ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
Listenarchiv
Re: [AG-GOuFP] Die faszinierende tolle Erkenntnis des Christoph Ulrich Mayer :-)
Chronologisch Thread
- From: Keox <piratkeox AT googlemail.com>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Die faszinierende tolle Erkenntnis des Christoph Ulrich Mayer :-)
- Date: Sun, 14 Oct 2012 20:43:33 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo,
Am 14.10.2012 13:54, schrieb Patrik Pekrul:
Zu den Ursachen der Ungleichverteilung hatte ich schon vorn Monaten
Erklärungen zur Diskussion gestellt, die aber auch nie (wie alle Thesen, die
hier so formuliert werden) gegrillt wurden - kein Wunder, dass wir als Gruppe
nicht weiterkommen. Wenn ich mir die ML der letzten Woche so durchlese, so
scheint sie eine Aufarbeitung der letzten Monate zu sein, ohne dass sich
irgendetwas auch nur einen Jota bewegt hätte (aber vielleicht täusche ich
mich auch, man kann den Leuten ja nicht in die Köpfe gucken).
Ich schlage daher vor, dass wir zukünftig strukturierter vorgehen. Jeder, der eine
These hat, stellt sie auf die Seite "aufbereitete Themen" - da befindet sich
schon einiges - und wir arbeiten die Liste von oben nach unten durch, vielleicht in
einem zweiwöchigen Rhythmus? Vielleicht wäre es sinnvoll, die dort hinterlegten Thesen,
strukturiert in Einzelaussagen, in ein Diskussionspad zu kopieren und dort mit pro und
contra-Argumenten aufzufüllen, die wir dann zur Abstimmung bringen.
Nun aber zu den Ursachen Ungleichverteilung, die allesamt nichts mit Zinsen
zu tun haben (angeordnet von fundamental zu weniger fundamental):
1. Glück und Pech
Jeder Mensch ist wirtschaftlich tätig, einige haben sehr häufig Glück, andere sehr häufig Pech,
bei den meisten hält es sich mehr oder weniger die Waage. Auf diese Art und Weise wird sich mit
der Zeit eine Vermögensverteilung einstellen, die mehr oder weniger normalverteilt ist, eine
wenige haben sehr viel, eine wenige sehr wenig und die meisten sind "Normalos". Dagegen
kann man nichts tun, das ist reine Statistik und "allgemeines Lebensrisiko". Dieser
Mechanismus ist permanent wirksam und kann nur durch entsprechend durch permanente Umverteilung
abgemildert werden.
Das wussten die Menschen vor tausenden von Jahren.
Mehr hierzu unter "aufbereitete Themen" (wiki scheint grade nicht erreichbar
zu sein)
Deine Erklärung mithilfe der Statistik ist gut, aber wir bräuchten auch etwas ohne Zahlen. Aber das ist schwierig. Vielleicht fällt jemandem eine gute Metapher ein oder irgendetwas anderes.
Ich denke, dass Monopoly gut geeignet sein könnte. Hat fast jeder schon mal selbst gespielt und im Prinzip treten dort die gleichen Effekte auf. Es gibt fast keinen Handlungsspielraum und wenn jemand als erstes Park- und Schlossallee bekommt, hat er am Ende mit hoher Wahrscheinlichkeit alles.
2. Geldschöpfungsprivileg in privater Hand
Während die meisten sich ihren Vermögensaufbau erarbeiten müssen, haben andere die
Möglichkeit, sich immenses Vermögen mit selbstgedrucktem (und sei es nur geliehen)
anzueignen. Verwundert es da, dass die "privilegierten" innerhalb kürzester
Zeit weit mehr Vermögen anhäufen als alle anderen, die alles ansparen müssen? Man hat
einen Mechanismus ins System eingebaut, der sicherstellt, dass die Möglichkeit zur
Vermögensaneignung durch Geldschöpfung der Masse nicht zur Verfügung steht:
Sicherheiten. In aller Kürze: Wer schon viel hat, dem wird neues Geld gegeben, um noch
mehr zu kaufen, wer nichts hat, kriegt leider auch neues Geld. Sehr einfaches, sehr
robustes und höchst effizientes Prinzip zur Diskriminierung.
Bei Vollgeld würden diejenigen die schon viel Vermögen (Sicherheiten) haben, aber auch eher und mehr Geld leihen können.
Mehr hierzu unter "aufbereitete Themen" (wiki scheint grade nicht erreichbar
zu sein)
3. Marktmanipulation durch Geldschöpfungsprivileg
Mit Verweis auf 1. und 2. gibt es ein lustiges Spiel, dass die Geldelite spielen kann. Offensichtlich hat
man mehr "Glück" in wirtschaftlichen Dingen, wenn man weiss, was in der Zukunft passieren wird,
und vor allen Dingen wann. Man kann unglaublich schnell unglaublich reich werden, wenn man zum richtigen
Zeitpunkt in den Markt einsteigt und rechtzeitig wieder aussteigt. Was für die allermeisten
"Glücksache" ist, ist für die "Privilegierten" eine durchaus planbare Angelegenheit.
