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ag-landwirtschaft - [Ag-landwirtschaft] Rede von Ilse Aigner zur 100-Jahr-Feier des Milchindustrieverbandes

ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Landwirtschaft

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[Ag-landwirtschaft] Rede von Ilse Aigner zur 100-Jahr-Feier des Milchindustrieverbandes


Chronologisch Thread 
  • From: Detmar Kleensang <detmar AT gmx.de>
  • To: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: [Ag-landwirtschaft] Rede von Ilse Aigner zur 100-Jahr-Feier des Milchindustrieverbandes
  • Date: Mon, 22 Oct 2012 11:40:55 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-landwirtschaft>
  • List-id: <ag-landwirtschaft.lists.piratenpartei.de>

Die Bundesagrarministerin würdigt die Industrie, verspricht ihr weiter freien Handlungsspielraum und sichert Steuergelder zu.

Die Deregulierung der Bankenwirtschaft darf im Nachgang des globalen Finanzcrashs als Negativbeispiel gelten. Nun ist die Landwirtschaft dran, denn es braucht dringend neue Spekulationsobjekte?!


http://www.bmelv.de/SharedDocs/Reden/2012/10-19-AI-100-Jahre-Milchindustrie-Verband.html;jsessionid=64C42D8946510307264B8D8AC9448FB8.2_cid238

Verlässlichkeit, Vertrauen und Veränderung – für eine starke und zukunftsfeste Milchwirtschaft in Deutschland

100 Jahre Milchindustrie-Verband
Datum:
19.10.12
Ort:
Berlin
Redner:
Bundesministerin Ilse Aigner

Rede der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Ilse Aigner, zum hundertjährigen Jubiläum des Milchindustrie-Verbands (MIV).

·                                 1. Verlässlichkeit
·                                 2. Vertrauen
·                                 3. Veränderung
·                                 4. Schluss
Es gilt das gesprochene Wort!

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

die Anfänge der Milchwirtschaft reichen sehr lange zurück: Schon vor 6.000 bis 8.000 Jahren haben unsere Vorfahren Milchvieh gehalten. Im Gebiet der heutigen Sahara zogen die Menschen durch die damals grüne Savannenlandschaft. Sie hielten Herden mit Rindern, Schafen und Ziegen, noch bevor sie Ackerbau betrieben. So gewannen sie Milch und verarbeiteten diesen nahrhaften Rohstoff weiter. Das haben britische Wissenschaftler herausgefunden und vor kurzem im Fachblatt "Nature" veröffentlicht.

Auf eine so lange Geschichte kann zwar selbst der Milchindustrie-Verband nicht zurückblicken. Aber 100 Jahre alt zu werden, das ist für einen Verband ein stolzes Jubiläum. Zu diesem langen und erfolgreichen Bestehen, lieber Herr Dr. Engel, gratuliere ich Ihnen herzlich!

Ein Jubiläum ist stets eine gute Gelegenheit zurückzuschauen. Es ist aber auch eine gute Gelegenheit, den Blick in die Zukunft zu richten. Lassen Sie mich deshalb heute drei Punkte ansprechen, die in der gesamten Agrarbranche und besonders in der Milchwirtschaft wichtig sind:

·                                 Erstens: Verlässlichkeit,

·                                 Zweitens: Vertrauen und

·                                 Drittens: Veränderung.

1. Verlässlichkeit

Zunächst zum Thema "Verlässlichkeit": Ihr Verband hat die deutsche Land- und Ernährungswirtschaft sowohl im 20. als auch bislang im 21. Jahrhundert entscheidend mitgeprägt. Dazu haben Ihre Mitgliedsunternehmen und vor allem auch deren gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beigetragen.

Seit nunmehr 100 Jahren stehen Ihre Molkereien unseren Milchbauern zur Seite – als verlässliche Abnehmer und Vermarkter. Sie unterstützen eine Milcherzeugung, die wunderschöne Kulturlandschaften in ganz Deutschland prägt und das ökologisch besonders wertvolle Grünland optimal ausnutzt.

