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nrw-duesseldorf-talk - Re: [Ddorf-Talk] Frage zum Thema Freiheit

nrw-duesseldorf-talk AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kreisverband Düsseldorf - TALK - (Nordrhein-Westfalen)

Listenarchiv

Re: [Ddorf-Talk] Frage zum Thema Freiheit


Chronologisch Thread 
  • From: Michael Angemeer <michael AT angemeer.de>
  • To: nrw-duesseldorf-talk AT lists.piratenpartei.de
  • Cc: Tanja Henseleit <tanja.henseleit AT sportgeister.de>
  • Subject: Re: [Ddorf-Talk] Frage zum Thema Freiheit
  • Date: Fri, 4 May 2012 02:14:03 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/nrw-duesseldorf-talk>
  • List-id: <nrw-duesseldorf-talk.lists.piratenpartei.de>

Hallo Frau Henseleit, 

Um kurz auf den ursprünglichen Grund Ihrer Mail zurückzukommen: 
da bald die Wahlen anstehen und ich für mich die beste Wahl treffen möchte,  beschäftige ich mich mit den Vorstellungen der verschiedenen Parteien.

Haben unsere Antworten Ihnen geholfen Ihre Wahl (evtl. für die Piraten) nun besser zu treffen? Haben Sie evtl. noch weitere Fragen? 

Mit freundlichen Grüßen,
Michael Angemeer



Am 03.05.2012 um 11:53 schrieb Tanja Henseleit:

Sehr geehrter Herr  Angermeer,

Vielen Dank für Ihre zügige Antwort.

Nein, wir sind nicht priviligiert,  sondern  bemühen uns , mit knappen Ressourcen vernünfig umzugehen, so dass wir uns neben unserer Arbeit ausreichend um unsere 4 Kinder kümmern  können. Die ersten Kinder habe ich während des Studiums bekommen und wir  haben  bewußt keines unserer Kinder  im Kleinkindalter abgegeben habe, da wir  feststellen mussten , dass sie sich dabei nicht wohlfühlten. Es war für uns häufig sehr sehr anstrengend Studium, Geld verdienen und Kinder auf die Reihe zu kriegen aber  für unsere Kinder war es absolut dass Beste.

Da ich vom Studium her intensiv mit der Materie Kleinkindbetreuung + Entwicklungspsychologie vertraut bin, und viele Studien aus verschiedenen Lämdern analysiert habe, weiß ich , dass ein zu frühes Abgeben von Kleinkindern in ausserfamiliäre Betreuung deutlich mit emotionalen und Verhaltensproblemen verbunden sein kann.

Darüberhinaus bin ich nicht gegen Kindergärten, schließlich sind unsere 3 älteren Kinder sehr gerne dort hingegangen. Ich kann nur aus fachlicher und persönlicher Erfahrung sagen, dass U3 Erziehung eben mit Risiken verbunden ist und eben  alle Eltern den sozialen Rückhalt haben müssen ihre Kinder in den sensiblen ersten 3 Lebensjahren selbst betreuen zu können.

Ich habe sehr viele Kinder erlebt die täglich morgens beim abgeben in der Kita enorme Trennungsängsste durchlitten haben. Diese Problem hatten meine Kinder die mit 3 Jahren in den Kindergarten kamen nicht.

Desweiteren mag es vielleicht Menschen geben, die aus religiösen Gründen ihre Kinder von der Schule fernhalten. Dies trifft auf unsere Familie nicht zu.

Ich finde es auch schön, dass meine Kinder  eine Schule besuchen können und  dort ihre eigenen Lebenserfahrungen machen und andere Lebenswelten kennenlernen, was sie auch sehr geniessen. Allerdings ist die Schule so schlecht, so weit weg von dem was man über gutes Lernen weiß und so weit weg von jeglichem individuellen, lebendigem Lernen.
Die Klassen sind überfüllt, der Raum ist viel zu eng, es ist stickig und stinkt und es ist immer laut. Die Lehrer sind mit den Schülern, von denen vielen  grundlegende soziale Kompetenzen fehlen, total überfordert. Sehen Sie doch wie häufig Lehrer Krank sind!

Die gegenwärtige Schule ist doch überhaupt nicht bin der Lage qualitativ guten Unterricht und auch positives soziales Lernen zu vermitteln.  Darüberhinaus wird mit einer staatlichen Schulpflicht  verhindert, dass sich Schule entwickeln kann, da sie ja konkurrenzlos ist.

