sgprogramm AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Sgprogramm
Listenarchiv
- From: aloa5 <piratenpartei AT t-online.de>
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- Subject: Re: [Sgprogramm] WG: Thema ESM: Wie ausarbeiten und nach Aussen kommunizieren
- Date: Mon, 12 Mar 2012 10:58:56 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/sgprogramm>
- List-id: Sgprogramm <sgprogramm.lists.piratenpartei.de>
- Organization: http://twitter.com/aloa5
Benedikt Weihmayr schrieb:....
Hallo Benedikt (andere im CC),
entschuldige die späte Stellungnahme aber ich hatte bis jetzt außerhalb zu tun. (Und entschuldigt die "Wall of Text"; meine Empfehlung steht in der Mitte).
Zuerst den Punkt wie man alle(tm) AGn zusammen bekommt.
Antwort: inhaltlich vermutlich gar nicht oder nur partiell. Das liegt an der unterschiedlichen Ansatzpunkten (z.B. politisch vs. wirtschaftlich) und z.T. unterschiedlichen Ansichten.
An einen Tisch bekommt man sie auch nicht, bzw. wenn, dann nur über einzelne Personen (z.B. Koordinatoren) wobei dabei der AG-Character verloren gehen wird. Das Thema ist schwierig und faktisch nicht wirklich lösbar. Das läuft analog einer Vorstellung wie man verschiedene Länder an einen Tisch bekommt. Geht nicht oder wenn, dann nur sehr langsam und am Ende kann man auch basisdemokratisch nur über verschiedene Optionen abstimmen lassen welche de facto Top Down vorgegeben werden. Das Procedere dafür ist sehr langsam.
Ein Pad ist BTW auch nicht demokratisch bzw. alles andere als demokratisch. Das am Rande.
-welche Inhalte sollen vertreten werden?
-sind diese Inhalte durch das Parteiprogramm gedeckt?
-wie können wir gegebenenfalls eine Mehrheitsmeinung der Basis feststellen?
-oder sollten wir vielleicht nicht einfach auf den BPT 12.1 warten…
Ich fasse das einmal zusammen.
Als inhaltlich relativ belastbar sehe ich die Summe aus letztem BPT und LQFB vor dem letzten BPT u.a. an. Daraus folgt das ein Schäffler-Papier nicht gewünscht wird und man pro Europa/Solidarität steht. Damit ist eine generelle(!) inhaltliche Ablehnung eines ESM o.ä.. außen vor.
Das Parteiprogramm deckt Verfahrensregeln - Transparenz, Mitbestimmung und Demokratie. Man muss dabei jedoch aufpassen das solche Punkte nicht schick verpackt für eine Instrumentalisierung wg. anti-ESM, anti-Euro oder anti-Europa Ansichten. Wir hatten das bereits in Baden-Württemberg bei S21.
Dort haben (auch) S21-Gegner die Forderung nach einer Volksabstimmung dafür genutzt einfach um das Vorhaben zu kippen nicht aus der Forderung aus sich heraus. Das war zwar dort kein Problem, man kann jedoch durchaus auch unmöglich (nicht sinnvoll) erfüllbare Anforderungen an Demokratie und Transparenz stellen.
Oder auch inhaltlich verkehrte wie der Vorschlag der AG Europa was die Stimm-Modalitäten im ESM selbst angeht (welche voll in Ordnung gehen).
Auch der formulierte "Parlamentsvorbehalt" (sowohl AG Geld als AG Europa) wird nirgends verletzt. Das ist Unfug. Das Parlament WIRD ja gefragt. Das läuft analog eines Kreditrahmens/Förderrahmens welcher beispielsweise einer KfW gegeben wird. Das wird einmal im Rahmen beschlossen, hat ein gewisses Volumen aus welchem geschöpft werden kann. Wenn wir den ESM einmal mit 600Mrd Risiko setzen und den Deutschen Anteil von etwa 1/4, dann beschließt der Bundestag - und damit das gewählte Parlament - das ein Risiko (eine potentielle Schuld) in dieser Höhe eingegangen werden darf. Einzelfallentscheidungen welche der ESM analog der EZB in eigenem Ermessen fällt bedürfen dann keiner erneuten Prüfung durch jedes Parlament. Das würde einen ESM auch ad absurdum führen, denn dann könnte man ihn gleich bleiben und die Parlamente in Europa jeweils für jeden Fall separat entscheiden lassen. Das würde die taktische Begründung für den Rettungsschirm auch untergraben.
