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sg-presse - Re: [Sg-presse] Gesetzentwurf zur Tarifeinheit: Kein Eingriff in Freiheitsrechte

sg-presse@lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der SG Bundes-PR

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Re: [Sg-presse] Gesetzentwurf zur Tarifeinheit: Kein Eingriff in Freiheitsrechte


Chronologisch Thread 
  • From: Hans-Peter Weyer <pirat@ag-pos.de>
  • To: Mailingliste der SG Presse - (NUR für Mitglieder der SG und Mitglieder der Landes-Presse-Teams!) <sg-presse@lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [Sg-presse] Gesetzentwurf zur Tarifeinheit: Kein Eingriff in Freiheitsrechte
  • Date: Wed, 29 Oct 2014 13:14:54 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/sg-presse>
  • List-id: Mailingliste der SG Presse - Diskussion <sg-presse.lists.piratenpartei.de>

Hallo!
Ich schreibe mal wild drauf los, da ich in der Bahn sitze und einfach mal ein paar Dinge einbringen will.

Schon vor dem dritten Reich gab es bei den Gewerkschaften die verschiedenen Strõmungen, die wir auch von den Parteien her kennen.
Neben den sozialen/sozialistischen Gewerschaften, gab es auch die christlichen und die bürgerlich-liberalen Gewerkschaften.
Im dritten Reich wurden alle Gewerkschaften verboten.
Erst nach dem Ende des zweiten Weltkriegs erlaubten die westlichen Besatzer zur Durchsetzung arbeitnehmerrechlicher Forderungen die Einrichtung einer Einheitsgewerkschaft (= ein Beruf - eine Gewerkschaft). Dadurch entstand der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB, der noch vorhandene Infrastruktur der alten sozialistischen Gewerkschaften nutzen könnte. Lediglich im Saarland kamen die ehemaligen Strukturen der christlichen Gewerkschaften zum Zug. Dadurch gab es die Trennung von DGB in gesamt Westdeutschland und der Sonderstellung des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) im Saarland.
Da die Einheitsgewerkschaftsowohl den freien Vertretungsanspruch der Arbeitnehmer als auch demokratischen Grundregeln widerspricht, wurde auch der Gewerkschaftspluralismus wieder eingerichtet. Er war auch eine Voraussetzung für ein funktionierendes Betriebsverfassungsgesetz.

Seit Einführung des Pluralismus bei den Gewerkschaften versucht der DGB sowohl die christlichen als auch die bürgerlich-liberalen Gewerkschaften in endlosen Gerichtsverfahren, durch teilweise niederträchtige Verleumdungen und Hetzkampagnen und eindeutig fälschen Beschuldigungen zu zermürben und zu diskreditieren.
Die arbeitgeberfreundlichen Strukturen, die politischen Machtspielchen und die abgehobene Arbeitsweise oberer Gewerkschaftsfunktionäre haben zu einer Verdrossenheit gegenüber den DGB-Gewerkschaften und zu Austritten geführt. Anfangs noch stärker ist der Zustrom zu den anderen Gewerkschaften auch geringer geworden. Stattdessen haben immer öfter die Arbeitnehmer die Chance genutzt neue Gewerkschaften zu gründen. So entstanden immer mehr kleine, in ihrem Gebiet erfolgreiche Fachgewerkschaften. Das Problem der kleinen Gewerkschaften ist die verhältnismäßig kleine Mitgliederzahl und damit die geringe Schlagkraft bei Streik. Dem entgegen Stand immer die dadurch bedingte Notwendigkeit zu tatsächlichen Verhandlungen.
Um die Schlagkraft zu erhöhen haben die Kleinen angefangen auch Fachfremde Mitglieder aufzunehmen, was aber zunehmend zu Vertretungsproblemen führt (siehe aktuelle bei der GDL).

Dem Arbeitnehmer würde es nach meiner Einschätzung wesentlich helfen, wenn die Fachgewerkschaften sich tatsächlich auf ihr Fachklientel konzentrieren würden. Durch Kooperation mit weiteren Fachgewerkschaften wäre eine Vielzahl von schlagkräftigen Verbindungen möglich. Auch im Hinblick auf die immer häufiger auftretenden Haustarifverträge.

