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ag-landwirtschaft - Re: [Ag-landwirtschaft] nochmal viszeraler Botulismus - jetztSchleswig-Holstein

ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Landwirtschaft

Listenarchiv

Re: [Ag-landwirtschaft] nochmal viszeraler Botulismus - jetztSchleswig-Holstein


Chronologisch Thread 
  • From: "Pirat Wolfgang" <pirat AT wolfgang-zerulla.de>
  • To: <ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [Ag-landwirtschaft] nochmal viszeraler Botulismus - jetztSchleswig-Holstein
  • Date: Wed, 27 Jun 2012 00:00:57 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-landwirtschaft>
  • List-id: <ag-landwirtschaft.lists.piratenpartei.de>

Hallo Kirsten,

 

soweit ich das mitbekommen habe ist das weniger ein Streit der Wissenschaftler untereinander sondern vielmehr ein Kampf der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft gegen die Anerkennung dieser Krankheit. Denn wenn sie anerkannt werden würde dann würde das für die landwirtschaftlichen Versicherungen verdammt teuer werden.

 

Ansonsten bin ich inhaltlich natürlich völlig bei euch und finde es auch super was Birgitt da angeleiert hat.

 

LG

 

Wolfgang

 


Von: ag-landwirtschaft-bounces+pirat=wolfgang-zerulla.de AT lists.piratenpartei.de [mailto:ag-landwirtschaft-bounces+pirat=wolfgang-zerulla.de AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von Kirsten Wosnitza
Gesendet: Dienstag, 26. Juni 2012 06:19
An: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
Betreff: [Ag-landwirtschaft] nochmal viszeraler Botulismus - jetztSchleswig-Holstein

 

Aus Sicht einer Milchviehhalterin:

 

Das Thema Chronischer Botulismus beschäftigt die Milchviehhalter insgesamt sehr und die Betroffenen natürlich ganz persönlich.

 

Lang andauernde Krankheitsgeschehen in den Betrieben sind nicht nur schrecklich für die Tiere, sondern führen dazu, dass die Belastbarkeitsgrenze der betroffenen Familien oft überschritten wird. Und das ist unabhängig davon, um welche Krankheiten es sich handelt. Dabei geht es nicht nur darum, dass die Betriebe wirtschaftlich an ihre Grenzen stoßen, sondern auch die Grenze des Erträglichen ihren Tieren gegenüber erreicht wird.

 

In Betrieben mit langanhaltenden Krankheitsgeschehen wird von den Betriebsleitern (und Tierärzten) oft mit großem Einsatz vieles versucht, um diesen Zustand abzustellen. In diesen Fälle leider häufig ohne durchschlagenden Erfolg. Dies führt zu enormen Frustrationen und vor allem auch Schuldzuweisungen sich selbst gegenüber. Berufskollegen haben mir berichtet, dass sie es irgendwann kaum noch ertragen konnten “morgens das Licht im Stall anzuschalten” aus Angst darüber, was nun als nächstes wieder passiert.

 

Was wir Bauern leider als nächstes beobachten mussten, ist der Streit in der Wissenschaft darüber, ob es diese Krankheit nun gibt oder nicht. Man könnte fast meinen, dass es sich verselbständigt hat, denn die beiden “Parteien” sind anscheinend nicht mehr in der Lage aufeinander zuzugehen. Die Politik ist dadurch zum einen verunsichert, zum anderen nutzt sie diesen Zustand teilweise für Untätigkeit.

 

Die betroffenen Bauern stehen genau zwischen diesen Fronten. Ihnen und vor allem ihren Tieren ist dadurch nicht geholfen. Ich kenne etliche Betriebe, die zwar seit einiger Zeit gegen Botulismus impfen, sich die Zustände aber nicht durchschlagend gebessert haben. Nun kann man argumentieren, der Impfstoff ist nicht genau auf unser Krankheitsgeschehen zugeschnitten. Andere Betriebe wiederum haben sich unter Chlostriedien plus Botulismusimpfung aus dem Krankheitsgeschehen herausgebracht. Wieder andere haben elementare Dinge in ihrer Haltung geändert und haben das Wort Botulismus mittlerweile vergessen.

 

So unterschiedlich sieht die Realität aus. Realität ist auch, dass mittlerweile einige an dem ganzen verdienen. Da werden allerlei Futterzusätze usw. auf den Markt gebracht, die das Konto des ohnehin schon am Rande stehenden Milchbauerns noch mehr beuteln. Ob sie helfen, darüber kann nur der Einzelne entscheiden.

