Re: [Ag-landwirtschaft] Soja??

["Kirsten Wosnitza" <k.wosnitza AT gmx.de>]

Hallo Axel

leider ist es schon so spät, dass ich nur kurz antworten kann.

Deine Ausführungen stimmen zur Hälfte würde ich sagen.

Eine Remontierungsrate (zeigt an, wie viele Kühe in jedem Jahr aus der Herde 
gehen und gegen neue ersetzt werden müssen) ist mit 40% auch in Top 
Betrieben sowohl ökonomisch als auch ethisch überhaupt nicht zu tolerieren 
und eher ein Armutszeugnis. 25% wäre ein Wert, den es meiner Meinung nach 
mindestens anzustreben gilt.

Top Betriebe hin oder her, neue Ställe mit bestem Kuhkomfort oder nicht - 
das Lebensalter der Kühe bei ihrem Abgang aus der Herde sinkt über die 
Jahre, jedenfalls in S-H.

Mit der Grundfutterleistung gebe ich Dir recht, aber auch hier finde ich 
3900 Kg in Top Betrieben deutlich zu gering. Schließlich kommen dann 5100 kg 
aus dem Kraftfutter. Wir haben es aber mit einen Wiederkäuer und nicht mit 
einem Schwein zu tun. Auch hier sollte die Leistung eher zwischen 4-5000 kg 
liegen, meiner Meinung nach. Es ist aber schon so, dass die Menge an 
Kraftfutter pro Kilo Milch über die Jahre gesunken ist - geht aber noch 
besser!

Was leider nicht in der Tabelle zu sehen ist, sind die Grundfutterleistungen 
von Vollweidebetrieben, die gibt es wohl in Eurem Bundesland eher nicht. 
Hier sind Leistungen aus dem Grundfutter von über 5000 kg nötig und möglich. 
Aber auch hier gibt es natürlich noch  Verbesserungsbedarf in der Praxis.

http://www.lfl.bayern.de/ite/gruenlandnutzung/23018/index.php

Meiner Meinung gehören die Citrusschalen nicht in eine Kuhration. Meine Kuh 
ist doch kein Mülleimer! Sie ist kein Schwein sondern ein Wiederkäuer, der 
die wunderbare Gabe hat, Gras zu einem sehr hochwertigen Nahrungsmittel zu 
verwandeln. Womit ich selbst nicht besonders froh bin, sind die Mengen an 
Soja, die auch wir verfüttern. Auch wenn es gvo frei ist. Aber unsere hohen 
Maisanteile benötigen einen Eiweißausgleich. Und wir haben mit Soja die 
besseren Erfahrungen als mit Raps (füttern wir auch, aber in geringerer 
Menge) gemacht.

Leider zeigt die Tabelle auch nicht, wie enorm stark die Häufigkeit der 
Labmagenverlagerungen (mit all seinen Folgen) bei unseren Kühen angestiegen 
ist. Klauenerkrankungen und Fruchtbarkeitsprobleme (warum sonst würden so 
viele Tiere viel zu früh die Herden verlassen?). Man könnte es auch 
Zivilisationskrankheiten nennen.

Wir selbst melken 120 Kühe, die seit einigen Jahren eine 
Durchschnittsleistung um die 10 000 kg Milch haben. Um diese Kühe fit zu 
halten und möglichst alt werden zu lassen, muss man sich ganz schön strecken 
und alle möglichen Anstrengungen machen. Diese Kuh ist ein System, welches 
ein echtes Wunderwerk ist - aber kein bisschen fehlertolerant. Wenn einzelne 
Faktoren nicht mehr im Optimum liegen, kann das ganze sehr schnell 
entgleisen. Auf der anderen Seite ist es mit einem Top Management durchaus 
möglich, auch diese Tiere fit zu halten.

Ich frage mich allerdings, wer in Zukunft noch die 11 oder 12 000 Liter Kuh 
braucht, bzw. managen kann. Ich finde, hier sollten wir alle durchaus 
selbstkritisch sein und mal überlegen, wohin uns das (Mensch und Tier) 
führt. Und wer an diesem System ganz gut verdient (Futtermittel, Pharma, 
Technik).

Eine gute Nacht wünscht Kirsten

-----Ursprüngliche Nachricht----- 
From: Axel Heidkamp
Sent: Wednesday, August 08, 2012 12:16 AM
To: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
Subject: Re: [Ag-landwirtschaft] Soja??

Genau die Einschätzung ist Falsch!
Die Daten Rinderspezialberatungsbetriebe sowie die Daten meiner 
Beratungsbetriebe beweisen, dass die Betriebe mit der höchsten Milchleistung 
/ Kuh
auch die höchste Milchleistung aus dem Grundfutter holen. Schwache Betriebe 
3.000kg Milch, Topbetriebe 4.000 kg und mehr.
Der Kraftfutteraufwand wird in g/kg Milch bewertet. Hier liegen auch die Top 
Betriebe bei 250-270g/kg Milch und die schwächeren 290 g/kg Milch
Fazit:
Die Hochleistungskühe erreichen diese Leistungen nur bei einem Top 
Management und setzen das Kraftfutter am besten um.
Ebenfalls sind die Reproduktionsraten und Verluste an Tieren bei den 
Topbetrieben am geringsten.
Daraus resultiert automatisch, das die Lebenserwartung der Kühe in 
Topbetrieben am höchsten ist.
Diese Daten in der Tabelle und meine Darstellung sind fachlich, 
tiergesundheitlich fundiert und abgesichert.

