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ag-drogen - Re: [Drogen- und Suchtpolitik] neuer Masterplan(??) Drogen als 2. Politik-Hauptthema, das polarisiert (neue Chancen zur übernächsten BTW)

ag-drogen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik

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Re: [Drogen- und Suchtpolitik] neuer Masterplan(??) Drogen als 2. Politik-Hauptthema, das polarisiert (neue Chancen zur übernächsten BTW)


Chronologisch Thread 
  • From: Georg von Boroviczeny <pirat AT von-boroviczeny.de>
  • To: ag-drogen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Drogen- und Suchtpolitik] neuer Masterplan(??) Drogen als 2. Politik-Hauptthema, das polarisiert (neue Chancen zur übernächsten BTW)
  • Date: Mon, 3 Jul 2017 12:40:03 +0200

Auch ich lese seit einiger Zeit nur mit, aus versch. Gründen.
Aber das nur vorneweg.

Wichtig: Lt. drogenpolitischem Beschluss wollen wir KONTROLLIERTE ABGABE, nicht einfach Legalisierung; das ist ein deutlicher Unterschied, nimmt a.) denen, die sagen: die wollen nur feste kiffen, den Wind aus den Segels (den nehmen wir, wir brauchen den! ;) ), b.) es ist auch etwas, was es schon gibt (sowohl Alk., als auch Tabak werden alterskontrolliert abgegeben).

Ich bin etwas im Zweifel, ob eine Apotheke der 'gute Ort' für Drogenabgabe ist (auch wenn sie ja heute schon im Wesentlichen das machen) oder ob nicht ein Fachgeschäft besser wäre; Apotheke gibt Heilmittel ab, wir wollen aber den Genuss und den -kontrollierten- Konsum voranstellen.

100% gegen irgendeine Mengenkontrolle: das würde nur wieder zu einem Schwarzmarkt führen, gerade das, was wir wollen, nämlich eine kompetente und vertrauensvolle Beratung konterkarieren.

das mal so in kurzen Worten
bests
Georg


Am 30.06.2017 um 16:18 schrieb Lorenz Lassek:

@Uwe

warum ist die Speicherung sensibler Daten denn so dermaßen problematisch, wenn die Daten doch zu 100% nur in deiner eigenen Hand liegen - in Form dieser Karte geradezu physisch? Selbst wenn du die Karte verlierst, kann niemand anderes etwas damit anfangen (einkaufen oder herausfinden, wieviel du konsumiert hast), da ja dein Foto drauf ist.

Es müsste nicht mal der Verkäufer in der Apotheke zwangsläufig die Daten einsehen können. Für ihn reicht die Info, ob die Person z.B. sein Heroin-Kontingent bereits überschritten hat oder nicht.


@Christine

Aber der exzessive Konsum ist doch der öffentlich sichtbare, vor dem die Menschen Angst haben. Hältst du es wirklich nicht für irgendwie sinnvoll, zu versuchen, den exzessiven Konsum einzuschränken? Die Gefahren exzessiven Drogenkonsums sind doch ungleich 1000Mal schlimmer als eine ungesunde Ernährung mit einem ungesunden BMI - daher kann ich den Vergleich mit dem Supermarkt nicht nachvollziehen* Ich halte es nicht für eine Überregulierung, wenn man Menschen keine 3 Schuss Heroin am Tag verkauft**! Fakt ist doch, dass der Drogenmarkt derzeit 100% unreguliert ist - und dass das das Problem ist!


Den Vergleich der Drogenprohibition mit dem Verbot von Homosexualität finde ich gut. Trotz weiter existierender Homophobie ist die Mehrheit der Bevölkerung und die Mehrheit des Bundestages inzwischen für die Ehe für alle. Vielleicht ist die Bevölkerung in 4 Jahren auch soweit, das richtige in der Drogenpolitik zu wollen - wie geil wäre es, wenn die Piratenpartei den Anstoß dazu geben könnte?!?


@Marie
Statt in Apotheken, könnte man das Prinzip mit der Konsumkarte auch auf Fachhändler in Drogenshops übertragen, wenn man dafür die kompetenteren Leute (verantwortlichen Verkäufer) findet. Ich habe die Apotheken vor allem wegen des image-Problems von Drogen gewählt. Kneipen sind manchmal sehr "verrucht". Coffeeshops zum vor Ort konsumieren sind es noch mehr. Ich glaube nicht, dass "die Leute" Konsumtempel auch für harte Drogen im Stadtbild haben wollen. Überwiegend schön privat zu Hause scheint mir da besser.


