ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Ag-umwelt mailing list
Listenarchiv
- From: "Henrik Personn" <henrik.personn AT gmx.de>
- To: <ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach Fukushima
- Date: Tue, 9 Oct 2012 23:22:58 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
- List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>
Hi Volker,
Vielen Dank für die Antwort.
Mit Simulationen hab ich mich so noch nicht befasst, daher die Neugier.
Frag doch mal GEOMAR nach den Parametern die benutzt worden. Das wäre doch
durchaus interessant.
Grüße
Henrik
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ag-umwelt-bounces AT lists.piratenpartei.de
[mailto:ag-umwelt-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von Dr. Volker
Jaenisch
Gesendet: Dienstag, 9. Oktober 2012 22:13
An: ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Re: [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach
Fukushima
Ahoi!
Danke für die gute Kritik.
@Henrik. >>> worauf stützt Du deine Aussage?
Ich habe selber schon viele atmosphärische Ausbreitungsrechnungen mit
Partikeldispersions-Programmen durchgeführt. Ich muss zugeben, dass ich
bisher keine Ausbreitungsrechnungen mit Meeresströmungen gemacht habe. Aber
die Physik ist in beiden Fällen absolut identisch, abgesehen von den
Eigenschaften des Mediums. Ich habe natürlich 3D-Ausbreitungen gerechnet und
die vorliegende Simulation scheint eine 1D-Simulation zu sein.
On 09/10/12 16:54, Fulleren wrote:
> die 10 hoch -5 ist die *relative* Konzentration bezogen auf die vor der
> Küste von Fukushima freigesetzte Konzentration.
Das ist mir schon klar, ich kann eine Legende durchaus lesen :-)
>
> Zweitens wird nur das Oberflächenwasser betrachtet, die Vermischung mit
> tiefen Wasserschichten wurde völlig außer acht gelassen.
Yep. Aber selbst dann kann es nicht sein das die ganze Pazifik-Oberfläche 10
hoch -5 der Konzentration an der Quelle aufweist.
Es ist wohl kaum strittig, das es falsch ist das Volumen zu vernachlässigen.
Caesium ist deutlich schwerer als Wasser und wird daher eher absinken
(sedimentieren) als weite Strecken zurücklegen. Alle Veröffentlichungen, die
ich zu dem Thema Ausbreitung und Radionuklide und Meer kenne gehen von
dieser Praemisse aus.
Damit ist auch klar, dass der physikalische Mechanismus der Deposition, also
dem Herabfallen auf dem Meeresboden keine Rechnung getragen werden konnte.
> Der "gelbe" Nachschub endet so in etwa bei 100 Tagen, was durchaus den
> Tatsachen entsprechen kann, schließlich ist monatelang das Kühlwasser per
> Wasserwerfer eingebraucht worden und unkontrolliert ins Meer gelaufen.
Durch das rauszoomen ist mir das nicht klar ersichtlich. Ich kenne eine sehr
ähnliche Simulation französischen Ursprungs welche das gleiche qualitative
Bild zeigt und eine konstante Emission über die ganze Laufzeit modelliert.
Es gibt IMHO keine Daten darüber wie viel Caesium ins Meer gelangt sind. Dies
sind also, wie ich schon in früheren EMails immer wieder betont habe reine
Spekulationen um Parameterwerte.
Damit will ich nicht die Position eines Deniers wie die Klimaskeptiker
einnehmen, die sagen: Wenn wir es nicht bis zur dritten Dezimale nach dem
Komma wissen ist die Wissenschaft nichts wert.
Auf der anderen Seite ist Wissenschaft aber auch keine mit Planwagen
herumziehenden Schau der Wunder sonder eine klar definierte Ethik der
Informationsgewinnung.
Wenn diese Ethik verletzt wird, beginnt der Abbau der Aufklärung.
>
> Ob das gute Parameter für die Simulation sind mag jeder selber entscheiden.