Jetzt noch zu den Citrusschalen und andere Futterstoffe, die dem Leien fremd 
sein können.

Würden die Menschen so ausgewogen und gesund essen, wie die meisten 
Landwirte  es für Ihre Kühe vorbereiten,
berechnen und dann füttern(Ausnahmen bestätigen die Regel), würde unsere 
Kankenkasse nur halb so teuer werden.
Zu gut Deutsch, wer seine Kuh/Tiere falsch füttert oder behandelt, wird 
sofort mit Leistungs- und Geldeinbußen bestraft.

Mit freundlichen Grüßen
Axel Heidkamp


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ag-landwirtschaft-bounces AT lists.piratenpartei.de 
[mailto:ag-landwirtschaft-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von 
Detmar Kleensang
Gesendet: Dienstag, 7. August 2012 06:08
An: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Re: [Ag-landwirtschaft] Soja??

Wobei man natürlich auch berücksichtigen sollte, dass Soja per se giftig ist 
und erst aufwändige Verarbeitungsprozesse dies beseitigen. Was 
selbstverständlich auch für andere Bohnen, Kreuzblütler, gilt.

Es würde in freier Natur wohl auch kein Rindviech auf einer Bohne 
herumkauen. Das gleiche gilt natürlich auch für Citrusschalen etc., die 
schon lange einen hohen Stellenwert in der Rinderfütterung haben.

Manchmal finde ich es eben schade, dass unsere Nutztiere fast schon zu 
Verwertern von Industrieabfällen verkommen sind. Letztlich ist es ja das. 
Sojaöl wird gebraucht und dabei fällt Extraktionsschrot ab. Ist doch toll, 
wenn man das auch irgendwie verwerten kann. Und Kühe danken es mit 
Leistungssteigerung.

Ich mache mir nur Sorgen, wo das hinführt, wenn ich von einigen Kollegen 
höre, dass sie Grundfutter nur als nötige Fütterungsbasis ansehen, die 
Milchleistung aber quasi nur mit Kraftfutter rausgefüttert wird. Ich bin mir 
nicht sicher, ob es auf Dauer gut ist, wenn zu sehr auf (in menschliche 
Verhältnisse übersetzt) Powerriegel und RedBull gesetzt wird. Der Magentrakt 
von Rindern ist von der Natur her nicht unbedingt dazu gemacht, derlei 
Mengen solchen Futters zu verwerten. Und auch wenn ich von Kollegen höre, 
dass sie um die Gesundheit ihrer Kühe bangen, sollte kurzfristig auf dieses 
so hochenergetische Futter verzichtet werden, kommt mir die Frage auf, wie 
abhängig wir uns schon gemacht haben.

Noch rechtfertigen jedenfalls Leistungs- und Kostendruck solch eine 
Fütterung. Machen sie geradezu notwendig. Allein schon die Züchtung unserer 
Nutztiere, die ja auf den selben Gründen basiert, macht diese Art der 
Fütterung notwendig. Immer mehr immer schneller produzieren, das führt aber 
auch in anderen Wirtschaftsbereichen dazu, dass sich potentiell Fehler 
häufen können.

nachdenklichen Gruß,
Det


Am 07.08.2012 um 00:29 schrieb Axel Heidkamp:

> Es wurde schon von einem annähernd erklärt, Die Ernährungsphysiologie
> der Kühe und Schweine , sowie Mastrinder wird am optimalsten erfüllt, wenn 
> Sojaschrot zum Einsatz kommt.
> Aus Kostengründen kann man einen Teil des Sojabedarfes durch
> Rapsschrot/etc ersetzen. Übertreibt man den Einsatz Quittieren die Tiere 
> dies Mit einer Einschränkung der Fresslust, Gesundheitsprobleme, mangelnde 
> Trächtigkeit und Leistungsabfall.
> Würden alle Bürger bei der Ernährung ihrer Familien, sich so viele
> Gedanken, wie die Landwirte, Futterberater und Tierärzte für ihre Tiere 
> machen, gäbe es keine Fettleibigkeit und Mangelerscheinungen bei den 
> Menschen.
> Stimmt die Ernährung der Tiere nicht, zahlt der Bauer diese Fehler aus 
> seinem Portmonee.
> Die Fehler der Menschlichen Ernährung zahlt nicht der, der die Fehler 
> macht, sondern die Krankenkasse.
> Mit freundlichem Gruß
> Axel Heidkamp
>
> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: ag-landwirtschaft-bounces AT lists.piratenpartei.de
> [mailto:ag-landwirtschaft-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag
> von Stephan Verbücheln
> Gesendet: Montag, 6. August 2012 18:34
> An: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
> Betreff: Re: [Ag-landwirtschaft] Soja??
>
> On 08/05/2012 11:15 PM, Pirat Wolfgang wrote:
> > Weil als Viehfutter nun mal gerne Sojapellets verfüttert werden Stephan.
>
> Als Eiweißfutter, ja. Rapsschrot aber genauso wie Sojaschrot. In beiden 
> Fällen bietet sich das an, weil dieses nützliche Eiweiß bei den Ölmühlen 
> abfällt.
>
> Gruß
>
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