Der Antrag der AG Europa enthält noch weitere inhaltliche wie handwerkliche Fehler welche ich hier kommentiert habe:
http://news.piratenpartei.de/showthread.php?tid=120278
Was man machen *kann* und auch fachlich sollte ist darzustellen das ein wie auch immer zustande kommender ESM keine Lösung sondern nur ein Aufschub bedeutet. Ein Aufschub welcher Zeit erkauft für die Lösung von Problemen innerhalb der Euro-Zone welche die Handelsbilanzen betrifft und nicht über Kredite sondern nur fiskalisch und/oder über Zahlungsflüsse zwischen den Eurostaaten geregelt werden kann.
Was wir benötigen ist ein "Außenwirtschaftlicher Stabilitätspakt für Europa", was u.a. Prof. Dullien so ganz nett formuliert hat:
http://www.project-syndicate.org/commentary/dullien2/German
Es gäbe noch weitere fachliche Punkte, welche aber hier zu weit führen würden wie der Samuelson-Effekt. Wer Interesse hat einmal lesen, Effekt wie Bedeutung - Wikipedia hat das mit der Inflationsrate ebenfalls nottiert, war bereits Teil eines Antrages der AG sM (Inflationskorridor für Europa/EZB) :
http://de.wikipedia.org/wiki/Balassa-Samuelson-Effekt#Samuelson-Effekt
Also Empfehlung von mir:
- nichts falsches schreiben
- nicht übertreiben und Dinge an den Haaren herbei ziehen
- betonen das ein ESM ein Risiko darstellt welches gut abgewogen werden sollte
- und vor allem betonen das ein ESM nur die Fehler welche bereits von den Regierungen begangen und immer noch nicht einmal im Ansatz behoben wurden kaschiert, dabei aber noch keine Kursänderung absehbar ist
- als Kursänderung verstehen "wir"(tm) dann einen durchdachteren Plan mit einem außenwirtschaftlichen Stabilitätspakt welcher sich eigentlich wirtschaftspolitisch von selbst verstehen müsste. Das ist ein "Außenwirtschaftlicher Stabilitätspakt für Europa" sowie m.E. das magische Viereck (wobei die Stabilität der Außenwirtschaft einen Punkt daraus darstellt):
http://de.wikipedia.org/wiki/Magisches_Viereck
Das "magische Viereck" ist m.E. das Credo der Wirtschaftspolitik und wurde zuletzt zu Lasten anderer Staaten in der Euro-Zone sträflich vernachlässigt Die Herleitung sieht man unten (Gerechtigkeit, Freiheit, Wohlstand, Sicherheit).
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Das Magische Viereck ist ein volkswirtschaftliches System von den vier wirtschaftspolitischen Zielen:
* 1. angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum,
* 2. Preisniveaustabilität,
* 3. hoher Beschäftigungsstand und
* 4. außenwirtschaftliches Gleichgewicht.
Die Ziele des Magischen Vierecks werden abgeleitet aus den obersten Zielen der demokratischen und marktwirtschaftlichen Gesellschaftsordnung, wie z. B.
* Gerechtigkeit,
* Freiheit,
* Wohlstand und
* Sicherheit.
Die Ziele sind im deutschen Stabilitätsgesetz von 1967 gesetzlich verankert.
Wirtschaftspolitische Ziele werden für wirtschaftliche und gesellschaftliche Bereiche gesetzt, in denen bereits ungenügende Ergebnisse festgestellt worden sind oder wo Fehlentwicklungen befürchtet werden. Die Aufmerksamkeit von Staat, Notenbank und Sozialpartner soll dadurch ständig auf diese Punkte hin ausgerichtet werden. Insofern wäre es konsequent gewesen, auch das Ziel einer gerechten Einkommensverteilung in den gesetzlichen Zielkatalog aufzunehmen. Allerdings ist diese Zielvorgabe noch weniger scharf bestimmbar als die übrigen.[1]
//
Grüße
Otmar
- Re: [Sgprogramm] WG: Thema ESM: Wie ausarbeiten und nach Aussen kommunizieren, aloa5, 12.03.2012
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