ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
- To: Peter Baum <p.baum AT posteo.de>
- Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Kredite ohne Sparer?
- Date: Mon, 20 Mar 2017 00:31:53 +0100
> Am 18.03.2017 um 18:18 schrieb Peter Baum <p.baum AT posteo.de>:
>
> Hallo Arne,
>
> ich habe mir jetzt erst Deinen Vortrag vom 2.5.2016 über "Kreditvergabe der
> Banken durch Geldschöpfung oder Kundeneinlagen?" angehört
> (https://www.youtube.com/watch?v=TM9i7kl6oIM).
> Es ging dabei um Deine Stellungnahme zu der GLS Bank Studie von Julia Köhn
> "Kredite entstehen aus Einlagen".
>
> Am Ende der Diskussion nach Deinem Vortrag sagtest Du mit Bezug auf die
> Buchungen bei der Kreditvergabe: "Ich würde gerne mal einen Realcheck
> machen".
>
> Meine 1. Frage: Hat der inzwischen stattgefunden? Mit welchem Ergebnis?
Hallo Peter,
den Realcheck habe ich durchgeführt und auch das Ergebnis im Club Voltaire
präsentiert.
Die Folien zum Vortrag kannst dir hier
https://www.hidrive.strato.com/lnk/CjAEPhO6 und den Text hier
https://www.hidrive.strato.com/lnk/ZygEvIs7 herunterladen.
Darüber hinaus schreibe ich gerade an einem Buch mit dem Arbeitstitel: Geld
und Geldschöpfung auf der realen Ebene. Den aktuellen Stand des Manuskriptes
kannst du hier https://www.hidrive.strato.com/lnk/2oAEPJ05 herunterladen.
Über Rückmeldungen hierzu würde ich mich sehr freuen.
>
> Wir hatten uns auf dem Geldgipfel 2016 getroffen und waren uns einig
> darüber, dass Frau Köhn die Vorgänge bei der Kreditvergabe insofern nicht
> richtig dargestellt hat, als sehr wohl bei der Kreditvergabe im 1. Schritt
> eine Erhöhung der Geldmenge M1 stattfindet, die erst durch die Tilgung
> wieder verschwindet.
>
> Ich kritisiere auch manche Formulierung der GLS Bank, wenn sie eine direkte
> Verknüpfung von Spareinlagen mit Krediten nahelegt.
>
> Im Blog https://blog.gls.de/allgemein/wie-arbeitet-eigentlich-eine-bank/
> heißt es:
> ...
> Aufgabe der Bank ist es, diesen beiden Seiten der Bilanz in eine gute und
> wirtschaftlich nachhaltige Balance zu bringen. Sie stellt das Geld, das die
> Kundinnen und Kunden anlegen, den Menschen, die für die Umsetzung ihrer
> Ideen Kapital benötigen, in Form von Darlehen oder Krediten zur Verfügung.
> Damit nimmt sie die Funktion einer verbindenden Brücke oder eines
> Vermittlers wahr. Es geht um einen Ausgleich der Interessen der
> unterschiedlichen Kundengruppen sowie der Mitglieder der Bank. Aus der
> Perspektive der Bank sind dabei jedoch Kundeneinlagen nicht gleich
> Kundeneinlagen. Je nach Fristigkeit der Anlage sind sie für die Steuerung
> der Bank und für die Möglichkeit, neue Kredite zu vergeben, unterschiedlich
> „wertvoll“.
> ...
> Der zweite Satz im Zitat fördert das Missverständnis, der Bankkredit würde
> genau so funktionieren wie ein Darlehen zwischen Nichtbanken, und das ist
> ja nicht der Fall.
>
> Dennoch steckt m.E. in der Formulierung ein Körnchen Wahrheit, welches bei
> Deiner Darstellung unter den Tisch fällt.
Dann ließ mein Manuskript, in dem ich auf dieses Körnchen Wahrheit eingehe.
>
> Meine These ist: Die Bank ist sehr wohl zur Sicherung ihrer Liquidität auf
> die Kundeneinlagen, insbesondere die Spareinlagen angewiesen und kann daher
> nicht völlig unabhängig von den Kundeneinlagen Kredite schöpfen und
> vergeben.