Das Prinzip ist einfach, man steigt in einen beliebigen Markt mit selbstgedruckten Geld ein und heizt so
die Preise an, durch den Herdentrieb steigen immer mehr Leute an, es entsteht eine Blase, die mit
selbstgedruckten Geld großzügig alimentiert wird. Wenn man genug Gewinn gemacht hat, steigt man aus und
legt sein Geld in reale Werte an, dann stellt man die großzügige Kreditvergabe ein und lässt die Blase
platzen; man wiederholt das Spiel beliebig oft und wird real immer reicher.
das stimmt schon, aber selbst bei Vollgeld gäbe es immer noch einen Haufen Menschen die sich auf den Finanzmärkten abzocken lassen würden. Stichwort Mavrodi:
http://www.welt.de/finanzen/article106649454/Russischer-Betrueger-ahmt-die-Notenbanken-nach.html
http://rt.com/news/mmm-mavrodi-ponzi-scheme-715/
Es wird immer relativ viele Menschen geben, die zu gierig oder zu doof sind oder sich einfach selbst überschätzen.
aber ohne Geldschöpfung sollte das Ausmaß deutlich geringer sein
Mehr hierzu werde ich unter "aufbereitete Themen" einstellen (wiki scheint
grade nicht erreichbar zu sein).
4. Prohibitive Steuerpolitik
Es hat sich in den Köpfen der Leute das religiöse Dogma in die Köpfe versetzt, dass nur wirtschaftliche
Tätigkeit (Produktion und Konsum) besteuert wird und keinesfalls Besitz ("Das wäre ja
Doppelbesteuerung" - als wenn das allein schon ein Argument wäre....) Das hat natürlich zur Folge,
dass derjenige der schon viel hat fein raus ist, während derjenige, der erst Besitz aufhäufen will, es
unglaublich schwer hat, weil es ihm über die hohe Steuer- und Abgabenlast der Vermögensaufbau fast
unmöglich gemacht. Neben dem Institut der "dinglichen Sicherheit" (es kriegt nur Geld, der schon
was hat) ist dies das zweite Instrument, das wirksam verhindert, dass der "Club der Habenden" zu
groß wird.
das ist mit das größte Problem. Das Argument der Doppelbesteuerung lässt aber nicht entkräften, weil es gar kein Argument ist, sondern ein Dogma. Deshalb ist mit solchen Personen diskutieren auch fast unmöglich.
Wir sollten uns vorallem darauf konzentrieren, zu erklären warum "Sachzwänge" eine Vermögensumverteilung erforderlich machen.
All dies hat fundamental NICHTS mit dem Zins zu tun, es ist aber
offensichtlich, dass der Zins für die Auseinanderentwicklung als Katalysator
wirkt, weil er den Vermögenden neben den ohnehin schon großen Vorteilen auch
noch ein zusätzliches Mittel an die Hand gibt. Das kann man zu recht
kritisieren, die Abschaffung des Zinses wird aber die o.g. fundamentaleren
Ursachen der Ungleichverteilung nicht beseitigen.
Hierzu wäre folgendes erforderlich:
1. Progressive Vermögenssteuer
um denjenigen, die sehr viel Anhäufen konnten, wieder einiges wegzunehmen, um
es denjenigen zu geben, die sehr viel Pech hatten - nur so kann man den Laden
nachhaltig am Laufen halten. Das ist wie mit einer Pokerpartie: Der Topf wird
immer voller und es spielen immer weniger mit, weil nach und nach immer mehr
ausscheiden. Das Spiel kommt also zwangsläufig zu einem Ende, wenn sämtliches
Geld im Pott ist und dieser nur einem einzigen gehört. Ist das Ziel aber, das
Spiel am Laufen zu halten, dann muss immer wieder Geld aus dem Pott entnommen
werden und an die ausgeteilt werden die Pleite sind. Ich denke, das ist
leicht einzusehen.
Sachvermögen sollten aber auc besteuert werden.
2. Geldschöpfungsprivileg muss abgeschafft werden
sei es indem es nur noch einer Instanz übertragen wird, sei es dass jeder
Geld drucken darf. Ich will mich hier an dieser Stelle auf die erste Variante
konzentrieren, weil die alternative Lösung vielen zu abstrakt ist. Also z.B.
