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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

Listenarchiv

Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen


Chronologisch Thread 
  • From: Wolfgang Gerstenhöfer <wolfgang.gerstenhoefer AT gmx.de>
  • To: "AG Gesundheit" <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen
  • Date: Mon, 27 Feb 2012 16:55:05 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Ahoi Syna,

zu dieser Thematik eine E-Mail von mir vom 10. Februar:

----- Original Message ----- From: "Wolfgang Gerstenhöfer" <wolfgang.gerstenhoefer AT gmx.de>
To: "AG Gesundheit" <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
Sent: Friday, February 10, 2012 8:37 AM
Subject: [AG-Gesundheit] Zwei-Klassen-Medizin


...
sicher kann ich nicht für alle sprechen, die sich zu den so genannten Reformern zählen, aber ich setze mich für eine (radikale) Reform unseres Krankenversicherungssystems ein, weil ich gerade keine Zwei-Klassen-Medizin möchte.

Übrigens habe ich diese Aufteilung in Reformer und Solidarier nicht vorgenommen: Ich bin nämlich auch für Solidarität, allerdings nicht mithilfe des längst durch die demographische Entwicklung überholten Umlageverfahrens, sondern über das Steuer- und Transfersystem, aber eben auch für Freiheit und Selbstbestimmung und deshalb nicht für eine Zwangsversicherung, auch wenn man ihr mit dem Begriff Bürgerversicherung so einen schönen und vermeintlich soliden Namen gibt.

Ich stehe für eine Reform, die zu einer generationengerechten, möglichst zukunftssicheren und bezahlbaren Krankenversicherung führt, die größtmögliche Wahlfreiheit mit der medizinisch notwendigen Vorsorge, Untersuchung und Behandlung verbindet.

Kern meines Vorschlags ist deshalb die Umstellung des Finanzierungssystems vom Umlage- auf das Kapitaldeckungsverfahren und gleichzeitig die Verlagerung des Sozialausgleichs in das Steuersystem und damit auf eine wesentlich breitere Basis (alle Bürger und Unternehmen), ohne den Menschen eine Einheitsversicherung oder überhaupt einen bestimmten Versicherungsschutz aufzuzwingen.

Was bei einer Einheitskrankenversicherung - vielleicht auch noch in Form eines Staatlichen Gesundheitsdienstes - geschieht, kann man sich durchaus in verschiedenen Ländern ansehen. Dort entsteht nämlich quasi ein zweiter, privater Gesundheitsmarkt, den sich dann nur noch sehr wenige leisten können.

Dann haben wir nicht mehr "nur" die Unterscheidung zwischen Kassen- und Privatpatienten, die ich beseitigen möchte, sondern die Unterscheidung zwischen "Staatspatienten" und Selbstzahlern.

Die Rationierung der Gesundheitsleistungen wird dann noch stärker als bisher auf dem Rücken der im Gesundheitswesen Beschäftigten ausgetragen und eine gute bis optimale Versorgung können sich nur noch die leisten, die es aus der eigenen Tasche - also ohne die Hilfe einer Solidar-, einer Versichertengemeinschaft - bezahlen können.

Dann haben wir tatsächlich eine Zwei-Klassen-Medizin, die ich nicht erleben und auch meinen beiden Töchtern nicht wünschen möchte.

Wir brauchen nach meiner Überzeugung eine radikale und solidarische Reform. Mehr Menschen in ein schon lange nicht mehr zeitgemäßes System zu zwingen, macht es nicht besser. Es mag sein, dass wir damit die Probleme noch ein paar Jahre, vielleicht sogar noch das eine oder andere Jahrzehnt aufschieben, aber aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben.

Jetzt gilt es, die Finanzierung unseres Gesundheitswesens bzw. unserer Krankenversicherung auf eine zukunftsorientierte Basis zu stellen und das Problem nicht weiter zu vertagen.

Piratig-liberale Grüße
Wolfgang



----- Original Message ----- From: "syna" <syna AT news.piratenpartei.de>
To: <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
Sent: Monday, February 27, 2012 1:55 PM
Subject: Re: [AG-Gesundheit]Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen



Ahoi,

weiter zum Thema - diesmal mehr an der Oberfläche. Es geht nur
um die Wartezeiten - ein Beispiel aus der Morgenpost in Hamburg http://www.mopo.de/hamburg/panorama/so-unfair-sind-hamburgs-aerzte/-/5067140/8692804/-/index.html:

Ein Warteraum für die Privatpatienten, einer für den Pöbel. Extra-Service für die Privilegierten – und Fließband-Behandlung für den Rest. In der MOPO packte eine Arzthelferin aus. Nur: Müssen Kassenpatienten auch bei Schmerzen länger auf Behandlung warten?
Am Telefon fragte der Reporter Christoph Heinemann bei zehn Ärzten nach einem Termin. Hausärzte, Internisten, Kardiologen. Irgendwie seien da heftige Schmerzen, im Magen und am Herz, klage ich. Um es gleich vorwegzunehmen: Geholfen hat es wenig ...

Der erste Versuch: eine feine Kardiologenpraxis in der City. „Belastungs-EKG? Erst Mitte August, wir sind sehr voll“, sagt die Arzthelferin. Aber es sei wirklich dringend, schwindele ich. Plötzlich ist schon am 2.8. etwas frei. Als ich mich dann als Privatpatient oute, schlägt die Dame einen anderen Tonfall an. „Mal schauen“, säuselt sie, „Ich kann Ihnen kommenden Montag um acht Uhr anbieten. Ist das für Sie noch akzeptabel?

Beim Anruf einer Hausarztgemeinschaft in Bramfeld läuft das Gespräch ähnlich ab. Diesmal will ich einen Termin für einen allgemeinen Gesundheits-Check. Aufwendig sei das, stöhnt die Arzthelferin. In sechs Wochen, frühestens. „Aber ich bin doch Privatpatient!“ – sie überlegt, fragt eine Kollegin, dann ist die Sache klar. Übermorgen kann ich vorbeischauen. Beim erfahrensten Arzt des Hauses.

„Mir gefällt das auch nicht, aber wir haben eben einen Extra-Terminkalender für privat Versicherte“, sagt sie, als ich mich als MOPO-Reporter zu erkennen gebe. Andere Praxen würden sich ganze Tage für die Privatpatienten freihalten. Dann der Satz, den ich noch öfter hören werde: „Schuld sind ja die Krankenkassen. Die Zahlen für Privatpatienten einfach mehr.“

Das bleibt für viele Ärzte leider ähnlich wichtig wie das Wohl der Patienten. Die Bilanz des Tests: Nur in zwei von zehn Praxen gab es keinen Bonus für Privatpatienten. Bei den anderen Fachärzten müssen Kassenpatienten fast eine Woche länger auf die Untersuchung warten. Schmerzen hin oder her.

Na, wie gesagt, das ist eigentlich fast die unwichtigste,
marginalste Konsequenz der "Dualen Vergütungsstruktur". Die wirklich
wichtigen Konsequenzen schildere ich im Threadanfang http://news.piratenpartei.de/showthread.php?tid=97811.
--
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https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-gesundheitswesen





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