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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: thomas <pazeterno AT web.de>
- To: AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: [AG-GOuFP] Fwd: Re: Bank of England Geldschöpfung
- Date: Wed, 02 Apr 2014 11:47:36 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
On 01/04/14 21:41, moneymind wrote:
> Hi Kaspar,
>
> ich schrieb:
>
>> (momentan haben wir bei einem Zinssatz von 0.25% fast Deflation!!!).
>
> Du hast geantwortet:
>> Das kommt meinen Vorstellungen schon sehr nahe!
>> 0% Inflation / Deflation
>
> Jedes Kreditsystem wird zwischen Infla und Defla hin- und herpendeln,
> wenn nicht antizyklisch gegengesteuert wird, in extremer Form. 0%
> Infla/Defla sind illusorisch, weil es erstens Meßfehler gibt und
> zweitens selbst dann, wenn es die nicht gäbe, das System ständig am
> Rande des deflationären Zusammenbruchs stünde. Denn deflationäre
> Spiralen erfolgen ganz plötzlich (daher "bust"), während sich
> Infla-Wellen langsam aufbauen (deswegen ist die Metapher von der "Blase"
> hier angemessen: das Aufblasen dauert, das Platzen passiert plötzlich).
>
Entschuldige, wenn ich hier mal ein wenig provokant reingrätsche. Wir
müssen m.E. Deflation einmal genauer betrachten und alte Lehrsätze
hinterfragen.
Deflation ist zunächst einmal eine "kalte" Lohnerhöhung (Reallöhne
steigen). Weil die Waren-Anbieter Preise senken müssen, Löhne aber nicht
senken können, führt das zu Gewinnrückgang - Prima ! Genau, was wir im
Moment brauchen !
> 2% Infla anzusteuern, ist daher sehr sinnvoll, und es gibt gute Gründe
> für diese Praxis - eher wäre zu fragen, ob nicht das Anzielen einer
> höheren Infla-Rate sinnvoller wäre (die EZB verfolgt mit ihren 2% das
> weltweit niedrigste Infla-Ziel).
>
> Sinnvoll ist es auch, weil es Geldhaltung, die in einer Deflation
> prozyklisch krisenverstärkend wirken würde, dysfunktional macht. Wenn
> Sparen in Geld Verluste bringt (Sparzins minus Infla-Rate), wählt man
> besser eine Sparform, die weniger Verluste oder sogar einen Ertrag
> bringt, beispielsweise eine Immobilie.
>
>> Die Mindestreserve schränkt das Kreditvergabepotential der
>> Geschäftsbanken nur Pauschal ein.
>> Dies führt aber nicht dazu, dass die Geschäftsbanken keine Kredite
>> mehr z. B. an Spekulanten vergeben.
>> Weiterhin erhalten diejenigen Kreditnehmer Kredit, bei denen die
>> höchste Rendite zu erzielen ist.
>> Eine Erhöhung der MR führt, neben höheren Zinsen, also primär dazu,
>> dass die Kreditvergabe in Realinvestitionen eingeschränkt wird!
>
> Scheint mir etwas kurzschlüssige Logik zu sein. Spekulation auf Kredit
> muß politisch unterbunden werden, etwa durch ein Trennbankensystem wie
> es nach der Weltwirtschaftskrise durch den Glass-Steagall-Act geschaffen
> wurde, eine Finanztransaktionssteuer, das Unterbinden von
> Währungsspekulation durch ein System fixer Wechselkursbandbreiten und
> eine Reihe weiterer Maßnahmen (siehe z.B. Dullien/Herr/Kellermann: "Der
> gute Kapitalismus" oder Schulmeister: "Mitten in der großen Krise: Ein
> New Deal für Europa").
>
> Die Kreditvergabe an die Realwirtschaft kann man durch lockere
> Geldpolitik anzukurbeln versuchen.
>
> Gelingen wird das aber nur, wenn die Realwirtschaft a) auch Nachfrage
> erwartet und b) ihre Gewinne nicht aus anderen Quellen als realer
> Produktionsausweitung erzielen kann (z.B. aus Lohn- und Steuersenkungen
> bei gleichbleibendem Produktionsniveau).
>
> Das bedeutet einfach, daß Geldpolitik hier nicht ausreicht, sondern es
> ein wirtschaftspolitisches Gesamtkonzept braucht, das auch den Staat als
> Akteur einbindet.
