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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - [AG-GOuFP] Die unendliche Geschichte

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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[AG-GOuFP] Die unendliche Geschichte


Chronologisch Thread 
  • From: "High-End-Studio Prenk" <info AT high-end-studio.de>
  • To: <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: [AG-GOuFP] Die unendliche Geschichte
  • Date: Wed, 23 May 2012 21:52:31 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

----- Original Message ----- From: "Nicolai Haehnle" <nhaehnle AT gmail.com>
To: "Christian.Seiler" <christian.seiler AT hotmail.de>
Cc: <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
Sent: Wednesday, May 23, 2012 4:03 PM
Subject: Re: [AG-GOuFP] Was haltet Ihr davon: Die unendliche Geschichte


Hallo Christian,

2012/5/23 Christian.Seiler <christian.seiler AT hotmail.de>:
Geld auf deinem Konto zu halten, obwohl es wenig Sinn für dich persönlich
macht, ermöglicht die Entstehung neuer Kredite und neuer Einlagen die dann
von anderen benutzt werden können um Sachkapital zu erstehen.

Das ist falsch, und wir haben das hier auf der Liste schon X-mal
durchgekaut. Banken brauchen keine Einlagen, um Kredite vergeben zu
können. Tatsächlich entstehen die Einlagen ja gerade dadurch, dass
Bank Kredit vergeben. Die Kausalität ist also andersrum, als du
denkst.

Aus: http://www.bundesbank.de/download/bildung/geld_sec2/geld2_gesamt.pdf ab Seite 67ff
Der Gewinn aus der Giralgeldschöpfung der Geschäftsbanken

Wenn eine Geschäftsbank einen Kredit gewährt, finanziert sie diesen in einem ersten Schritt dadurch, dass sie – wie oben beschrieben – den entsprechenden Betrag an Giralgeld selbst schafft. Auf den ersten Blick scheint dies für die Geschäftsbank ein sehr lohnendes Geschäft zu sein: Der Kreditnehmer muss für den Kredit über die gesamte Laufzeit Zinsen zahlen, aber für die Sichteinlage, die die Geschäftsbank dem Kunden auf dessen Girokonto gutschreibt, vergütet sie üblicherweise keinen oder nur einen sehr geringen Zins. Auch kann

die Geschäftsbank den Ankauf eines Vermögenswerts durch Gutschrift des Kaufbetrags

auf dem Konto des Verkäufers bezahlen. Sie ist dann Eigentümerin des Vermögenswerts.

Das kann beispielsweise eine Immobilie sein, die sie selbst nutzt oder die laufend Mietertrag abwirft. Bezahlt bzw. finanziert hat sie diese Immobilie mit selbstgeschaffenem Giralgeld.

Allerdings ist dies nur der erste Schritt in einem längeren Prozess. Im zweiten Schritt wird der Kunde die Sichteinlage, die er sich beispielsweise über die Kreditaufnahme beschafft hat, nutzen, um sich etwas zu kaufen. Häufig läuft das darauf hinaus, dass der Kunde sein Guthaben an den Kunden einer anderen Bank überweist. Im Beispiel (siehe Grafik 2. Vorgang) überweist Kunde 1 die 1.000 Euro auf ein Konto von Kunde 2 bei der B-Bank. Für die Kredit gebende A-Bank bedeutet dies, dass die Sichteinlage des Kunden, das selbstgeschaffene Giralgeld, abfließt – und dass sie den Kredit nun aus anderer Quelle refinanzieren muss. Im einfachsten idealtypischen Fall wird ihr dazu die B-Bank einen Kredit gewähren – viele Geschäftsbanken haben untereinander entsprechende Vereinbarungen. Die B-Bank gewährt dann beispielsweise einen täglich kündbaren Kredit, für den sie der A-Bank einen Zins (z. B. 2 %) in Rechnung stellt. Die A-Bank hat somit eine täglich fällige Verbindlichkeit gegenüber der B-Bank (siehe Grafik). Die A-Bank muss nun den Zinsertrag aus dem Kundenkredit zum Teil an die B-Bank abgeben – und damit einen Teil ihres Gewinns aus der Giralgeldschöpfung. Die Umverteilung des Geldschöpfungsgewinns ist damit aber noch nicht abgeschlossen, da der Kredit gebenden A-Bank daran gelegen ist, ihre Risiken einzugrenzen.

Risiken und Kosten der Giralgeldschöpfung

Mit der Kreditvergabe an ihren Kunden ist die A-Bank mehrere Risiken eingegangen. Eines ist, dass der Kunde den Kredit nicht mit Zins und Tilgung bedient (Kreditausfallrisiko). Kommt es zu einem Kreditausfall, bereitet dies dem Kreditgeber einen Verlust. Zweitens hat die Bank das Risiko, dass der Zins für Tagesgeld, den sie für die Refinanzierung des Kredits an die B-Bank zahlt, während der Laufzeit des Kredits (im Beispiel: fünf Jahre) steigt (Zinsänderungsrisiko). Steigt dieser Zins tatsächlich, schmälert dies den ihr verbleibenden Anteil aus dem Zinsertrag des Kundenkredits. Drittens besteht das Risiko, dass die A-Bank einmal keine andere Bank findet, die bereit ist, die benötigte Refinanzierung zu gewähren (Liquiditätsrisiko). Dann kann es im Extremfall zu Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz kommen.

