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ag-landwirtschaft - Re: [Ag-landwirtschaft] Ag-landwirtschaft Nachrichtensammlung, Band 26, Eintrag 13

ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Landwirtschaft

Listenarchiv

Re: [Ag-landwirtschaft] Ag-landwirtschaft Nachrichtensammlung, Band 26, Eintrag 13


Chronologisch Thread 
  • From: "Frank Steinert" <f.steinert AT piratenbrandenburg.de>
  • To: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag-landwirtschaft] Ag-landwirtschaft Nachrichtensammlung, Band 26, Eintrag 13
  • Date: Wed, 02 Apr 2014 01:26:25 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-landwirtschaft>
  • List-id: <ag-landwirtschaft.lists.piratenpartei.de>

Wollen wir am 1. 4. was dazu machen? Ich wär sehr dafür.

byby Frank

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Message: 2
Date: Fri, 28 Mar 2014 08:54:23 +0100
From: Detmar Kleensang <detmar AT gmx.de>
To: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
Subject: Re: [Ag-landwirtschaft] Gesetzentwurf des Bundestages zu
        Direktzahlungen
Message-ID: <C340F1D7-3896-4E6B-9308-8983862B6EFE AT gmx.de>
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Moin!

Entschuldigt. Da war die Zeit etwas knapp. Also:

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/009/1800908.pdf

Da sorgt allein schon der Paragraph 15 Absatz 3 für:
"Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wird ermächtigt, zur Gewähr- leistung des Schutzes von ökologisch wertvollem Dauergrünland durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als weitere sensible Gebiete nach Artikel 45 Absatz 1 Unterab- satz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013

        • Moor- und Anmoorflächen,

        • Überschwemmungsgebiete,

        • erosionsgefährdete Flächen

zu bestimmen."

Das ist die bundesweite Umsetzung des Schleswig-holsteinischen Dauergrünlanderhaltungsgesetzes. Nur wesentlich gröber verfasst, mit wesentlich mehr Spielraum für die spätere Umsetzung.

Wo ich den Paragraphen betreffs Moor- und Anmoorflächen noch mittrage und als positiv erachte weiten die beiden anderen bezeichneten Gebiete den gesetzlichen Eingriff in die unternehmerischen Entscheidungen zur Produktionsausrichtung erheblich aus.

Als Überschwemmungsbebiete definiert worden sind einst Landstriche, die in den letzten 200 Jahren wenigstens ein Mal überschwemmt wurden. Das kann also schon 199 Jahre her sein und nun völlig unbedenklich ackerfähig sein, doch kann die Regierung basierend dieses Paragraphen jederzeit bestimmen, anderes außer Dauergrünland wäre für diese Gebiete nicht mehr als Produktionsausrichtung zulässig.

Von meinen 75 Hektar liegen 28 Hektar in solch einem ausgewiesenen Überschwemmungsgebiet. Davon sind 8 Hektar bereits Dauergrünland, weil es sich dort zusätzlich um Anmoorfläche handelt. Die restlichen 20 Hektar werden von mir für den Getreideanbau verwendet. Dies könnte mir jederzeit von der Bundesregierung untersagt werden. Womit die Produktionsausrichtung meines Betriebes auf Milcherzeugung UND Ackerbau jederzeit beendet werden könnte. Ich hätte dann keine Alternative mehr zu der meist unrentablen Milcherzeugung, für die sich Dauergrünland nur verwenden lässt.

Gleiches gilt für erosionsgefährdete Flächen. Es wurde vor einigen Jahren ein sogenanntes Erosionskataster aufgelegt, in dem sowohl wind- als auch wassererosionsgefährdete Gebiete ausgezeichnet wurden. Wenn man sich dieses Erosionsschutzkataster auf der Landkarte ansieht, dann sind allein in Schleswig-Holstein ca. die Hälfte aller landwirtschaftlichen Nutzfläche als erosionsgefährdet ausgewiesen. Sollte die Bundesregierung jemals auf die Idee kommen, dieses Paragraphen umzusetzen, wäre nicht nur mein Betrieb in seiner Existenz gefährdet.

Das ist imho wieder mal so ein politischer Schnellschuss: gut gemeint, schlecht gemacht. Die Umsetzung dieses Paragraphen hätte derart weitreichende Folgen für die Wirtschaftlichkeit der geschätzt halben Landwirtschaft in Deutschland, auf deren jeweilige Produktionsausrichtungen und die unternehmerische Entscheidungsmöglichkeiten sowie auf das Landschaftsbild im allgemeinen, das es mich graust.

Man kann eigentlich nur hoffen, dass dieser Abschnitt nie aktiviert wird. Nicht in der schwammigen, weitreichenden, frei definierbaren Form wie er dort steht.

Wenn ich alle Überschwemmungsgebiete und Erosionsflächen auf meinem Betrieb zusammenrechne, dann würde ich allenfalls noch auf viereinhalb Hektaren Ackerbau betreiben dürfen. Damit wäre die Diversifizierung meines Betriebes auf mehrere landwirtschaftliche Sparten akut gefährdet.

