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sg-presse - [Sg-presse] [Bayern][PM] Anhörung: Menschenrecht Informationszugang auch in Bayern?

sg-presse@lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der SG Bundes-PR

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[Sg-presse] [Bayern][PM] Anhörung: Menschenrecht Informationszugang auch in Bayern?


Chronologisch Thread 
  • From: Daniel 'moep' Tschada <daniel@tschada.net>
  • To: Mailingliste der SG Presse - Diskussion <sg-presse@lists.piratenpartei.de>
  • Subject: [Sg-presse] [Bayern][PM] Anhörung: Menschenrecht Informationszugang auch in Bayern?
  • Date: Sat, 13 Oct 2012 23:39:17 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/sg-presse>
  • List-id: Mailingliste der SG Presse - Diskussion <sg-presse.lists.piratenpartei.de>

hier als PM vorschlag für Bayern. Habe ad-hoc leider nicht die passende
Liste gefunden. Ich hoffe es liest jmd mit und leitet es weiter.

grüße
moep

-------- Original Message --------
Subject: [FragDenStaat] Anhörung: Menschenrecht Informationszugang auch
in Bayern?
Date: Fri, 12 Oct 2012 19:44:26 +0200
From: Walter Keim <wake@online.no>
Reply-To: German FoI public request tracking portal
<fragdenstaat@lists.okfn.org>
To: fragdenstaat@lists.okfn.org <fragdenstaat@lists.okfn.org>



Das Bayerische Staatsministeriums des Innern und der Justiz lehnten die
Vorschläge des Menschenrechtskommissar des Europarates ab. Der
Bayerische Landtag stützte sich darauf und lehnte deshalb eine Petition
ab. Akteneinsicht in die Begründung wurde abgelehnt.

Der Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung ist ein
Menschenrecht gemäß Zivilpakt [Quelle 1
<http://right2info.org/international-and-regional-law-standards#section-0>,
4
<http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrc/comments.htm>, 5
<http://right2info.org/cases#section-6>] und der Rechtsprechung
<http://right2info.org/cases#section-2> des Europäischen Gerichtshofes
für Menschenrechte [Quelle 6 <http://right2info.org/cases#section-2>]
aufgrund der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EKMR) [Quelle 2
<http://right2info.org/international-and-regional-law-standards#section-4>],
wird international als Voraussetzung für die Demokratie angesehen und
ist wichtig im Kampf gegen Korruption. Die OSZE fördert
<http://www.osce.org/fom/89577> das Menschenrecht des
Informationszugangs [Quelle 3
<http://merlin.obs.coe.int/iris/2005/2/article1>, 7
<http://www.osce.org/fom/89577>].

Auf dieser Basis wurde am 14.7.2012
<http://home.broadpark.no/%7Ewkeim/files/vgm-2012.htm> eine
Verplichtungsklage beim Verwaltungsgericht München eingereicht.

Der Freistaat Bayern beantrage am 20.9.2012
<http://home.broadpark.no/%7Ewkeim/files/vgm-120920.pdf> diese Klage
abzuweisen.

Wer hat Kommentare zur Stellungnahme
(http://home.broadpark.no/~wkeim/files/vgm-1210.html ), an der
gearbeitet wird?

Der Landtag macht im Ziffer III.7 seines Antrags zusammenfassend geltend:

"Ein Anspruch des Klägers auf Einsicht in die gegenständliche
Petitionsakte besteht demnach nicht ( vgl. 5 Hinweise aus den Jahren
2000, 2007, 2002, 1983, 1998).

Hierin ist weder ein Verstoß gegen die vom Kläger angeführten Art.
10 EMRK (...) noch gegen Art, 19 IPPBR (...) zu erblicken. Dieses
Ergebnis ist vielmehr verfassungsrechtlicher Ausfluss des Wesens -
und der Grenzen - des Petitionsrechts aus Art. 115 BV."