 

Nachdem in S-H die Diskussion um den Chronischen Botulismus lange Zeit möglichst klein gehalten worden ist, haben vor einem Jahr doch mehr und mehr Beteiligte (Tierärzte, Berater) erkannt, dass doch immer wieder Kuhherden Probleme zeigen, die nicht richtig zu greifen sind. Das geht auch über das Botulismusgeschehen hinaus. Als Konsequenz (und nach langem hin und her, kaum zu glauben!) hat man sich doch in größerer Runde vor Ort zusammengesetzt. In meinen Augen der einzige Weg möglichst viele Beteiligte an einen Tisch zu bringen!!!!! Es ist eine Checkliste und ein Projekt entstanden, welches vor Ort und parallel zum Bundesprojekt Ursachen in den Betrieben auf den Grund gehen soll. Und zwar umfassend.

 

Im Moment habe ich allerdings das Gefühl, dass leider ein Stocken vorliegt. Was vielleicht immer noch an der mangelnden Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung, Tierärzten und Landwirten liegt. Und an Befindlichkeiten und Interessen. Da hilft es wenig, immer nur mit dem Finger auf die anderen zu zeigen, sondern da sollte sich jeder selbst an die Nase packen und aktiv werden anstatt darüber zu jammern was alles nicht geht.

 

Langfristig kann ich für Schleswig-Holstein nur sagen, dass wir generell in Punkto Rindergesundheit (es gibt noch viele andere leidige Krankheiten usw., da will ich hier gar nicht anfangen aufzuzählen) nicht gut aufgestellt sind was die Beratung anbelangt, welche die Tierhalter in Krisensituationen begleitet. In vielen Ländern gibt es einen Tiergesundheitsdienst, bei uns nicht. Ob und in welcher Form das notwendig wäre, gilt es zu untersuchen. Für den Bundesverband Deutscher Milchviehhalter hat das Landesteam folgende Vorschläge gemacht.

 

Sorry, dass es so lang geworden ist. Den Piraten kann ich nur raten, sich auf beiden Seiten und nicht nur einseitig zu informieren. Wenn die Piraten Gespräche suchen, sollten sie das bei den Pro und den Contra Wissenschaftlern tun. Und sie sollten mit den Bauern sprechen. Erst dann können sie sich selbst eine Meinung bilden.

 

Viel Erfolg, zum Wohle der Menschen und Tiere, Kirsten

 

 

 

1.   Förderung der Beratung zur Verbesserung der Rindergesundheit mit Hilfe eines Pilotprojektes zur Entwicklung von Strategien zur Verbesserung der Tiergesundheit auf Milchviehbetrieben in Schleswig-Holstein (gemäß Art. 16 des ELER-VO-Entwurfes)

 

Problembeschreibung:

 

Milchviehbetriebe in Schleswig-Holstein stehen immer öfter vor Problemen in der Tiergesundheit, die mit den bisher von den Landwirten, Beratern und Tierärzten praktizierten Ansätzen teilweise nicht oder nur unzureichend gelöst werden konnten. Besonders deutlich wurde dies, als die verschiedenen Beteiligten dem Krankheitsgeschehen des sogenannten „Viszeralen Botulismus“ (auch Faktorenkrankheit genannt) in den letzten Jahren gegenüber standen.

 

Vor allem langwierige Krankheitsgeschehen der Tiere wirken sich auf die Betriebsleiter und ihre Familien in finanzieller und mentaler Hinsicht stark belastend aus. Ein hoher Gesundheitsstandard der Tiere ist die Voraussetzung für den Erfolg der Betriebe und gleichzeitig stellt er einen immer stärker eingeforderten Anspruch der Gesellschaft im Zusammenhang mit der Produktion tierischer Nahrungsmittel dar. Hinzu kommt die intensive Diskussion um die Reduzierung des Einsatzes von Antibiotika in der Tierhaltung, welche die Milchviehhalter in Zukunft vor neue Herausforderungen stellen wird.

 

In der Praxis gibt es leider immer wieder Fälle, in denen sich trotz großem Einsatz seitens der Landwirte und Hoftierärzte in Bezug auf diagnostische Untersuchungen und Maßnahmen auf dem Betrieb keine Erfolge einstellen. Dies verursacht auf der einen Seite hohe Kosten und auf der anderen Seite auch große Frustration bei den Beteiligten.

