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nrw-duesseldorf-talk - Re: [Ddorf-Talk] Veranstaltungshinweis: Soli-Kundgebung für Israel morgen 18 Uhr

nrw-duesseldorf-talk AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kreisverband Düsseldorf - TALK - (Nordrhein-Westfalen)

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Re: [Ddorf-Talk] Veranstaltungshinweis: Soli-Kundgebung für Israel morgen 18 Uhr


Chronologisch Thread 
  • From: Henry Jensen <hjensen AT gmx.de>
  • To: nrw-duesseldorf-talk AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ddorf-Talk] Veranstaltungshinweis: Soli-Kundgebung für Israel morgen 18 Uhr
  • Date: Thu, 24 Jul 2014 00:04:01 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/nrw-duesseldorf-talk>
  • List-id: <nrw-duesseldorf-talk.lists.piratenpartei.de>

Hallo zusammen,

zweifellos ist es ethisch schwierig und ich kann eure Entscheidung gut
nachvollziehen. Ich möchte aber begründen, warum ich eine Teilnahme für
nicht unmoralischer halte als einen Verzicht auf die Teilnahme.

Zuvor möchte ich nur anmerken, dass man dort natürlich nicht als Pirat
- also als Pirat erkennbar mittels T-Shirt, Flagge, etc. - dort hin
gehen sollte. Parteiflaggen und Abzeichen sind einfach unangebracht.
Und so verstehe ich Leonies Hinweis auch.

Argument: "Der Aufruf unterstützt die derzeitige militärische Operation
Israels"

Antwort: Ja, das tut er in der Tat. Das heißt nicht, dass man jede
militärische Aktion gut findet. Einzelne Nachrichten stimmen
nachdenklich. Eine internationale Untersuchung in Einzelfällen wäre
sicher gut. Wobei man die Kriegspropagandamaschinerie der Hamas nicht
unterschätzen sollte.

In der Gesamtheit wird mit dem Aufruf jedoch unterstützt, dass Israel
sich verteidigen darf - auch im akuten Fall. Um es an einem
historischen Beispiel deutlich zu machen: Wenn man begrüßt, dass
Deutschland und Europa von den Alliierten vom Faschismus befreit
wurden, heißt das dann auch, dass man die Bombardierung von Dresden gut
findet? Wobei Dresden ja ausdrücklich darauf angelegt war, die Moral
der Zivilbevölkerung zu brechen, so genanntes "moral bombing". Das tut
Israel ausdrücklich nicht.

Ein tiefes moralisches Dilemma. Ich würde nicht wagen, die
eine oder die andere Seite moralisch zu beurteilen. Militärisch sowieso
nicht.


Argument: "Es gibt so viele zivile Opfer"

Antwort: Ja, die gibt es zweifellos. Allerdings zweifle ich stark an,
dass es wirklich so viele Zivilisten sind, wie von der Hamas
angegeben werden. Hamas-Kämpfer kämpfen überwiegend in ziviler
Kleidung. Wenn ein Hamas-Gebäude oder Waffenlager getroffen wird kann
man sie nicht von unbeteiligten Zivilisten unterscheiden.

Die hohe Zahl von Toten hat allein die Hamas zu verantworten. Anders
als in der übrigen Welt schützt die Hamas-Regierung die Bevölkerung
nicht. Im Gegenteil: Wird ein Ziel angegriffen - wobei Israel meist
vorwarnt - hindert die Hamas die Leute daran zu fliehen und bemüht sich
sogar, noch mehr Menschen in das Angriffsgebiet zu schaffen. Ziel der
Hamas ist es, eine möglichst hohe Zahl an Toten zu erreichen, damit
erstens Israel angeklagt werden kann und zweitens mehr "Märtyrer"
geschaffen werden.

Nun könnte gesagt werden: "Wenn diese Taktik der Hamas bekannt ist,
wieso spielt Israel da mit?"

Israel bricht Angriffe auch oft ab, wenn ersichtlich ist, dass sich
viele Zivilisten am Angriffsziel befinden. Aber das ist nun mal nicht
immer erkennbar.

Übrigens gibt es auch viele Tote ganz direkt durch die Raketen der
Hamas - nämlich durch fehlgeleitete Geschosse, die die Hamas abfeuert,
aber im Gazastreifen niedergehen. Ganz zu schweigen davon, dass Hamas
israelische "Kollaborateure", oder diejenigen die sie dafür hält, im
Gazastreifen auf offener Straße ermordet.

Was die UN-Entscheidung angeht, so ist zu bemerken, dass sie
hauptsächlich von islamischen Staaten befürwortet wurde. Allerdings
halte ich - wie gesagt - eine internationale Untersuchung auch für
sinnvoll. Ich halte es da aber auch mit dem Grundsatz "Unschuldig, bis
die Schuld bewiesen wurde". Und in der Vergangenheit gab es genügend
Untersuchungen, die Vorwürfe gegen Israel entkräftet haben.


Argument: "Der Aufruf ist polemisch und übertreibt"

Antwort: Der Aufruf lautet "Nach hunderten Raketen auf die
Zivilbevölkerung reicht es! Israel nimmt sein Recht auf
Selbstverteidigung und Schutz seiner Bevölkerung war!!!" Nun, in
Wirklichkeit ist das untertrieben. Es waren inzwischen weit über
eintausend Raketen seit Beginn der Krise.

