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ag-umwelt - Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Positionspapier "Für eine zukunftssichere Energiepolitik" der AG Energiepolitik

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Betreff: Ag-umwelt mailing list

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Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Positionspapier "Für eine zukunftssichere Energiepolitik" der AG Energiepolitik


Chronologisch Thread 
  • From: Jan Bühler <jnbhlr AT web.de>
  • To: ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Positionspapier "Für eine zukunftssichere Energiepolitik" der AG Energiepolitik
  • Date: Fri, 29 Apr 2011 12:29:12 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
  • List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>

Tag,

Ich bin gegen die Reduzierung auf den gesamten Strombedarf im Fall von 2050. Ich würde auch hier lieber Primärenergiebedarf hinschreiben, denn das schließt zum Beispiel Wärme, Druckluft, Kälteanlagen usw. mit ein.

Prinzipiell hast du Recht, der Primärenergiebedarf ist das entscheidende. Vorteil dieser Lösung: Hinz und Kunz haben schon belegt das es machbar ist.

Außerdem bin ich der Meinung (die du ja schon kennst) dass Energieeinsparung „für‘n Arsch“ ist, wenn die Energie nur in einer vernünftigen Weise hergestellt wurde.

Hier empfehle ich dir die Lektüre von "Die Grenzen des Wachstums" - momentan wird Energie schmutzig erzeugt, und ohne Einsparung wird der Übergang nicht möglich/extrem teuer. Außerdem wird das Lokalklima (nicht mit dem Klimawandel verwechseln!) insbesondere in Städten verändert wenn dort sehr viel Energie verbraucht wird (=Wärme produziert), und wir sind auch nicht mehr unendlich weit (Faktor 20 glaub ich) davon entfernt, nur durch Wärmeproduktion den Planeten aufzuheizen (wobei das nur bei Fossilen Energieträgern der Fall ist - Uran zählt hier ausdrücklich dazu).

Ich würde mich vom „wir müssen sparen“ bei Energie trennen, die wir selbst erzeugen. Ich sehe es also nicht ein, dass ich Strom sparen soll, wenn der aus einem Windrädchen kommt. Weil wenn der Strom aus dem Windrädchen dauerhaft nur 15cent/kWh an der Steckdose kostet, was willst du tun, um die Leute zum Energiesparen zu ermutigen? Steuern? Abgaben? Mit welchem Grund – Landschaftsschonung der Nordsee?

Höhere Steuern auf Energie statt auf Ewerbsarbeit würden auch dann Sinn machen, um die Produktionsfaktoren ihrer Produktionsmächtigkeit entsprechend zu besteuernd (vergl. The second Law of economy - Energy, Entropy, and the Origins of Wealth, Rainer Kümmel, Springer 2011).
Und auf absehbare Zeit (bis ca. 2050) wird eingesparte Energie bei uns bedeuten, das wir unsere saubere Energie exportieren können und damit unsaubere Energieerzeugung andernorts minimieren können.

Andererseits habe ich auch kein Verständnis für eine Verschwendung fossiler Energie, sowas wie die steuerliche Freistellung von Heizöl durch die Färbung mit Sudan1 oder Solvent124 um diesen Rohstoff zwischen Heizöl Superleicht und PKW-Diesel zu trennen.

Full ack.

Wenn jeder Diesel in seine Ölheizung kippen müsste, dann wär der Umstieg bei den alten Heizungen binnen weniger Monate fast komplett.

Nicht ganz: Einige würden erfrieren, da sie sich kein Heizöl mehr leisten können (und auch den Umstieg nicht).

Gleiches gilt für Marinediesel (es ist ein Unding der Binnenschifffahrt, Schweröl halb zu verbrennen und die halben Verbrennungsprodukte 2 m übern Wasser rauszublasen) und Kerosin.

Full ak. Schifffahrt könnte sehr Umweltfreundlich sein, ist sie aber nicht, und alles und jeden per Flugzeug zu transportieren ist auch mumpitz.

 Außerdem fehlt mir, und das schreibe ich und argumentiere ich immer wieder, das man nicht wie die Grünen, für Akku+Auto steht (auch wenn es gerade Mainstream ist und eine Automobillobby dahinter kräftig die Trommel rührt) und davon ausgeht dass sich der Wirkungsgrad des Systems in physikalisch derzeit nicht mal unter Laborbedingungen mögliche Grenzgebiete durch etwas Forschung von selbst erhöhen wird.

