Zum Inhalt springen.
Sympa Menü

ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] [Piraten Sachsen] Fwd: Heilpflanzen verbieten

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

Listenarchiv

Re: [AG-Gesundheit] [Piraten Sachsen] Fwd: Heilpflanzen verbieten


Chronologisch Thread 
  • From: "Jörg H" <joergdr24 AT googlemail.com>
  • To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] [Piraten Sachsen] Fwd: Heilpflanzen verbieten
  • Date: Mon, 08 Nov 2010 00:20:11 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Am 05.11.2010 21:17, schrieb Jürgen Junghänel:
> Am 05.11.2010 21:01, schrieb Jörg H:
>> Die Sache ist viel komplexer.
> Sag mal Jörg,
**Zu Preisgestaltung**
> stimmt es eigentlich, dass in Deutschland die Pharmafirmen die Preise
> für neue Medikamente frei festlegen können
Im Prinzip ja, theoretisch herrscht Marktwirtschaft, wie bei anderen
High-Tech-Inovationen wie MP3-Player. Praktisch hat sie wenig Bedeutung.
(Seit 1990 gibt es fast jedes Jahr ein Gesundheitsreformgesetz, das die
Spielregeln ändert. Deutschland hat die Spitzengruppe beiden
Arzneimittelpreisen schon vor Jahren verlassen.)

Ärzte sind aber seit langem verpflichtet wirtschaftlich zu verordnen,
wenn die alten Produkte es auch zu bringen scheinen, werden vor allem
diese verordnet. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Der Aufwand, um die
Ärzten vom Nutzen eines neuen, innovativen Arzneimittel zu überzeugen
ist beträchtlich.
(Du meinst doch sicher mit neuem Arzneimittel ein innovatives und nicht
ein Generikum, dafür s. u.)
Zudem gibt es Behandlungsrichtlinien z.B. vom GBA.

> und nichts zurückzahlen müssen, wenn sich später herausstellt, dass
> das Medikament schlechter oder gleich gut wirkt, wie ein altes
> billigeres?

a) Sie bekommen aber auch kein Geld nachbezahlt, wenn es sich als
besser als erwartet herausstellt. Das ist auch häufig der Fall.

b) Wenn die Studien für die Arzneimittelzulassung nicht die
prognostizierten Ergebnisse bringen ist das dann ein Totalverlust.
( So sollen nach einem Handelsblattbericht 50% der deutschen
Biotech-Pharma Start-up pleite gegangen sein die meisten anderen noch
Verlust machen. *Eine* - es war glaube ich Quigen macht sehr gute Gewinn
2 sind im Plus der Rest im Minus. Forschende Pharmaindustrie ist ein
hochriskantes Geschäft.)
---
**Gewinnbegrenzungsmaßnamen:**

Ist der Preis in Deutschland deutlich höher als in andern EU-Ländern
(z.B. Großbritannien oder Griechenland) kommt viel Ware als
Parallelimport von dort. In Griechenland gibt es schon länger eine
Preisstopp als bei uns, und vor EU-Beitritt waren viele Preise an die
niedrigere Kaufkraft angepasst. Die Ware die von dort zu uns geht, fehlt
natürlich den Griechen. Sozial ist das nicht. Nach Großbritanien wurde
bis zur Wirtschaftskrise aus Deutschland importiert, jetzt ist es
andersherum, aber die Preise können nicht an den Pfundkursverfall
angepasst werden, für die Firmen ist das bitter. Man kann aus ethischen
und anderen Gründen ja nicht einfach die Lieferungen einstellen.

Verschwiegen werden gerne die Zwangsrabatte an die GKV: Vor ein ein paar
Jahre wurden 16 % für patentgeschütze Präparate, 10 % und 6 % für
Präparate die andere Bedingungen erfüllten verordnet. Ganz wenig, die
wohl sonst aus dem Arzneischatz verschwinden würden, waren ausgenommen.
Bei Preissteigerung wurden der Rabatt entsprechend erhöht. ( Im Effekt
ist das ein Preisstopp.)

Nach kurzer Pause kommt jetzt mit dem AMNOG (den aktuellen Spargesetz.)
Es sieht einen 25 % Zwangsrabatt vor, der auch auf Verkäufe auf die PKV
ausgedehnt wird. Aus Referenzpreis wird, die die letzten male ein
Stichtag lange vor in kraft treten des Gesetzes gewählt. Preisstopp ist
natürlich auch dabei. Die niedrigeren Rabattstufen (10, 6, 0 %) werden
im Umfang vermindert.