 

Vorschlag:

 

Da es in Schleswig-Holstein nicht wie in anderen Bundesländern einen sogenannten Tiergesundheitsdienst gibt, schlägt der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. vor, den Artikel 16 des neuen ELER-VO-Entwurfes in Schleswig-Holstein dazu zu nutzen, die Beratung für die Verbesserung der Tiergesundheit in Milchviehbetrieben zu verbessern. Als Basis hierzu soll ein Pilotprojekt durchgeführt werden, in dem die Voraussetzungen für eine qualifizierte und sachgerecht organisierte Beratung geschaffen werden.

 

Aus Sicht des BDM ist es daher dringend notwendig, die Milchviehhalter durch gezielte Beratung bei einer strategischen Vorgehensweise zur Verbesserung der Tiergesundheit auf ihren Betrieben zu unterstützen. Hierbei besitzt vor allem eine übergeordnete Zusammenarbeit aller Beteiligten (Milchviehhalter, Tierärzte, Ämter, Labore, Hochschulen, Ministerium, Berater usw.), die Auswertung aller bereits erhobener Daten und die gemeinsame Entwicklung von betriebsindividuellen Strategien zur Bewältigung der existierenden Tiergesundheitsprobleme besondere Bedeutung.

 

Voraussetzung für den langfristigen Erfolg derartiger einzelbetrieblicher Beratung ist ein auf Schleswig-Holstein zugeschnittenes Konzept, welches zunächst anwendungsnah entwickelt und erprobt werden muss. Dafür ist ein Pilotprojekt zu installieren, wobei vorab folgende Aspekte zu klären sind:

.

 

-       Analyse der zentralen Tiergesundheitsprobleme auf schleswig-holsteinischen Milchviehbetrieben, deren Behandlung noch ungeklärt ist; -       Zielsetzung, Dauer, Träger und Finanzierung des Projektes; -       Anzahl und Qualifizierung der Mitarbeiter des Projektes; -       Analyse der vorhandenen Strukturen im Land (Institutionen, Labore, Beratungsstruktur, Ämter, Verfügbarkeit Daten usw.) -       Ausarbeitung einer Strategie zum Vorgehen auf den Milchviehbetrieben -       Benennung der möglichen durchführenden neutralen Beratungsanbieter -       Anwendung und Erprobung dieser Strategie auf ausgewählten Betrieben -       Ausarbeitung und Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen für Milchviehhalter und Tierärzte -       Erfolgskontrolle des Projektes

 

Die von den Landwirtschafts- und Tierärztekammern erstellte Checkliste Rindergesundheit kann ein wichtiger Baustein für dieses Projekt sein. Sie ersetzt aber keinesfalls problemorientiert geschulte und qualifizierte Beratung sowie die Entwicklung von Strategien für die Verbesserung der Tiergesundheit auf Milchviehbetrieben in Schleswig-Holstein.

 

 

 

From: Detlef Lindenthal

Sent: Tuesday, June 26, 2012 12:13 AM

To: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de

Subject: Re: [Ag-landwirtschaft] nochmal viszeraler Botulismus

 

Moin Birgitt,

und ich habe heute mit dem Kollegen und Mitverfasser von Prof. Böhnel, Dr. Gessler, gesprochen, nachdem ich in der Mittagspause deren Aufsatz "Hinweise zum Vorkommen von Rinderbotulismus in
Deutschland anhand von Laboruntersuchungen der Jahre 1996–2010" gelesen hatte und noch einige weitere Gedanken nachreichen und Fehlerchen ausbessern wollte. Indessen ist der Aufsatz schon im Druck.

Im untigen Aufsatz erscheint mir als wichtigster Satz: "Wir brauchen eine Dysbiose im Darm – dann sind den Sporen/Bakterien Tür und Angel geöffnet." Und als Ursache für eine Dysbiose hätte die von Frau Prof. Krüger angebotene Glyphosat-Sache viel politische Sprengkraft.

Wenn man zum Botulismus eine Stoff- und Argumentesammlung machen würde, macht man das im Piratenwiki? Oder würde man bei Botulismus.org ein Wiki andocken? Vorläufig könnte ich botulismus.fl.de anbieten.
Man sollte darauf schauen, daß die Wissenschaftler (Krüger, Böhnel, Gessler, Hellwig, ...) und die Bauern freudevoll mitarbeiten mögen. Wäre wiki.Botulismus.org dann besser als das Piratenwiki?

