ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Frank Dahlendorf <frank.dahlendorf AT googlemail.com>
- To: thomas <pazeterno AT web.de>
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- Subject: Re: [AG-GOuFP] Fwd: Re: Bank of England Geldschöpfung
- Date: Wed, 2 Apr 2014 11:48:52 +0200
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- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
+1
Am 2. April 2014 11:47 schrieb thomas <pazeterno AT web.de>:
On 01/04/14 21:41, moneymind wrote:Entschuldige, wenn ich hier mal ein wenig provokant reingrätsche. Wir
> Hi Kaspar,
>
> ich schrieb:
>
>> (momentan haben wir bei einem Zinssatz von 0.25% fast Deflation!!!).
>
> Du hast geantwortet:
>> Das kommt meinen Vorstellungen schon sehr nahe!
>> 0% Inflation / Deflation
>
> Jedes Kreditsystem wird zwischen Infla und Defla hin- und herpendeln,
> wenn nicht antizyklisch gegengesteuert wird, in extremer Form. 0%
> Infla/Defla sind illusorisch, weil es erstens Meßfehler gibt und
> zweitens selbst dann, wenn es die nicht gäbe, das System ständig am
> Rande des deflationären Zusammenbruchs stünde. Denn deflationäre
> Spiralen erfolgen ganz plötzlich (daher "bust"), während sich
> Infla-Wellen langsam aufbauen (deswegen ist die Metapher von der "Blase"
> hier angemessen: das Aufblasen dauert, das Platzen passiert plötzlich).
>
müssen m.E. Deflation einmal genauer betrachten und alte Lehrsätze
hinterfragen.
Deflation ist zunächst einmal eine "kalte" Lohnerhöhung (Reallöhne
steigen). Weil die Waren-Anbieter Preise senken müssen, Löhne aber nicht
senken können, führt das zu Gewinnrückgang - Prima ! Genau, was wir im
Moment brauchen !
> 2% Infla anzusteuern, ist daher sehr sinnvoll, und es gibt gute Gründe
> für diese Praxis - eher wäre zu fragen, ob nicht das Anzielen einer
> höheren Infla-Rate sinnvoller wäre (die EZB verfolgt mit ihren 2% das
> weltweit niedrigste Infla-Ziel).
>
> Sinnvoll ist es auch, weil es Geldhaltung, die in einer Deflation
> prozyklisch krisenverstärkend wirken würde, dysfunktional macht. Wenn
> Sparen in Geld Verluste bringt (Sparzins minus Infla-Rate), wählt man
> besser eine Sparform, die weniger Verluste oder sogar einen Ertrag
> bringt, beispielsweise eine Immobilie.
>
>> Die Mindestreserve schränkt das Kreditvergabepotential der
>> Geschäftsbanken nur Pauschal ein.
>> Dies führt aber nicht dazu, dass die Geschäftsbanken keine Kredite
>> mehr z. B. an Spekulanten vergeben.
>> Weiterhin erhalten diejenigen Kreditnehmer Kredit, bei denen die
>> höchste Rendite zu erzielen ist.
>> Eine Erhöhung der MR führt, neben höheren Zinsen, also primär dazu,
>> dass die Kreditvergabe in Realinvestitionen eingeschränkt wird!
>
> Scheint mir etwas kurzschlüssige Logik zu sein. Spekulation auf Kredit
> muß politisch unterbunden werden, etwa durch ein Trennbankensystem wie
> es nach der Weltwirtschaftskrise durch den Glass-Steagall-Act geschaffen
> wurde, eine Finanztransaktionssteuer, das Unterbinden von
> Währungsspekulation durch ein System fixer Wechselkursbandbreiten und
> eine Reihe weiterer Maßnahmen (siehe z.B. Dullien/Herr/Kellermann: "Der
> gute Kapitalismus" oder Schulmeister: "Mitten in der großen Krise: Ein
> New Deal für Europa").
>
> Die Kreditvergabe an die Realwirtschaft kann man durch lockere
> Geldpolitik anzukurbeln versuchen.
>
> Gelingen wird das aber nur, wenn die Realwirtschaft a) auch Nachfrage
> erwartet und b) ihre Gewinne nicht aus anderen Quellen als realer
> Produktionsausweitung erzielen kann (z.B. aus Lohn- und Steuersenkungen
> bei gleichbleibendem Produktionsniveau).
