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nds-wolfenbuettel - Re: [Piraten WF-SZ] Sondersitzung Fracking

nds-wolfenbuettel AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kreisverband Wolfenbüttel-Salzgitter (Niedersachsen)

Listenarchiv

Re: [Piraten WF-SZ] Sondersitzung Fracking


Chronologisch Thread 
  • From: Volker Fritz <fritzv AT fritzvpack.de>
  • To: "Kreisverband Wolfenbüttel-Salzgitter (Niedersachsen)" <nds-wolfenbuettel AT lists.piratenpartei.de>
  • Cc: david widmayer <mayerwid AT googlemail.com>, Arne Hattendorf <arne.hattendorf AT web.de>, Cocoline <beverlymax AT gmx.net>
  • Subject: Re: [Piraten WF-SZ] Sondersitzung Fracking
  • Date: Mon, 23 Apr 2012 12:54:25 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/nds-wolfenbuettel>
  • List-id: Kreisverband Wolfenbüttel-Salzgitter (Niedersachsen) <nds-wolfenbuettel.lists.piratenpartei.de>

     Volker H.A. Fritz                                     WF, den 23.04.12

      Hallo Michael,

      es war gut, dass Du dort warst.

      Offenbar aber hat man den anwesenden Teilnehmern - wieder einmal -
      nur die halbe Wahrheit gesagt. Denn es gab mindestens einen weiteren Schaden in
      Nord-Niedersachsen durch einen undicht gewordenen Kugelhahn.

      Außerdem hat der Vertreter des Landesbergamtes Euch erzählt, der letzte Unfall mit Fracking
      sei 1960 bei Fracking in der Ölförderung passiert.
      Dazu ist zu sagen: es wurden dem Bergamt keine Unfälle gemeldet. Das heißt
      aber nicht, dass keine passiert sind.
     
      Es wurde Euch der Eindruck vermittelt, im technisch hochstehenden Deutschland, mit bestem Fachpersonal
      könnten solche Ereignisse, wie sie im GASLAND Film gezeigt werden, nicht passieren.
      Das ist nichts als Propaganda. Das Verfahren ist in Summe nicht sicher und auch nicht
      völlig beherrschbar, wie Exxon-Mobil-Gesprächspartner in Öffentlichkeitsgesprächen auch zugegeben haben,
      nachdem sie vorher ausführlich über alle ihre Sicherheitsmassnahmen referiert hatten,
      die sie unternehmen, um beim Fracking Störungen zu vermeiden.
       Ein Restrisiko bleibt!!
      Und ein besonderes Risiko ist der Untergrund, in dem gebohrt  und gefrackt wird.
      Was da wirklich vorliegt, ob Klüfte und natürliche Kriechmöglichkeiten bestehen oder
      beim Fracken entstehen, weiß vorher niemand.


       Das zweite große Risiko sind die Tausenden von LKW-Ladungen, teils mit hochgiftigen
       Inhalten, die über unsere Straßen rollen müßten, wenn Fracking zum Zwecke der
       Produktion von Erdgas aus Ölschiefer betrieben würde und man eine namhafte
       Kapazität für ein paar Jahre erreichen wollte, ehe die Wirtschaftlichkeit wegen
       schnell sinkender Fördermengen beendet wäre.

       Und die angebenen hohen Auflagen, zur Kontrolle des Verfahrens, wer legt die fest?
       Etwa das Landesbergamt, das ja gar keine Grundlagen hat, nach denen es urteilen kann?
       Oder etwa der Gasbohrerer selbst, wie das in den letzten Jahren so "best practice"
       geworden ist?
       Und wer im Landesbergamt verantwortet denn das Verpressen der giftigen Abwässer in den
       Boden und wer prüft denn regelmäßig, was genau verpresst wird, damit nachher auch der
       Nachweis möglich ist, wer der Verursacher war? Etwa das Landesbergamt?
     
       Dazu ist die Frage zu stellen?
       Wie viele Mitarbeiter hat das Landesbergamt? Wo haben sie ihre Standorte?
       Wo sind Unterbehörden, die dem Landesbergamt zuarbeiten?
       Wie viele Mitarbeiter insgesamt? Wie viele sind beauftragt zur persönlichen Überwachung
       von "Fracking"-Bohrstellen? Wie häufig werden die Bohrstellen kontrolliert? 
       Informiert das Landesbergamt von sich aus unaufgefordert die Wasserbehörden?
       Ich sage Dir:
       Das Landesbergamt ist Partei, weil es genehmigt hat.
       Und es hat genehmigt, weil der Druck vom Dienstherren kam und weil die Propaganda
       der Gasförderer in der Regierung und im Landesbergamt damals 2006/2007 den Eindruck
       vermittelte, dass Gas-Förderung aus "unkonventionellen Lagerstätten" ein sicheres und
       in den USA lange erprobtes Verfahren sei, mit dem man leicht an die "riesigen Vorräte"
       unter dem deutschen Boden gelangen und diese fördern könne.
       