Gute-Nacht-Gruß,
Detlef





Am 25.06.12 21:26, schrieb Birgitt Piepgras:

Moin ihr Lieben,

mein Telefonat mit Prof. Böhnel hat sich aber schnell rumgesprochen :)

Heute Abend erhielt ich nachstehende mail, der Autor hat ausdrücklich
zugestimmt, sie hier zu veröffentlichen.

:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Hallo und guten Tag,
ich freue mich, dass Sie die "Problematik" des chronischen Botulismus
aufgegriffen haben und es, so wie wir, als "wichtig" ansehen.  Wir
müssen von der Politik fordern, dass endlich ausreichend gehandelt wird.

Wir, die Agrar- und Veterinär- Akademie (AVA),  sind die Verfasser der
"Göttinger Erklärung" zum chronischen Botulismus  und haben seit 2010
Forschungen diesbezüglich gefordert.

Wir haben gefordert, auch die Rolle der Biogasanlagen in Sachen
chronischer Botulismus wissenschaftlich zu erarbeiten. (der
Fachverband Biogas hat mir Klage angedroht)
Wir haben zum chron. Botulismus getagt und eine Broschüre zum Thema
herausgegeben.

Ich denke, dass letztendlich auch wir mit unseren
Forschungsforderungen dazu beigetragen haben, dass es jetzt Gelder für
Hannover gibt, die "etwas erforschen sollen". Allerdings ahnen wir
auch schon, was dabei herauskommt (nämlich nichts verwertbares).

Eine Reihe von Uni-Professoren bezeichnen uns wegen unserer Fragen zum
chron. Botulismus als unwissenschaftlich, weil wir kritische Fragen
gestellt haben und eben diese Forschungen forcierten. "Wir würden die
Landwirte verrückt machen", so der Tenor von Gießen (Prof. Doll, C4
Rinderklinik. Dr. Kehler  (TiHo Hannover) hat auf unserer
Botulismus-Tagung gesagt: "Diese Erkrankung ist nicht beschrieben,
dann kann es sie auch nicht geben".

In Hannover redet man von der Reineiweisstheorie, was wir bereits in
einigen Artikeln in der NUTZTIERPRAXIS AKTUELL(NPA) widerlegt haben.
Auch in der aktuellen Ausgabe gibt es dazu eine Veröffentlichung, die
im Ursprung von 1946 stammt.

Die Agrar- und Veterinär- Akademie (AVA) hat im letzten Jahr über
6.000 Fachleute der Tierproduktion fortgebildet; wir haben eine eigene
Zeitschrift, die NUTZTIERPRAXIS AKTUELL(NPA) mit einer Auflage von
5.000 Exemplaren. Und wir sind fachlich anerkannt. Wir kümmern uns um
gemeinsame Fortbildungen für Landwirte und Tierärzte (was uns auch
glückt) . Und wir bilden in Sachen Präventivmedizin fort, um den
Arzneimitteleinsatz zu reduzieren.... .

Ich würde mich über eine Kontaktaufnahme mit uns (mir= Chef) freuen.
Ich kann Ihnen noch viele "Dinge" erzählen - rund um diese Problematik.
So Prof. Dr. Dressler, der hoch anerkannte Neurologe, der als
"dämlich" dargestellt wurde. Prof. Dr. Boehnel, dem man im Ministerium
sagte, nicht der chron. Botulismus sei das Problem, sondern er selbst.
Vielen anderen erging es ebenso.

Wir sorgen uns um die Gesundheit der Kuhherden, um die Gesundheit der
Landwirte und auch der Verbraucher, wenn kontaminiertes Fleisch in den
Handel kommt (was passiert da? - wir wissen es nicht).

Das der chron Botulismus eine Faktorenerkrankung ist, wissen wir. Man
kann nicht "alleine" das Krankheitsbild hervorrufen. Wir brauchen eine
Dysbiose im Darm - dann sind den Sporen/Bakterien Tür und Angel geöffnet.

Ich freue mich auf eine Rückmeldung.

Mit freundlichen Grüßen
EG Hellwig

Agrar- und Veterinär-Akademie (AVA)

::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Der Text ist auch in unserem pad https://landwirtschaft.piratenpad.de/69

Ich bin sehr gespannt, wie sich das Thema weiterentwickelt.

Liebe Grüße,
Birgitt

>



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