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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>
- To: Christoph Mayer <CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de>
- Cc: AG AG-Geld <AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Sergio Rossi vs. Sergio Ermotti
- Date: Mon, 9 Apr 2018 09:18:03 +0200
Hallo Christoph,
auch bei mir hat die Antwort jetzt etwas längere zeit beansprucht. Aber es läuft uns ja nichts davon:-). Am 02.04.2018 um 11:38 schrieb Christoph Mayer: R: "Die Bank erzielt Rückzahlungen". Daran kann ich nun nichts verwerfliches erkennen. Die Bank stellt Dir einen Geldbetrag, ein Zahlungsmittel zur Verfügung und verlangt von Dir, dass Du dieses am Tage des Ablaufes Deines Kredites zurückzahlst. Sie verschenkt diese Zahlungsmittel nicht! C: Das Zahlungsmittel wurde ja im Moment der Kreditvergabe erschaffen, hat also keinen Vorbesitzer, der für seine Entbehrung mit Zins belohnt werden müsste. Trotzdem nimmt die Bank Zinsen und Rückzahlungen aus dem echten Wirtschaftskreislauf, also Geld, das über Leistungen eingenommen wurde, um den Kredit zu tilgen. Nachdem der Kredit getilgt ist, hat die Bank einerseits einen Kredit, der auf 0 geschrumpft ist, andererseits aber bis da hin „reales“ Geld in Höhe von Kredit und Zinsen eingenommen. Dieses wird im Verlauf an einen Sparer weitergeleitet, der überhaupt nichts mit diesem Vorgang zu tun hat, und an Bankeigner. RR: (= Reaktion Rudi) Oben habe ich klar beschrieben, was ich unter der von Dir erwähnten Rückzahlung verstehe. Auch Egge hat sich gegen die Wortwahl "Rückzahlung" gewehrt. Hierzu bitte meine Antwort auf Egges Einwand lesen. Dass die Bank durch die Tilgung eines Kredites einen Gewinn erzielt, ist schlicht und einfach Unsinn. Wenn Dir die Abläufe in einer Bank nicht bekannt sind, solltest Du Dir entsprechende Kenntnisse aneignen und nicht nur kreativ Deine Vermutungen hier als feststehende Tatsachen zu verbreiten. R: "das ohne „Geldgeber“ entstanden ist" Korrekt ist, dass ein Teil dieser Zahlungsmittel entstanden ist, ohne das vorher oder nachher ein entsprechender Geldbetrag von Kunden oder der ZB deponiert worden ist. Befände die Bank sich nicht im Wettbewerb mit anderen Banken, könnte sie in der Tat diesen Anteil extrem erhöhen und auch entsprechende Gewinne generieren. Der Wettbewerb unter den Banken verhindert dies jedoch. C: Hmm, das Argument greift meiner Ansicht nach nicht. Der Kreditumfang ist innerhalb des jetzigen Regelwerks eher durch den Mangel an zahlungsfähigen und zahlungswilligen Kreditnehmer begrenzt, nicht durch Konkurrenz unter Banken. Bei der Einlagenhöhe spielt die Konkurrenz eine Rolle für die Zinshöhe. Das alles berührt aber nicht das, worum es in dieser Diskussion geht. RR: Das der Kreditumfang durch den Mangel an "kreditwürdigen" Kreditnehmern begrenzt ist, sehe ich auch so. Aber auch wenn diese in genügender Anzahl vorhanden wären, kann eine Bank ihr Kreditvolumen nicht beliebig erhöhen, da dadurch ihre Mittel zu anderen Banken abfließen würden und sie Probleme mit ihrer Zahlungsfähigkeit bekommt. Details hierzu siehe auch Gleichschritt unter Banken sowie die davor stehenden Beiträge, beginnend mit der Wicksellschen Idealbank. R: "Zinsen für Geld, das ohne „Geldgeber“ entstanden ist" Nun kassiert die Bank für dieses, ohne hinterlegte Geldmittel erzeugte Zahlungsmittel, Zinsen. Das