Nun mag einem die Reaktion Israels übertrieben und zu heftig vorkommen.
Dazu sollte folgendes bedacht werden: Israel wurde ausdrücklich als
Schutzmacht aller Juden gegründet. Jahrhunderte waren Juden immer nur
Opfer und der Eindruck, dass während der Shoah Juden wie Lämmer zur
Schlachtbank geführt wurden hat sehr tief am Selbstbewusstsein genagt.
Ein Vertreter Israels sagte vor Jahren mal in einem Interview
sinngemäß:

"Als Hitler damals in schrieb, dass er alle Juden vernichten wolle,
hielt man ihn für einen Spinner und wir Juden haben es ihm auch nicht
geglaubt. Wenn heute die Hamas sagt, dass sie alle Juden vernichten
wollen, dann glauben wir das".

Und man muss sich nur mal Hamas-Erzeugnisse und Material anschauen. Das
Ziel der Hamas ist nicht etwa das Wohlergehen der Palästinenser. Das
Ziel dieser Organisation ist tatsächlich die Vernichtung Israels und
aller Juden. Dabei nehmen sie ihre eigene Bevölkerung in Geiselhaft.
Sie instrumentalisieren sie und missbrauchen sie. Und darin liegt die
eigentliche Tragik. Sie schießen so lange auf Israel bis Israel
reagieren muss.

87% der Israelis - auch Linke, eigentliche Gegner der
Regierung und auch arabische Israelis - unterstützen das derzeitige
militärische Vorgehen Israels.

Ich empfehle dazu auch das Interview mit Avi Primor:
http://www.tagesschau.de/ausland/israel-gaza-primor-100.html

Argument: "Israel kann sich mit Iron Dome doch gut verteidigen, da ist
eine Militäroffensive nicht nötig"

Antwort: Ja, Iron Dome ist sehr effizient. Ich kann mich noch gut
daran erinnern, wie Iron Dome,als es eingerichtet wurde, als
Provokation und kriegstreiberisch gebrandmarkt wurde. Aber die
Entwicklung bleibt nicht stehen. Die Waffen der Hamas werden
leistungsfähiger und ihre Reichweite höher und auch Iron Dome kann
irgendwann nicht mehr ausreichend schützen. Die militärische
Beurteilung überlasse ich da den Experten, und in diesem Punkt vertraue
ich auf die IDF. Raketen bis nach Tel Aviv waren jedenfalls bis vor
ganz kurzer Zeit nicht möglich. Ich gehe davon aus, dass die jetzige
Offensive nicht durchgeführt werden würde, wenn es nach Ansicht der
Experten nicht absolut lebensnotwendig für Israel wäre.

Argument: "Die Verknüpfung 'gegen Antisemitismus' und 'für das
militärische Vorgehen Israels' ist unglücklich"

Antwort: Kann man so sehen. Muss man aber nicht. Letztendlich ist das
militärische Vorgehen Israels nichts anderes als die letzte logische
Konsequenz aus dem Kampf gegen den Antisemitismus. Eine pazifistische
Grundhaltung ist zwar lobenswert, aber wenn Antisemiten mit der
Vernichtung drohen und diese Drohung jeden Tag durch dutzende
abgeschossene Raketen untermauern, kommt man mit Pazifismus irgendwann
nicht mehr weiter.

Argument: "Lieber für Frieden demonstrieren als für das militärische
Vorgehen Israels"

Antwort: Gerne. Und auf der letzten Veranstaltung wurde auch FÜR den
Frieden demonstriert. Das Problem ist hierbei jedoch wieder: Hamas
möchte keinen Frieden. Es war Hamas, die jedes Friedensangebot und
jeden Vorschlag zum Waffenstillstand bisher ausgeschlagen haben. Ich
bin überzeugt davon: Wenn Hamas erklären würde "Wir hören mit dem
Beschuss auf" wäre sofort Ende und Israel würde sich innerhalb weniger
Stunden zurückziehen. Wer Frieden fordert muss sich also an die Hamas
wenden. Eine Forderung nach Frieden mit der Bedeutung Israel zieht sich
zurück und Hamas feuert weiter ist m. E. unehrlich.

Zu guter letzt: Ich habe nicht den Eindruck, dass Israel militärisch
vorgeht, weil es Ihnen Spaß macht oder sie einfach militaristisch drauf
sind. Im Gegenteil. Israel möchte Frieden. Viel lieber würde Israel
einen friedlichen Nachbarn an seiner Seite haben. Die guten Beziehungen
zu Ägypten zeigen, dass dies grundsätzlich möglich ist. Das Vorgehen
Israels ist so, weil es sich nach Lage der Dinge nicht nur als
lebensnotwendig, sondern sogar als überlebensnotwendig darstellt.

Das, was Israelis bei militärischen Konflikten empfinden hat Golda Meir
einmal, wie ich finde, sehr gut wieder gegeben:

„Wenn es Frieden gibt, werden wir den Arabern vielleicht noch
rechtzeitig verzeihen können, dass sie unsere Söhne getötet haben. Aber
es wird schwieriger für uns sein, ihnen zu verzeihen, dass sie uns
gezwungen haben, ihre Söhne zu töten.“
(Golda Meir, israelische Ministerpräsidentin, auf einer Pressekonferenz
in London, 1969.)

Viele Grüße,

Henry






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