ag-drogen AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik
Listenarchiv
- From: florian d <fardizzle AT gmx.de>
- To: ag-drogen AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-Drogen] Drogen auf Rezept
- Date: Sat, 10 Dec 2011 22:56:50 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-drogen>
- List-id: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>
- Organization: Piratenpartei LV Bayern
Hi,
danke, dass für die nette Mail.
Ich weiß, dass ich mit meinen Aussagen hier in der AG auf Widerstand
stoßen werde. Ich bin für eine liberale Drogenpolitik und lasse mich
gerne von guten Argumenten überzeugen. Ich dürft mich
also ruhig härter anfassen :-)
Wenn ihr es schafft mich zu überzeugen, dann stehen die Chance beim
Rest der Gesellschaft vielleicht besser.
> >> Und bei Koks, MDMA und vielen weiteren Substanzen sehe ich
> >> keinesinnvolle medizinische Verwendung.
>
> Dieser Satz läßt meiner Meinung nach tief blicken. Du schließt MDMA
> direkt aus, weil Du keine medizinische Verwendung dafür kennst. Das
> ist meiner Erfahrung nach so 'ne typische Ärtehaltung. Ich kenn das
> nicht, also kann es auch nix sein. Ich hoffe, Du fühlst Dich da nicht
> zu sehr auf den Schlips getreten. Hier jetzt ein Link zu MDMA in der
> Medizin.
>
> http://www.scientificamerican.com/article.cfm?id=ecstasy-triumphs-over-agony
Tatsächlich bin ich ein Freund von evidenzbasierter Medizin. Ich
verschreibe Medikamente, die in großen und guten Studien
ihre Wirksamkeit nachgewiesen haben. Ich kannte diese Studie nicht. Die
Anzahl der Probenden (21) überzeugt mich jetzt nicht unbedingt. Hier
sehe ich auch ein Problem. Wenn ich eine Studie mit zur Zeit illegalen
Substanzen machen will, sind die Hürden sehr hoch. Ich bin absolut für
eine bessere wissenschaftliche Forschung mit solchen Substanzen. Aber
gut, wenn ich einen Afghanistanheimkehrer mit PTSD in meiner Praxis
habe, dann verschreibe ich ihm meinetwegen MDMA. Aber darum geht die
Diskussion hier ja nicht so wirklich. Die Frage ist ja, ob ich
jemandem, der MDMA als Genussmittel nehmen will ein Rezept schreibe. Und
das mache ich nicht. Dabei bin ich nicht weltfremd. Ich habe in Berlin
studiert und einige meiner Freunde und Bekannten schmeißen sich gerne
auf Partys MDMA ein. Und das sollen sie wegen mir auch machen, wenn ich
dabei bin achte ich darauf dass sie genug trinken und gut is. Nur sind
z.B. die Langzeitfolgen von dauerhaftem Konsum bei MDMA nicht
ausreichend bekannt. Es gibt z.B. die Hypothese, dass durch jahrelangen
regelmäßigen Konsum schwerste therapieresistente Depressionen entstehen
können. Daher kann ich nicht guten Gewissens zum Konsum von MDMA raten.
> >> Ein Grundsatz ärztlicher Therapie ist "Primum non nocere" (zuerst
> >> einmalnicht schaden).
>
> Aber gerade reines Heroin, wenn es vom Arzt verschrieben wird,
> richtet doch gar keinen Schaden an.
Beim Verschreiben von Medikamenten sollte man eine Abwägung von Nutzen
und Risiken machen.
Nutzen von Heroin beim gesunden Menschen: Genuss
Risiken beim Konsum von Heroin beim gesunden Menschen:
- Gefahr der Abhängigkeit. Ein vorher völlig freier Mensch in seinen
Entscheidungen kann eine Abhängigkeit entwickeln. Dadurch wird er
dann zum Stammgast in meiner Praxis und kann sich nur noch dort
aufhalten, wo er schnellen Zugang zu Heroin hat. Ein großer Verlust
seiner Freiheit.
- Gefahr der Infektionen. (Auch Ärzte die versuchen steril zu arbeiten
verursachen manchmal Infektionen)
- Gefahr einer Überdosierung. (Auch Diabetiker, die genau wissen wie
viel Insulin sie sich spritzen müssen machen oft Fehler und spritzen
sich zu viel. Durch eine bekannte Heroinmenge wird das Risiko einer
Überdosierung geringer, aber es wird nicht verschwinden)
- Obstipation.
Das Ergebnis fällt für mich eindeutig negativ aus.
> Bist Du da genauso gewissenhaft bei legalen Substanzen? Wie ist da
> Deine Haltung zu Psychopharmaka und Schlafmitteln? Würdest Du Ritalin
> an Kinder verschreiben?
Hier hast du Recht. Viele Ärzte verschreiben viel zu oft unbedarft
legale Medikamente mit Suchtpotential wie Benzos oder Psychopharmaka.
Aber Fehlverhalten bei legalen Medikamenten legitimiert
kein Fehlverhalten bei zur Zeit illegalen Substanzen.
> wenn sich ein mündiger,
> erwachsener Mensch aus irgendeinem Grund dazu entschließt, ab jetzt
> regelmäßig Heroin zu nehmen, dann sollte ihm da keiner reinreden
> dürfen. Solange er das Geld hat, um den Stoff zu bezahlen, soll er es
> tun. Da sollte ihm dann auch kein Arzt sagen dürfen, daß er besser
> weiß, was gut für ihn ist.
Doch, dass ist Aufgabe eines Arztes.
Gut für deine Gesundheit ist:
- Nicht Rauchen
- Kein Alkohol
- Auf Bluttfettwerte achten
- Kein Konsum von Koks oder Heroin.
Irgendjemand muss das ja sagen.
ABER, während ich das schreibe nippe ich an meinem Bier und rauche.
Ich will natürlich keine Gesundheitsdiktatur in der der Staat
vorschreibt was man machen darf. Ich bin der Meinung, dass jeder
Mensch frei in seiner Entscheidung sein muss. Ich kläre gerne jeden über
negative und positive Wirkungen von Substanzen auf. Wenn ein Mensch
dann die Substanz konsumieren will, dann soll er das gerne machen. Aber
ich werde dafür sicher kein Rezept ausstellen, wenn ich bzw. die
wissenschaftliche Community keinen medizinischen Grund dafür kennt.
Gruß,
florian d
--
Blog: ichbineinpirat.wordpress.com | Twitter: @farddizzle
- [AG-Drogen] Drogen auf Rezept, florian d, 10.12.2011
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