empfindest Du als ungerecht. Kann ich nachempfinden. Besonders ungerecht ist, dass aus diesen Zinsmitteln die Sparer der Bank sowie die Eigener der Bank Zinsen bzw. Dividenden erhalten. Dies empfindest Du ebenfalls als ungerecht? Der Besitzer von Zahlungsmitteln sollte der Bank etwas dafür bezahlen, dass diese sein Zahlungsmittel aufbewahrt, damit er sich zu einem späteren Zeitpunkt Güter und Dienstleistungen damit kaufen kann? Ist nachvollziehbar und keinesfalls abwegig. Jedoch würde dies einen Paradigmenwechsel unseres Wirtschaftssystems bedeuten, deren Auswirkungen noch nicht im Geringsten absehbar wären. Mit meinem Beitrag versuche ich lediglich das bestehende System zu beschreiben und nicht, mögliche Zukunftsszenarien zu kreieren. C: Ganz wichtig in so einer Diskussion ist immer, grundlegende Erkenntnisse von Problemen oder Konsequenzen einer Änderung zu unterscheiden. Tatsache ist, dass Sparer Geld aus Kreditschöpfung bekommen, obwohl sie mit diesem Vorgang überhaupt nichts zu tun haben. Sie müssen nicht belohnt werden, im Gegenteil, durch Sparen wird im System ein Mangel erzeugt, der immer höhere Kreditvergaben erzwingt - bis das System kollabiert, weil die zahlungsfähigen Schuldner ausgehen. Die Praxis zeigt, dass 0-Zinsen genauso akzeptiert werden, wenn
eben die Alternativen fehlen. Was die Konsequenzen sind, sieht man
ja gerade: erst mal keine schlimmen, jedoch wächst das
Kreditvolumen jetzt wieder, damit werden Immobilien und
Wertpapiere gekauft, deren Wert dadurch explodiert. Und wenn es
relevante Zinserhöhungen geben würde, dann würden viele der
Kredite platzen, weil nicht mehr bezahlbar.
RR: Deinen Ausführungen kann ich soweit zustimmen möchte aber nochmals anmerken, dass mein Anliegen lediglich in der Darstellung des Ist-Zustandes bestand. Diesen sollte man verstanden haben bevor man große Zukunftsvisionen entwickelt. C: Frage an Dich: Warum kann ein normaler Betrieb nicht seine Investitionen aus den laufenden Einnahmen finanzieren? Warum kann ein normal arbeitender Mensch sich nicht ein Haus „ansparen"? In den 1970ern ging das noch. Warum muss das Kreditvolumen immer weiter wachsen, warum kann es nicht minimal bleiben und nur zur Startfinanzierung von Unternehmungen notwendig sein? RR: Bist Du wirklich so blauäugig? Auch 1970 benötigte man Geldgeber oder konnte erst im hohen Alter sich ein eigenes Haus bauen. Weshalb unser kapitalistisches Wirtschaftssystem bisher so erfolgreich war, erkläre ich Dir jetzt nicht im Detail. C: Systemisch liegt die Ursache darin, dass Wertschöpfung durch Arbeit entsteht, das Geldwachstum aber nicht bei der Arbeit liegt, sondern bei einem davon getrennten System. Je mehr gearbeitet wird, desto mehr möchte man an Vermögen haben. Wenn dem so entsprochen wird, dann müssen aber im jetzigen System die Schulden im gleichen Maßstab steigen. Und letzteres verursacht, dass immer größere Anteile an Einnahmen an „Kapitalkosten“ und Renditeasuschüttungen abfließen, also nicht Wertschöpfung belohnen sondern Besitz. Irgendwann ist Arbeit dann nichts mehr wert, Besitz und Finanzeinkommen dominiert die Welt. RR: Die Besitzenden können sich aus einem immer größeren Heer an Sklaven bedienen und diesen nur Mittel, knapp über den Selbsterhaltungskosten, zukommen lassen. R: Aus den Auswertungen der Bundesbank zur Eigenkapitalrendite lässt sich erkennen, dass