>
> Das bedeutet einfach, daß Geldpolitik hier nicht ausreicht, sondern es
> ein wirtschaftspolitisches Gesamtkonzept braucht, das auch den Staat als
> Akteur einbindet.
>
>> Die MR wird auch deshalb nicht benötigt, weil das
>> Kreditvergabeverhalten der Geschäftsbanken viel wirkungsvoller durch
>> eine höhere Eigenkapitalunterlegung bzw. durch höhere
>> Risikogewichtung, je nach Kreditart, reguliert werden kann - und muss!
>> (Siehe Basel III – ist noch verbesserungsbedürftig).
>
> Auch das kann man machen. Momentan besteht aber in der Politik die
> Fehlvorstellung, man müsse Realinvestitionen durch bessere
> Kreditkonditionen und niedrigerer Unternehmenssteuern etc. anreizen, was
> aber nicht funktioniert. Vielmehr profitieren davon nur die
> Finanzmärkte. Würde man das wirtschaftspolitische Modell umstellen und
> realwirtschaftliche Nachfrage fördern, Unternehmenssteuern und Löhne
> erhöhen und gleichzeitig Verschuldung für die Unternehmen wieder
> attraktiv machen, indem man eine höhere Inflationsrate ansteuert, die
> Schuldner begünstigt statt Halter von Sparguthaben, dann käme es auch
> wieder zu Realinvestitionen.
>
> Man hätte wieder diejenige "realkapitalistische" Spielanordnung, die
> jeder zu wollen vorgibt. Allerdings dürfte man dann nicht mehr auf die
> neoliberale Propaganda hereinfallen, die das gegenwärtige falsche
> wirtschaftspolitische Modell vorschreibt und von den Banken natürlich
> gepushed wird, weil es ihren Interessen dient - nämlich, auf dem Rücken
> der "Kleinanleger" (die dafür erst geschaffen werden) Megaprofite durch
> bloße Umverteilung zu machen (die Finanzmärkte sind im Gegensatz zur
> Realwirtschaft ein Nullsummenspiel).
>
>> Darüber hinaus kann die Kreditvergabe der Geschäftsbanken an
>> Nichtbanken durch höheres Eigenkapital der Kreditnehmer, u. od.
>> Sicherheiten sowie durch die Einführung einer Mindesttilgungsrate, je
>> nach Kreditart, gesteuert werden.
>
>
> Die Realwirtschaft braucht Nachfrage. Damit wird dann auch ihr
> Eigenkapital aufgewertet, weil die Gewinnerwartungen steigen.
>
>> Ich habe nicht den Eindruck, dass die Zentralbanken überhaupt etwas
>> anzielen oder einen Plan oder sowas ähnliches haben.
>
>
> Dann bist Du völlig uninformiert. Wirf doch z.B. mal einen Blick in das
> Buch "Einführung in die Geldpolitik" von O. Issing.
>
>> Wenn die ZB ihre Aufgabe ernst nehmen würde, würde sie als
>> Inflationsziel 0,00% anstreben, das verstehe ich unter
>> Geldwertstabilität.
>> Die Wirtschaft muss nicht wachsen, sondern auf ein vernünftiges Maß
>> zurückschrumpfen.
>
>
> Das ist ein typisches Mißverständnis, das zum Glück in der
> geldpolitischen Praxis längst überwunden wurde, s.o.
>
>> Wer unbedingt Vollbeschäftigung will, soll doch die Abschaffung der
>> Straßenkehrmaschinen fordern.
>> Eine Person mit Kehrbesen schafft ca. 120 m² in der Stunde, eine
>> Person mit Kehrmaschine schafft 12.000 m²
>> So werden aus einem Arbeitsplatz 100 Beschäftigungsplätze :-)
>
> Darum geht es nicht.
>
>> Darüber hinaus ist es wichtig, die Kosten des Kredits (Zinsen u.
>> Gebühren) möglichst gering zu halten.
>
> Ich fragte:
>> Wichtig für wen?
>
> Deine Anwort war:
>> Für uns alle!
>
> ? Der Kreditgeber hat selbstverständlich ein Interesse an hohen Zinsen.
>
> Gruß, moneymind
>
--
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