     
       Und die gleiche Fragestellung , was geht überhaupt, gilt auch an die Wasserbehörde:
       wie organisiert? Was tut sie, wenn sie behördlich oder anders von geplanten oder
       bereits in Vorbereitung/Durchführung befindlichen Fracking-Aktivitäten erfährt?
       Wurde sie im Fall der 2 Unfälle mit der Diffusion von BENZOL und mit dem Austritt
       von "Lagerstättenwasser" an dem undichten Kagelhahn unverzüglich informiert, oder
       wurde nur das Landesbergamt informiert, welches ja die Bürger der Gemeinde Völkersen
       und die Geinde nicht informiert hat (es bestünde ja keine Gefahr). Erst als dann die
       Maßnahmen zu Nachfragen führten, wurde informiert.

       Das Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushaltes (Wasserhaushaltsgesetz -WHG),
       die Verordnung zu Schutz des Grundwassers (Grundwasserverordnung -GrwV)
       und die Anordnungen dazu, welche Stoffe als gefährlich einzustufen sind,
       bieten für sich genommen genug Grundlage, um Fracking zu verbieten, so lange
       nicht in jedem Einzelfall vorweg für jede Bohrstelle eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung
       (UVP) durchgeführt wird - und das von einer unabhängigen Instanz.
      
       Unser noch geltendes Bergrecht unterläuft diese Vorgaben aber, weil es darauf keine
       Rücksicht nehmen muss (ist ja weit unter der Oberfläche, an Fracking dachte damals noch
       niemand).
       Die Landesbergämter tun also Falsches, sind aber bisher im Recht damit. 

       Hat der Vertreter des Landesbergamtes erklärt, dass er in jedem Fall die Wasserbehörde
       mit einschaltet ?
       Hat der Vertreter des Landesbergamtes erklärt, dass er bei Ablehnung der Wasserbehörde
       sich nach deren Urteil richtet?
       Hat der Verteter des Landesbergamtes gesagt, dass seine Behörde dem Wirtschaftsministerium
       in Niedersachsen untersteht, das "Fracking" befürwortet, weil Geld aus Förderbeiträgen
       in die Landeskassen gespült wird?

       Und noch etwas zu dem GASLAND-Film:
       Es gibt inzwischen Dutzende von Filmstreifen, die das Gleiche zeigen, wie es im GASLAND-Film
       zu sehen ist . Methan ist öfter im Trinkwasser. Fakt ist, dass der Widerstand in den USA allmählich wächst.
       Fakt ist aber auch, dass die Flötzkohle, die in den USA angebohrt und gefrackt wird, sehr oft
       nur 1.000 feet unter dem Boden liegt, also nur etwa in 350m Tiefe. Es ist also durchaus verständlich,
       wenn sich dann - nach der "Lockerung" der Gesteinsstruktur - das frei werdende Methan andere
       Wegbarkeiten zur Oberfläche sucht, als das Förderrohr.
       Daher ist wohl auch so häufig der Übertritt von Methan in das Trinkwasser der Hausbrunnen zu erklären. 
       Und bei uns?
       Bisherige Fracking-Einsätze, die im Grunde illegal waren und gar nicht hätten erlaubt werden dürfen,
       wurden für die Ölförderung und für die Tight Gas Förderung aus 3.500 bis 5.000 m Tiefe eingesetzt.
       Die Gasförderung aus Ölschiefer würde aber aus nur 800m Tiefe erfolgen.
       Damit wäre die Gefahr der Beeinträchtigung unserer Grundwasserhorizonte in 200 bis 300m Tiefe
       schon "erheblich" einzustufen.
       Dann kommt erschwerdend hinzu, dass wir hier in unserer gesamten Gegend auf einem löcherigen
       "Schweizer Käse" leben. Hier wurden in den letzten 90 Jahren Hunderte, wenn nicht Tausende
       Bohrlöcher niedergebracht, um an das Öl und an das Gas aus eben jener Ölschieferschicht zu kommen,
       die man jetzt "fracken" will. Zum Teil laufen ja in der Südheide heute noch Förderpumpen, die auch Öl fördern,
       wenn auch nur noch in geringen Mengen
       Aber damit nicht genug: wir haben die Salzschächte bei WOB, in der Asse, bei Wittmar, östlich von Hannover,
       bei Gorleben und wir haben den Schacht Konrad in Salzgitter (Brauneisenerzförderung), dessen Sohlen bis dicht nach
       Gifhorn reichen, wir haben die abgesoffene Grube Lengede  und das Bergwerk in Peine, die dem
       gleichen Zweck dienten. 
       Niemand kann heute mit Sicherheit sagen, dass Fracking bei uns keine Grundwassergefährdung
       nach sich ziehen würde!!

