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ag-drogen - [AG-Drogen] Presse, klar, wenig erfreulich

ag-drogen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik

Listenarchiv

[AG-Drogen] Presse, klar, wenig erfreulich


Chronologisch Thread 
  • From: Georg von Boroviczeny <georg.boroviczeny AT berlin.piratenpartei.de>
  • To: "Liste: AG_Drogen" <ag-drogen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: [AG-Drogen] Presse, klar, wenig erfreulich
  • Date: Fri, 10 Feb 2012 03:23:55 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-drogen>
  • List-id: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>

http://www.sueddeutsche.de/s5238M/459094/Oefter-ins-Gefaengnis-seltener-in-Therapie.html

Öfter ins Gefängnis, seltener in Therapie


München - Die abgerissene Gestalt, die eine Flasche Schnaps aus dem
Supermarktregal einsteckt, der blasse Schlaks, der nächtens versucht,
einen Zigarettenautomaten mit dem Hammer zu knacken. Für Strafgerichte
in Bayern sind solche kleineren Fälle von Beschaffungskriminalität
Alltag - und mit ihnen auch die Frage, was eine Strafe hier eigentlich
bewirken kann, bei einem Beschuldigten, dessen Taten Symptom seiner
Sucht sind. Kann Strafe heilen?

Einen Ausweg zeigt der Paragraph 35 des Betäubungsmittelgesetzes auf.
Die Formel lautet: Therapie statt Gefängnis. Richter dürfen diesen Weg
wählen, wenn die Straftat 'aufgrund einer
Betäubungsmittelabhängigkeit' begangen wurde und die Strafe höchstens
zwei Jahre beträgt. Bayerns Gerichte nutzen diese Möglichkeit aber
immer seltener. Süchtige, so klagen Sozialarbeiter im Freistaat,
bekämen immer öfter die volle Härte des Rechts zu spüren - während
ihre Sucht, die eigentliche Triebfeder ihrer Delinquenz, unbehandelt
bleibe. Die Anwendung der Option 'Therapie statt Gefängnis' gehe
inzwischen fast gegen null, sagt etwa der Leiter der Augsburger
Drogenhilfseinrichtung Kompass, Fritz Schwarzbäcker. Denselben Trend
beobachtet in München der Leiter der Bewährungshilfe, der
Sozialarbeiter Hans-Peter Kelldorfner. Das Justizministerium führt
zwar nicht Buch darüber; dass die Tendenz insgesamt rückläufig sei,
wird dort aber bestätigt.

Warum Bayerns Richter immer seltener Therapien genehmigen? Hört man
sich um in der Justiz, sind die Antworten knapp, zitieren lassen
möchte sich niemand. Der emeritierte Gießener Juraprofessor Arthur
Kreuzer, einer der renommiertesten Kenner der deutschen Drogenpolitik,
vermutet, bei den Richtern habe sich schlicht Resignation
breitgemacht: Zu oft hätten sie schon mitansehen müssen, wie ein
Süchtiger, dem sie eine Therapie gönnten, trotzdem rückfällig wurde.
Die Geduld sei wohl erschöpft.

In der Tat ist die Erfolgsquote der Therapien nicht berauschend. Jeder
dritte Süchtige, der das Glück hat, so dem Gefängnis zu entgehen,
scheitert und kommt wegen neuer Straftaten doch wieder in Haft. So
schlecht ist diese Quote indes nicht, sagt der Kriminologe Johannes
Kaspar von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität: Unter den
übrigen Süchtigen, die ihre Strafe gleich absitzen, ist es sogar jeder
Zweite, der alsbald wiederkommt.

Was auch daran liegen könnte, dass hinter den Betonmauern nicht die
pure Nüchternheit einkehrt: Päckchen mit Heroin können über Mauern
geschleudert, winzige Pulverkugeln von Besuchern zugesteckt werden. 30
Prozent aller Strafgefangenen, so die gängige Schätzung, konsumieren
dort weiter. Etwa 9000 Menschen sitzen in Justizvollzugsanstalten
zwischen Garmisch und Hof ein - jeder Sechste von ihnen wegen
Drogenbesitzes oder -handels. Gute Bedingungen für Süchtige, um ihr
Problem in den Griff zu bekommen, sind das nicht.fo, rst

--
Georg v. Boroviczeny
Fraktion der BVV Steglitz-Zehlendorf
BSG
AG Drogenpolitik




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