>
> Begründung:
>
> Es gibt zwei täglich fließende Geldströme von Zentralbankgeld, die sich aus
> Überweisungen sowie Ein- und Auszahlungen von Bargeld der Bankkunden
> speisen: der eine geht in die Bank rein (Forderungen gegenüber anderen
> Banken) und der andere geht aus der Bank raus (Verbindlichkeiten gegenüber
> anderen Banken).
>
> Der in die Bank rein fließende Geldstrom wird zu Kundeneinlagen (Beispiel:
> Gehaltszahlungen), er generiert auf der Passivseite der Bankbilanz
> Verbindlichkeiten gegenüber Kunden und erhöht auf der Aktivseite die
> Liquidität. Wenn ein Kunde bei seiner Bank einen Sparbrief erwirbt,
> verwandelt er täglich fällige Verbindlichkeit in langfristige
> Verbindlichkeit. Den dem Sparbrief entsprechenden Posten auf der Aktivseite
> kann die Bank nun für den Geldstrom verwenden, der aus der Bank raus fließt
> und in dem irgendwann auch die zuvor geschöpften Kreditbeträge enthalten
> sind.
>
> Daher betreibt die Bank das aufwändige Geschäft der Fristentransformation:
> Sie muss sicher stellen, dass sie ihre Verbindlichkeiten auch erfüllen
> kann. Das könnte sie gewiss nicht, wenn sie Kredite in beliebiger Menge und
> Höhe schöpfen würde. Sie käme dann in eine Schieflage, die auch ihre
> Kreditwürdigkeit im Interbankenverkehr in Frage stellen würde.
>
> Die Interbankenkredite dienen m.E. in erster Linie dazu, die Schwankungen
> dieser beiden Geldströme, die ja von den Kunden generiert werden und daher
> nur im statistischen Mittel ungefähr vorhersehbar sind, aufzufangen. Ein
> Interbankenkredit unterliegt sicherlich auch einer Kreditlinie, wird also
> nicht in jeder Höhe gewährt.
>
> Würden viele Kunden ihre Spargelder kündigen, so hätte das m.E. auch
> Auswirkungen auf die Kreditpolitik der Bank, was nicht der Fall zu sein
> bräuchte, wenn die Kreditvergabe mit den Spargeldern der Kunden gar nichts
> zu tun hätte.
Ja natürlich. Wenn eine Bank ihr Geldterritorium nicht verteidigen kann, dann
kann sie Geldschöpfer sein, aber den Geldschöpfungsgewinn realisiert die
Konkurrenz. Geldterritorium verteidigen bedeutet in diesem Zusammenhang,
dass die Ein- und Auszahlungen mit anderen Banken sich die Waage halten.
Das heißt im Klartext: Das Geld, das eine Bank schöpft, bleibt im Saldo bei
dieser Bank. Das ist dann die notwendige und hinreichende Bedingung, dass
eine Bank aus dem geschöpften Geld auch den Geldschöpfungsgewinn realisieren
kann.
>
> So gesehen dienen Kunden nicht nur der Verteidigung des Geldterritoriums
> der Bank sondern auch - mit ihren Spargeldern - der Sicherung der
> Kreditschöpfung.
Die Verteidigung des Geldterritoriums ist die Voraussetzung für die
Geldschöpfung durch Kredite. Eine Bank ohne Geldterritorium ist hinsichtlich
der Geldschöpfung genauso schlecht dran wie eine Nichtbank.
>
> Meine 2. Frage: Würdest Du dieser Ansicht zustimmen? Wenn nicht, was ist in
> meiner Betrachtung nicht stimmig?
Wie du siehst stimme ich deiner Ansicht zu. Teilweise würde ich es anders
formulieren.
>
> Meine 3. Frage: Weißt Du, was inzwischen aus der Studie von Frau Köhn
> geworden ist?
nein.
Viele Grüße
Arne
> Wird sie von der GLS Bank offiziell vertreten?
>
> Mit bestem Gruß
>
> Peter
>
>
- [AG-GOuFP] Kredite ohne Sparer?, Peter Baum, 18.03.2017
- Re: [AG-GOuFP] Kredite ohne Sparer?, Arne Pfeilsticker, 20.03.2017
- Re: [AG-GOuFP] Kredite ohne Sparer?, moneymind, 24.03.2017
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