Es wird auf die solide Dokumentation des Menschenrechtscharakters in der
Klage vom 14.7.2012 hingewiesen. daraus geht unter anderem hervor, dass
z. B. ab 10.7.2006 (Sdruženi Jihoceské Matky gegen Tschechische
Republik, Antrag Nr. 19101/03
<imap://daniel@mail.tschada.net:143/fetch%3EUID%3E.INBOX.FragDenStaat%3E34?part=1.1.2.2&filename=echr-19101-03.htm>
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) und 2011 ("General Comment
No. 34" zu Artikel 19 IPBPR) der Informationszugang als Menschenrecht
anerkannt wird. Offensichtlich können deshalb Gerichtsentscheidungen und
Literaturhinweise vor diesen Zeitpunkten den Menschenrechtscharakter
überhaupt nicht enthalten und sind deshalb untauglich. Der
Menschenrechtskommissar hat offensichtlich Recht Schulungen in
Menschenrechten vorzuschlagen. Deshalb wäre es wichtig die Einwände der
Staatsministerien des Innern und der Justiz diskutieren zu können. Um
wenigstens dem Verwaltungsgericht Zugang dazu zu verschaffen wird ein
In-camera-Verfahren beantragt gem. § 99
<http://bundesrecht.juris.de/vwgo/__99.html> Abs. 2 VwGO und § 189
<http://bundesrecht.juris.de/vwgo/__189.html> VwGO.

Auch handelt es sich nicht um Zugang zu allen (möglicherweise
vertraulichen) Teilen der Petitionsakte, sondern um Briefe des
Staatsministeriums des Innern und der Justiz. Solche Briefe können sehr
wohl zugänglich gemacht werden, z. B. mit Hilfe von §83 der
Geschäftsordnung des bayrischen Landtages (GeschOLT). Beispielsweise
wurde im Zuge der Petition P II/VF.0126.16 über Informationsfreiheit der
Brief des Staatsministeriums des Innern vom 22.6.2009
<imap://daniel@mail.tschada.net:143/fetch%3EUID%3E.INBOX.FragDenStaat%3E34?part=1.1.2.3&filename=090622ba.pdf>
zugänglich gemacht in dem der Eindruck erweckt wird, dass ein IFG
unnötig ist, wegen der schon bestehenden Einsichtsrechte. § 160 Abs 3
GeschOLT greift nicht für die begehrten Dokumente des Staatsministeriums
des Innern und der Justiz.

Es wird behauptet: "Vor diesem Hintergrund sind auf der Ebene des
Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) des Bundes Petitionsverfahren
generell vom Informationszugang ausgenommen (VG Berlin vom 22.4.2010,
Az. 2 K 98.09).

Im Resultat ist das Gegenteil richtig: Ministerien müssen Stellungnahmen
dem Antragsteller zugänglich machen. Der vollständige Leitsatz vom
Urteil VG Berlin vom 22.4.2010, Az. 2 K 98.09
<http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/1oq9/bs/10/page/sammlung.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE110008298%3Ajuris-r00&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1>
lautet nämlich:

"Bundesministerien handeln bei der Erteilung von Auskünften an den
Petitionsausschuss des deutschen Bundestags als Behörde im Sinne des
§ 1 Abs. 1 Satz 1 IFG; es handelt sich dabei weder um
Regierungstätigkeit noch ist die Auskunft untrennbar mit der
Tätigkeit des Petitionsausschusses des deutschen Bundestages
verbunden, der bei der Prüfung und Bescheidung von Petitionen keine
Aufgaben der Verwaltung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG erfüllt."

Der Informationszugang zu Stellungnahmen der Ministerien gegenüber dem
Petitionsauschuss wurde auch vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom
3. November 2011 – 7 C 4.11
<http://www.rechtslupe.de/verwaltungsrecht/einsicht-in-stellungnahmen-gegenueber-dem-petitionsausschuss-336598>
bestätigt, da diese Stellungnahmen nicht exklusiv für
Petitionsausschüsse sind. In dieser Verpflichtungsklage ist der
Freistaat Bayern der Beklagte, der auch die Staatsministerien des Innern
und der Justiz umfasst.

Außerdem folgt das IFG des Bundes nicht internationalen Standards der
maximalen Offenheit. 84 Staaten mit 5,5 Milliarden Einwohnern d. h. 78 %
der Weltbevölkerung haben besseren Informationszugang (3). Damit ist
dieses Gesetz nicht geeignet Begrenzungen des Menschenrechts auf
Informationszugang nach EMRK und IPBPR zu begründen.

Weiter wird auf die Ausführungen zur Aktivierung von Art. 5 GG durch
gesetzliche Regelungen des Informationszugangs hingewiesen. Dies wurde
im Antrag des Landtages ignoriert. Sowohl Prof. Dr. Dr. h.c. Ingolf
Pernice beim 2. BfDI-Sympositum Informationsfreiheit (1) als auch
mehrere Sachverständige bei der Anhörung im Innenausschuss des
Bundestages zum Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (2) haben dies
deutlich gestärkt und bestätigt.