Die staatliche Schulpflicht schränkt gegenwärtig deutlich die Freiheit der Eltern ein, ihren Kindern gesundes Lernen und Aufwachsen zu ermöglichen. Es geht nicht darum Kinder aus einem sozialen Eingebundensein fernzuhalten, denn das weiss ich, ist für jeden Menschen sehr wichtig.

Übrigens sind ich und mein Lebensgefährte in einem Sportverein tätig, in dem Kinder Sport treiben. Mit Betreuung haben wir nichts zu tun und stehen nicht in Konkurrenz zu einer Kita.

Vielleicht kriegen sie ja noch Kinder. Vielleicht erleben sie dann ja alles in erster Reihe,  was ihr Kind so erfährt in unsererer Betreuungs und Bildungslandschaft. Vielleicht wünschen Sie sich dann ja auch mehr Freiheit für sich und ihre Kinder. Aber jetzt wäre es vielleicht sinnvoll, wenn sich die Politik mit der Erfahrens- und Erlebensseite der Kinder beschäftigt, bevor sie eine Politik forciert, die viele Menschen in Zukunft krank, unmotiviert  und Arbeitsunfähig macht.

Mit freundlichen Grüßen
Tanja Henseleit


Am 02.05.2012 um 18:23 schrieb Michael Angemeer:

Hallo Frau Henseleit, Hallo David, 

Im aktuellen NRW-Wahlprogramm Punkt 1.3.2 steht zu Schulplicht doch folgendes: 
"Die PIRATEN NRW sprechen sich für eine Beibehaltung der bestehenden allge­meinen Schul­pflicht aus." 

Bei frei und offen denkenden und höher gebildeten Eltern mag Homeschooling vereinzelt zwar funktionieren, allerdings wird dies auch relativ oft von religiösen oder anders weltanschaulichen Gruppen genutzt ihre Kinder von anderen, weltlichen oder "verkommenen" Ansichten fernzuhalten und nur die Weltansicht der Eltern zu lehren. 
Da dies allerdings nicht unbedingt dazu führt, das diese Kinder und Jugendliche sich zu frei denkenden Menschen entwickeln, fordern die Piraten die Schulteilnahme damit "Kinder und Jugendliche die Grundlagen einer gleichberechtigten, demokratischen und pluralistischen Gesellschaft ken­nenlernen." 

Auch soziale Kontakte zu anderen Kindern und Personen sind wünschenswert, damit Kinder und Jugendliche nicht nur Kontakte aus dem Umfeld der Eltern haben und nur deren Weltansicht kennenlernen, sondern frei entscheiden können was sie selber wollen: 
"In Form von Mitschülern, Lehrern und sonstigen Betreuern können die Kinder und Jugendlichen Ansprechpartner für Fragestellungen und Probleme finden, die durch die Lebensentwürfe der El­tern oder dem sozialen Umfeld abgelehnt oder tabuisiert würden. 
Lehrer haben die Aufgabe die Schüler umfassend über die Möglichkeiten zu in­formieren, wie sie ihren Bildungsweg auch unabhängig von ihren Eltern gestal­ten können. Zur besse­ren Integration von Mitmenschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen soll ein interkulturel­les Bildungsangebot geschaffen werden. Alle Bildungsinstitutionen müssen barrierefrei werden."

Damit auch "normale" Schulabgänger deutlich gebildeter, gesünder, sozialer und persönlich gefestigter werden, fordern die Piraten "eine auf jeden Einzelnen ausgerichtete Förderung zu ga­rantieren." und eine deutlche Ausweitung des Bildungsetats, verbesserte Ausbildung für Lehrkräfte und kleinere Klassen. 

Herzlichen Glückwunsch, dass Sie anscheinend so priviligiert sind, sich trotz finanzieller Einbußen, noch dafür entscheiden zu können Ihre Kinder zuhause zu betreuen. Viele Eltern und gerade Alleinerziehende sind allerdings auf Krippen und Kitas angewiesen, um überhaupt ihren Lebensunterhalt verdienen zu können. Wenn die Eltern für die Kita bezahlen und dieses Geld vorerst auch noch erarbeiten müssten, wäre ja noch weniger Zeit da, um diese mit den Kindern zu verbringen. Leider können sehr viele Familien erst durch diese Plätze überhaupt ein wenig mehr über ihr Familienleben bestimmen. 
Ich persönlich habe keine Kinder, bezahle Steuern und somit auch die bezuschussten Plätze mit, würde mich aber nie darüber beschweren, weil ich weiss, dass es ohne diese vielen Leuten und Kindern schlechter gehen würde. Auch habe ich kein Auto, bezahle aber durch meine Steuern trotzdem Autobahnen mit, die mir allerdings nur indirekt, aber trotzdem nützen. 