Die Bildung von Spar- und Termineinlagen

Um die beiden letztgenannten Risiken zu begrenzen, kann die Bank Einlagenpolitik betreiben. Sie gewährt beispielsweise einen attraktiven Zins, damit Sparer bei ihr Geld für eine längere Zeit fest anlegen. Im Beispiel nimmt der Kunde der B-Bank das Angebot der A-Bank an: Er überweist seine unverzinste Sichteinlage bei der B-Bank auf ein Sparguthaben bei der A-Bank (siehe Grafik 3. Vorgang). Die A-Bank benötigt nun keine täglich kündbare Refinanzierung

durch eine andere Bank mehr, im Grenzfall hat sie vielmehr den ausgezahlten Kredit betrags und fristengerecht durch die Spareinlage refinanziert. Aus der von ihr geschaffenen Sichteinlage, über die der Kunde täglich verfügen konnte, ist eine längerfristige Einlage geworden, über die der Kunde erst nach einer bestimmten Zeit wieder verfügen kann. Für die A-Bank bedeutet dies zum einen, dass sie den von ihr gewährten lang laufenden Kredit durch eine lang laufende Einlage refinanziert hat. Zum anderen bedeutet es aber auch, dass sie den Zinsertrag aus dem Kundenkredit zu einem Teil an den Sparer abgeben muss.

Im Euroraum gibt es Tausende Geschäftsbanken, die Kredite gewähren und Spareinlagen anbieten. Die Vorgänge laufen deshalb in der Realität viel verwickelter ab als im Beispiel geschildert. Gleichwohl verdeutlicht das Beispiel einen wichtigen Sachverhalt: Um die Risiken aus der Kreditgewährung einzugrenzen, muss das Bankensystem länger laufende

Einlagen einwerben. In diesem Zuge muss es einen Teil des Zinsertrags aus den Krediten – und damit einen Teil des Gewinns aus der Giralgeldschöpfung – an die Sparer abgeben. In diesem Sinne stimmt es, dass Banken Einlagen benötigen, um Kredite vergeben zu können. Ähnliche Überlegungen gelten, wenn eine Bank Vermögenswerte angekauft und mit selbst geschaffenem Giralgeld bezahlt hat.

Der Zins setzt Anreize

Wie dargelegt, ist die Schöpfung von Giralgeld für die Geschäftsbanken mit Risiken und Kosten verbunden. Das hält sie an, Vorsicht walten zu lassen. Ähnliches gilt für die Kreditnehmer: Im Zwang zur Zinszahlung liegt ein finanzieller Anreiz, Kredit nur dann aufzunehmen, wenn dies wirtschaftlich gerechtfertigt erscheint. Für ein Unternehmen bedeutet dies, dass es mit dem Kredit produktiv umgehen muss, damit es einen Ertrag erzielt, aus dem mindestens der Zinsaufwand gedeckt werden kann. Das Risiko, dass eine Investition fehlschlägt, begrenzt die Nachfrage der Wirtschaftssubjekte nach Krediten und die damit einhergehende Giralgeldschöpfung. Ein Konsumentenkredit wiederum verschafft dem Verbraucher finanzielle Mittel, ohne dafür viele Jahre angespart zu haben. Dies ermöglicht es ihm, Konsum vorzuziehen. Das kann in manchen Situationen durchaus sinnvoll sein, beispielsweise wenn es um die Finanzierung eines Eigenheims oder Autos geht. Allerdings

muss das für die Zukunft erwartete Einkommen ausreichen, den Kredit mit Zins und Tilgung zu bedienen. Anders ausgedrückt: Es muss die realistische Aussicht bestehen, dass der Verbraucher die erforderliche Sparleistung im Nachhinein erbringt.



Nun steht überhaupt nicht fest welche Sparquote/Konsumquote den Gesamtkonsum
einer VWL im dynamischen Zusammenhang maximiert.. Dazu gitb es sicher auch
ein paar untersuchungen.

Wenn man versteht, wie Banken operieren, dann ist die Antwort darauf
ganz klar 0. Auf eine andere Antwort kommt man nur durch den
Irrglauben, dass die Kreditvergabe der Banken durch die Höhe der
Einlagen beschränkt wird. Aber das ist eben ein Irrglauben.

Schöne Grüße,
Nicolai
--
Lerne, wie die Welt wirklich ist,
aber vergiss niemals, wie sie sein sollte.

--
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