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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Die Folgen der Krise ...

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Die Folgen der Krise ...


Chronologisch Thread 
  • From: "Daniel " <ppdaniel71 AT googlemail.com>
  • To: "'Christoph \"Pluto\" Puppe'" <piraten AT stderr.de>, "'AG Wirtschaft'" <ag-wirtschaft AT lists.piratenpartei.de>, <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Die Folgen der Krise ...
  • Date: Thu, 26 Apr 2012 08:24:41 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Staatsinsolvenz ja oder nein ist kein leichtes Thema und kann man m.E. nicht
pauschal beantworten:
1. Es gibt für Staaten kein geordnetes Insolvenzverfahren. Bei Unternehmen
und Privathaushalten gibt es ein gesetzlich festgelegtes Insolvenzverfahren.
Es bestimmt (gerade bei Unternehmen) wann ein Unternehmen Insolvenz
anzumelden hat und was dann zu tun ist. Das Unternehmen hört nicht einfach
auf zu existieren. Dies hat sehr viele Vorteile für ALLE Beteiligten
(Unternehmen, Gläubiger, Angestellte, Staat) und verhindert ein Chaos.
2. Da es kein Insolvenzrecht gibt, kann man eben auch nicht sagen wann ein
Staat wirklich insolvent ist und was genau der Staat in diesem Fall zu tun
hat. Es bleibt letzlich dem Staat selbst überlassen, ob er die Schulden
bedienen will oder nicht bzw. in welcher Form. Bei jedem Land sind die
Voraussetzungen dafür aber anders. Nehmen wir Island: Das Problem für Island
kam aus dem Bankensektor. Die Summe der Bankenbilanzen haben ein mehrfaches
der jährlichen Wirtschaftsleistung betragen - ich glaube das 8-fache. Sie
haben sich nicht in der isländischen Krone verschuldet sondern in USD und
Euros. Im Zuge der Finanzkrise haben sie auf ihren Aktiva Verluste
eingefahren und durch die Währungsschwäche wurden sie vom Kapitalmarkt
abgeschnitten und die eigene Zentralbank konnte da auch nichts dagegen tun.
Der Staat hat die Banken gerettet und dafür selber die Schulden nicht mehr
bedient. Der Staat selbst und auch die Wirtschaft waren aber "gesund", sie
hatten durch die Bankenrettung einfach zu hohe Schulden. Mit einem
Schuldenschnitt ist hier das Problme auch wirklich gelöst. Im Vergleich dazu
Griechenland: GR hat(te) viel zu hohe Staatsausgaben (relativ zur Gesamtzahl
der Beschäftigten fast doppelt so viele Staatsangestellten wie Deutschland,
sehr tiefes Rentenalter, bei der staatlichen Eisenbahn sind die Löhne im
Schnitt doppelt so hoch wie bei der deutschen Bahn etc. etc.) und zu tiefe
Einnahmen (viel mehr Steuerhinterziehung etc.). Hinzu kommt, dass die
Wirtschaft unproduktiv ist. Wenn man hier die Staatschulden streicht, dann
ist das zu Grunde liegende Problem nicht gelöst (ein nicht funktionierendes
Staatsgebilde, Korruption etc.)! Langfristig ändert sich gar nichts.
3. Das kurzfristige Chaos wäre im Fall GR wohl ziemlich heftig für GR
selbst. GR hat immer noch ein Primärdefizit (also ein Defizit vor
Zinszahlungen). Im Falle einer Pleite müsste man dieses Primärdefizit SOFORT
auf 0 fahren, das wären noch viel stärkere Sparanstrengungen als sie es
ohnehin schon tun müssten (durch die Pleite würde die Wirtschaft aber auch
nochmals einbrechen und damit noch weniger Steuereinnahmen zur Verfügung
stehen). Zusätzlich würde die Pleite das Problem der mangelnden
Wettbewerbsfähigkeit nicht lösen.
4. Das sogenannte Private Sector Involvement (PSI) war sehr schlecht
gemacht. Trotzdem, dass der Privatsektor auf rund 100Mrd Euro verzichtet hat
(und auf den Rest erheblich tiefere Zinsen erhält), wird die
Verschuldungsproblematik nicht gelöst. Die Schulden sind immer noch zu hoch.
Zumindest die EZB hätte hier auch mitmachen müssen (eigentlich auch die EU
Länder). Die EZB hat ihre Anleihen bei einem Preis von im Schnitt rund
67Euro pro 100Euro gekauft, sie hätte also ohne Verluste auf einen Drittel
ihrer Forderungen verzichten können. Hinzu kommt, dass PSI die Unsicherheit
bzgl. allen anderen Staatsanleihen erhöht hat und dadurch die Lage gerade
für Italien und Spaninen massiv verschärft hat.
5. Alles was mit GR gemacht wird (PSI, Staatspleite, Euro-Austritt) wird
auch in die anderen peripheren Märkte eingepreist.

Somit mein Vorschlag:
1. Ein gangbarers Insolvenzrecht für Staaten aufstellen
2. Wenn schon PSI dann richtig: auch der offizielle Sektor verzichtet auf
einen Teil seiner Schulden ggü. GR
3. GR muss seinen Weg des Staatsumbaus weiter gehen (aber weniger Fokus auf
eine Reduktion der Soziallzahlungen für die wirklich Anspruchsberechtigten
legen). Bürokratieabbau (es ist z.B. unglaublich schwierig ein Unternehmen
zu eröffnen und Leute einzustellen), Korruption eindämmen,
Steuerhinterziehung bekämpfen.
4. GR bekommt ein richtiges Hilfsprogramm z.B. über die EIB (European
Investment Bank) zur Modernisierung der Infrastruktur (z.B: Häfen,
Solarenergie etc. etc.). Das hilft der EU ihre Klimaziele zu erreichen und
der GR Wirtschaft sich zu stabilisieren.

Zusätzlich: Irland wird ermöglicht, dass sie die Schulden der geretteten
Banken nur teilweise bedienen müssen

Alternative wäre dann wirklich Staatspleite und gleichzeitiger Euroaustritt.
Ist aber kein schönes Szenario.

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ag-geldordnung-und-finanzpolitik-bounces AT lists.piratenpartei.de
[mailto:ag-geldordnung-und-finanzpolitik-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im
Auftrag von Christoph "Pluto" Puppe
Gesendet: Mittwoch, 25. April 2012 23:23
An: AG Wirtschaft; ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Re: [AG-GOuFP] Die Folgen der Krise ...

Salve,

http://edition.cnn.com/2012/04/06/world/europe/greece-austerity-suicide/inde
x.html?hpt=hp_c2

Wer sie pleite gehen lassen möchte, denke einfach daran, dass es dann noch
schlimmer für die Menschen wird, als es unter den Sparmaßnahmen jetzt schon
ist.

Oder geht jemand davon aus, dass es dadurch besser wird? Also für die
Griechen?

--
Gruss

Pluto   -   SysAdmin of Hades
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http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:Christoph_Puppe

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