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ag-bauen-verkehr - Re: [Ag-bauen-verkehr] Bahnsteighöhe und Barrierefreiheit

ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste

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Re: [Ag-bauen-verkehr] Bahnsteighöhe und Barrierefreiheit


Chronologisch Thread 
  • From: Schienenbus <Schienenbus AT news.piratenpartei.de>
  • To: ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag-bauen-verkehr] Bahnsteighöhe und Barrierefreiheit
  • Date: Mon, 16 Apr 2012 22:45:22 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-bauen-verkehr>
  • List-id: Bundes-AG-Bauen-und-Verkehr <ag-bauen-verkehr.lists.piratenpartei.de>
  • Organization: Newsserver der Piratenpartei Deutschland - Infos siehe: http://wiki.piratenpartei.de/Syncom/Newsserver


Einige Bundesländer hatten in den 1990ern sehr viele 55cm-Fahrzeuge und haben deshalb die Bahnsteige auf 55cm angepasst - andere Bundesländer hatten sehr viele 76cm-Bahnsteige und deshalb die Fahrzeuge für 76cm bestellt.

Wenn man damit zumindest innerhalb der Länder relativ konsequent wäre, hätte man das Problem damit schon halbwegs im Griff - ist man aber nicht (immer).

Beispiel Bayern:
http://www.bahnland-bayern.de/beg/planung/infrastruktur/konzept-zielbahnsteighoehen-in-bayern
Inhomogene Bahnsteighöhen bekommen demnach z.B. die Linien München - Allgäu, München - Hof / Prag, Nürnberg - Sonneberg / Jena und Würzburg - Bad Kissingen / Erfurt

Allerdings gelang es hier zumindest teilweise an Knoten zwischen Strecken verschiedener Bahnsteighöhen auch Bahnsteige mit verschiedenen Höhen vorzuhalten - z.B. in Mühldorf. Aber auch das ist eher die Ausnahme als die Regel.

Land Brandenburg:
http://www.mil.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.153773.de/bbo_products_list_product (Seite 46+47 im PDF)
(Inhaltsgleich aber bessere Qualität: http://www.potsdam.ihk24.de/linkableblob/1075382/.5./data/Landesnahverkehrsplan_1-data.pdf Seite 60)

Hier wurde übrigens, womöglich auch wegen der nicht selten zu kurzen Bahnsteige, in der letzten Ausschreibung die behindertengerechte Ausrüstung eines Wagens in der Zugmitte gefordert.

Im Fernverkehr werden nur etwa 5% der Fahrten durchgeführt und von der mehrere hundert Züge umfassenden Flotte haben kaum eine Hand voll überhaupt Niederflurbereiche.

Val schrieb:

Generell sind die unterschiedlichen Bahnsteighöhen ein Problem, dass man
nur sehr langfristig wird lösen können. Generell sehe ich hier bei 76cm
die besten Aussichten: Die meisten Triebwagen sind auf diese Höhe
ausgelegt,
Diese Aussage möchte ich bestreiten,
Okay, ich präzisiere auf Elektrotriebwagen. Aus der Umgebung kenne ich als VT nur den Talent 644 und 643.2 und den LINT in 76er-Ausführung.
Da du offensichtlich aus NRW kommst könntest du durchaus schon den Regiosprinter der Rurtalbahn (Kreis Düren) und die Triebwagen der Baureihe 643.0 (z.B. RE10) kennengelernt haben - beide 55cm.
Erstgenannte sollen demnächst durch RegioShuttle ersetzt werden - letztgenannte wurden überwiegend ins Münsterland abgezogen.

Aber ist 76cm die Lösung? Bisher sind eben keine Doppelstockwagen erhältlich die für diese Höhe barrierefreie Einstiege ermöglichen - die gäbe es nur für 55cm. Für 55cm sind alle aktuellen Triebwagen aber auch einige Fernverkehrsfahrzeuge lieferbar.