Momentan ist der Wirkungsgrad des Systems ja so das nicht weniger CO2 erzeugt wird wenn man den deutschen Strommix tankt - ergo: Das Konzept Auto ist in der derzeitigen Form Mist.

Ich hätte gerne ein Bekenntnis zu seit 100 Jahren bewährten und pragmatischen Lösungen der Elektromobilität. Zum Beispiel Oberleitungsbusse.

Oder Straßenbahnen, oder Züge, oder - gut, nicht 100 Jahre alt - Pedelecs.

Mit dem Geld, dass Deutschland 2008 bis 2010 in die Akkumulatorforschung der Automobilindustrie gepumpt hat, wären alle Buslinien, die im 30 min Takt fahren schon mit einem Fahrdraht versehen.

Mit der Abwrackprämie hätte man nahezu alle Busse hybridisieren können...

Auch die Bahn fährt inzwischen genau 95 Jahre regelmäßig elektrisch. Dass wir über 300 km/h schnelle Verbindungen bauen können, immer wieder mal Rekorde aufstellen (den letzten 2009 zwischen Ingolstadt und Nürnberg), aber noch nichtmal überall Fahrdraht drauf haben wo eine Lowtech-S-Bahn fährt, ist doch schon für Deutschland eigentlich nur mehr peinlich. Wenn ich es richtig sehe wird 9,5% des gesamten Diesels in Deutschland an Eisenbahnverkehrsunternehmen verkauft. Es sind also 10% Energiewende des Verkehrs für nur 550 € / m Schienenstrecke derzeit ohne Forschungsaufwand im Angebot und keiner greift zu!

Full ack. Man will lieber für viel Geld einen funktionierenden Bahnhof durch einen nicht funktionsfähig geplanten ersetzen.
Und wenn man Flächendeckend Elektrifizieren würde, käme man wahrscheinlich noch billiger hin (Skaleneffekte) und könnte parallel normale Stromleitungen verlegen.

Außerdem finde ich „intelligente Managementsysteme“ foo. Intelligent ist an einem Stromzähler mit ein bisschen embedded Linux und Weboberfläche rein gar nichts. Nicht mal dessen Verwendung durch den Menschen ist intelligent. Im Gegenteil. Solche Systeme flächendeckend zu installieren macht nach meiner beruflichen Erfahrung (Datenlogging und aktive Steuerung von Anlagen der „Erneuerbaren Energien“) nur 2000 neue IT-Sicherheitsprobleme auf. Ein europaweiter Stromausfall wegen der statistisch gehäuften IT-Unkenntnis von 50Hertz-Klempnern ist bereits heute an jedem sonnigem Tag mit etwas Wind ein realistisches Bedrohungsszenario. Und da kann sich eine Bundesregierung mit der Energielobby noch so schöne zentrale IT-Sicherheitszentren aufbauen, wenn der Angriff dezentral erfolgt und die Kraftwerke einfach zum Selbstschutz abschalten müssen.

Deine Beschreibung des Status quo ist wahrscheinlich korrekt.
Allerdings deckt der Begriff Intelligenz meines Wissens auch emergentes Verhalten ab, also z.b. Routenplanung von Ameisen o.ä. (eine Ameise ist verdammt unintelligent, aber viele finden immer verdammt gute Wege).
Aber sind diese Probleme unlösbar? Ist es einfacher, riesige Ringwallspeicher o.Ä. zu bauen?
Was wäre, wenn die ganze Steuerungssignale komplett über das Stromnetz gingen und nicht mit dem Internet in Berührung kämen?

Problem ist der Versuch, die Geräte aus dem PC des Elektrikers erreichbar zu machen. Dieser erfolgt i.d.R. per DYNDNS und einem Port4ward, bei dem alle Ports einfach mal auf die Datentechnik weitergeleitet werden. Das bekommt der ehemalige Schlüsselmacher, Messerschleifer, Rohrreiniger und Trockenbauer, der heute, weil es grade Trend ist, Photovoltaik „macht“, so bei den Kursen der Wechselrichterhersteller auch noch stur antrainiert. „VPN? – Wir sind doch nicht paranoid!“ (O-Ton vom Marktführer SMA)

Startschwierigeiten, die man ernst nehmen sollte. Aber wie du selbst sagst, wäre es einfach besser zu machen, bzw. es gibt verdammt viel Arbeit für dich :-)

Ich finde das Positionspapier annehmbar, danke an die Leute die mitgearbeitet haben, mit meinen Kritikpunkten muss ich leben da ich versäumt habe mich rechtzeitig einzubringen.

Liebe Grüße,
Jan Bühler



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