Der Vorstoß, der die Mitgliederstärkste Gewerkschaft allein zum Abschluss von allgemein gültigen Tarifverträgen berechtigt,wäre eine Rückkehr zur Einheitsgewerkschaft (also DGB) und eine Verletzung von Arbeitnehmerrechten zugunsten der vorherrschenden (korrumpierten) Verbindungen von DGB und Arbeitgebern. Die muss verhindert werden, da es auch demokratischen Grundsätzen widerspricht.

Übrigens: In vielen Fällen sind Streiks gar nicht nötig, weil in den Vorverhandlungen (hinter verschlossenen Türen), von denen die Arbeitnehmer gar nichts mitbekommen, die grundsätzliche Marschrichtung bereits festgelegt wurden. In den öffentlichen Verhandlungen wird nur noch über Feinschliff diskutiert. Grund der Streiks ist zu 90% die Mitgliederbindung. Wer Streikgeld bekommt darf zwei Jahre nicht austreten oder muss da Streikgeld zurückzahlen.

Jetzt bin ich zuhause. Ich hoffe das reicht erst mal. Ich denke für die laufende Diskussion ist auch ein wenig Hintergrundwissen nõtig.

Gruß
Hans-Peter Weyer
Sozialberatung & Familienhilfe
Tel. 0203-5090895

Am 29.10.2014 10:47 schrieb "Niels-Arne Münch" <Niels-Arne.Muench@web.de>:

Ahoi,

ich würde mich über ein Statement zum neuen Gesetzentwurf zur Tarifeinheit freuen. :) Da ich keinen Presseaccount habe, unten ein erster Vorschlag. Wäre schön, wenn jemand ein Pad aufmachen könnte. :)

LG, Niels


--
"Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen muss wie andere Menschen." Astrid Lindgren

Niels-Arne Münch
mobil: 0157/30398958
Vorsitzender Piratenpartei KV Göttingen
http://namuench.wordpress.com/
http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:Niels-Arne_Münch




Gesetzentwurf zur Tarifeinheit: Kein Eingriff in die Koalitionsfreiheit

Die Piratenpartei Deutschland lehnt das geplante neue Gesetz zur Tarifeinheit in seiner jetzigen Form ab. Zwar wird das Streikrecht im vorliegenden Entwurf - anders als in früheren "Eckpunkten" - nicht ausdrücklich erwähnt, faktisch jedoch wird es erheblich eingeschränkt: Wenn, wie geplant, nur noch der Tarifvertrag der mitgliederstärksten Gewerkschaft gilt, wird die Friedenspflicht damit faktisch auf alle anderen ausgedehnt.[1,2] Damit schränkt das geplante Gesetz die Möglichkeiten kleiner Gewerkschaften erheblich ein, die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder zu beieinflussen. Letztlich sind diese Gewerkschaften damit in ihrem Sinn und ihrer Existenz bedroht. Nach Auffassung der Piratenpartei verstößt vorgelegte Entwurf daher gegen die im Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes garantierte Koalitionsfreiheit [3]. Dort wird Recht auf Bildung von Gewerkschaften ausdrücklich „für jedermann und alle Berufe gewährleitstet“. Ausdrücklich wird dort weiterhin festgehalten: „Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.


»Die Koalitionsfreiheit Artikel 9 des Grundgesetzes gehört zu den elementaren Freiheitsrechten«, so XY. »Freiheit ist nicht nur die Freiheit der Besserverdienenden. Die Freiheit der abhängig Beschäftigten, über organisierte Mitbestimmung Einfluss auf ihren Berufsalltag zu nehmen, ist das unverzichtbare Gegenstück zur Unternehmerfreiheit. Sie ist Teil unserer sozialen Grundordnung. Wer diese Freiheit einschränken will, betreibt Sozialabbau und Abbau von Bürgerrechtem in einem.«


[1] http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/tarifeinheit-nahles-verspricht-streikrecht-ohne-einschraenkungen-a-999659.html
[2] http://www.welt.de/wirtschaft/article133717609/Andrea-Nahles-versucht-die-Quadratur-des-Kreises.html
[3] http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_9.html




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https://service.piratenpartei.de/listinfo/sg-presse



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