offener Brief von Gerhard Raeder, Pfaffenberg 13, 42659 Solingen
An die Herren Verleger des Solinger Tageblatts
Bernhard und Michael Boll
Mummstr. 9
42651 Solingen
Artikel vom 13.7.2012 "Aufregung am Pfaffenberg"
Sehr geehrte Herren Boll,
ich möchte meiner Befremdung über die journalistische Leistung Ihrer
Redakteure
Meurer und Theißen-Speich Ausdruck verleihen. Insbesondere beschwere
ich mich
über den abgegebenen Kommentar von Herrn Meurer in der Rubrik "Guten
Morgen".
Mit ein klein wenig Recherche wäre es möglich gewesen, den
Wahrheitsgehalt der
"Gerüchte" am Pfaffenberg zu überprüfen. Warum hat das ST nicht den
Käufer,
Herrn Semih Karatas vom MSK Pflegeteam GmbH, Grünbaumstr. 2, 42659
Solingen,
befragt? Dann wäre wohl schnell herausgekommen, dass es sich nicht
um ein
Pflegeheim für Türken, sondern um ein Heim für alle
pflegebedürftigen Menschen,
insbesondere auch deutsche, handelt.
Ich möchte festhalten, dass es am Pfaffenberg einzig um die fehlende
Verkehrsinfrastruktur
und die mögliche gewerbliche Nutzung eines Gebäudes im
Landschaftsschutzgebiet geht.
Sicher aber ist, dass kein Anwohner des Pfaffenbergs irgend einen
Einwand gegen
einen türkischen Betreiber geäußert hat, wie in dem Artikel "einem
Einwohner"
untergeschoben wird. Warum werden keine Namen genannt, wie es üblich
ist?
Überhaupt scheint der Artikel auf Grund des Anrufs eines anonymen
Informanten
entstanden zu sein, der den Pfaffenberg-Anwohnern fremdenfeindliche
Tendenzen
unterstellen will. Die Aussage, dass es einen entsprechenden Anruf
gab, ist von
Frau Theyßen-Speich gegenüber Herrn Frink getätigt worden.
Einen seriösen Zeitungsbericht schreibt man aber nicht nach einer
solchen Quelle
ohne eigene Recherchen, wenn man nicht die Integrationsarbeit der
Stadt Solingen
zerstören will.
Es wird eine Unterschriftenliste gegen ein Heim erwähnt. Diese Liste
mit einem derartigen
Sujet existiert überhaupt nicht. Mit etwas Recherche hätte man
herausgefunden, dass
lediglich eine kollektive Anfrage gemäß Landesinformationsgesetz an
die Stadt heran-
getragen worden ist und von Herrn Hoferichter auch zufriedenstellend
beantwortet wurde.
Vielleicht wollten die Redakteure aber lieber ein Feuerchen schüren.
Heuchelei und Zynismus ist es deshalb, wenn Herr Meurer den "miesen
Unterton" verurteilt,
den der Ausdruck "türkisches Seniorenheim" hervorruft.
Es ist vielmehr der Herr Meurer selbst, der diesen Ausdruck geprägt
hat. Am Pfaffenberg
ist diese Bezeichnung nie gefallen, da ja auch das Vorhaben des
Herrn Karatas als
offene Einrichtung bekannt ist.
Insofern verletzt Herr Meurer einige Grundsätze des Deutschen
Presserates und
ich werde eine Beschwerde beim Presserat wegen des Versuchs der
Verhetzung
gegen ihn einleiten.
Ferner wird in dem Artikel berichtet, dass gestern, also am 12.7.,
eine Versammlung
stattgefunden hätte.
Auch das ist wieder völlig falsch. Tatsache ist, dass seit 9 Jahren
an jedem 1. Donnerstag
im Monat ein Stammtisch der Pfaffenberger stattfindet. Der letzte
war vor einer Woche, am 5.Juli.
Dort wurde unter vielem anderem auch über die Zukunft des
Naturfreundehauses gesprochen.
Die angebliche Versammlung ist also wieder nur Stimmungsmache ohne
Hintergrund.
Das abgebildete Verkehrsschild am Anfang des Pfaffenberges steht
dort schon mindestens
seit 1965, das hätte eine kurze Befragung eines dortigen Anwohners
ergeben.
Ein Foto vom August 1997 hänge ich an, zumindest ist hiermit das
Schild dokumentiert.
Aber in dem Artikel soll ja wohl der Eindruck erweckt werden, dass
die Pfaffenberger selber
über Nacht das Schild angebracht hätten.
Das wird durch den Satz "Die Stadt weiß nichts von dem Schild"
suggeriert.
Überhaupt ist immer nur von Gerüchten die Rede, wenig von
recherchierten Fakten.
So schreibt man im Boulevard-Journalismus, im ST war ich das bisher
nicht so gewohnt,
und ich habe es seit fast 40 Jahren abonniert.
Verwerflich ist, dass hier die türkischen Mitbürger gegen den
Pfaffenberg aufgehetzt werden.
Gerade das Gegenteil, nämlich eine Beruhigung und objektive
Berichterstattung wäre einer
Solinger Zeitung angemessen, die irgendetwas aus der Vergangenheit
gelernt hat.
Sie, meine Herren Verleger, sind als untadelige Mitbürger und
besonders gute Solinger
bekannt, ich kann nicht glauben, dass ein solch unwürdiger Artikel
Ihre Billigung findet.
Ihre Redakteure sollten Sie wieder einmal an sauberen Journalismus
und die ethischen
Grundsätze des Verlages B. Boll erinnern. Ich bitte um eine
Gegendarstellung in der
nächsten Ausgabe des Tageblatts.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raeder