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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - [AG-GOuFP] Fw: "Geldsystem", Finanzsektor

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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[AG-GOuFP] Fw: "Geldsystem", Finanzsektor


Chronologisch Thread 
  • From: "moneymind" <moneymind AT gmx.de>
  • To: "AG Geldordnung Piraten" <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: [AG-GOuFP] Fw: "Geldsystem", Finanzsektor
  • Date: Tue, 11 Mar 2014 13:54:58 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>


----- Original Message ----- From: "moneymind" <moneymind AT gmx.de>
To: "Arne Pfeilsticker" <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
Sent: Tuesday, March 11, 2014 1:28 PM
Subject: Re: [AG-GOuFP] "Geldsystem", Finanzsektor



Hallo Arne,

unten kurz einige Gedanken aus meiner Sicht zu dem, was Du geschrieben hast:

----- Original Message ----- From: "Arne Pfeilsticker" <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
To: "moneymind" <moneymind AT gmx.de>
Cc: <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
Sent: Sunday, March 09, 2014 12:40 AM
Subject: Re: [AG-GOuFP] "Geldsystem", Finanzsektor




Am 06.03.2014 um 01:45 schrieb moneymind <moneymind AT gmx.de>:

Hallo Arne,

danke für Deine Antwort.

Du schreibst:

* To big to fail.
* Too interconnected to fail
* Auflösung der Machtkonzentration des Bankensektors
* Keine Bankenruns
* Stabilisierung der Finanzmärkte
* Billigere und vielfältigere Finanzierung der Realwirtschaft
* Stop der Ausbeutung der Realwirtschaft durch den Finanzsektor


Ok - sehe ich alles auch als Teilprobleme an, die gelöst werden müssen. Der Finanzsektor muß m.E. stark reguliert werden, ähnlich wie das nach der Weltwirtschaftskrise und WK II gemacht wurde.

Hallo Wolfgang,
genau hier scheiden sich die Geister. Ich bin kein Freund von Regulierungen, weil dadurch die Wirtschaftsteilnehmer in einen Konflikt gestoßen werden. In extremen Situationen lautet der Konflikt: Entweder ich verstoße gegen die Regeln, oder ich verschwinde vom Markt oder erleide einen signifikanten Verlust.

Die Notwendigkeit viele Regeln aufstellen zu müssen ist für mich ein Zeichen, dass die Struktur des Systems nicht optimal ist.

Was wir brauchen sind m.E. Systeme, in denen das eigene Interesse im Gleichklang mit dem Gemeinwohl steht. Ich plädiere für Systemstrukturen, in denen das gewünschte Verhalten auf „natürliche“ Weise entsteht.

Prinzipiell kann ich diese Sicht sehr gut nachvollziehen, weil ich das selbst früher auch mal so gesehen habe. Heute sehe ich, daß diese Sicht auf einem verkürzten Verständnis der praktischen Wirklichkeit der "bürgerlichen Gesellschaft" und ihrem Verhältnis zum Staat beruht. Eigentum, Freiheit und Gleichheit setzen den Staat voraus, stehen aber gleichzeitig gegen ihn. Es ist aus meiner Sicht eine Illusion, die damit verbundenen Konflikte (für den Bürger: sein Standpunkt als Marktteilnehmer = Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft, d.h. Geltungsbereich des Zivilrechts vs. sein Standpunkt als Staatsbürger, also demokratisch im "Allgemeininteresse" Mitregierender und damit öffentliches Recht gestaltender) zu beseitigen. Diese sind Teil jeder auf Eigentum, Freiheit und Gleichheit beruhenden Gesellschaft und gerade ihr innerer Motor.

Deshalb gibt es einen ständigen Konflikt zwischen privatem Handeln und daraus folgenden für die Allgemeinheit dann negativen "externen Effekten" und dem staatlichen Versuch, dies zu regulieren - egal ob über Gesetze, Steuerrecht, oder andere monetäre Anreizsysteme - mit anschließendem Versuch der Privaten, diese Regulierung zu umgehen. George Soros beschreibt dies ganz gut in "Alchemy of Finance" im Kapitel "The Credit and Regulatory Cycle". Das ist ein im System angelegter ständiger Kampf, der nur durch die Beseitigung des Systems selbst beseitigt (bzw. in eine andere Form gebracht) werden kann. Beispielsweise war die realsozialistische Wirtschaftsform ein Versuch, Einzel- und Allgemeininteressen in Übereinstimmung zu bringen. Die führte einfach zu anderen Formen des "Entwickelns" desselben Konflikts.