die Banken nicht die großen Gewinnunternehmen in der Wirtschaft darstellen. Über alle Bankengruppen hinweg ermittelte die BuBa für 2016 einen Wert von 5,97 % vor Steuern und 4,29% nach Steuern. C: Da ist wieder das Grundproblem: es wird immer die Bank als Empfänger der Einnahmen gesehen. Der Großteil der Einnahmen wird aber an Anleger (Sparer, …) und Eigner weitergeleitet. Um letzteres geht es in meinem Einwand, nicht um die Bank selbst. Das ist der Kerneffekt, warum reich immer reicher und arm immer ärmer wird. R: Wenn es um das leistungslose Einkommen einer Gruppe von Besitzenden geht, ist m. E. der alleinige Blick auf die Banken irreführend. Hier müsste allgemein die Ansammlung von Kapital in den Händen von immer weniger Leuten oder Institutionen im Vordergrund stehen. Die Fokussierung auf die Bankenwelt verhindert eine umfassende Bestandsaufnahme. C: eben. R: Zu Deinem letzten Satz: Würde der Geldschöpfungsprozess Arbeit belohnen statt Besitz, gäbe es die Probleme nicht. Hier solltest Du Dir die GuV einer Geschäftsbank näher betrachten. Ein großer Anteil an Zinsgewinnen wird für die Personalkosten der Bank benötigt, also für die Dienstleistungen der Bank für Arbeit. Zu dem anderen Anteil s. o. C: wieder das Grundproblem, s.o.: es wird immer die Bank als Empfänger der Einnahmen gesehen. Der Großteil der Einnahmen wird aber an Anleger und Eigner weitergeleitet. Um letzteres geht es in meinem Einwand, nicht um die Bank selbst. RR: Der Großteil der Einnahmen wird für Personal- und Verwaltung benötigt. Schau dazu einmal in die Bilanz einer "normalen" Geschäftsbank. Die Deutsche Bank betrachte ich nicht als repräsentativ für den Geschäftsbankensektor. Im Internet z. B. nach Bilanz Sparda-Bank suchen. Weshalb sollen die Eigener einer Bank keinen Gewinn erzielen dürfen, die Eigener eines Industrieunternehmens hingegen schon? Oder soll kein Unternehmen mehr einen Gewinn erzielen? Beste Grüße Rudi C: Das Lösungskonzept ist: Wertschöpfung geht mit einem Anteil an Geldschöpfung einher, die Geldschöpfung bei der Bank kann dann abgeschafft werden, weil es gar keinen systematischen Mangel mehr gibt. Hier gibt es dazu einiges: https://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/ThemaWertschöpfungsentgelt Ich habe es halt irgendwann aufgegeben, all das zu erklären, weil die meisten Diskutanten meilenweit von der nötigen Erkenntnistiefe entfernt waren und wollte erst mal helfen, letztere immer weiter zu verbessern. Hat sich aber weitgehend erledigt, weil die AG faktisch aufgelöst ist...
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- Re: [AG-GOuFP] Sergio Rossi vs. Sergio Ermotti, Christoph Mayer, 02.04.2018
- Re: [AG-GOuFP] Sergio Rossi vs. Sergio Ermotti, Rudolf Müller, 09.04.2018
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- Re: [AG-GOuFP] Sergio Rossi vs. Sergio Ermotti, moneymind, 02.04.2018
- [AG-GOuFP] Bilanz der Deutschen Bank Was:Sergio Rossi vs. Sergio Ermotti, Gerhard Rinnberger, 08.04.2018
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- [AG-GOuFP] Bilanz der Deutschen Bank Was:Sergio Rossi vs. Sergio Ermotti, Gerhard Rinnberger, 18.04.2018
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- [AG-GOuFP] Bilanz der Deutschen Bank Was:Sergio Rossi vs. Sergio Ermotti, Gerhard Rinnberger, 08.04.2018
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