Eine Stellungnahme der üblichen Hersteller von Doppelstockwagen ob diese eine Lösung für 76cm-Bahnsteige anbieten können wäre durchaus interessant zu lesen - schließlich könnte es theoretisch auch an fehlenden Bestellungen liegen das die nie gebaut wurden.
GTW, LINT41, Talent1, Talent2, FLIRT, Desiro ML und Coradia Continental
existieren in beiden Bahnsteighöhen, die genaue Verteilung habe ich aber
noch nicht recherchiert. Da von den Herstellern keine Angaben über
Preisunterschiede zwischen den Fußbodenhöhen zu finden sind gehe ich
davon aus, dass diese vernachlässigbar sind und deshalb bei künftigen
Bestellungen darauf Rücksicht genommen werden kann.
Bei ET habe ich den Eindruck, dass selbst 76cm schon anspruchsvoll sind, wenn man keine Schaltschrankgebirge im Innenraum will (425/426) oder den Antrieb auf die Zugenden beschränkt (FLIRT).
Der Desiro ML ist meines Wissens bisher nur in der 76er-Ausführung gebaut und selbst da gibt es Podeste an den Triebdrehgestellen - allerdings besser gelöst als beim 425.
Für die 55cm Version des Desiro ML existiert ein Rahmenvertrag zwischen der ÖBB und dem Hersteller Siemens. Ob aus diesem Rahmenvertrag inzwischen Fahrzeuge abgerufen wurden ist mir nicht bekannt - im Einsatz ist definitiv noch keins.

425er mit 422er Kopf? Vorstellbar. Aber ohne überarbeitetes Bremssystem hoffentlich nicht zulassungsfähig.
Die Married-Pair der NOB (90 Fahrzeuge, teils im Fernverkehr) stehen den
hunderten Tiefeinstiegs-Doppelstockwagen gegenüber.
Was ist mit Hocheinstiegs-Dostos?
Hocheinstiegs-Dostos bräuchten ja ~120cm für einen barrierefreien Einstieg. An 76cm-Bahnsteigen ist es nur eine Stufe weniger als bei 55cm.
Doch die verbleibenden 2-3 Stufen sind für gehbehinderte oder gar an den Rollstuhl gefesselte Passagiere trotzdem noch zu viel.

aus Dosto-Steuerwagen kommt man mit der Rampe gut hinaus, sportliche
Rollifahrer schaffen es sogar ohne.
Rampe notwendig bedeutet leider auch 24h vorher anmelden, ggf
zusätzliches Personal und auch eine kleine Verspätung. In einigen
S-Bahn-Netzen können sich Rollstuhlfahrer hingegen völlig unabhängig
bewegen.
In den hiesigen Dosto-RE scheint das nicht sonderlich streng gehandhabt zu werden. Die KiN hängen sowieso die meiste Zeit im Steuerwagen-Führerstand rum.
Das Verhalten des Zugbegleitpersonals ist durchaus von Verkehrsvertrag zu Verkehrsvertrag verschieden.
Im Land Brandenburg ist es beispielsweise in jedem Zug (außer S-Bahn) möglich Fahrkarten zu erwerben - weshalb das Zugbegleitpersonal natürlich deutlich häufiger zur Kontrolle durch den Zug muss.

Grundsätzlich ist das aber eine andere Baustelle - 100% Zugbegleiterquote im Nahverkehr scheinen jedoch noch in sehr weiter Ferne und womöglich nie finanzierbar zu sein.
Hocheinstiegs-Dostos kommen praktisch immer mit behindertengerechten
Tiefeinstiegs-Steuerwagen zum Einsatz, die zu 55 cm Bahnsteige passen.
Den Steuerwagen gibt es meines Wissens nicht in Hocheinstiegs-Ausführung.
Für den Export (Israel) wurde eine Kombination aus Steuer- und Generatorwagen gebaut aus der sich bei Bedarf sich vermutlich auch ein vollwertiger Steuerwagen für Deutschland ableiten ließe.

Ein Blick in dessen Konstruktionszeichnungen wäre durchaus interessant.
Neben Rollifahrern müssen auch Fahrräder, Kinderwagen und größeres
Gepäck (das nicht in die Ablagen über den Sitzen passt) in das
Mehrzweckabteil im Steuerwagen.
Bei neueren Dosto-Bauarten hat man ja dankenswerterweise etwas mehr Platz für Gepäck unter den Sitzen und zwischen den Rückenlehnen und in den Steuerwagen neben den Einzelsitzen geschaffen.
Immerhin - für Fahrräder, Kinderwagen und Rollifahrer führt trotzdem kein Weg am barrierefreien Niederflurwagen vorbei.