       Und 70 % des Trinkwassers in D werden aus Grundwasser hergestellt, bei uns auch.

       Unser gutes Trinkwasser zu schützen, gegen die Gier nach "dem schnellen EURO" für die Gasförderer
       und die Landesregierung, das muss unserer Aufgabe weiterhin bleiben!!

    
       Die CDU tut mittlerweile so, als sei sie es gewesen, die den Widerstand in WF organisiert hätte und macht
       auch eine Unterschriftenaktion. MdL Osterhellweg möchte sich gern profilieren.
       Die CDU-Landesregierung sieht das bisher natürlich anders. Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag
       MdL Thümler war an der Asse II zu Besuch und wurde dabei von Osterhellweg auch darüber informiert,
       dass die örtliche Union das Verpressen und das Fracking in keinem Fall mittragen werde und dass
       er auch im Großraumverband eine Resolution gegen Fracking anstrebe, wie im Kreistag WF.

       Wie dem auch sei, der Widerstand wird immer breiter. 22 Initiativen gibt es schon und es werden jeden Monat mehr.
       Am Wochenende fand eine größere Demo in Bad Laer statt, wo Exxon Mobil Probebohrungen gemacht hat und
       plant, künftig auch Förderversuche durchzuführen. 400 Teilnehmer.
       In Bad Rothenfelde fand das Gleiche statt, ebenfalls 400 Teilnehmer, alle trafen sich am Umspannwerk
       am "Kleinen Berg" zur gemeinsamren Demo "stoppt Fracking".

       Der CDU-Wirtschaftspolitiker  Michael Fuchs hingegen ist nach wie vor für "Fracking", mit der Begründung,
       dass Deutschland dadurch unabhängiger vom Fremdbezug werde. Er ignoriert, dass unser Gasverbrauch in D
       so groß ist, dass eine eigene Förderung von Gas aus Ölschifer nur einen geringen Anteil zusteuern könnte, also
       würden wir grundsätzlich nach wie vor weit überwiegend von Gasimporten in großem Umfang abhängen.
 
      
       Gruß  Volker
 




Am 23.04.2012 10:52, schrieb Michael Leukert:
Hi,

am Samstag fand die Sondersitzung des Umweltausschusses zum Thema Fracking statt. Eingeladen waren der Leiter des Landesbergbauamtes und der NDS Wasserschutzbehörde. Auch die Bürgermeister und Ortsvorsteher der meisten Gemeinden waren zugegen. Sehr detalliert wurde die ganze Thematik vorgetragen.

Mein Eindruck: Der Vergleich Fracking in Kanada und USA mit Deutschland ist unhaltbar. Mit dem Film "Gasland" wird ein völlig falscher Eindruck in Bezug auf das deutsche Fracking vermittelt. Die deutsche Gesetzgebung mit ihren hohen Auflagen und Genehmigungsstandarts ist nicht vergleichbar mit anderen Ländern. Auf diese Feststellung legten sie Wert. Die Folien dazu bekomme ich noch nachgereicht.

Der letzte Unfall mit Fracking ist 1960 passiert (Öl - Förderung), seitdem sind über 130 Fracks ohne Störungen verlaufen. Oberirdisch ist nur der Fall mit der defekten Benzolleitung zu erwähnen. Hier wurde aber sofort mit einer Änderung im Genehmigungsverfahren reagiert.

Waren die Fragen zuerst recht bissig, so änderte sich das im Verlauf der mehrstündigen Sitzung, weil jede Frage sehr detalliert mit Grafiken und Zahlen beantwortet wurde. Was wieder beweist, dass wenn gute Aufklärung geleistet wird, vieles in einem anderem Licht erscheint.


LG
Michael






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