ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Ag-umwelt mailing list
Listenarchiv
- From: "Andreas Rohrmann" <andreas AT rohrmann.com>
- To: Ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
- Cc: aktive AT anti-atom-piraten.de
- Subject: [Ag-umwelt] Die Welt: "So rechnet die Ökobranche die Energiewende schön"
- Date: Sun, 14 Oct 2012 19:44:24 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
- List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>
Der "Beschuss" der Energiewende von allen Seiten.
Nun das "CDU" Blatt die WELT mit einem neuen Märchen!
Mal sehen, was von einer Energiewende nach der BTW übrig bleibt und wann
die neue Verlängerung der Atomkraft (weil die Energiewende nix wird)
kommt.
Am Ende werden die Energiepreise auch ohne EEG durch die Decke gehen!
Unfassbar, wie die Medien diese Lügengeschichten ohne Prüfung übernehmen.
http://www.welt.de/wirtschaft/energie/article109818322/So-rechnet-die-Oekobranche-die-Energiewende-schoen.html
-------------------------------------
14. Okt. 2012, 13:17
So rechnet die Ökobranche die Energiewende schön
Die höhere EEG-Umlage lässt die Strompreise im kommenden Jahr
explosionsartig steigen. Alles nicht so schlimm, sagen die Befürworter der
Energiewende – und berufen sich auf fünf Rechentricks. Von Daniel Wetzel
Am Montag legen die Stromnetzbetreiber offiziell eine Zahl vor, über deren
Deutungshoheit Verbraucherschützer, Ökostrom- und Industrielobbyisten
bereits seit Wochen streiten: die Ökostrom-Umlage zur Förderung
erneuerbarer Energien für das kommende Jahr, kurz EEG- Umlage.
Jener Betrag, der Verbrauchern mit der Stromrechnung abgebucht wird,
steigt um rund 50 Prozent, von 3,59 Cent auf etwa 5,3 Cent pro
Kilowattstunde. Und das ist nur der Wert, den Unternehmen zahlen:
Privathaushalte müssen auf die höhere Abgabe zusätzlich 19 Prozent
Mehrwertsteuer berappen, was die tatsächliche Belastung der Bürger auf 6,2
Cent je Kilowattstunde schraubt.
Der Strompreis soll um elf Prozent steigen
Das ergibt für einen Durchschnittshaushalt Mehrkosten von sechs Euro im
Monat. Bislang waren die Haushalte durch den Kaufzwang für Ökostrom mit
jährlich rund 150 Euro belastet, künftig müssen sie einschließlich
Mehrwertsteuer an die Solardach- und Windparkbesitzer mindestens 220 Euro
im Jahr abführen.
Weil die Kosten des Netzausbaus ebenfalls steigen, rechnet das unabhängige
Verbraucherportal Verivox (Link: http://www.verivox.de/) unter dem Strich
mit einer Strompreissteigerung um rund elf Prozent, was einer jährlichen
Mehrbelastung von 107 Euro entspricht. "Das wäre die stärkste Erhöhung in
den letzten zehn Jahren", sagt Dagmar Ginzel, Energie-Expertin bei
Verivox.
Insgesamt steigt die Subvention für Ökostrom im kommenden Jahr deshalb von
14 auf rund 20 Milliarden Euro. Das ist Kaufkraft, die an anderer Stelle
der Volkswirtschaft fehlt. Schon diese Steigerungsrate ist für eine
staatlich erzwungene Abgabe happig.
Strombranche rechnet die Mehrkosten klein
Doch zusätzlich zu den direkten Kosten der EEG-Umlage werden die
Verbraucher mit neuen indirekten Kosten konfrontiert. So müssen etwa die
Kommunen wegen der höheren EEG-Umlage entsprechend mehr für
Straßenbeleuchtung zahlen und der Bäcker um die Ecke mehr für den Betrieb
seines Ofens: Sie alle holen sich ihre gestiegenen Kosten beim Bürger in
Form höherer Preise wieder.
Noch im April vergangenen Jahres hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel
versprochen, die Ökostromumlage werde nicht steigen. Nun beginnt sie den
Wahlkampf mit einer schweren Hypothek: Spätestens ab jetzt muss man
bezweifeln, dass die Bundesregierung die Kostenentwicklung der von ihr
ausgerufenen Energiewende abschätzen kann, geschweige denn im Griff hat.
Die Ökostrombranche versucht ihre milliardenschweren Subventionen mit
allen Mitteln zu rechtfertigen – und rechnet den sich seit Langem
abzeichnenden Kostensprung klein. Dabei greifen die Schönfärber auf fünf
Rechentricks zurück, die vorgaukeln sollen, dass der ungebremste Ausbau
der erneuerbaren Energien nicht schuld sei an den explodierenden
Strompreisen.