Für die bisherige Familienpolitik können die Piraten noch nicht verantwortlich gemacht werden. Allerdings sind die Piraten genau wie Sie gegen eine schlechte Qualität von Kitas und für die bessere Ausbildung von Erziehern, daher fordern wir zukünftig eine deutliche Ausweitung des Bildungsetats, auch für die frühkindliche Bildung, da sich jeder investierte Euro auf die kommenden Generationen nur positiv auswirken kann, und später somit mehrfach "amortisiert": 
"Die Ausbil­dung des pädagogischen Perso­nals soll zukünftig vermehrt in einem pädagogischen Hoch­schulstudium absol­viert werden. Die Bezahlung muss verantwortungsgerecht erfolgen. Die Ver­besserung der Ausstattung der Kindertagesstätten und die gesellschaftliche Aufwertung des Erzieherberufes ist anzustreben." 

Mich wundert allerdings ein wenig, dass Sie so gegen Kitas sind, obwohl Ihr Mann Matthias Frey anscheinend Geschäftsführer des Sportgeister.de e.V., einer Art privaten Kita, Spiel- und Turnstätte für Kinder ist. Sehen Sie andere Kindergärten evtl. nur als unliebsame Konkurrenz? 

Mit freundlichen Grüßen,
Michael Angemeer



Am 02.05.2012 um 08:23 schrieb David Kolossa:

Sehr geehrte Frau Henseleit!

Willkommen auf der Mailingliste der Piratenpartei Düsseldorf und danke für Ihre Fragen!
Ich werde versuchen, Ihre Fragen bestmöglich zu beantworten, möchte jedoch mitteilen, dass ich nur ein "Basispirat" bin, der kein Mandat inne halten wird.
Außerdem sende ich die Antwort an Sie und auch zurück an die Mailingliste. Es kann also gut sein, dass Sie mehrere Nachrichten bekommen, z.B. wenn mich jemand korrigiert, und insbesondere ist diese Mail öffentlich einsichtlich. Ich hoffe, das ist in Ihrem Sinne.


Zu der ersten Frage: Zum von Ihnen beschriebenen Homeschooling gibt es allgemein von den Piraten keine festgelegte Position, insbesondere steht dazu nichts im Wahlprogramm. Jedoch sind die Chancen der Abschaffung der Schulpflicht durchaus bei unseren Bildungspolitikern bekannt. Kurze Recherche hat mir allerdings keine Hinweise gegeben, dass bereits eine größere Debatte dazu statt gefunden hätte.

Ich würde Sie darum bitten, sich direkt mit dem Arbeitskreis (AK) Bildungspolitik NRW in Kontakt zu setzen. Wenn Sie aktiv Interesse anmelden (oder sogar im AK mitarbeiten, was bei uns Piraten ohne Probleme möglich ist!) ist es wahrscheinlicher, dass im AK das Thema vielleicht schneller diskutiert wird und eine Position ausgearbeitet werden kann.
http://service.piratenpartei.de/mailman/listinfo/nrw-ak-bildungspolitik


Bei der zweiten Frage muss ich Sie jedoch leider enttäuschen. Das Wahlprogramm der Piraten fordert eindeutig die Einrichtung von flächendeckenden Kindertagesstätten für Kinder ab dem ersten Lebensjahr.
Jedoch steht das in meinen Augen in keinem Widerspruch zur Forderung nach maximaler Freiheit, genau so wie andere von der Gemeinschaft erbrachte Solidarleistungen für mich keine Freiheitseinschränkung aufzeigen. Sie mögen es zwar für sich als beste Lösung betrachten, Ihr Kind zu Hause großzuziehen, jedoch wünschen sich andere Eltern vielleicht explizit die Betreuung in einer Kindertagesstätte, zum Beispiel wenn die Eltern keine deutschen Muttersprachler sind, und das Kind darum so viel wie möglich Umgang mit deutschen Kindern haben soll. Durch die Schaffung von ausreichend KiTa-Plätzen wird diese Wahlmöglichkeit überhaupt erst hergestellt.

