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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Die faszinierende tolle Erkenntnis des Christoph Ulrich Mayer :-)

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Die faszinierende tolle Erkenntnis des Christoph Ulrich Mayer :-)


Chronologisch Thread 
  • From: Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>
  • To: Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>
  • Cc: AG-GOuFP <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Die faszinierende tolle Erkenntnis des Christoph Ulrich Mayer :-)
  • Date: Sun, 14 Oct 2012 13:54:03 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Zu den Ursachen der Ungleichverteilung hatte ich schon vorn Monaten
Erklärungen zur Diskussion gestellt, die aber auch nie (wie alle Thesen, die
hier so formuliert werden) gegrillt wurden - kein Wunder, dass wir als Gruppe
nicht weiterkommen. Wenn ich mir die ML der letzten Woche so durchlese, so
scheint sie eine Aufarbeitung der letzten Monate zu sein, ohne dass sich
irgendetwas auch nur einen Jota bewegt hätte (aber vielleicht täusche ich
mich auch, man kann den Leuten ja nicht in die Köpfe gucken).

Ich schlage daher vor, dass wir zukünftig strukturierter vorgehen. Jeder, der
eine These hat, stellt sie auf die Seite "aufbereitete Themen" - da befindet
sich schon einiges - und wir arbeiten die Liste von oben nach unten durch,
vielleicht in einem zweiwöchigen Rhythmus? Vielleicht wäre es sinnvoll, die
dort hinterlegten Thesen, strukturiert in Einzelaussagen, in ein
Diskussionspad zu kopieren und dort mit pro und contra-Argumenten
aufzufüllen, die wir dann zur Abstimmung bringen.

Nun aber zu den Ursachen Ungleichverteilung, die allesamt nichts mit Zinsen
zu tun haben (angeordnet von fundamental zu weniger fundamental):

1. Glück und Pech
Jeder Mensch ist wirtschaftlich tätig, einige haben sehr häufig Glück, andere
sehr häufig Pech, bei den meisten hält es sich mehr oder weniger die Waage.
Auf diese Art und Weise wird sich mit der Zeit eine Vermögensverteilung
einstellen, die mehr oder weniger normalverteilt ist, eine wenige haben sehr
viel, eine wenige sehr wenig und die meisten sind "Normalos". Dagegen kann
man nichts tun, das ist reine Statistik und "allgemeines Lebensrisiko".
Dieser Mechanismus ist permanent wirksam und kann nur durch entsprechend
durch permanente Umverteilung abgemildert werden.

Mehr hierzu unter "aufbereitete Themen" (wiki scheint grade nicht erreichbar
zu sein)

2. Geldschöpfungsprivileg in privater Hand
Während die meisten sich ihren Vermögensaufbau erarbeiten müssen, haben
andere die Möglichkeit, sich immenses Vermögen mit selbstgedrucktem (und sei
es nur geliehen) anzueignen. Verwundert es da, dass die "privilegierten"
innerhalb kürzester Zeit weit mehr Vermögen anhäufen als alle anderen, die
alles ansparen müssen? Man hat einen Mechanismus ins System eingebaut, der
sicherstellt, dass die Möglichkeit zur Vermögensaneignung durch Geldschöpfung
der Masse nicht zur Verfügung steht: Sicherheiten. In aller Kürze: Wer schon
viel hat, dem wird neues Geld gegeben, um noch mehr zu kaufen, wer nichts
hat, kriegt leider auch neues Geld. Sehr einfaches, sehr robustes und höchst
effizientes Prinzip zur Diskriminierung.

Mehr hierzu unter "aufbereitete Themen" (wiki scheint grade nicht erreichbar
zu sein)

3. Marktmanipulation durch Geldschöpfungsprivileg
Mit Verweis auf 1. und 2. gibt es ein lustiges Spiel, dass die Geldelite
spielen kann. Offensichtlich hat man mehr "Glück" in wirtschaftlichen Dingen,
wenn man weiss, was in der Zukunft passieren wird, und vor allen Dingen wann.
Man kann unglaublich schnell unglaublich reich werden, wenn man zum richtigen
Zeitpunkt in den Markt einsteigt und rechtzeitig wieder aussteigt. Was für
die allermeisten "Glücksache" ist, ist für die "Privilegierten" eine durchaus
planbare Angelegenheit. Das Prinzip ist einfach, man steigt in einen
beliebigen Markt mit selbstgedruckten Geld ein und heizt so die Preise an,
durch den Herdentrieb steigen immer mehr Leute an, es entsteht eine Blase,
die mit selbstgedruckten Geld großzügig alimentiert wird. Wenn man genug
Gewinn gemacht hat, steigt man aus und legt sein Geld in reale Werte an, dann
stellt man die großzügige Kreditvergabe ein und lässt die Blase platzen; man
wiederholt das Spiel beliebig oft und wird real immer reicher.

Mehr hierzu werde ich unter "aufbereitete Themen" einstellen (wiki scheint
grade nicht erreichbar zu sein).

4. Prohibitive Steuerpolitik
Es hat sich in den Köpfen der Leute das religiöse Dogma in die Köpfe
versetzt, dass nur wirtschaftliche Tätigkeit (Produktion und Konsum)
besteuert wird und keinesfalls Besitz ("Das wäre ja Doppelbesteuerung" - als
wenn das allein schon ein Argument wäre....) Das hat natürlich zur Folge,
dass derjenige der schon viel hat fein raus ist, während derjenige, der erst
Besitz aufhäufen will, es unglaublich schwer hat, weil es ihm über die hohe
Steuer- und Abgabenlast der Vermögensaufbau fast unmöglich gemacht. Neben dem
Institut der "dinglichen Sicherheit" (es kriegt nur Geld, der schon was hat)
ist dies das zweite Instrument, das wirksam verhindert, dass der "Club der
Habenden" zu groß wird.