>
>> Die MR wird auch deshalb nicht benötigt, weil das
>> Kreditvergabeverhalten der Geschäftsbanken viel wirkungsvoller durch
>> eine höhere Eigenkapitalunterlegung bzw. durch höhere
>> Risikogewichtung, je nach Kreditart, reguliert werden kann - und muss!
>> (Siehe Basel III – ist noch verbesserungsbedürftig).
>
> Auch das kann man machen. Momentan besteht aber in der Politik die
> Fehlvorstellung, man müsse Realinvestitionen durch bessere
> Kreditkonditionen und niedrigerer Unternehmenssteuern etc. anreizen, was
> aber nicht funktioniert. Vielmehr profitieren davon nur die
> Finanzmärkte. Würde man das wirtschaftspolitische Modell umstellen und
> realwirtschaftliche Nachfrage fördern, Unternehmenssteuern und Löhne
> erhöhen und gleichzeitig Verschuldung für die Unternehmen wieder
> attraktiv machen, indem man eine höhere Inflationsrate ansteuert, die
> Schuldner begünstigt statt Halter von Sparguthaben, dann käme es auch
> wieder zu Realinvestitionen.
>
> Man hätte wieder diejenige "realkapitalistische" Spielanordnung, die
> jeder zu wollen vorgibt. Allerdings dürfte man dann nicht mehr auf die
> neoliberale Propaganda hereinfallen, die das gegenwärtige falsche
> wirtschaftspolitische Modell vorschreibt und von den Banken natürlich
> gepushed wird, weil es ihren Interessen dient - nämlich, auf dem Rücken
> der "Kleinanleger" (die dafür erst geschaffen werden) Megaprofite durch
> bloße Umverteilung zu machen (die Finanzmärkte sind im Gegensatz zur
> Realwirtschaft ein Nullsummenspiel).
>
>> Darüber hinaus kann die Kreditvergabe der Geschäftsbanken an
>> Nichtbanken durch höheres Eigenkapital der Kreditnehmer, u. od.
>> Sicherheiten sowie durch die Einführung einer Mindesttilgungsrate, je
>> nach Kreditart, gesteuert werden.
>
>
> Die Realwirtschaft braucht Nachfrage. Damit wird dann auch ihr
> Eigenkapital aufgewertet, weil die Gewinnerwartungen steigen.
>
>> Ich habe nicht den Eindruck, dass die Zentralbanken überhaupt etwas
>> anzielen oder einen Plan oder sowas ähnliches haben.
>
>
> Dann bist Du völlig uninformiert. Wirf doch z.B. mal einen Blick in das
> Buch "Einführung in die Geldpolitik" von O. Issing.
>
>> Wenn die ZB ihre Aufgabe ernst nehmen würde, würde sie als
>> Inflationsziel 0,00% anstreben, das verstehe ich unter
>> Geldwertstabilität.
>> Die Wirtschaft muss nicht wachsen, sondern auf ein vernünftiges Maß
>> zurückschrumpfen.
>
>
> Das ist ein typisches Mißverständnis, das zum Glück in der
> geldpolitischen Praxis längst überwunden wurde, s.o.
>
>> Wer unbedingt Vollbeschäftigung will, soll doch die Abschaffung der
>> Straßenkehrmaschinen fordern.
>> Eine Person mit Kehrbesen schafft ca. 120 m² in der Stunde, eine
>> Person mit Kehrmaschine schafft 12.000 m²
>> So werden aus einem Arbeitsplatz 100 Beschäftigungsplätze :-)
>
> Darum geht es nicht.
>
>> Darüber hinaus ist es wichtig, die Kosten des Kredits (Zinsen u.
>> Gebühren) möglichst gering zu halten.
>
> Ich fragte:
>> Wichtig für wen?
>
> Deine Anwort war:
>> Für uns alle!
>
> ? Der Kreditgeber hat selbstverständlich ein Interesse an hohen Zinsen.
>
> Gruß, moneymind
>
- [AG-GOuFP] Fwd: Re: Bank of England Geldschöpfung, thomas, 02.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Fwd: Re: Bank of England Geldschöpfung, Frank Dahlendorf, 02.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Fwd: Re: Bank of England Geldschöpfung, Piratos, 02.04.2014
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