Professor Dr. Martin Ibler schreibt in seiner Stellungnahme:

"Erklärt der Gesetzgeber eine Informationsquelle für jedermann
zugänglich, so wie dies durch den Anspruch jedermanns auf Zugang zu
amtlichen Informationen im Informations-freiheitsgesetz des Bundes
und den entsprechenden Landesgesetzen geschehen ist, nimmt der
Zugang zu diesen amtlichen Aufzeichnungen am Schutz des Art. 5 Abs.
1 Satz 1, 2. Halbsatz GG teil. Also kann z. B. die Versagung eines
Anspruchs auf Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz als
Versagung des Zugangs zu ei-ner allgemein zugänglichen Quelle i. S.
des Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz GG auch im Rahmen einer
Verfassungsbeschwerde durch das Bundesverfassungsgericht
kontrolliert werden."

Professor Dr. Michael Sachs schreibt in seiner Stellungnahme:

Da öffentliche und allgemeine Zugänglichkeit dabei offenbar
synonym verstanden werden, greift danach der Schutz des Grundrechts
aus Art. 5 Abs. 1 Satz
1 2. Alt. GG durch, soweit jedem ein Anspruch auf Zugang zu
amtlichen Informationen gesetzlich
eröffnet ist, wie dies nach dem IFG *und ähnlichen Gesetzen* des
Fall ist. Die gesetzwidrige
Verweigerung des Zugangs zu Informationen öffentlicher Stellen
verletzt das Grundrecht;
die Beachtung solcher Gesetze ist damit zugleich grundrechtlich
garantiert.

Diese Anhörung bestätigte auch der Menschenrechtscharakter des
Informationszugangs, dokumentiert durch die schriftlichen Stellungnahmen
der Experten Professor Dr. Jan Ziekow, Deutsches Forschungsinstitut für
öffentliche Verwaltung, Speyer
<http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a04/Anhoerungen/Anhoerung21/Stellungnahmen_1_SV/Stellungnahme_01.pdf>
und Dr. Christoph Partsch
<http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a04/Anhoerungen/Anhoerung21/Stellungnahmen_1_SV/Stellungnahme_03.pdf>
(2). In Bayern haben sowohl die EMRK als auch der IPBPR den Rang eines
Bundesgesetzes. Bundesrecht bricht Landesrecht.

Die Übersendung der Stellungnahmen der Staatsministeriums des Innern und
der Justiz an den Menschenrechtskommissar des Europarates wird nicht als
berechtigtes Interesse anerkannt. Dabei wird übersehen, dass ein
berechtigtes Interesse auch ideeller persönlicher Natur sein kann.

--
Walter Keim
Netizen: http://walter.keim.googlepages.com
Parallel Report to Human Rights Committee:
http://home.broadpark.no/~wkeim/files/if-dimr-pbt-en.htm
Is it possible to enforce access to information in Bavaria?
http://home.broadpark.no/~wkeim/files/enforce_access_to_information.html

Quellen:

1. Zugang zu amtlichen Dokumenten ist ein Menschenrecht der
VN:
http://right2info.org/international-and-regional-law-standards#section-0
2. Zugang zu amtlichen Dokumenten in Europäischer Konvention für
Menschenrechte:
http://right2info.org/international-and-regional-law-standards#section-4
3. Gemeinsame Erklärung 2004 der drei Sonderbeauftragten von UN, OSZE
und AOS für den Schutz der
Meinungsfreiheit: http://merlin.obs.coe.int/iris/2005/2/article1
4. "General Comment No. 34 on Article 19 of the ICCPR" (Internationaler
Paktes über bürgerliche und politische Rechte,
Zivilpakt):http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrc/comments.htm
5. Klagen bei den VN gegen Staaten, die gegen das Menschenrecht des
Zugangs zu amtlichen Dokumenten
verstoßen: http://right2info.org/cases#section-6
6. Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte: http://right2info.org/cases#section-2
7. OSZE, April 2012: COMMENTS ON THE DRAFT LAW ON TRANSPARENCY, ACCESS
TO INFORMATION AND GOOD GOVERNANCE OF
SPAIN:http://www.osce.org/fom/89577


_______________________________________________
FragDenStaat mailing list
FragDenStaat@lists.okfn.org
http://lists.okfn.org/mailman/listinfo/fragdenstaat

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  • [Sg-presse] [Bayern][PM] Anhörung: Menschenrecht Informationszugang auch in Bayern?, Daniel 'moep' Tschada, 13.10.2012

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