@andreas
ich habe momentan nicht ganz die Zeit und Muße, mich intensiv mit liquidFeedback1.0 oder dem auf den ersten Blick besseren FixMyRepublic auseinander zu setzen. Aber was ich bislang von "piratiger Politik" mitbekommen habe, ist doch Konsens, dass es keinen Fraktionszwang gibt. Von daher ist doch klar, dass Piraten nicht zu Koalition, sondern nur zur Tolerierung einer Regierung taugen, oder? Und dafür könnte man klare Ansagen machen!

Mir kommt es etwas apodiktisch vor, einfach festzuhalten "Abgabemengen sind etwas individuelles und nicht vorzugeben". Wie gesagt, treiben Konsumlimits m.M. die missbräuchlichen Konsumenten nicht in den Schwarzmarkt, sondern zum Arzt, wo sie doch auch hingehören, oder??

Danke für die mumble einladung. Muss ich mir mal installieren...

@alle
Ich finde einfach, dass kritischer/missbräuchlicher/sehr exzessiver Konsum für Neukonsumenten von Anfang an unterbunden werden müsste. Bestehende Risikokonsumenten könnten halt mit der Karte wenig anfangen, werden aber nicht auf den Schwarzmarkt, sondern zum Arzt gedrängt. Dort können sie doch die Hilfe bekommen, die sie sicherlich auch benötigen.

Es müsste übrigens ein Werbeverbot für ALLE Drogen (inkl. Alkhol) her. Was auf den Markt kommt, ist in erster Linie Sache zwischen Produzenten und Verkäufern...

LG
Lorenz

*es sei denn es ginge um Alkoholkauf dort, aber das ist ein anderes Thema
** letztlich auch keine 3 Flaschen Wodka am Tag, aber das ist ein anderes, sehr viel langfristigeres Thema



Am 30.06.2017 um 13:55 schrieb christine zander:
Hallo Lorenz,

In der Diskussion geht es nicht um das „Recht auf Selbstzerstörung/Selbstschädigung“ sondern um das „Recht auf Selbstbestimmung“ Art.1 GG. Wie alle Substanzen besitzen sie ja nicht nur schädliche Wirkungen. Es kommt auf den Umgang damit an. 

Die Drogenprohibition erinnert mich immer an die Zeiten, als Homosexualität verboten und strafbar war und Homosexuelle als pervers galten. So grenzt man Menschen aus. Für rationelle Argumente war die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die Diskussion war ideologisch aufgeladen. Obwohl das Verbot seit 40 Jahren nicht mehr existiert, stößt man immer noch auf Vorurteile. Genauso widersinnig ist die Drogenprohibition.

In unserer Gesellschaft ist nur der exzessive Konsum sichtbar, da Leute, denen ihr Leben und Ihre Freiheit wichtig sind, niemals ihren Konsum öffentlich machen werden – denn dann bist du gesellschaftlich tot. Die wenigsten Leute betreiben exzessiven Konsum. Die Gründe liegen dafür in der eignen Geschichte und haben weniger mit der Gefährlichkeit von Substanzen zu tun. Diese Menschen haben aufgrund ihrer eignen Geschichte einfach Probleme mit sich und der Gesellschaft klar zu kommen. Wenn man komplett zugedreht ist kann man nichts mehr fühlen. Da keine Droge Zauberkräfte besitzt, helfen sie natürlich nicht. 

Trotzdem halte ich nichts davon die Leute durch Karten zu gängeln. Beratung und Aufklärung müssen sein – aber jeder muss für sich selbst bestimmen können warum, wie und welche Drogen er konsumiert.

Stell dir vor, du gehst mit einer Karte in den Supermarkt – und dir wird durch die Karte vorgeschrieben was du einkaufen sollst und wieviele Kalorien du essen darfst. Immer schön abgestimmt mit dem Body-Mass-Index. Wir müssen aufpassen, dass wir aus guten Motiven nicht das Falsche tun und alles überregulieren. Wichtig ist es, den Menschen ihre Selbstbestimmung zurück zu geben.
LG, Christine
Am 29.06.2017 um 20:55 schrieb Lorenz Lassek <lorenz.lassek AT web.de>:

Hallo zusammen,

Ich habe seit dem Hype vor ein paar Jahren den Kontakt zur Piratenpartei verloren und habe jetzt eine Idee, wie man mit langem Atem vielleicht wieder zurück auf die politische Bühne kommen könnte. Mein persönlicher "Masterplan", den ich zur Diskussion stellen möchte. Zunächst allgemeines vorweg bevor ich zum Thema Drogen und meiner Idee dazu komme (Frage: wen könnte ich für die allgemeinen Ideen am besten kontaktieren?)
Klare realpolitische Ansage: keine Koalition möglich, aber neben Opposition gibt es noch die realpolitische Möglichkeit der Tolerierung einer Regierung!! Abgeordnete der Piratenpartei würden sich keinem Koalitionszwang ergo Fraktionszwang aussetzen (deshalb taugen die Piraten nur zur Tolerierung einer Regierung), sondern stattdessen sich an den Ergebnissen der liquid democracy Abstimmungen „orientieren“. Das bringt Bewegung in die Politik!! Die Etablierung eines funktionierenden liquid democracy-Abstimmungsmodell müsste oberste Priorität haben!! 
So wie es die SPD gerade geschafft hat, ein (gesamtpolitisch betrachtet relativ) kleines Thema (Ehe für alle) durchzusetzen - zunächst mit der Ansage "Ohne 'Ehe für alle' keinen künftigen Koalitionsvertrag". Vergleichbar könnte man für eine Tolerierung einer Regierung durch Piraten (neben dem obligatorischen Verzicht auf Ministerposten) die Drogenlegalisierung verlangen (und vielleicht noch das Stellen des Datenschutzbeauftragten). Der Datenschutz ist in der öffentlichen Wahrnehmung insbesondere der Piratenpartei ja völlig in den Hintergrund gerückt - ist halt leider so; kann man versuchen entgegenzuwirken, aber das scheint zumindest momentan wohl kaum aussichtsreich. Zumal die derzeitige Opposition ja diesbezüglich auch nicht die allerschlechteste Oppositionsarbeit leistet. Daher braucht es ein neues heftiges "Push-Thema" für einen Schub!
Zur Drogenpolitik habe ich nun eine Idee, die vielleicht (weiß ich nicht) nicht so liberal ist wie es in der Piratenpartei bereits Konsens ist(?), aber liberaler als alles was derzeit ernsthaft zur Diskussion steht und m.E. mit der Riesenchance auf mediale Beachtung, auf die alle Piraten gewartet haben und mit der Fähigkeit zu einer gesellschaftlichen Mehrheit (auf lange Sicht):
Und dies möchte ich zur Diskussion stellen:
Bei der Diskussion um Drogen geht es m.M. viel zu oft (mehr oder weniger direkt) um das "Recht auf Selbstzerstörung" (oder vorsichtiger ausgedrückt: Selbstschädigung). Das ist gesamtgesellschaftlich vermutlich kaum vermittelbar. Was völlig außer Acht gelassen wird, ist, dass bei so gut wie allen(!) Drogen auch nicht-missbräuchlicher Konsum MÖGLICH ist! Dies hängt zusammen mit den Konsumgewohnheiten und damit mit den Konsummengen und die ließen sich im Zeitalter der Digitalisierung festlegen:
Mengen, die auf einen nicht-missbräuchlichen Konsum schließen lassen, können auf eine sogenannte "Drogen-Karte" rezeptfrei in Apotheken gekauft werden. Auf dieser Drogenkarte werden lokal (selbstverständlich ohne Speicherung irgendwo anders - geschweige denn in Datenbanken!!) die gekauften Drogenmengen gespeichert (ggf. Löschung von allen Einträgen älter als 12 Monate oder so). Sind in dieser Variante datenschutzrechtliche Bedenken bereits ausgeräumt???
(Wahrscheinlich am besten dezentral möglich) gespeichert werden, bräuchte nur, WER so eine Karte bereits besitzt – nix weiter. Zur Einstiegshürde in den Drogenkonsum könnte man das Ausstellen dieser Karte sehr teuer machen (so wie ja auch E-Zigaretten aufgrund des relativ hohen Anschaffungspreises auch nicht zum Einstieg ins Rauchen verleiten). 
Bei Gras könnte diese Menge z.B. bei 3 Gramm pro Woche liegen. Bei anderen Drogen kenne ich mich weniger gut aus - 2 Gramm Kokain im Quartal, 1 Dosis Heroin im Jahr, 3 Dosen Psylos im Jahr??? Darüber müsste man mit Drogenexperten (am besten welche mit eigenen Konsumerfahrungen) diskutieren. Wenn man für die Drogenkarte sehr viel Geld verlangt, könnte man das auch noch mit dem obligatorischen(?!?) Besuch eines Aufklärungsseminars über Risiken und v.a. safer use verbinden - sozusagen so eine Art Drogenführerschein...(optional?) Wer anfällig für Risikokonsum ist, wird auch nicht sofort in den Schwarzmarkt gedrängt, sondern wird versuchen, über wenig- oder nicht-konsumierende Freunde und Bekannte mehr zu bekommen (Grund für eine konservative Schätzung was nicht-missbräuchliche Mengen betrifft!). Die Karte bräuchte vermutlich ein Foto, damit man nicht so einfach die Karte von Bekannten benutzen kann. Wer damit scheitert, muss auch noch nicht in den Schwarzmarkt, sondern hat dann die Möglichkeit, sich vom Arzt mehr verschreiben zu lassen (z.B. evtl. Methadon statt Heroin, wobei ich weiß, dass Methadon umstritten ist...). Dort setzt dann die Suchtberatung an, Therapieplätze werden angeboten etc. - Verschreibung von mehr Drogen z.B. zur Überbrückung bis Therapiebeginn... 