Auch deshalb verdienen Sie eine verlässliche Agrarpolitik – in Berlin und in Brüssel! Mein Grundsatz lautet: Mit einer verlässlichen und marktorientierten Politik schaffen wir den Rahmen für den wirtschaftlichen Erfolg unserer Land- und Ernährungswirtschaft.

Mit Blick auf die Milchmarktpolitik sage ich klar und deutlich: Die Milchquote wird – wie beschlossen – auslaufen. Eine staatliche oder auch halbstaatliche Mengensteuerung im Milchbereich ist mit einer Deregulierung und Marktausrichtung nicht mehr vereinbar.

Milcherzeuger und Molkereien sollen frei über ihre Produktionsmengen entscheiden. Und das am besten gemeinsam. Denn, was der Eine produziert, muss der Andere über die veredelten Milchprodukte gewinnbringend absetzen. So können Erzeuger und Milchwirtschaft am besten die Marktchancen nutzen und mit angepassten Strategien auf Marktrisiken reagieren.

Hierbei unterstützt das neue EU-Milchpaket unsere Erzeuger. Denn sie können ihr Rohmilchangebot noch stärker bündeln. Das ist auch wichtig mit Blick auf die weltweiten Entwicklungen.

In vielen Ländern Asiens oder auch Südamerikas ist Milch ein Luxusprodukt. Mit zunehmender Kaufkraft steigt dort die Nachfrage. Deshalb wollen wir unserer deutschen Milchwirtschaft neue Chancen auf den Weltmärkten eröffnen. Eine Selbstbeschränkung oder Konzentration auf den Binnenmarkt wäre der falsche Weg!

Denn Milchprodukte aus Deutschland sind wegen ihrer hohen Qualität sehr gefragt. So konnte die deutsche Milchwirtschaft ihre Drittlandsexporte im ersten Halbjahr 2012 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 25 Prozent steigern.

Hohe Steigerungsraten konnten dabei vor allem im chinesischen Markt erzielt werden. Die Exporte unserer Milchprodukte in die Volksrepublik China sind im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um stolze 85 Prozent gestiegen. Das ist ein Indiz für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Milchwirtschaft!

Wahr ist aber auch: Deregulierte und globale Märkte sind typischerweise mit einem Auf und Ab von Preisen und Mengen verbunden. Denn die Preise bilden sich am Markt durch Angebot und Nachfrage Für die pflanzlichen Produktionsbereiche oder die Schweineerzeugung ist das längst normal. Auf dieses Auf und Ab der Preise wird sich auch die Milchwirtschaft einstellen.

Erfreulicherweise sehen wir derzeit wieder eine Stabilisierung der Preise. Das ist mit Blick auf den Wert der Milch als Lebensmittel gut und gerechtfertigt. Und hier sehe ich durchaus noch Luft nach oben! Das zentrale Stichwort lautet aber in jedem Fall künftig: betriebliches Risikomanagement.

Trotz Deregulierung und Auslaufen der Quote lassen wir unsere Milcherzeuger nicht allein. Es wird weiterhin ein funktionsfähiges staatliches Sicherheitsnetz geben. Neben Intervention und privater Lagerhaltung leisten vor allem die Direktzahlungen einen erheblichen Beitrag zur Stabilisierung des Einkommens.

Für die Bundesregierung ist deshalb klar: Wir brauchen einen Agrarhaushalt mit einer starken ersten Säule und einer finanziell gut ausgestatten zweiten Säule. Ich kämpfe für einen Agrarhaushalt, der einen wesentlichen Beitrag zu Wohlstand und Wachstum in Europa leistet – gerade im ländlichen Raum! Darauf können sich unsere Milchbauern verlassen. Und darauf können sich auch die Molkereien verlassen!

2. Vertrauen

Meine Damen und Herren, ich komme zum zweiten Stichwort – nämlich "Vertrauen".

Ob Trinkmilch, Käse oder Joghurt – die vielfältigen, schmackhaften Produkte aus Milch sind wichtige Bausteine einer gesunden und ausgewogenen Ernährung. Und die Verbraucher vertrauen zu Recht auf die Sicherheit und auf die Qualität unserer Milchprodukte. Vom Melken bis zum Mittagstisch – entlang der gesamten Kette gibt es bei der Lebensmittelsicherheit keine Kompromisse!