Vollgeld
ja
3. Beachtung der Vermögenspreise
Die aktuelle Geldpolitik konzentriert sich einseitig auf die Entwicklung der
Konsumentenpreise und ignoriert die Entwicklung der Vermögenspreise, solange also die
Verbraucherpreise nicht zu sehr steigen (wobei es hier durch geschickte Gestaltung des
Warenkorbes und kreativer Rechenmethoden möglich wird, die tatsächliche Inflation
wirksam zu ignorieren) sieht man seitens der Zentralbank (Monetative, wie auch immer)
keine Veranlassung zu handeln. Der "Geldschöpfer" muss aber konsequenterweise
auch die Vermögenspreise beachten, um Blasenbildung vorzubeugen und so das
boom-and-bust-Spiel wirksam zu verhinden.
ja
4. Der Staat sollte hohe Vermögen steuerlich stärker belasten und dafür
wirtschaftliche Tätigkeit steuerlich massiv entlasten, auf diese Art und
Weise wird das Anwachsen großer Vermögen ausgebremst und auf der anderen
Seite wird es kleinen Vermögen erleichtert stärker und schneller anzuwachsen;
auf diese Weise erreicht man über die Zeit eine Reduzierung der
Ungleichverteilung. Der Vorschlag wäre also z.B. die Sozial- und
Transferleistungen nicht überwiegend durch Arbeitseinkommen zu finanzieren,
sondern über die o.g. progressive Vermögenssteuer.
am besten wäre es im Grundgesetz zu verankern, dass die Vermögensverteilung einen bestimmten Rahmen nicht sprengen darf. Zum Beispiel sollten die 10% der reichsten Deutschen nicht mehr als 33% des gesamten Nettovermögens besitzen dürfen. Sobald dieser Wert überschritten wird, sollte automatisch durch das Grundgesetz eine Sondersteuer erhoben werden müssen.
Gruß Keox
Ob die Zinsproblematik nach Umsetzung der oben vorgeschlagenen Maßnahmen immer noch von
praktischer Relevanz wäre, sei mal dahingestellt. Worauf ich hinaus will, ist zu
zeigen, dass es fundamentalere Gründe für die zunehmende Ungleichverteilung gibt als
den Zins, und dass es auch adäquate Gegenmaßnahmen gibt, die auch ohne Einwirkung auf
den Zins auskommen. Ich hoffe, dass ist mir verständlich gelungen, und ich fände es
wünschenswert, wenn wir uns zunächst auf die "fundamentals" konzentrieren
könnten anstatt uns auf einem Nebenkriegsschauplatz aufzurauchen.
Ahoi,
Patrik
Am 19.07.2012 um 14:41 schrieb Nicolai Haehnle:
2012/7/19 <alex AT twister11.de>:
Also ganz ehrlich: es gibt naheliegende, direkte Erklärungsmodi für
die steigende Ungleichheit, die mit den Daten kompatibel sind. Können
wir uns auf die vielleicht einigen?
Welche sind das?
Massenarbeitslosigkeit und Steuergesetzgebung.
Massenarbeitslosigkeit, weil sie die Verhandlungsposition der
Arbeitnehmer schwächt und dadurch die Primär-Einkommen der Masse
verringert.
Steuergesetzgebung, weil die sich in den letzten 30 Jahren nahezu
ausschließlich zu Gunsten der Reichen geändert hat, die prozentual von
ihrem sowieso schon höheren Einkommen deutlich mehr mitnehmen als
früher.
Schöne Grüße,
Nicolai
--
Lerne, wie die Welt wirklich ist,
aber vergiss niemals, wie sie sein sollte.
--
AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik mailing list
AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-geldordnung-und-finanzpolitik
--
Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht und hat's gemacht.
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik
http://wiki.piratenpartei.de/BE:Squads/Geldordnung
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/ThemaGegenwaertigesGeldsystem : wird noch erweitert.
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/ThemaVollgeldreform: wird noch erweitert.
Inhalt meines Trollfilters: Enter-Mario, Oliver aus der FDP, Jürgen Niccum
- Re: [AG-GOuFP] Die faszinierende tolle Erkenntnis des Christoph Ulrich Mayer :-), Patrik Pekrul, 14.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] Die faszinierende tolle Erkenntnis des Christoph Ulrich Mayer :-), alex, 14.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] Die faszinierende tolle Erkenntnis des Christoph Ulrich Mayer :-), Keox, 14.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] Die faszinierende tolle Erkenntnis des Christoph Ulrich Mayer :-), Sascha Maus, 14.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] Die faszinierende tolle Erkenntnis des Christoph Ulrich Mayer :-), Patrik Pekrul, 14.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] Die faszinierende tolle Erkenntnis des Christoph Ulrich Mayer :-), Sascha Maus, 14.10.2012
Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.