Da Doppelstockwagen praktisch nur mit Fahrzeugen der gleichen Bauarten
(d.h. Dosto '97, Dosto '03, Dosto 2010) eingesetzt werden,
Werden sie? Durch die aktuelle Ausschreibungspolitk geht die Entwicklung in diese Richtung, aber auf den DB-Wuchervertrags-Linien verkehren bunt gemischte Züge aller möglichen Dosto-Bauarten. Bis vor zehn Jahren konnte man hier auch noch Züge aus sechs n-Wagen betrachten, die in drei verschiedenen Anstrichen (silber, mint und verkehrsrot) und vier bis fünf unterschiedlichen Modernisierungsstufen (original, Hannover, OFV, DBM und vereinzelt CityBahn) unterwegs waren (in einem Zug)
Einige alte Verkehrsverträge erlauben tatsächlich buntestes Material.

Auf ausgeschriebenen Strecken kommen oft extra dafür beschaffte oder extra dafür umgebaute Fahrzeuge (Inneneinrichtung etc) zum Einsatz.
sehe ich den
heute verwendeten UIC-Wagenübergang nicht als zwingend notwendig.
Ähnlich wie bei den im S-Bahnverkehr (NRW, Nürnberg) verwendeten x-Wagen
wäre bei Neubestellungen durch einen niedrigeren Wagenübergang auch eine
Absenkung der Fußbodenhöhe auf ~90cm im Hochflurbereich möglich.
Die Fußbodenhöhe im Einstiegsbereich der Hocheinstiegsdostos scheint mir vor allem den Drehgestellen und dort dem verwendeten Raddurchmesser geschuldet, weniger dem UIC-Übergang.
So lange aber die Schnittstellen für die Türen und Wendezugsteuerung identisch sind, wäre im Störfall auch das Kuppeln von Wagen mit verschiedenen Wagenübergängen zulässig - wenn die Übergänge verschlossen werden.

Auf dem ersten Blick sind die Einstiegsbereiche in den Doppelstocktriebzügen von Alstom (SNCF) sichtbar niedriger als die von Bombardier.
Man könnte daher genau so die Frage stellen, warum einige Westländer
(und das Land Brandenburg) unbedingt Niederflur mit 76 cm wollten.
Weil dort bereit viele Bahnsteige auf 76cm existierten
76cm waren dort vorhanden wo diese Höhe wegen der x-Wagen und 420 nicht unterschritten werden durfte - und auf gut ausgestatteten Fernbahnhöfen. Aber sonst?

Inzwischen werden wegen dieses angeblichen Standards selbst Bahnhöfe umgerüstet, wo vermutlich nie 76cm-Züge halten werden. Und die Antwort liest sich teilweise nur wie "DB Station und Service wird schon wissen was sie tut".
und generell gilt: Je höher der Fahrzeugboden, umso weniger Fahrzeugtechnik ragt in den Innenraum und diktiert dort die Aufteilung.
Teile der Fahrzeugtechnik werden schon seit Jahrzehnten auch oberhalb des Fahrgastraumes platziert.

Über kleinere Räder kann man das noch ein wenig abmildern, aber ein Nahverkehrstriebwagen sollte schon bessere Laufeigenschaften haben als eine Straßenbahn. Auch dort ist es kein Zufall, dass sich Hochflurfahrzeuge i.A. deutlich kultivierter verhalten als Niederflurer.
Im Straßenbahnbereich wirken sich häufig die bei Niederflurbahnen fehlenden Drehgestelle negativ auf den Fahrkomfort aus.

Abgesehen von den Baureihen 654, 670 und 672 und den historischen Schienenbussen sind mit in Deutschland keine derartigen Eisenbahnfahrzeuge bekannt. Von diese Baureihen wurden zusammen 65 Fahrzeuge für Deutschland und Tschechien gefertigt - das dürften deutlich unter 5% der Niederflurtriebwagen sein mit stark sinkender Tendenz.




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