Zum Inhalt springen.
Sympa Menü

ag-geldordnung-und-finanzpolitik - [AG-GOuFP] Fwd: Kapital - Definition

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

Listenarchiv

[AG-GOuFP] Fwd: Kapital - Definition


Chronologisch Thread 
  • From: Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>
  • To: ag Geldordnung <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: [AG-GOuFP] Fwd: Kapital - Definition
  • Date: Thu, 4 Sep 2014 20:02:11 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>



Patrik

Anfang der weitergeleiteten E‑Mail:

Von: Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>
Datum: 4. September 2014 17:44:40 MESZ
An: moneymind <moneymind AT gmx.de>
Betreff: RE: [AG-GOuFP] Kapital - Definition


 
> To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
> From: moneymind AT gmx.de
> Date: Thu, 4 Sep 2014 08:47:31 +0000
> Subject: Re: [AG-GOuFP] Kapital - Definition
>
> Um es vielleicht nochmal ultra-kurz zu formulieren:
>
> Produktionsmittel- und Güteranhäufungen, so groß sie auch immer sein
> mögen, sind nicht von vorneherein Kapital.
>
> Zu "Kapital" werden sie erst, wenn ein bürgerliches Rechts- und ein
> darauf aufsetzendes Finanzsystem (Bilanzbuchhaltung über Vermögen =
> Eigentum und Forderungen bürgerlichen Rechts) hinzukommt.
 
Das ist eine reine Behauptung. Du machst eine a priori Annahme und leitest alles weitere davon ab. Das finde ich wenig überzeugend.

>
> Ohne dieses Rechts- und Finanzsystem sind es einfach nur Produktionsmittel.
 
Eben. Und eben diese Produktionsmittel bilden das (reale) Kapital. Wenn man Kapital in dem Sinne auffasst, dass es Güter sind, die dazu bestimmt werden andere Güter zu produzieren und nicht einfach nur "da" zu sein. Ein Wald, der nicht genutzt wird ist ebensowenig "Kapital" wie der Acker, der nicht bestellt wird. Das ist der wesentliche Unterschied.

>
> Schaut man sich die üblichen Verwendungen des "Kapital"-Begriffs an,
> sieht man: der betriebswirtschaftliche Kapitalbegriff trifft dies, er ist
> eindeutig eine Vermögensgröße und keine Gütergröße (Eigenkapital
> z.B. ist kein "Produktionsmittel", sondern eine Rechengröße, die sich
> aus Sachvermögen + Geldvermögen - Verbindlichkeiten ergibt).
> Buchführung setzt das bürgerliche Eigentums- und Vertragsrecht voraus,
> denn was bilanziert wird, sind schuldrechliche Forderungen.
 
Das ist mir klar, ist aber (wie gesagt) aus meiner Sicht zweitrangig bis uninteressant wie eine bestimmte Rechtsordnung diesen Begriff gebraucht. Wesentlich ist, was das KONZEPT "Kapitalismus" bedeutet. Im Englischen wird die Passivseite der Bilanz nicht "Capital" genannt, sondern "Liabilities", und das Eigenkapital "Equity" und schon bist du mit deiner Argumentation gestorben. Demnach leben wir im "Liabalism" oder "Equityism". Ziemlich sinnlos, sich an solchen Wortklaubereien aufzuhängen. Wenn das HGB nun beschließt die Passivseite auch im Deutschen als "Belastungen" zu bezeichnen, leben wir dann im "Belastungismus"?

>
> In other words: mein Kapitalbegriff ist ganz einfach der
> betriebswirtschaftliche Kapitalbegriff, ergänzt um eine
> kulturvergleichende Betrachtung der der Finanzbuchhaltung
> zugrundeliegenden (bürgerlichen) Rechtsverhältnisse "Eigentum und
> Vertrag" (Rechtsethnologie, Rechtsgeschichte).
 
Siehe oben, das ist "ganz einfach" Unsinn.