Aber - dies nur als Gedanke auf einer ähnlich abstrakten Ebene, auf der Du Dich mit Deinen Argumenten bewegt hast. Natürlich müßte ich erst konkret schauen, wie genau Du Deine Ideen umsetzen möchtest.

Ich meinte aber mit "Regulierung" beispielsweise einen neuen Glass-Steagall-Act (geschaffen von Roosevelt, abgeschafft von Clinton, mit versuchter, aber vorerst noch gescheiterter Wiederherstellung durch Obama nach der Finanzkrise), in dem Kreditvergabe an die Realwirtschaft und "Investmentgeschäfte" getrennt werden und Investmentbanken keinen Zugang zur Zentralbank mehr erhalten.

Beispiel:
Wenn man nicht möchte, dass Fahrzeuge auf dem Gehweg parken, dann kann man wie folgt vorgehen:
Regelungsansatz: Verbotsschilder aufstellen und die Einhaltung durch Politessen überwachen.
Strukturansatz: Durch bauliche Maßnahmen, wie z.B. hohe Bordsteine und/oder Poller, das Parken mehr oder weniger unmöglich machen.

Ich sehe nicht recht den prinzipiellen Unterschied. Wenn beispielsweise Investmentbanken keinen Zugang mehr zur Zentralbank haben, entspräche dies den Pollern, oder? Ich halte solche vagen Analogien für nützlich, um Dinge aus einer bestimmten Perspektive leicht verständlich zu beschreiben, aber für keinerlei Ersatz für präzise Beschreibung dessen, worum es geht. Fehlt letzteres, entstehen aus den Analogien oft eher Mißverständnisse und Vereinfachungen, die zu falschen Einschätzungen führen. Ich meine, man braucht beides.

In meinem Vorschlag Währungsinfrastruktur in öffentlicher Hand gibt es fast keine Regel und alle Teilnehmer sind gleichberechtigt.

Auch Lohnabhängige und Unternehmer? Wie sieht es beispielsweise in Deinem Vorschlag mit Arbeitsrecht, Gewerkschaften und Lohn-/Tarifpolitik aus?

Das gewünschte Verhalten wird durch bedingte Transparenz, automatischer Qualitätskontrolle und den sog. empfohlene, standardisierten und ausgewogenen Verträgen erreicht. http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/GFO_2.0/EPMS#Empfohlene.2C_standardisierte_und_ausgewogene_Vertr.C3.A4ge

Das müßte ich mir erst konkret anschauen, bevor ich dazu aus meiner Sicht etwas sagen kann. Kannst Du es kurz in einem Absatz zusammenfassen?

Es fehlen m.E. aber in Deiner Liste enorm wichtige Dinge, wie die Verteilungsfrage und die Frage von Arbeitsmärkten, Vollbeschäftigung, Konjunkturpolitik, die Frage des Verhältnisses von Markt und Staat nicht nur bei der Geldschöpfung, sondern auch bei der Fiskalpolitik, etc.

Die von dir angesprochenen Punkte sind auch nach meiner Meinung enorm wichtig. - Aber, meine Anregung ist, dass wir je nach Problem und Aufgabengebiet das hierfür geeignete Werkzeug wählen.

Das ist m.E. sowieso klar. Die Frage ist, welches "Werkzeug" jeweils konkret. Und die Antwort, die jemand darauf gibt, wird davon abhängen, wie er sich die Funktionsweise unserer "bürgerlichen Gesellschaft" (Eigentum/Freiheit/Gleichheit) konkret vorstellt. Ich glaube, wir müßten unsere jeweiligen Vorstellungen dazu erstmal auf dieser Ebene vergleichen.

Beispielsweise habe ich auf der ThinkTwice-Konferenz auch ein Vorschlag zum Abbau der Arbeitslosigkeit gemacht, der gar nichts mit dem Währungssystem zu tun hat: http://thinktwice.pp-international.net/PPI/TT2014.nsf/session.xsp?action=openDocument&documentId=3E6BC55DD0F51DF7C1257C60007F2739

Auch das müßte ich erst anschauen. Kannst Du kurz die Kernpunkte in einem Absatz zusammenfassen?


