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Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik
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[AG-Drogen] Rheinland-Pfalz: CDU, Polizeigewerkschaft und Drogenbeauftrage für Kriminalisierung
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- Subject: [AG-Drogen] Rheinland-Pfalz: CDU, Polizeigewerkschaft und Drogenbeauftrage für Kriminalisierung
- Date: Wed, 21 Sep 2011 14:45:46 +0200
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Rheinland-Pfalz: CDU, Polizeigewerkschaft und Drogenbeauftrage für
Kriminalisierung
Geschrieben von: Maximilian Plenert
http://hanfverband.de/index.php/nachrichten/aktuelles/1530-rheinland-pfalz-cdu-polizeigewerkschaft-und-drogenbeauftrage-fuer-kriminalisierung
Während die CDU die Jugend mit "Warnschüssen" schützen will und die lokale
Gewerkschaft der Polizei mit Führerscheinentzug droht - selbst wenn "derjenige
auf der Parkbank einen Joint geraucht hat und das Auto in der Garage stand" -
sind die Drogenexperten einig: Die angehobene "geringe Menge" in
Rheinland-Pfalz
führt nicht zu mehr Problemen. Vielmehr fordern Mediziner, Kriminologen und
andere Wissenschaftler endlich eine glaubwürdige Prävention anstelle des
Strafrechts. Auch die Politik in Rheinland-Pfalz war schon einmal weiter.
Nach der Ankündigung des Justizministeriums, die "geringe Menge" von 6 auf 10
Gramm anzuheben, hatten bereits JU und CSU vor einer Verharmlosung der
Einstiegsdrogen Haschisch und Marihuana und dem Drogenhandel als Schwerpunkt
der
Organisierten Kriminalität gewarnt. Nun legen die CDU und Gewerkschaft der
Polizei in Rheinland-Pfalz nach.
Bernd Becker, stellvertretender Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft
GdP,
wird mit den Worten: "Mit diesem Signal reißen wir ein Scheunentor auf [...]
Hier wird Harmlosigkeit vorgegaukelt, die der Polizei die Arbeit erschwert" in
der Presse zitiert.
Der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Christian Baldau legt im gleichen
Artikel nach und lobt die Repression: "Man muss jungen Leuten früh einen
Warnschuss geben. Das hilft ihnen, vom Drogenkonsum wegzukommen."
Auch die Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP)
spricht sich - wie auch schon in NRW - für Repression aus: "Es darf nicht der
falsche Eindruck einer scheinbar geringeren Schädlichkeit von Cannabis erweckt
werden".
Selbst die ehemalige Drogenbeauftragte Sabine Bätzing (SPD) meldet sich zu
Wort:
"Cannabis bleibt eine Einstiegsdroge [...] Wir brauchen in Deutschland eine
einheitliche Obergrenze."
Die Marschrichtung der Grünen stellte Nicole Müller-Orth, drogenpolitische
Sprecherin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag Rheinland-Pfalz klar: ?Die
Anhebung
der Eigenbedarfsgrenze für Cannabis ist ein wichtiger Schritt, um das Thema
Suchtbekämpfung ? vor allem bei Jugendlichen ? weg vom Strafrecht hin zu
vorbeugenden oder wenn nötig therapeutischen Maßnahmen zu bewegen.
Mit einer Kriminalisierung suchtkranker Jugendlicher ist niemandem geholfen.
Strafverfahren können den Effekt haben, eine Abwärtsspirale zu beschleunigen.
Nachhaltige Drogenpolitik ist geprägt von Aufklärung, Prävention und Hilfe.
Die so genannte Eigenbedarfsgrenze bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft bei
Funden bis zur Höhe der Grenze von einer strafrechtlichen Verfolgung absehen
kann. Je mehr Verfahren eingestellt werden können, desto stärker können
Polizei
und Gerichte entlastet werden. Dies ist vor allem sinnvoll bei Betroffenen,
die
nach dem Jugendstrafrecht zu behandeln sind. Dessen oberstes Prinzip lautet:
Erziehen statt Strafen. Diesem Gedanke entspricht die Anhebung der
Eigenbedarfsgrenze.?
Unterstützung kommt vom Fachbereich Suchthilfe der Stadt Mainz, Annette Baum:
?Ob es sechs oder zehn Gramm sind, ist relativ wurscht?. Sie betont, dass es
wichtig sei, junge Menschen nicht zu kriminalisieren.
Sie vertritt damit eine unter Drogenexperten inzwischen mehrheitsfähige
Position. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), der Dachverband
aller
in der Suchtkrankenhilfe bundesweit tätigen Verbänden und gemeinnützigen
Vereine, erwähnt die Repression in seinem aktuellen Positionspapier "Dem
Cannabiskonsum wirksam begegnen" in gleich zwei der drei zentralen Forderungen
und bezieht eindeutig Stellung:
1. Bislang wird der Cannabiskonsum ordnungspolitisch über- und
gesundheitspolitisch unterbewertet. Dieses Missverhältnis äußert sich nicht
zuletzt in einer unsachgemäßen Verteilung von Steuermitteln auf einerseits den
Bereich der Repression, andererseits die Maßnahmen und Angebote von Prävention
und Therapie. Es ist erforderlich, dass die politischen Prioritäten künftig
den
realen Risiken und Problemen entsprechen.
3. Das gegenwärtige Strafrecht ist den Beweis seiner Konsum begrenzenden
Effektivität über Jahrzehnte schuldig geblieben. Vielmehr führt die massive
Ahndung von Delikten im Umfeld des reinen Konsums (147.900 polizeilich
festgestellte ?Konsumentendelikte? allein im Jahr 2002) zur sozialen
Ausgrenzung
eines ständig steigenden Anteils junger Menschen in Deutschland insbesondere
über den Verlust Führerschein und Arbeitsplatz. Dies widerspricht den
Erfordernissen glaubwürdiger Cannabisprävention. Besitz und Anbau von Cannabis
ausschließlichen Eigenkonsum dürfen nicht länger Biografien gefährden. Die
entsprechenden Urteile des Bundesverfassungsgerichts von 1994 und 2002 sind
unverzüglich umzusetzen.
Die lokale Polizeigewerkschaft sollte sich einmal mit den Kollegen aus
Nordrhein-Westfalen unterhalten, diese veranstalteten Ende letzten Jahres
einen
ganzen Kongress zu Alternativen zur Strafverfolgung von Drogenkonsumenten. Die
Anhebung der "geringen Menge" in NRW ging den Polizeivertretern entsprechend
nicht annähernd weit genug. Sie forderten eine echte Entkriminalisierung, also
eine, bei der die Polizei wirklich entlastet und den Konsumenten die Chance
auf
eine echte Straffreiheit geboten wird.
Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist eine Änderung des
Betäubungsmittelgesetzes, um den Umgang mit kleineren Mengen Cannabis nur noch
als Ordnungswidrigkeit zu verfolgen. Genau so einen Entkriminalisierungsantrag
gab es bereits im Bundesrat - gestellt von der SPD in Rheinland-Pfalz im Jahr
1993. Leider fand er damals keine Mehrheit, aber vielleicht sollte die
aktuelle
rot-grüne Landesregierung ihn nochmal aus dem Archiv holen...
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- [AG-Drogen] Rheinland-Pfalz: CDU, Polizeigewerkschaft und Drogenbeauftrage für Kriminalisierung, Maximilian Plenert, 21.09.2011
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