Ich kann jedoch Ihre Sorge verstehen, dass insbesondere wirtschaftlich schwache Familien nicht in der Lage sind, ihr Kind selbst zu erziehen, und sich darum zu einem Abschieben der Kinder in die KiTa gezwungen fühlen. Ich hoffe jedoch, dass ich Sie damit trösten kann, dass die Piraten ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) fordern, mit dem ein menschenwürdigen Einkommen für jeden Menschen garantiert wird. Das schließt Kinder mit ein. Mit einem BGE für alle Familienmitglieder besteht die Möglichkeit für die Eltern auf Erwerbsarbeit zumindest zeitweise zu verzichten, ohne ein Leben in Elend wie bei Hartz IV führen zu müssen. Auch wenn es sich mit einem BGE dann natürlich nicht wie im Schlaraffenland leben lässt, wären engagierte Eltern doch in der Lage, ihr Kind selbst zu erziehen.
Mehr Informationen zum BGE finden Sie unter http://wiki.piratenpartei.de/Bedingungsloses_Grundeinkommen

Das Positionen zur frühkindlichen Bildung im Wahlprogramm der PIRATEN NRW können Sie im Internet unter https://wiki.piratenpartei.de/NRW-Web:Wahlprogramm_Landtagswahl_NRW_2012#Fr.C3.BChkindliche_Bildung einsehen.


Ich danke Ihnen für Ihr Interesse an der Piratenpartei, und hoffe, Ihre Fragen zufriedenstellend beantwortet zu haben!

Mit freundlichen Grüßen
David Kolossa


Am 01.05.2012 23:18, schrieb Tanja Henseleit:
Sehr geehrte Mitglieder der Piratenpartei,

da bald die Wahlen anstehen und ich für mich die beste Wahl treffen möchte,  beschäftige ich mich mit den Vorstellungen der verschiedenen Parteien.

Da ich der Meinung bin, das Freiheit ein grundlegendes Prinzip ist, das ein funktionierendes soziales Miteinander erst möglich macht, stehe ich den Ideen Ihrer Partei postitiv gegenüber.
Allerdings sehe ich einen großen Widerspruch bei Ihnen im Bereich der Bildung. Sie stellen dar, daß Sie die bisherige Schulpflicht beibehalten wollen. Wo bleibt Eltern, die einen anderen Bildungsweg für Ihre Kinder wünschen, die Freiheit diesen zu gehen?  Wissenschaftliche Erkenntnisse und Ergebnisse zeigen auf, dass Kinder, die nicht die Schule besucht haben, sondern freie Bildungsbiografien besitzen, deutlich gebildeter, gesünder, sozialer und persönlich gefestigter sind als unsere Schulabgänger. Wäre es dem freiheitlichen Prinzip ihrer Partei nicht angemessener, die staatliche Schulpflicht in eine Bildungspflicht zu ändern, sowie es in allen anderen europäischen Ländern der Fall ist?

Eine weitere Frage habe ich zur gegenwärtigen Familienpolitik ?
Meine Familie besteht aus uns Eltern und 4 Kindern, die wir immer ohne Krippenplatz betreut haben, unter bewußtem Verzicht auf  Einnahmen, weil wir die Ansicht vertreten, dass die familiäre Betreuung in den ersten Lebensjahren für unsere Kinder das Beste ist. Wir ärgern uns sehr, dass  Eltern, die ihre Kinder in der Krippe erziehen, indirekt mit mehr als 1000 Euro bezuschusst werden, da ein Krippenplatz jeden Monat mit 1000 Euro vom Staat gefördert wird. Da dieses Geld aus Steuergeldern bezahlt wird,  bezahlen wir für die Betreuung anderer Kinder auch noch mit, obwohl wir ohnehin für die Betreuung unseres jüngsten Kindes schon auf Einnahmen verzichten.
Dies stellt definitiv keine Familienpolitik dar, in der Familien auf einer gerechten Grundlage freiheitlich über ihr Familienleben bestimmen können.
Langfristig fördert diese  Politik, dass Familien sich, ohne Rücksicht auf das Kindeswohl, aus finanziellen Gründen gezwungen sehen, ihr Kind in Kitas zu stecken, die zudem trotz hoher Bezuschussung von schlechter Qualität sind.

Wie wollen sie Familien unterstützen? Mehr Kitaplätze zu schaffen sei familienfreundliche Politik ist doch ziemlich widersprüchlich, da die Notwendigkeit Kinder in Kitas oder Ganztagsschulen zu schicken, die Familienzeit reduziert.

Über eine Antwort würde ich mich freuen

Mit freundlichen Grüßen
Tanja Henseleit
Lindemannstr.77
40237 Düsseldorf





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