Auf den Vortragsfolien zur ThinkTwice Konferenz habe ich am Ende eine Gegenüberstellung der charakteristischen Eigenschaften vom derzeitigen System, Bitcoins und meinem Vorschlag (Cooperative Currency Infrastructure): http://wiki.piratenpartei.de/Datei:ThinkTwice_2014_Euro_-_Fundamental_reforms_instead_of_Fix_Packs.pdf

Ich schrieb:
Du erwähnst da nur „die Finanzkrisen der letzten Jahre", erklärst aber nicht, wie diese aus
Deiner Sicht zustande kamen.

Du hast geantwortet:
Dazu habe ich ein Paper geschrieben: Ursachen und Chancen der Finanzkrise. Es bezieht sich primär auf die Finanzkrise 2007/2008.
Es ist über die Seite bearbeitete Themen verfügbar: http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Aufbereitete_Themen#Finanzm.C3.A4rkte


Danke - sieht interessant aus. Sind diese papers auch auf Deiner Mitgliederprofil-Seite verlinkt, sodaß ich sie bei Bedarf dort schnell wieder finden kann?
Gute Anregung. Meistens war ich bisher zu faul dazu.


Beziehst Du Dich mit Deinen Vollgeld-Ideen auf Fisher und Huber?
Ja, aber auch Gocht.

Mh - kenne ich nicht. Ich habe mich bisher mit Vollgeldsystemen auch noch nicht beschäftigt (weil ich dafür keine Notwendigkeit gesehen habe). Schon da sieht man, wie sehr sich unsere Vorstellungen wohl schon in Punkto unserer jeweiligen Sicht der Funktionsweise des Systems als auch in der darauf basierenden "Problemdiagnose" unterscheiden.

Mal so gefragt: worin siehst Du das Grundproblem oder den Grundkonflikt unserer heutigen Gesellschaft? Damit meine ich nicht die heutige SITUATION, sondern das heutige SYSTEM (das wir auch in den 50er und 60er Jahren in den Grundzügen hatten - wo es allerdings politisch völlig anders "gemanaged" wurde).

Darüber hinaus habe ich schon als Student gekocht, dass durch die Einführung der EDV und damit verbundenen Einführung des Girokontos für Jedermann, Schritt für Schritt die Geldschöpfung und der damit verbundene Geldschöpfungsgewinn dem Staat durch die Banken entzogen wurde. - Und keine Schein hat’s interessiert.

Oh je - das sehen wir völlig unterschiedlich. Giralgeld hat absolut nichts mit EDV zu tun, das gab es schon in der Antike. Gebucht werden kann mit jedem beliebigen Repräsentationssystem, ob das nun Tontäfelchen sind, Papier, oder bits und bytes. Dazu genügt schon ein kurzer Blick in die Geschichte des Handels- und Wertpapierrechts. Die story vom rein staatlichen Ursprung des Geldes halte ich für einen Mythos, und das heutige System der Geldschöpfung ist eine Kombination aus der Monetisierung von Forderungen gegen Private und Monetisierung von Forderungen gegen den Staat (die sich prinzipiell und grundlegend voneinander unterscheiden), das eine Reihe von Vorteilen privater Geldschöpfung erhält, sie aber staatlich antizyklisch beeinflußbar macht (wofür aber makroökonomische Kompetenz nötig ist, die leider heute fehlt).

Also - hier haben wir, meine ich, grundlegend andere Vorstellungen vom Verhältnis Privat vs. Staat. Du sagst, Du möchtest keine Regulierungen, aber ein Vollgeldsystem. Mir ist das zu starr (Flaßbeck nannte das im mumble mit Euch "Supermonetarismus" und meinte, "wir brauchen die Flexibilität der Giralgeldschöpfung der GBen" - das sehe ich auch so. Allerdings muß diese auf die Realwirtschaft gelenkt werden, und die wiederum muß vom Staat antizyklisch "temperiert" werden, damit es nicht ständig zu Wechselzuständen zwischen Fieber und Schüttelfrost bzw. manisch-depressiven Stimmungsschwankungen kommt).


Wau! - Den Finanzsektor als die "Mutter Theresa" der Volkswirtschaft zu betrachten - halte ich für etwas gewagt.

Ich glaube, da haben wir uns ziemlich mißverstanden, wohl weil wir unter dem Begriff "Geldsystem" verschiedene konkrete Dinge verstehen.

