ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
Listenarchiv
- From: "Frank Giebel" <frankgiebel AT web.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: [AG-GOuFP] Anmerkungen zu Christian Felber Retten wir den Euro
- Date: Tue, 28 Aug 2012 16:40:21 +0200 (CEST)
- Importance: normal
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
- Sensitivity: Normal
Hallo,
da mir das Buch von Leuten der Ag mehrmals empfohlen wurde, hab ich es mir bestellt und bis jetzt bis Seite 49 gelesen.
Es liest sich gut. Danach scheint es auch noch interessant zu werden.
Die Lösung B Insolvenz/Haircut auf Seite 34 scheint Felber etwas schnell zur Seite zu
legen. Er geht darauf unter 3. auf Seite 44ff. ein und lobt den Ansatz
einer Staats-Insolvenz grundsätzlich. Sein Gegenargument sind die
systemrelevanten Banken (Seite 45 unten). Sie müßten dann von den
Rettungsschirmen aufgefangen werden (wohl wegen der Abwertung der
Staatsanleihen in ihren Wertpapierdepots). Dabei geht er nicht auf die
Möglichkeit ein, die Banken durch das Heranziehen ihrer Gläubiger zu
rekapitalisieren, der einzigen Gruppe die ja Vermögen in der gleichen
Höhe hält, wie die Banken Schulden haben (Passivseite der Bankbilanz).
Genau das aber ist der Vorschlag, der in den beiden Ökonomoenaufrufen
vom Juli (jeweils über 200 Befürworter) auftaucht, weitgehend unbemerkt
von der Öffentlichkeit, da die meisten nur bemerkt haben, dass die
beiden Gruppen sich anderweitig nicht einig waren (europäische
Bankenunion via Esm ja oder nein).
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/oekonomen-aufruf-die-risiken-der-rettungspolitik-11814959.html
+
30min Video von einem gut gelaunten (sarkastischen?) Prof. Sinn mit
quietschenden Schuhen: debt equity swaps als Lösung werden so ab min. 20
erwähnt
Ich
bin vorgestern zufällig auf ein Gutachten des wissenschaftlichen
Beirates des Bundeswirtschaftsministeriums gestossen. Darin fand ich
folgende erstaunliche Aussagen (von 2011):
“Die
Gewährung von finanziellem Beistand an die griechische Regierung seit
Frühjahr 2010 ist immer wieder mit dem Hinweis auf mögliche Folgen einer griechischen
Staatsinsolvenz für das europäische Bankensystem verteidigt worden. Man
könnte daher vermuten, dass das Zulassen der Insolvenz eines
Mitgliedstaats die Stabilität des europäischen Finanzsystems erschüttern
würde und ein Insolvenzverfahren daher grundsätzlich auszuschließen
ist. Diese Vermutung ist aber falsch. Eine Konsequenz der Schaffung
eines Insolvenzverfahrens für souveräne Schuldner wäre nämlich, dass die
Banken und andere Finanzinstitute von vornherein die Möglichkeit eines
partiellen Kreditausfalls auch bei Staaten in Betracht ziehen müssten.”
und
“Eine
verwandte Frage ist, ob die Banken eines Landes, das in die Insolvenz
fällt, zwangsläufig in Refinanzierungsprobleme bei der EZB geraten, so
dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geldpolitische Störungenhervorrufen
würde. Auch diese Frage ist zu verneinen. Wenn die EZB grundsätzlich
klar stellte –was sie im wirtschaftlichen Interesse ihrer Kapitaleigner
tun müsste – dass sie die Schuldtitel einer Regierung,die
sich in einem Insolvenzverfahren befindet, nicht oder nur zu einem
erheblichen Diskont zur Refinanzierung akzeptiert, dann würden die
Banken ihre Refinanzierungspolitik von vornherein nicht in großem Ausmaß
auf solche Papiere stützen.
aus: "Überschuldung und Staatsinsolvenz in der
Europäischen
Union", Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium
für Wirtschaft und Technologie, Januar 2011, Seite 22
Soviel zu dem Thema, dass es keine gute Politikberatung gäbe, sondern nur Beratung durch Bankenvertreter. Es gibt sie schon, die Politiker packen das aber lieber in die Schublade.
Weiter
zu Felber noch eine Anmerkung: Auf Seite 48 Mitte ist sein Argument
warum eine Schulden-Stundung nicht funktionieren würde, dass dann das
betroffende Land sich nicht mehr am Kapitalmarkt finanzieren könne und
deshalb Eurobonds notwendig würden. Sorry, wenn jemand privat insolvent
ist und mit seinem Gläubiger eine Stundung vereinbart sollte er sich
dann darüber beschweren, dass er bei der Bank keinen neuen Kredit mehr
bekommt? Wäre es dann nicht an der Zeit damit anzufangen, sich für
seinen Konsum auf seine laufenden Einnahmen zu beschränken? Für ein Land
hiese das sich auf seine Steuereinnahmen zu beschränken.
Grüsse
HamburgFrank
http://liberalundkooperativ.blogspot.de/
- [AG-GOuFP] Anmerkungen zu Christian Felber Retten wir den Euro, Frank Giebel, 28.08.2012
Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.