, die die Piratenpartei im Wahlkampf unterstützt haben, die
interessiert waren an der Kommunalpolitik in Sprockhövel, möchte ich an dieser
Stelle Dank sagen.

Vielleicht schafft es ja irgendwann mal eine Verantwortung übernehmenden
Mehrheit, die Führung der Partei im Kreis anzunehmen. Bis dahin ziehe ich mich
nach Sprockhövel zurück.

Ahoi und Glück auf!

Martin
--
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