Zum Inhalt springen.
Sympa Menü

muenster - [MS Piraten] Schlossplatz-Artikel

muenster AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kreis Münster/ NRW

Listenarchiv

[MS Piraten] Schlossplatz-Artikel


Chronologisch Thread 
  • From: "markuskompa AT t-online.de" <markuskompa AT t-online.de>
  • To: muenster AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: [MS Piraten] Schlossplatz-Artikel
  • Date: Wed, 25 Jul 2012 22:56:11 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/muenster>
  • List-id: Kreis Münster/ NRW <muenster.lists.piratenpartei.de>

Folgenden Entwurf habe ich für Telepolis gemacht.
Hat jemand Anregungen?

https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Stra%C3%9Fenschild_Hindenburgplatz_Schlossplatz_M%C3%BCnster.JPG&filetimestamp=20120406155307

Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg hätte gute Chancen gehabt, in
die deutsche Geschichte als größter Unsympath einzugehen. Während des
1.Weltkriegs entmachtete er faktisch den Kaiser und kontrollierte
Deutschland über die von ihm geführte Oberste Heeresleitung in einer Art
Militärdiktatur. Hindenburg gefiel sich mit menschenverachtenden
Bonmonts wie dem, er hätte während der Schlacht von Tannenberg gut
geschlafen. Der geforderte Kadavergehorsam kostete allein in der
„Schlacht von Verdun“ über 300.000 Menschenleben – für nichts. Sein
Versagen, das Millionen Menschen im 1.Weltkrieg mit dem Tod bezahlten,
kaschierte Hindenburg mit der Dolchstoßlegende. Weil die Deutscen nicht
auf ein solches politisches Talent verzichten wollten, wählten sie den
inzwischen greisen Antidemokraten 1925 zum Staatsoberhaupt. Wie es sich
für Politiker gehört, leistete sich Hindenburg Korruptionsskandale und
sparte Steuern. Dass Hindenburg dann doch nicht die zentrale Hassgestalt
der deutschen Geschichte wurde, verdanken wir u.a. einem „böhmischen
Gefreiten“, den Hindenburg 1933 zu seinem Nachfolger ernannte.

Während Hindenburgs Name in erster Linie mit einem ausgebrannten
Zeppelin verbunden wird, benannte man auch etliche Plätze nach
Menschenschinder, so auch 1927 im damals militärisch wichtigen Münster.
Auf dem Hindenburgplatz fand auch die lokale Bücherverbrennung statt,
sowie NSdAP-Aufmärsche im Nürnberg-Stil. Auf jenem bis heute praktisch
unbebauten innerstädtischen Gelände pflegen Jahrmärkte und Zirkusse zu
gastieren, so dass insbesondere auch Elefanten regelmäßig Gelegenheit
wahrnahmen, sich auf dem Hindenburgplatz zu erleichtern und auf diese
Weise dem menschenverachtenden Militaristen würdig zu gedenken. Bereits
1947 hatte man beschlossen, sich der Benennung zu entledigen, den
Beschluss jedoch nicht
umgesetzt::http://www.echo-muenster.de/node/14692. Anlässlich der
350-Jahr-Feier des in Münster geschlossenen Westfälischen Friedens wies
1998 jemand darauf hin, dass Hindenburg vielleicht doch nicht so ganz
der angemessene Namensgeber für einen Platz einer
Friedensstadt::http://www.muenster.de/stadt/galerie/friedensstadt.html
sei. Doch damals stimmten im Stadtrat sogar SPD und GRÜNEN gegen eine
Umbenennung.

Im März 2012 hatte der Rat dann ein
Einsehen::http://www.muenster.de/stadt/strassennamen/hindenburg.html und
beschloss unter CDU-Bürgermeister Markus Lewe, der hierfür Kritik von
Traditionalisten aus den eigenen Reihen in kauf nahm, die Umbenennung in
„Schlossplatz“
beschlossen::http://www.wn.de/Muenster/2012/03/Der-Abschied-vom-Hindenburgplatz-Rat-beschliesst-Umbenennung-in-Schlossplatz.
Doch manch alt eingesessenem Münsteraner kamen Tränen, als er nicht mehr
das vertraute Straßenschild genießen konnte. Gar von „Bilderstürmerei“
ist die Rede, man vermisse ein Heimatgefühl. Und da Sturheit in
Westfalen nun einmal als Tugend gilt, formierte sich die Initiative
Pro-Hindenburgplatz::https://www.facebook.com/Pro.Hindenburgplatz.Muenster
und dann der Verein „Ja zum Hindenburgplatz e.V.“, der auf ihrer
Website::http://www.hindenburgplatz-muenster.de/ allerdings kaum
Informationen bietet, und fordert eine Rückbenennung.
Dennoch hatten Traditionalisten 15.123 Unterschriften zusammengetrommelt
und durchgesetzt, dass die Münsteraner die Ratsentscheidung im September
durch einen Bürgerentscheid
http://www.muenster.de/stadt/wahlen/buergerbegehren.html revidieren
können. Die Kosten für diese Aktion werden 285.000,-
€::http://www.muensterlandzeitung.de/lokales/muenster/Buergerentscheid-kostet-die-Stadt-285-000-Euro;art993,1688403
betragen. Und als sei die anachronistische Huldigung Hindenburgs noch
nicht peinlich genug: Die Pro-Hindenburgplatzler könnten durchaus Erfolg
haben.

Eigentlich aber sieht man auf den von der Initiative verwandten Fotos
meistens das am Platz befindliche Schloss, was der gegenwärtigen
Namensgebung entspräche. Und einen heimatlichen Bezug Hindenburgs zu
Münster scheint es nicht zu
geben::http://www.wn.de/Muenster/Was-hat-Muenster-mit-Hindenburg-zu-tun-Hindenburg-steht-fuer-Krieg-Nationalismus-und-gegen-Weimarer-Demokratie,
dort errang er 1925 gerade einmal 30% der Stimmen. Die Historiker der
Universitätsstadt Münster haben einer Ehrung des Antidemokraten
Hindenburg eine klare
Absage::http://schlossplatz-ms.de/wp-content/uploads/2012/07/Histor-Institut.jpg
erteilt.

Zu den Befürwortern der Rückbenennung gesellte sich inzwischen eine
ominöse „Hindenburg-Jugend“::http://hindenburgjugend.blogsport.de/, von
der allerdings kolportiert wird, es handele sich in Wahrheit um
vaterlandslose Gesellen, die den nächsten Dolchstoß vorbereiteten. Vor
ein paar Wochen montierte ein Künstler eigenmächtig ein Straßenschild
mit dem Schriftzug „Dem Hindenburg seine Frau ihr
Platz“::http://www.muensterschezeitung.de/lokales/muenster/Kuenstler-verspottet-Buergerinitiative-Pro-Hindenburgplatz;art993,1703614.
(Soweit dieser Vorschlag die Namensbestandteile „Ihr Platz“ enthält,
dürften die Markenrechte derzeit insolvenzbedingt preiswert zu haben
sein.) Offenbar hat noch niemand erwogen, den Ort in „Parkplatz“
umzubenennen, was der derzeitigen Funktion am ehesten entspräche. Und
vielleicht sollte man dann auch so konsequent sein, und das Schloss in
„Hindenburg“ umbenennen.









Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.

Seitenanfang