Ebenso gefährdet wäre die Fruchtfolge. Denn wenn ich dann auf 70ha nur noch Dauergrünland halten dürfte und auf nichtmal 5ha Ackerbau betreiben dürfte, was für eine Fruchtfolge könnte ich einhalten? Selbst die Kollegen mit ausschliesslich Milcherzeugung haben noch ein paar Hektar Ackerfläche für Maisfutter. Die sollen dem EU-Greening zufolge künftig eine Fruchtfolge einhalten. Das ist für die eh schon schwierig genug. Wenn dann noch die Bundesregierung große Teile der Ackerfläche in Dauergrünland umwandelt ist es mit Fruchtfolge vollends vorbei.

Ja, ich weiß. Das soll alles nur als Notbremse dienen, wenn mehr als 5% der Dauergrünlandfläche in einem Jahr verschwinden. So war es zumindest wohl angedacht. Aber das steht halt dort nicht explizit so drin! Es steht lediglich drin, dass die Bundesregierung ermächtigt wird, jederzeit entsprechend in die landwirtschaftliche Struktur einzugreifen. Sie hätte alle die Möglichkeiten, wie obig beschriebene Auswirkungen auf die Landwirtschaft zu provozieren.

Es läuft sicher nicht alles rund in der Landwirtschaft. Aber solche Restriktionen machen es letztlich nur noch schlimmer. Die Umsetzung dessen könnte zu einem gravierenden Höfesterben führen. Weil viele Betriebe in ihrer Produktionsausrichtung massiv beschränkt werden könnten. Sonst sagt die Bundesregierung beständig, wir Bauern sollten Unternehmer werden und am Markt teilnehmen. Das funktioniert aber nicht mit solch gravierenden Eingriffen in unsere Handlungsfähigkeit!

Außerdem muss man bei all dem bedenken, welche rein finanziellen Auswirkungen solch eine gesetzliche Umwandlung von Ackerfläche in Dauergrünland hätte. Ackerflächen sind aufgrund ihrer vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten weit höher finanziell bewertet als es Dauergrünland ist. Acker ist einfach mehr Wert. Auch gegenüber Banken! Als Sicherheiten, wenn man investieren möchte. Dies geht ja nur noch über Kredite, da nicht genügend in der Landwirtschaft verdient werden kann! Man stelle sich vor, ein Betrieb mit 50/50 Acker zu Grünlandanteil hätte in einen neuen tierwohligen Kuhstall samt Güllelager und Siloplatten investiert. Durchschnittsinvestitionssumme war bereits 2011 1 Million Euro! Die geldgebende Bank nimmt die wertvollen Ackerflächen als Sicherheit. Nun kommt die Bundesregierung und entwertet diese Flächen zu Dauergrünland. Was macht die Bank? Ihre Kredite werden auf den Schlag nicht mehr im vorigen Umfang durch Sicherheiten gedeckt. Das kann vielen Betrieben ganz schnell das Genick brechen!

Sowieso ist dieser ganze Dauergrünlandschutz eine Farce. Die Regelungen dazu sind absolut kontraproduktiv! Weil sie dafür sorgen, dass nirgendwo Dauergrünland neu entstehen kann. Man kann ja auch auf als Acker ausgewiesenen Flächen Grünland anbauen. Das darf man aber nur 5 Jahre lang! Vor Ablauf der 5 Jahre MUSS das Grünland wieder umgebrochen und beackert werden! Ansonsten wird es automatisch zu Dauergrünland! Ist eine Grünlandfläche auf Acker länger als 5 Jahre am Stück Grünland, so ist es automatisch Dauergrünland. So ist es automatisch nur noch einen Bruchteil Wert und die Nutzung für alle Zeiten entsprechend eingeschränkt. Daher sieht doch jeder Landwirt zu, dass er Grünland auf Ackerfläche spätestens vor Ablauf dieser 5 Jahre wieder pflügt. Diese strikte rechtliche Trennung zwischen Acker- und (Dauer-)Grünlandfläche ist kontraproduktiv! Wie viel mehr - vielleicht nicht "Dauergrünland", aber immerhin langfristiges - Grünland könnte es geben, wenn man auch nach 7 oder 10 oder 20 Jahren Grünland zwischendurch mal pflügen und beackern dürfte? Dem Boden würde das auch gut tun. Und nach 1-3 Jahren Ackernutzung neu angelegtes Grünland ist wesentlich frischer, gesünder und ertragreicher als solches Dauergrünland, dass schon seit 20 oder 40 Jahren gar nicht anders genutzt werden darf!
Letztlich geht es dann aber halt auch wieder darum, wie verantwortungsbewusst die Landwirte mit ihren Flächen umgehen. Und da gibt es leider solche und solche...

Ich hoffe, das war erstmal allgemeinverständlich genug. Es gibt da noch ein paar andere Punkte, aber dieser eine allein war mir schon übel genug.

Gruß, Detmar

Am 27.03.2014 um 13:13 schrieb Birgitt Piepgras:

Moin Detmar,

willst du was dazu schreiben? Also mal allgemeinverständlich erklären,
welche Auswirkungen das hat?

Liebe Grüße,
Birgitt

On 27.03.2014 07:56, Detmar Kleensang wrote:

Danke Birgitt...

Damit wäre dann das Ende meines Betriebes beschlossen. Kann sich nur noch um ein paar Jahre handeln.

Tolle Aussichten...

Gruß, Detmar

Am 27.03.2014 um 00:03 schrieb Birgitt Piepgras:

Moin ihr Lieben,

fyi

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/009/1800908.pdf

Liebe Grüße,
Birgitt

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