ag-barrierefreiheit AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Koordinations und Arbeitsliste der AG Barrierefreiheit
Listenarchiv
- From: Ralph Hinterleitner <hinterleitner AT gmail.com>
- To: Koordinations und Arbeitsliste der AG Barrierefreiheit <ag-barrierefreiheit AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [Ag-barrierefreiheit] FYI: der-gehoerlose-vorsitzende
- Date: Sat, 9 Apr 2011 23:13:09 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-barrierefreiheit>
- List-id: Koordinations und Arbeitsliste der AG Barrierefreiheit <ag-barrierefreiheit.lists.piratenpartei.de>
Hallo Enno,
2011/4/9 Enno Park <ennomane AT googlemail.com>:
>
> dank, *das* nenne ich mal konstruktiv.
Danke aber wie sich zeigt, hätte ich sie bei diesem Minenfeld von
einem Thema nicht in Eile schreiben sollen.
Bitte betrachtet meine Äußerungen als Einzelmeinung und nicht als
gefasste Position einer Gruppe!
> Du darfst Frauen oder Farbige nicht mit Behinderten vergleichen.
Das war nicht meine Intention, wie ich auch später (wohl zu
undeutlich) anmerkte. Diese einzelnen Beispiele (nicht Vergleiche!)
sollten exemplarisch dafür stehen, dass selbst extreme
gesellschaftliche Wandel möglich ist und Undenkbares, bisweilen
Unliebsames Wirklichkeit werden kann.
>> [*] Gehörlose können keine erfolgreichen Ärzte, Juristen oder
>> Politiker sein. Wirklich? Ich bin mir sicher, dass RA Judith Hartmann,
>> Dr. med. Inge Richter und andere widersprechen würden.
>
> Diese Leuchtturmbeispiele verstellen den Blick auf Alltag und Realität. Sie
> haben sogar den gegenteiligen Effekt und führen zu dem Vorwurf: Hey, warum
> schaffst du das nicht, es gibt mittlerweile auch gehörlose Ärzte und
> Anwälte.
Wie recht du mit dieser Aussage haben kannst, beweist ein
schmerzlicher Blick in die Geschichte, als einzelnen Gehörlosen mit
-sagen wir- pädagogisch fragwürdigen Mitteln das Sprechen beigebracht
wurde. Man tingelte dann mit ihnen durch die Lande, um bei Hofe mit
ihnen zu prahlen: "Schaut her! Jeder Gehörlose kann sprechen lernen."
Was aber wäre die Konsequenz? Bloß niemandem verraten, dass es GL
Ärzte gibt, um keine Erwartungen zu wecken? Eine Gesellschaft muss
jedem die Ausschöpfung seiner Fähigkeiten ermöglichen. Der Einzelne
hingegen ist nicht verpflichtet, jede Möglichkeit zu nutzen, sondern
als Teil der Gesellschaft dafür Sorge zu tragen, dass andere nicht
daran gehindert werden. Maßstab gesellschaftlichen Handelns ist nicht
Erfolg, sondern Glück. Denke ich zu utopisch oder naiv?
Mir ist klar, dass Du von gegenwärtigen Bedingungen und bestehenden
Hürden schreibst, die sich nicht mal eben weg wünschen lassen. Darin
widerspreche ich Dir nicht (oder kaum) aber ohne den Glauben, dass wir
es ändern sollen und können, brauchte ich nicht in der Partei aktiv zu
sein. :-)
Dafür sind Leuchtturmbeispiele wichtig. Ich meine das nicht im Sinne
von Vorzeige-Irgendwas, sondern im Sinne des Ei des Kolumbus (etwas
längerer Text unter http://de.wikipedia.org/wiki/Ei_des_Kolumbus).
Zusammengefasst: Just do it! :)
> Ja, diese eigene Kultur mag eine Bereicherung darstellen. Ja, gehörlose
> Kinder sollen endlich komplett in Gebärdensprache unterrichten werden. Ja,
> ja, ja! Ich als nahezu Gehörloser empfinde es aber als Ghettoisierung, in
> diese Kultur abgedrängt zu werden. Es ist nich meine. Mein Gehör definiert
> mich nicht.
Mir ist die Situation von Kindern, seien es CODAs oder gl Kinder in gl
oder gl/hd Familien bewusst und ich will um keinen Preis der Welt mit
Eltern tauschen, wenn es um die Entscheidung geht: CI oder nicht -
Kindergarten mit Sprachförderung (schon wissen...) oder normaler
Kindergarten, DGS oder nicht und so fort. Umso schöner für Dich,
Entscheidungen für Dich selbst treffen zu können. Weder Deine, noch
die der Eltern geht mich das Geringste an und ich würde mich gegen
einen Zwang für die eine wie für die andere Richtung wehren.
Indes, es besteht keine Chancengleichheit -- weder vor der
Entscheidungsfindung, noch nach getroffener Wahl und da juckt mir der
Pelz.
Dieses ganze Dilemma ist auch der Grund meines Unbehagens mit dem Wort
Inklusion. Zwang - Paternalismus - Einheitsmensch?
>> Ich stelle mal eine provokante Frage: wie würde die ganze Diskussion
>> verlaufen, wenn es statt um Gehörlose um Menschen mit Schuhgröße 38
>> ginge?
>
> Die Frage ist nicht provokant, sondern albern, weil Schuhgröße 38 kein
> Handicap ist. Es ist eher eine Verniedlichung, die mir unterstellt, die
> Schwierigkeiten, die ich durch meine Behinderung habe, seien nicht weiter
> schlimmer als das zufällige Tragen von Schuhgröße 38. Mit derlei Statements
> kannst du Behinderte, die unter ihrer Situation *leiden*, durchaus
> beleidigen. (Also nicht mich jetzt.)
Botschaft angekommen, danke. Meine Frage war zukunftsgerichtet "was
wäre wenn" bzw "was müsste passieren, um" aber deshalb nicht weniger
unpassend.
Mich beschleicht das Gefühl, dass wir das besser mal bei zwei oder
mehr Bieren fertig diskutieren sollten. ;)
Viele Grüße
Ralph
- Re: [Ag-barrierefreiheit] FYI: der-gehoerlose-vorsitzende, (fortgesetzt)
- Re: [Ag-barrierefreiheit] FYI: der-gehoerlose-vorsitzende, Mela Eckenfels, 09.04.2011
- Re: [Ag-barrierefreiheit] FYI: der-gehoerlose-vorsitzende, Enno Park, 09.04.2011
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