1. Sündenbockindustrie
Die Kostenrelativierer behaupten, dass die Befreiung der Industrie von der
EEG-Umlage verantwortlich für den teureren Ökostrom sei. Denn alle übrigen
Verbraucher haben entsprechend höhere Kosten zu schultern. Die Industrie
entziehe sich der Finanzierung des "nationalen Gemeinschaftswerks"
Energiewende.
Daran ist zwar richtig, dass viele Betriebe von der EEG-Umlage befreit
sind, die dieses Privileg gar nicht nötig haben. Doch das macht aus der
Industrie nicht den schlimmsten Kostentreiber der Energiewende. Allein die
EEG-Umlage zur Förderung des Solarstroms ist mit 1,77 Cent pro
Kilowattstunde dreimal so hoch wie die "besondere Ausgleichsregelung" der
Industrie, die nur 0,6 Cent beträgt. Tatsächlich wird die deutsche
Industrie durch die EEG-Umlage bereits mit vier Milliarden Euro jährlich
belastet, und sie trägt fast die höchsten Industriestrompreise Europas.
Die Industrie bietet mehr Arbeitsplätze
Der Verweis auf die Industrie lenkt außerdem davon ab, dass sich die
Selbstverbraucher von Solarstrom ebenfalls aus der Solidargemeinschaft
verabschieden. Denn sie überlassen es ihren Nachbarn ohne Solardach,
EEG-Umlage, Stromsteuer und Konzessionsabgabe, in die Gemeinschaftskasse
einzuzahlen.
Außerdem wird eine Interessenabwägung unterlassen. So sind die 0,6 Cent
zur Sicherung von Industriearbeitsplätzen womöglich gut angelegtes Geld.
Denn die energieintensive Industrie in Deutschland steht für rund 900.000
Arbeitsplätze und einen Umsatz von mehr als 300 Milliarden Euro.
Die Solarindustrie, die durch das EEG dreimal stärker gefördert wird,
kommt nach den Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums auf lediglich
knapp elf Milliarden Euro Umsatz mit 110.000 Arbeitsplätzen.
2. Höheres Angebot
Der Bundesverband Erneuerbarer Energien (Link: http://www.bee-ev.de/)
(BEE) kritisiert, in der Höhe der EEG-Umlage spiegele sich nicht wider,
dass Ökostrom den Großhandelspreis für Elektrizität senkt.
Richtig daran ist, dass die Einspeisung von Ökostrom das Gleichgewicht von
Angebot und Nachfrage an der Strombörse verschiebt: Wenn der Wind stark
weht, verdrängt Ökostrom dank seines gesetzlichen Einspeisevorrangs den
Strom etwa aus relativ teuren Gaskraftwerken vom Markt. Allerdings bewirkt
dieser sogenannte Merit-Order-Effekt nur eine Preissenkung um rund 0,5
Cent pro Kilowattstunde.
Reservekraftwerke werden notwendig
Und viel mehr dürfte es auch nicht mehr werden. Denn unterschlagen wird
stets, dass der Merit-Order-Effekt nur kurzfristig wirkt: Wenn dauerhaft
die noch auf lange Sicht unverzichtbaren konventionellen Kraftwerke
abgehängt werden, macht das – erneut umlagefinanzierte – Reservekraftwerke
notwendig. Deren Kosten dürften die preisdämpfende Wirkung des
Merit-Order-Effekts aufzehren.
3. Preistreiber Fiskus
Der eigentliche Preistreiber beim Strom sei der Staat, nicht der Ökostrom,
wird argumentiert. Schließlich mache der Anteil von Steuern und Abgaben
mehr als 45 Prozent am Strompreis aus.
Das Argument ist nicht ganz falsch, verschleiert aber, dass die EEG-Umlage
zur Förderung von Ökostrom der zweitgrößte staatlich veranlasste
Preisbestandteil nach der Umsatzsteuer ist. Sie hatte 2011 einen Anteil
von rund 14 Prozent am Strompreis.
Außerdem war die 1999 eingeführte Stromsteuer von der damaligen rot-grünen
Bundesregierung als "Ökosteuer" konzipiert, die mehr Stromverbrauch
ausdrücklich bestrafen sollte, um ein "Bewusstsein für knappe Ressourcen"
zu schaffen. Sie dient ebenso der schon damals ausgerufenen Energiewende
und sollte eigentlich in der Gesamtbilanz enthalten sein.
4. Präzedenzfall Atom
Die Ökostromsubventionen werden oft mit dem Argument relativiert, Atom-
und Kohlekraft hätten ebenfalls Staatsgelder bekommen. So rechnet etwa
Greenpeace (Link: http://www.greenpeace.de/) .
Das mag ja stimmen, nur bremst das Argument nicht die Kostenlawine durch
erneuerbare Energien. Zudem werden bei den Subventionen für Atom- und
Kohlestrom oft Summen zusammenfantasiert, die mit der Realität wenig zu
tun haben. Eine Greenpeace-Studie zu den Staatsbeihilfen für die Atomkraft
rechnete zum Beispiel auch die Gelder mit ein, mit denen sich Deutschland
an der Sicherung der AKW-Ruine in Tschernobyl beteiligte.