Für Arzneimttel mit mehreren Anbietern gibt es noch das
Festbetragsystem, beidem die Preise regelmäßig an die drei billigsten
Anbieter (nach unten) angepasst werden.

Es gibt so 25 -16 Maßnahmen, die am Arzneimittelpreisangreifen, ich habe
nur die wichtigsten aufgenommen.


> Ich habe da so was von metoo - Präparaten gehört. Hat das Institut
> diese Angelegenheit im Griff?
-> Das Geschreibe von Metoo regt mich auf !!!

In Pharmakologielehrbüchern aus der Zeit als Gleaske studiert hat, war
viel davon die Rede, z.B. bei den Kortikoiden.
Die Medikament jener Zeit brauchten nicht zugelassen werden bzw. die
Anforderungen an den Wirksamkeitsbeleg waren noch gering. Nach dem das
Prinzip erkannt war haben andere Firmen das Grundgerüst modifiziert um
am Markt teilzuhaben.

Heute macht das aufgrund der langen Dauer und der Kosten für die
vorgesehen Studien kaum Sinn. ( Wenn jemand mit einem Arzneimittel mit
patentgeschützen Wirkstoof erst auf dem Markt kommt, wenn der das erste
Produkt dieser Wirkstoffklasse generisch (patentfrei) wird, verdient er
nichts. Die kommen sogar in die gleich Festbetragsgruppe.

Glücklicher weise gibt es aber immer noch Analogentwicklungen. Das kommt
daher, das nach Entdeckung eines Zusammenhangs /Medizinischen Prinzips
mehrere Firmen parallel zueinander eine Entwicklung starten. Lange Jahre
ist alles/vieles geheim, aber die Markteinführung liegt dann nicht
soweit auseinander.

Ich sage glücklicherweise, weil in ca. 50 % der Fälle das 1.
Arzneimittel (AM) einer neuen Wirkstoffklasse nicht das beste/
verträgliche ist. sondern ein später eingeführtes. Einige 1.AM wurden
sogar vom Markt genommen.
[Quelle: Arbeitsgruppe der DPhG]
Für die 2.AM bedeutet, die Konkurrenz natürlich, das es seinen Preis
unter dem 1.AM halten muss, oder mit zusätzlichen Studien seine
Überlegenheit, wenigstens in einem Teilindikationen beweisen muss. Für
die Patienten sind Analogentwicklungen nur positiv: die Chance auf
sichere Produkte steigen, auch bei individuellen Besonderheiten steigt
die Wahrscheinlichkeit auf ein geeignetes Präparat.

Grundsätzlich prüft das *BfArM* die Wirksamkeit, Sicherheit, Qualität (
Unbedenklichkeit) für alle Anträge aus den eingereichten Unterlagen heraus.
Probleme für die 2.AM und 3.AM können allerdings entstehen, wenn das
1.AM schon so etabliert ist, das Vergleichsstudien gegen den 1.AM
gefordert werden, aber der Antrag nur Studien gegen Placebo hat.
Ähnliche Probleme entstehen, wenn die bessere Wirksamkeit durch eine
Vergleichsstudie 1. gegen 2. belegt wurde, zwischenzeitlich aber die
Wirksamkeitsstudien für 1 in Zweifel gezogen wurden. (Verwendung von
Surrogat-Parametern, statt sehr harten Kriterien, wie Sterblichkeit
(Mortalität).

Das IqwiG ist nur durch eine im Vergleich zur Arzneimittelzulassung
willkürliche nicht besonders wissenschaftlichen Methodenwahl
aufgefallen. Die Entscheidungen sind sehr umstritten.

** Komplexer z.B. **
Der Trick von Rösler bei den Preisverhandlungen ist, das Sie erst nach
der teuren Markteinführung erfolgen sollen. Man weiß dann ungefähr wie
groß das Kostenproblem für die Kassen ist. Für die Firma bei zu
schlechtem Preis auf den Verkauf in Deutschland zu verzichten ist sehr
schwer möglich.

>
> Dein Jürgen Ju
Dein Jörg
P.S. *Tipp*:
Vor kurzem fand ich bei einem Pharmaverband (!) eine sehr gute,
umfangreiche und sachliche Übersicht in der Rubik:"Arzneimittel - Fakten
& Informationen "
Sie trägt ihren Titel zu recht. Propaganda oder Kritik scheint zu
fehlen. ( Ich habe nicht alles durchgelesen. (Links fehlen weitgehend,
wie auf Seiten von Organisationen meistens, die gelieferten Begriffe
kann man ja zum googlen verwenden.
http://www.bah-bonn.de/index.php?id=fakten




Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.

Seitenanfang