All dies hat fundamental NICHTS mit dem Zins zu tun, es ist aber
offensichtlich, dass der Zins für die Auseinanderentwicklung als Katalysator
wirkt, weil er den Vermögenden neben den ohnehin schon großen Vorteilen auch
noch ein zusätzliches Mittel an die Hand gibt. Das kann man zu recht
kritisieren, die Abschaffung des Zinses wird aber die o.g. fundamentaleren
Ursachen der Ungleichverteilung nicht beseitigen.



Hierzu wäre folgendes erforderlich:

1. Progressive Vermögenssteuer
um denjenigen, die sehr viel Anhäufen konnten, wieder einiges wegzunehmen, um
es denjenigen zu geben, die sehr viel Pech hatten - nur so kann man den Laden
nachhaltig am Laufen halten. Das ist wie mit einer Pokerpartie: Der Topf wird
immer voller und es spielen immer weniger mit, weil nach und nach immer mehr
ausscheiden. Das Spiel kommt also zwangsläufig zu einem Ende, wenn sämtliches
Geld im Pott ist und dieser nur einem einzigen gehört. Ist das Ziel aber, das
Spiel am Laufen zu halten, dann muss immer wieder Geld aus dem Pott entnommen
werden und an die ausgeteilt werden die Pleite sind. Ich denke, das ist
leicht einzusehen.

2. Geldschöpfungsprivileg muss abgeschafft werden
sei es indem es nur noch einer Instanz übertragen wird, sei es dass jeder
Geld drucken darf. Ich will mich hier an dieser Stelle auf die erste Variante
konzentrieren, weil die alternative Lösung vielen zu abstrakt ist. Also z.B.
Vollgeld

3. Beachtung der Vermögenspreise
Die aktuelle Geldpolitik konzentriert sich einseitig auf die Entwicklung der
Konsumentenpreise und ignoriert die Entwicklung der Vermögenspreise, solange
also die Verbraucherpreise nicht zu sehr steigen (wobei es hier durch
geschickte Gestaltung des Warenkorbes und kreativer Rechenmethoden möglich
wird, die tatsächliche Inflation wirksam zu ignorieren) sieht man seitens der
Zentralbank (Monetative, wie auch immer) keine Veranlassung zu handeln. Der
"Geldschöpfer" muss aber konsequenterweise auch die Vermögenspreise beachten,
um Blasenbildung vorzubeugen und so das boom-and-bust-Spiel wirksam zu
verhinden.

4. Der Staat sollte hohe Vermögen steuerlich stärker belasten und dafür
wirtschaftliche Tätigkeit steuerlich massiv entlasten, auf diese Art und
Weise wird das Anwachsen großer Vermögen ausgebremst und auf der anderen
Seite wird es kleinen Vermögen erleichtert stärker und schneller anzuwachsen;
auf diese Weise erreicht man über die Zeit eine Reduzierung der
Ungleichverteilung. Der Vorschlag wäre also z.B. die Sozial- und
Transferleistungen nicht überwiegend durch Arbeitseinkommen zu finanzieren,
sondern über die o.g. progressive Vermögenssteuer.


Ob die Zinsproblematik nach Umsetzung der oben vorgeschlagenen Maßnahmen
immer noch von praktischer Relevanz wäre, sei mal dahingestellt. Worauf ich
hinaus will, ist zu zeigen, dass es fundamentalere Gründe für die zunehmende
Ungleichverteilung gibt als den Zins, und dass es auch adäquate
Gegenmaßnahmen gibt, die auch ohne Einwirkung auf den Zins auskommen. Ich
hoffe, dass ist mir verständlich gelungen, und ich fände es wünschenswert,
wenn wir uns zunächst auf die "fundamentals" konzentrieren könnten anstatt
uns auf einem Nebenkriegsschauplatz aufzurauchen.

Ahoi,

Patrik


Am 19.07.2012 um 14:41 schrieb Nicolai Haehnle:

> 2012/7/19 <alex AT twister11.de>:
>>> Also ganz ehrlich: es gibt naheliegende, direkte Erklärungsmodi für
>>> die steigende Ungleichheit, die mit den Daten kompatibel sind. Können
>>> wir uns auf die vielleicht einigen?
>>
>> Welche sind das?
>
> Massenarbeitslosigkeit und Steuergesetzgebung.
>
> Massenarbeitslosigkeit, weil sie die Verhandlungsposition der
> Arbeitnehmer schwächt und dadurch die Primär-Einkommen der Masse
> verringert.
>
> Steuergesetzgebung, weil die sich in den letzten 30 Jahren nahezu
> ausschließlich zu Gunsten der Reichen geändert hat, die prozentual von
> ihrem sowieso schon höheren Einkommen deutlich mehr mitnehmen als
> früher.
>
> Schöne Grüße,
> Nicolai
> --
> Lerne, wie die Welt wirklich ist,
> aber vergiss niemals, wie sie sein sollte.
>
> --
> AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik mailing list
> AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
> https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-geldordnung-und-finanzpolitik





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