Eigenlob stinkt, aber ich finde dieses Konzept trotzdem genial. Und bin auf konstruktive Kritik gespannt! Selbstverständlich sind viele Details noch nicht ausgereift.

Ich habe von Problemen bei Methadon-Verkauf durch Apotheken in Wien gehört, dass die oft (meist zu bestimmten Zeiten) völlig überlaufen sind, was normale Kunden verständlicherweise abschreckt. Es gab Apotheker, die deshalb ihren Standort aufgegeben haben! Das ganze müsste also mit einem massiven Ausbau der Apotheken-Infrastruktur geschehen. Weiterhin auch die Weiterbildung der Apotheker zur Drogenberatung - nicht nur zum Thema "safer use", sondern auch zum Thema "steigende Konsummengen" - sprich: Sucht. 
Je nach gesellschaftlicher Toleranz könnte man Apothekern freistellen, aus Gewissensgründen keine Drogen anzubieten... Fraglich wäre weiterhin, ob auch online-Apotheken verkaufen dürfen sollten. Hier könnte man vielleicht obligatorische Aufklärungsvideos vor den Kauf schalten...
Weiterhin die Standard-Argumente für legalisierte Drogen, wahrscheinlich hinlänglich bekannt:
1. Trockenlegung des Drogenmafia-Sumpfes mit all seiner gefährlichen (oft tödlichen!) Kriminalität, wozu ja auch die Beschaffungskriminalität gehört. Eine Nische für Schwarzmarkt würde es (nach meinem Modell) weiterhin geben, aber (so hoffe ich) nahezu verschwindend kleine Nischen! 
2. Reiner weniger gesundheitsschädlicher Stoff statt unnötig gefährliche gepanschte Scheiße beim Dealer
3. Konsum minderndes „product design“. An die Stelle des Reiz des Verbotenen tritt eine pharmakologisch-medizinisch-sterile Aura der Drogen!
Usw. usf.
Letztlich auch das „Recht auf Selbstschädigung“ eines mündigen Bürgers.
Alle Argumente müssten gewichtet werden und aufzeigen, dass falls ein Argument eher schwach sein sollte (z.B.: „was ist mit den gesellschaftlichen Folgekosten des Rechts auf Selbstschädigung?“), es nicht gleich durch die Argumente gegen eine Legalisierung (welche überhaupt?!) ausgestochen wird. Es muss sehr deutlich gemacht werden, dass das Gesamtpaket an Argumenten betrachtet werden muss!
Liebe Grüße, oder sagt man ahoi? Lorenz Lasek

PS: Ja, der Apothekenverkauf von Drogen soll alle Drogen betreffen, denn was die gefährlichsten aller Drogen (z.B. Chrystal Meth, Carfentanyl) betrifft, so gibt es diese erst durch die folgenden Anreize aufgrund der staatlichen Prohibition und sie werden wohl mit der Zeit der Legalisierung marginalisiert oder sogar ganz verschwinden:
(1) Produktion unerforschter Stoffe (legal highs), die häufig gefährlicher als existierende sind, um Verbote zu umgehen. (2) Produktion synthetischer Stoffe, da mit geringerem footprint als Pflanzenzucht möglich (Entdeckungsrisiko). 
(3) Produktion besonders stark wirkender Substanzen, um beim Schmuggel, Transport und Verkauf möglichst viel "bang" aufs Volumen zu bekommen. Zur Zeit der Alkoholprohibition kauften die Leute weniger Bier und Wein und stiegen auf Vodka o.ä. um.
PPS: Über eine Übertragung dieses Modells auch auf Alkohol in speziellen Liquor-Shops wie in einigen skandinavischen Ländern möchte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht diskutieren – könnte aber auf sehr lange Sicht auch interessante Perspektiven bieten... --  ag-drogen mailinglist
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