Und genau damit formulierst Du das fundamentale Problem. Wissenschaft ist
eben nicht eine persönliche Entscheidung. Wissenschaft ist eine unabhängig
von der Person ausgeübte Strategie des Gewinns von Erkenntnis.
Es gibt so gut wie keine belastbaren Angaben zu der Quellstärke, der
Zusammensetzung, und der Zeitdauer der radioaktiven Kontaminierung (Das gilt
sowohl für Three Mile Island, Tschernobyl, und Fukushima).
Daher müssen wir Wissenschaftler mit ad hoc Annahmen arbeiten und Parameter
auf Werte setzen, die wir eigentlich nicht richtig begründen können.
Gerade daher ist es wichtig, dass wir Wissenschaftler Rechenschaft darüber
ablegen, welche Parameter wir für welche Simulation aufgrund welcher Annahmen
wie gewählt haben.
Natürlich folgen so gut wie alle Wissenschaftler dieser Ethik.
Daher bin ich mir auch sicher, dass die Wissenschaftler hinter dieser
Simulation valide Annahmen in die Simulation gesteckt haben.
Die Frage ist nur, welche? Nur die Beantwortung dieser Frage läßt eine
Interpretation der Ergebnisse erst zu.
Eine politische Aussage, die wir aus den Ergebnissen dieser Simulation
entwickeln, bricht sofort zusammen und diskreditiert unsere Partei, wenn in
der Bildzeitung steht:
Piraten interpretieren Simulation falsch.
Daher mahne ich zu Vorsicht, wenn jemand You-Tube-Videos ohne die relevanten
Metadaten zu der Simulation postet.
Nicht das ich es ablehne, das solche Postings auftreten, ich freue mich
darüber. Aber ich sehe mich aber auch in der Pflicht diese Daten zu sichten
und zu bewerten. Ohne die Metadaten ist dies unmöglich, daher melde ich mir
hier so lautstark zu Wort.
Wir sollten hier nicht versuchen mit Hollywood-Blockbustern der Apokalypse
Stimmung machen zu wollen.
Ich bin der Meinung, das Umweltschutz am besten durch nüchterne skeptische
Wissenschaft flankiert werden sollte.
Beste Grüße
Volker
--
Dr. Volker Jaenisch
Geschäftsführer
Inqbus GmbH & Co. KG
Softwareentwicklung, Consulting & Hosting Karl-Heine-Straße 99 | 04229
Leipzig | Deutschland
Telefon: +49 341 989758-54
Fax: +49 341 989758-79
E-Mail: volker.jaenisch AT inqbus.de
Web: http://inqbus.de/
Persönlich haftende Gesellschafterin: Inqbus Management GmbH (Amtsgericht
Leipzig, HRB 27350) Vertretungsberechtigte Geschäftsführer: Maik Derstappen,
Dr. Volker Jaenisch, Thomas Massmann, Markus Zapke-Gründemann
Registergericht: Amtsgericht Leipzig
Registernummer: HRA 16424
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer: DE278744671
--
Ag-umwelt mailing list
Ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-umwelt
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Umwelt/Mailingliste/Regeln
- [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach Fukushima, Andreas Rohrmann, 08.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach Fukushima, Dr. Volker Jaenisch, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach Fukushima, Henrik Personn, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach Fukushima, Dr. Volker Jaenisch, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach Fukushima, Fulleren, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach Fukushima, Dr. Volker Jaenisch, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach Fukushima, Henrik Personn, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach Fukushima, Dr. Volker Jaenisch, 10.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach Fukushima, Fulleren, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach Fukushima, Dr. Volker Jaenisch, 10.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach Fukushima, Dr. Volker Jaenisch, 10.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach Fukushima, Henrik Personn, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach Fukushima, Dr. Volker Jaenisch, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach Fukushima, Henrik Personn, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] Simulation der Caesium-Ausbreitung im Pazifik nach Fukushima, Dr. Volker Jaenisch, 09.10.2012
Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.