>
> Wo es kein bürgerliches Recht gibt, gibt es auch keine Bilanzierung und
> kein "Kapital", sondern nur materiell nutzbare stoffliche
> Produktionsmittel. Solche Produktionsmittel gibt es in ALLEN
> Gesellschaftsformen, zu "Kapital" werden sie nur in der bürgerlichen
> Gesellschaft (=Kapitalismus). Nicht in Stämmen, nicht in Feudalsystemen,
> nicht im Sozialismus, und auch nicht im rechtsfreien Raum des wilden
> Westens oder (postsozialistischen) Ostens (dem nach der "Schocktherapie").
 
Wesentlich ist nicht das Vorhandensein von Produktionsmitteln an sich, sondern das intelligente Konzepte statt vieler kleiner Produktionsmittel, die Ressourcen zusammenzuschmeissen und wenige große zu erstellen, die umso produktiver sind. Das ist zwar technisch eine gute Idee, hat aber den gravierenden Nachteil, dass do facto diese großen Produktionseinheiten, über Kurz oder Lang bisher immer in die Verfügungsgewalt kleiner Eliten geraten sind. Offensichtlich ist das eine zwingende Konsequenz dieses Konzeptes.
 
>
> Aus der Sicht Deiner Definition dagegen wäre ja auch sozialistische
> Planwirtschaft "Kapitalismus" (von dem sie sich doch gerade als
> Gegenmodell abgegrenzt hat). Und Ägyptische Pharaonen mit ihren
> Riesenpyramiden wären "Kapitalisten".
 
Bei den sozialistischen Planwirtschaften ist (war) das so, bei den Pyramiden nicht, weil diese nicht zur Produktion dienen. Was macht es für einen Unterschied, ob du diejenigen, die über die Verwendung der Produktionsmittel bestimmen, Aktionäre, Eigentümer, Feudalherren, Banditen, Stammesfürsten oder sonstwie nennst, wenn fundamental das selbe passiert? DARUM geht es doch!
 
Wenn ich probiere Tiere zu klassifizieren, orientiere ich mich doch an ihrer Physiologie und nicht daran, dass die Tiere in irgendeiner Sprache alle mit "B" abfangen uns sie deshalb "B-toiden" sind.
 
Warauf die im Kern hinauswillst ist, dass im heutigen Kapitalismus in den vordergründig rechtsstaatlichen Demokratien, von der Sachebene abstrahiert wird und stattdessen am Ende "Property rights" gehandelt werden, also nicht die Sachen selbst, sondern die Rechte daran. So weit, so gut. Wer würde das leugnen, im Gegensatz zu  die sehe ich das aber nicht als das wesentliche Merkmal an. Du behauptest, Ziel allen Wirtschaftens im heutigen Kapitalismus ist es nicht die Herrschaft über die Sachen zu erlangen, sondern letztlich die Anhäufung von immateriellen Gütern zum Selbstzweck. Und das sehe ich eben nicht so.
 
Warum will denn jemand, der schon ein Vermögen von 10 Mrd.USD in immateriellen Gütern noch mehr davon haben? Aus Prinzip oder Langeweile?
 
Nein, sondern, weil ihm diese immateriellen Güter LETZTLICH erheblichen Einfluss auf die materielle Welt geben, sei es in Form von Aneignung, sei es in Form von Beeinflussung von Entscheidungsträgern, sei es - in der extremsten Form - dass man Leute dazu bringt, zum eigenen Zwecke andere umzubringen. DAS ist das wesentliche, und nicht das immaterielle Gut selbst.
 
Würde diese immateriellen Güter dieses nicht mehr ermöglichen, würde sich der "Kapitalist" keinen Deut mehr darum scheren. Und grade in der letzten Krise hat man die deutlichen Absetzbewegungen erlebt, als zweifelhaft war, ob denn bspw. der Euro seinen Wert behalten würde. Sie wurden umgewandelt in "echtes Kapital", nämlich Ackerland und Wohngebäude - denn DAS sichert einem in jedem Fall die Macht. Essen und Wohnen müssen die Leute immer.
 
Wir können uns also entscheiden, ob wir bei der Definition des Begriffes über das Konzept diskutieren wollen, oder reine Semantik betreiben.


  • [AG-GOuFP] Fwd: Kapital - Definition, Patrik Pekrul, 04.09.2014

Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.

Seitenanfang