Ich meinte: die Prosperitätsphase nach WK II (45-75) lief ja auf der Basis eines zweistufigen Bankensystems ohne Vollgeldstruktur, also mit fraktionalem Reservebanking - allerdings auf der Basis eines völlig anderen internationalen Währungssystems als heute, unter dem Währungsspekulation schlicht unmöglich und damit die Devisenmärkte schon mal für Spekulanten geschlossen waren, strikt regulierten Finanzmärkten, und einer völlig anderen wirtschaftspolitischen Strategie, als sie heute gefahren wird.

Es fällt mir sehr auf, daß der Fokus hier sehr auf dem "Geldsystem" liegt, dagegen Wirtschaftspolitik, Arbeitsmarkt, Finanzmarktregulierung, internationales Währungssystem etc. so gut wie nie vorkommen.

Bist du sicher, dass es das Geldsystem war, das diesen Wohlstand gebracht hat? Diese These sollten wir mal intensiver diskutieren.


Können wir gerne machen. M.E. war es eine bestimmte Konstellation innerhalb des "modernen Geldsystems" (darunter verstehe ich jetzt mal grob eine "Zivilgesellschaft" mit Eigentums- und Vertragsrecht und fraktionalem Reservebanking und einer Klasse von Lohnabhängigen), geprägt durch eine bestimmte, international praktizierte wirtschaftspolitische Strategie. Also eine "Regulationsform" des Kapitalismus, wenn Du so willst.
Und wenn wir über Wohlstand reden, dann stellt sich die Frage: Wohlstand für wen?

Klar. Ich meinte damit, ein relativ hohes Wohlstandsniveau für die Have-Nots, die Lohnabhängigen (die sich in dieser Zeit zum ersten Mal in der Geschichte auf breiter Basis z.B. ein Häusle hinstellen und ein Auto leisten konnten).

Dieser relative Wohlstand wird seit Mitte der 70er in der neuen, "finanzkapitalistischen" Regulationsform wieder abgebaut (und die Liberalisierung der Finanzmärkte spielte dafür eine wichtige Rolle).

Ich möchte niemandem die Butter vom Brot kratzen, aber die globalen Fehlentwicklungen gehen zu einem erheblichen Teil auf das Konto des Geldsystems.


Da müßte ich genauer wissen, was Du mit "Geldsystem" meinst - und meine Frage wiederholen: wie kam Deiner Meinung nach die Prosperitätsphase nach WK II zustande (die ja kaum Finanzkrisen und Börsenexzesse kannte)?
Den Begriff Geldsystem verwende ich meistens synonym mit Währungssystem.

Die Prosperitätsphase hat m.E. mehrere Väter und Mütter. Das Geldsystem hat damit zu tun. Siehe weiter unten, aber deine Frage selbst, ist m.E. eine eigene Diskussion.

Sicher, aber ggf. eine entscheidende.


sich dann aber in ein Casino-System mit steigender Arbeitslosigkeit und sich verschärfender Umverteilung von
unten nach oben entwickelt hat,

Die verschärfte und globale Ungleichverteilung des Vermögens hat m.E. eine entscheidende Wurzel im Geldsystem und dem daraus resultierenden Finanzsektor.


Nochmals die Frage: wie erklärt sich dann die Prosperitätsphase 45-75? Hat sich Deiner Ansicht nach das Geldsystem seither entscheidend verändert oder ist es nach wie vor dasselbe?

Das Währungssystem hat sich m.E. entscheidend geändert. Seit den 1960iger-Jahre hat sich durch die Einführung des Girokontos für Jedermann die Geldschöpfung von der Zentralbank auf die Geschäftsbanken verschoben und die Banken haben gemerkt und verstanden, dass man Geld auch ohne Kredite (an die Realwirtschaft) schöpfen kann.

Du bist ernsthaft der Ansicht, daß es vorher keine Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken gab?!? Weil es keine Lohntüte mehr gibt, sondern Gehälter an Lohnabhängige jetzt überwiesen werden?!?

Interessanter weise waren es die Computer und weniger die Regeländerungen, die zu dieser entscheidenden Änderung geführt haben.

Nein, die Computer haben lediglich das Repräsentationsmedium der Buchung verändert. Es ist völlig wurscht, worauf juristische Verhältnisse zwischen Personen wie Forderungen dokumentiert werden, auf Tontäfelchen, Papier oder sonstwo. Die Computer sind dafür völlig unerheblich und völlig irrelevant.