Europäische und nationale Qualitäts- und Hygienevorschriften, aber auch freiwillige Qualitätsmanagementsysteme der Wirtschaft tragen dazu bei. Sie sichern nicht nur ein hohes Schutzniveau, sondern leisten auch einen wichtigen Beitrag zur Imageförderung der deutschen Milch auf den Exportmärkten.

Das Verbrauchervertrauen in die Sicherheit und in die Qualität ist die eine Säule, auf der der Erfolg unserer deutschen Milchwirtschaft ruht. Dieses Vertrauen darf nicht aufs Spiel gesetzt werden!

Die andere Säule, auf der der Erfolg unserer deutschen Milchwirtschaft ruhen muss, ist das Verbrauchervertrauen in die Kennzeichnung und Aufmachung der Milchprodukte. Anders als noch vor zwanzig, dreißig Jahren gibt es heute eine wachsende Zahl von Verbrauchern, die Werbeversprechen bei Lebensmitteln kritisch hinterfragen. Für die Wirtschaft und für die Politik ist das Chance und Herausforderung zugleich.

Ich sehe die Rolle der Politik auch darin, als ehrlicher Makler aufzutreten. Der ehrliche Makler hilft, Wirtschaft und Verbraucher zusammenzuführen. So wird das gegenseitige Vertrauen gestärkt. Das war das Ziel unseres Chartaprozesses. Und das war das Ziel unserer Initiative für mehr Klarheit und Wahrheit bei Lebensmitteln.

Von diesem Dialog können sowohl die Verbraucher als auch die Ernährungswirtschaft profitieren. Denn das Verbrauchervertrauen ist die wichtigste Währung auf dem hart umkämpften Lebensmittelmarkt. Deshalb darf das Vertrauen nicht aufs Spiel gesetzt werden!

3. Veränderung

Meine Damen und Herren, 100 Jahre Milchindustrie-Verband sind eine beeindruckende Bilanz. Langfristig Erfolg am Markt haben Unternehmen aber nur, wenn sie auch auf Veränderungen eingehen. Stillstand heißt Rückschritt – auch in der Lebensmittelbranche.

Was wäre etwa aus unserer Kaffeewirtschaft geworden, wenn sie wie in den 80er-Jahren auch weiterhin nur auf Filterkaffee gesetzt hätten? Innovationen wie Portionskaffee mit Kapseln und Pads haben der Kaffeebranche neuen Schwung verliehen. Sie ist heute Weltmarktführer.

Für eine vergleichbare Entwicklung sehe ich auch in der Milchwirtschaft beste Chancen und gute Ansatzpunkte. Die deutsche Milchwirtschaft gehört heute zu den innovativsten Branchen:

·                                 bei den Produkten und

·                                 bei den Produktionsprozessen.

Sie hat fast 30.000 hoch qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deshalb sehe ich bei unserer Milchwirtschaft ein gewaltiges Potenzial für weitere Innovationen "Made in Germany".

Ich sehe ein großes Potenzial, diese Innovationen in die Welt zu tragen. Und was wir als Bundesregierung dazu beitragen können – ich nenne hier insbesondere unseren Parlamentarischen Staatssekretär und Exportbeauftragten Dr. Gerd Müller – das werden wir beitragen!

4. Schluss

Meine Damen und Herren, Verlässlichkeit, Vertrauen und Veränderung – das sind zentrale Faktoren für den weiteren Erfolg der deutschen Milchwirtschaft. Die Bundesregierung und auch ich ganz persönlich stehen fest an der Seite unserer Milchbauern und Molkereien!

Und ich bin sicher, Herr Dr. Engel, wir werden auch weiterhin gut und konstruktiv zusammenarbeiten. Für die Zukunft wünsche ich Ihrem Verband, Ihren Mitgliedsunternehmen und Ihren Mitarbeitern 100 weitere erfolgreiche und ertragreiche Jahre!

Vielen Dank!




  • [Ag-landwirtschaft] Rede von Ilse Aigner zur 100-Jahr-Feier des Milchindustrieverbandes, Detmar Kleensang, 22.10.2012

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