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Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 5, Eintrag 17 - Kostensenkung im Gesundheitssystem
Chronologisch Thread
- From: Jens Christoph Steltner <christoph.steltner AT googlemail.com>
- To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 5, Eintrag 17 - Kostensenkung im Gesundheitssystem
- Date: Thu, 15 Apr 2010 18:17:36 +0200
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- List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>
Ahoi,
Am 15. April 2010 12:54 schrieb mb <michaela_bach AT web.de>:
> ich glaube, Achim hat in vielen Dingen recht. Wieso gehen wir Deutschen
> eigentlich durchschnittlich 18 mal im Jahr zum Arzt und sind auch nicht
> gesünder als die Niederländer, die nur 4x gehen?
> In der Praxis erscheinen oft Patienten mit Kleinigkeiten. Eine banale
> Erkältung, einfache Rückenschmerzen, kleine Verletzungen usw. heilen von
> allein wieder aus und bedürfen keiner speziellen Therapie.
Das sind zunächst mal nur statistische Daten, die man nicht sicher
einfach so gegenüberstellen kann. Ich kenne die Situation in den
Niederlanden nicht, aber in Skandinavien z.B. muss man vor seinem
Arztbesuch erstmal mit einer speziell ausgebildeten Krankenschwester
reden. Und dort klären sich dann viele dieser Kleinigkeiten, sodass
der Patient zwar trotzdem in der Arztpraxis war, das ganze aber
trotzdem nicht in der Statistik als Arztbesuch verbucht wird.
> Wir müssen wieder lernen, uns vermehrt auf die natürlichen Heilkräfte
> unseres Körpers zu verlassen. Auch müssen wir lernen, unsere Beschwerden
> realistisch einzuschätzen, um ärztliche Hilfe eben nur dann einzuholen,
> wenn sie tatsächlich erforderlich ist.
Das finde ich nicht. Wer das Bedürfnis hat mit seinen Beschwerden zum
Arzt zu gehen, der soll das bitte auch tun. Sonst sitzen die Leute am
Ende mit ihren Beschwerden daheim und trauen sich wegen eines
schlechten Gewissens nicht zum Arzt zu gehen.
> Sehr zu hinterfragen ist auch die Dauertherapie mit Medikamenten, die
> allgemein das Leben verlängern sollen. Beispielsweise wird behauptet, dass
> Cholesterinwerte ab 200 behandelt werden sollten - das hieße, 75% der
> Bevölkerung sind behandlungsbedürftig. Ein optimaler Blutdruck wurde vor
> einiger Zeit auf 120/80 festgelegt.
> Es müsste diskutiert werden, ob es tatsächlich sinnvoll ist, große Teile
> der Bevölkerung als krank zu bezeichnen und durch Arztbesuche und
> Medikamentenverschreibungen sehr hohe Kosten zu verursachen. Die
> Wirksamkeit dieser Maßnahmen ist ohnehin eher begrenzt, während Verzicht
> auf Rauchen, Normalgewicht, regelmäßige Bewegung usw. erhebliche Effekte
> auf die Gesundheit zeigen - dies allerdings kostenlos.
Das die Leitlinien durchaus nicht zur Unzufriedenheit der Pharmalobby
optimiert wurden ist der eine Punkt. Aber was soll man dagegen tun?
Soll man übergewichtigen Patienten Medikamente vorenthalten, solange
sie keinen Sport treiben? Gibt es da irgendein sinnvolles Konzept?
> In der Ärzteschaft wird auch der Nutzen vieler teurer
> Vorsorgeuntersuchungen äußerst kritisch diskutiert, z.B. Prostatakrebstest
> (PSA), Mammografiescreening, einige Impfungen (Windpocken,
> Gebärmutterhalskrebs usw). Auch hier kann viel Geld eingespart werden, ohne
> die Gesundheit der Bevölkerung zu verschlechtern.
Was heißt Geld einsparen? Einfach alle Vorsorgeuntersuchungen
einstampfen? Oder selektiv einzelne nicht machen? Und falls ja,
welche? Und nach welchen Kriterien?
> Hilfreich wären sachliche Informationen der Presse, die momentan allerdings
> überwiegend suggeriert, wir müssten bei kleinsten WehWehchen zum Arzt
> rennen und alles behandeln lassen. Dem potentiellen Patienten müssten
> sachliche Informationen zugänglich sein. Letztlich am hilfreichsten ist
> jedoch sicherlich mal wieder der eigene Geldbeutel, der am ehesten die
> Erfordernis von Arztbesuchen kritisch überdenken lässt.
Wie sollte sowas denn konkret aussehen? Man kann die Presse nicht dazu
zwingen irgendwelche Beiträge in diesem Sinne zu verfassen. Man könnte
versuchen mit öffentlichen Mitteln eine dafür geschaffene
Informationsplattform einzurichten und mit aktuellen Inhalten zu
versorgen. Doch das kostet sicherlich eine Menge Geld, von dem eh
schon mehr als zu wenig da ist. Also was tun?
Und die Idee das über den Geldbeutel zu regeln ist einfach unsinnig,
da es Leute gibt die gezwungenermaßen regelmäßig zu verschiedenen
Ärzten gehen _müssen_. Chronische Krankheiten _dürfen_ keine
finanzielle Benachteiligung nach sich ziehen!
> Es gibt übrigens nur wenige Erkrankungen, bei denen -rechtzeitig
> diagnostiziert- eine drastische Verschlechterung verhütet werden kann
> (gemeint sind hier nicht schwer chronisch kranke Patienten). Die meisten
> schweren Erkrankungen sind ebensogut auch mit zeitlicher Verzögerung
> therapierbar oder bereits bei Erstdiagnose unheilbar (z.B. Krebs macht
> meist erst dann Beschwerden, wenn der Tumor weit fortgeschritten ist).
Das halte ich für eine sehr gewagte Aussage.
-- Christoph
- Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 5, Eintrag 17 - Kostensenkung im Gesundheitssystem, mb, 15.04.2010
- Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 5, Eintrag 17 - Kostensenkung im Gesundheitssystem, Jens Christoph Steltner, 15.04.2010
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