Auch die Sanierungskosten des sowjetischen Uranerz-Bergbaus in Wismut
wurden mit draufgeschlagen. Vielfach wird so getan, als werde die
Endlagerung von radioaktiven Brennelementen mit Steuergeldern finanziert,
obwohl diese Kosten von den Kraftwerksbetreibern getragen werden, die
dafür Rücklagen gebildet haben.
Vorwürfe an Kohlekraftwerke unkonkret
Schließlich wird Kohlekraftwerken vorgeworfen, sie verursachten durch
Luftverschmutzung und Tagebaue große Umwelt- und Gesundheitskosten, die im
Strompreis nicht abgebildet seien. Würden diese "wahren Kosten" der
Kohleverstromung mit einfließen, wäre Ökostrom längst wettbewerbsfähig.
Auch dieses Argument ist großteils falsch. Denn die "externen Kosten" der
Kohleverstromung spiegeln sich sehr wohl im Strompreis wider: Sie werden
durch den europaweit eingeführten Emissionshandel "internalisiert".
Jenseits des CO 2 -Ausstoßes werden die Vorwürfe an die Kohlekraftwerke
eher unkonkret: Sie sind ebenso schwer zu berechnen wie "externe Kosten"
der erneuerbaren Energien, etwa durch deren Landschafts- und
Natureingriffe. Braunkohleverstromung hat in Deutschland jedenfalls zu
keinem Zeitpunkt Subventionen erhalten, die kommerzielle
Atomstromproduktion auch nicht. Beide Erzeugungstechniken zusammen haben
bislang immerhin fast die Hälfte des deutschen Stromverbrauchs gedeckt.
5. Knappe Ressourcen
Stets wird argumentiert, es werde sich auszahlen, eigentlich
unwirtschaftliche Ökostromquellen zu subventionieren, weil die Kosten für
fossile Energieträger noch viel stärker steigen würden.
Dennoch bleibt fraglich, warum der Aufbau mit unausgereifter Technologie
unter künstlichem Zeitdruck und Aufgabe aller marktwirtschaftlichen
Prinzipien geschehen muss – obwohl er das Risiko der De-Industrialisierung
mit dem sozialer Schieflagen kombiniert.
Dank neuer Fördertechniken und Funde sind in den vergangenen Jahrzehnten
die bekannten Erdölreserven der Welt nicht geschrumpft, sondern größer
geworden. Die Reichweite der Gasreserven wird auf knapp 500 Jahre
geschätzt. Durch die Schiefergas-Revolution haben sich die USA sogar vom
Importeur zum Exporteur von Erdgas gewandelt. Der US-Verbraucher zahlt
seither vier Fünftel weniger für Strom und Gas als der deutsche. Für
Zeitdruck in der Energiewende spricht das nicht.
300 Milliarden Euro Mehrkosten
Dennoch sollen die Verbraucher in Deutschland den kapitalintensiven Aufbau
enormer zusätzlicher Stromerzeugungskapazitäten finanzieren. Bislang
reichte eine verlässliche Kraftwerks kapazität von 120 Gigawatt aus, um
die deutsche Jahreshöchstlast von rund 83 Gigawatt Stromverbrauch zu
decken. Ab etwa 2020 soll Deutschland aber nach den Plänen der
Bundesregierung Kraftwerke mit 220 Gigawatt Leistung vorhalten.
Der Zubau ist nötig, weil Solarstrom und Windkraft viel seltener
bereitstehen als konventionelle Quellen. Diese Verdopplung der
Erzeugungskapazitäten kostet einer Studie der TU Berlin zufolge bis 2030
mehr als 300 Milliarden Euro. Der Aufwand für Speichertechnologien ist
darin noch nicht enthalten.
EEG-Umlage könnte weiter steigen
Dass die erneuerbaren Energien in absehbarer Zeit zu Billigmachern
mutieren, ist daher unwahrscheinlich. Viele Energieexperten sehen die
EEG-Umlage von 5,3 Cent pro Kilowattstunde nur als Zwischenschritt.
Weil der Bund gerade den Ausbau der teuersten Stromquellen Fotovoltaik und
Offshore-Windkraft vorantreibt, sehen Stephan Kohler, Chef der
halbstaatlichen Deutschen Energieagentur, und Holger Krawinkel vom
Verbraucherzentrale Bundesverband bis 2020 den Anstieg der EEG-Umlage auf
sieben Cent pro Kilowattstunde voraus. Die Mehrwertsteuer kommt dann noch
dazu.
- [Ag-umwelt] Die Welt: "So rechnet die Ökobranche die Energiewende schön", Andreas Rohrmann, 14.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] Die Welt: "So rechnet die Ökobranche die Energiewende schön", Sebastian Jurk (Top-Info.Org), 14.10.2012
Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.