Ich denke, wir haben doch ganz erheblich differierende Ansichten davon, wie Geldwirtschaft funktioniert - auch zu ihrer Geschichte.

Gib jemandem eine Gelddruckmaschine und er wird den ganzen Tag nichts anderes machen als Geld drucken und versuchen die Welt zu kaufen.

Die privaten Banken haben keine Gelddruckmaschine. Die ZBen können ihre Geldschöpfungsmöglichkeiten jederzeit über ein breites Instrumentarium von Instrumenten, von der Refinanzierungs- über die Mindestreserve- bis hin zur Offenmarktpolitik einschränken (siehe Issing: Geldpolitik).

Die Frage ist, warum tun die ZBen das nicht. Sehr einfach. Weil sie es nicht können, wenn sie ihren gesamtwirtschaftlichen Stabilisierungsauftrag verfolgen wollen, weil die neoklassisch und neoliberal indoktrinierten Staaten nicht kooperieren bei der Verfolgung dieses gesamtwirtschaftlichen Auftrags, sondern systematisch gegen die ZBen handeln. Wir haben kein Systemproblem, wir haben ein Ideologieproblem und ein massives Problem politisch falschen Handelns (wenn dieses Handeln auch zu Beginn - Mitte der 70er - verständlich und vielleicht in gewissem Maß nötig war). Und das systematische Nichtverstehen des Geldsystems durch die heutigen Politiker ist Teil dieses Ideologieproblems.

Natürlich fördern die Geschäftsbanken die falsche Politik, die die ZBen zwingt, zu handeln, wie sie derzeit handeln, weil sie in ihrem Interesse liegt.

Und genau das passiert heutzutage mit den diversen Finanzmarktprodukten.

Natürlich! Da sind wir uns einig. Ich glaube nur, bei der Analyse hängst Du an der Oberfläche fest ("Computer").

Unser heutiges Geldsystem hat seine Architektur aus dem 19. Jahrhundert. Selbst wenn wir heute intensiv Computer einsetzen, ist es im Kern ungefähr so, wie wenn man versucht einen Ochsenkarren zum fliegen zu bringen. Ich meine es ist einfacher, wenn man gleich Flugzeuge baut und genau das versuche ich mit meinem Vorschlag zu machen.


Du redest in Rätseln ...

Die keynesianische Tradition einer "monetären Theorie
der Produktion" kommt einem solchen Verständnis weitaus näher als das
gegenwärtig in den Köpfen dominierende neoklassische Modell, indem
Geld tatsächlich "keine Rolle spielt“.

Egal, ob Keynes oder Klassik, Modelle und Theorien, deren Axiome sich nicht auf Tatsachen beziehen, können nicht für sich in Anspruch nehmen, dass mit ihnen logische Schlüsse gezogen werden können.


Ja, da sind wir uns einig - deswegen meine ich ja, daß eine Fundierung der keynesianischen Einsichten (extrem wichtige makro-Einsichten) in die Funktionsweise "monetärer Produktion" eine Fundierung in einer richtigen Beschreibung der tatsächlichen kreditären und monetären Prozesse brauchen. Das denken auch viele Postkeynesianer - die modern monetary theorists z.B.

Es erstaunt mich auch, daß innerhalb der AG offensichtlich manche ein
supermonetaristisches Vollgeld, andere dagegen die Abschaffung von
Zentralbanken (wäre m.E. fatal) anstreben. Kann es sein, daß das
Verhältnis zwischen ZB und GBen sowie v.a. die Entstehung, Ziele
(Inflationsziel z.B.) und (gesamtwirtschaftlichen) Funktionen von ZBen
noch nicht wirklich diskutiert wurden?

Diskutiert schon, aber von einem Konsens sind wir weit entfernt.
Aber ich denke solche Diskussionen müssen immer wieder aufgegriffen werden.

Ok.

Danke erstmal für die Hinweise, Arne - ich muß mich erst nach und nach reinfinden in Eure AG, und Euch bißchen besser kennenlernen.

Nichts für ungut. Ich dachte, dass eine Mumble-Diskussionsrunde genau hierfür hilfreich sein könnte.

Ich tue mich leichter mit schriftlichem Austausch, das ist für mich der flexiblere Weg. Aber klar können wir uns gern auch direkt unterhalten.

Viele Grüße
Wolfgang




  • [AG-GOuFP] Fw: "Geldsystem", Finanzsektor, moneymind, 11.03.2014

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