nrw-duesseldorf-talk AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kreisverband Düsseldorf - TALK - (Nordrhein-Westfalen)
Listenarchiv
- From: ka’imi <kaimi AT piratenpartei-nrw.de>
- To: nrw-duesseldorf-talk AT lists.piratenpartei.de, duesseldorf-vorstand AT piratenpartei-nrw.de
- Subject: Re: [Ddorf-Talk] Facebook-Seite "Piratenpartei Düsseldorf"
- Date: Mon, 09 Jul 2012 00:38:56 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/nrw-duesseldorf-talk>
- List-id: <nrw-duesseldorf-talk.lists.piratenpartei.de>
- Mail-reply-to: ka’imi <kaimi AT piratenpartei-nrw.de>
- Openpgp: id=78C72070
Am 30.06.2012 00:44, schrieb Clemens Mayer:
> Begründung:
> Facebook als Kommunikations- und Teilnahmeplattform zu verwenden,
> verstößt gegen das Grundsatzprogramm der Piratenpartei Deutschland."
Nachdem sich die erste Aufregung gelegt hat, führe ich mal die
Begründung etwas weiter aus. Ich hatte den Antrag vom Stammtisch aus auf
die Schnelle eingereicht und dementsprechend ziemlich knapp begründet.
Auf unterstützende Linksuche habe ich mich jetzt auch nicht mehr
gemacht, morgen ist schließlich schon Vorstandssitzung und die Zeit
drängt ein wenig. Wenn jemand zufällig welche zur Hand hat, einfach
antworten und reinhauen!
1) Facebook hat eine zur Partei konträre Haltung zum Datenschutz
Facebook macht per Default alles öffentlich. Ja, das kann man in den
Einstellungen ändern. Allerdings werden alle neuen „Features“ auch
wieder per Default öffentlich eingeführt – wer da kurz nicht aufpasst
und seine Einstellungen nicht topaktuell hält, guckt in die Röhre. Ganz
zu schweigen von DAUs, die nicht wissen, wie man was einstellt. Bei ¼
der deutschen Bevölkerung, die da einen Account hat, dürfte eine
signifikante Menge Unkundiger zusammenkommen.
Und dann liegen die Daten nachher irgendwo™, wo nicht unbedingt deutsche
Gesetze gelten müssen. In den USA sind die Datenschutzvorschriften bspw.
deutlich lockerer. Über Amtshilfeersuchen dorthin kommen prinzipiell
auch die deutsche Polizei und deutsche Dienste an Daten, die hierzulande
nicht oder nur mit Beschluss zu bekommen wären.
2) Facebook ist ein Walled Garden¹
Ziel ist es, möglichst viele oder am besten alle Netz-Aktivitäten der
Nutzer innerhalb des geschlossenen Systems Facebook zu halten. Damit
bekommt man eine größere und genauere Datenbasis für die
zielgruppenbasierte Werbung, über die Facebook an Geld kommt.
Dazu werden unter anderem Links umgebogen, die im Netzwerk gepostet
werden. So ist es möglich, bspw. bei einem Link zu einer Zeitungswebsite
stattdessen zum entsprechenden Artikel in der angebotenen Facebook-App
der Zeitung weiterzuleiten. So wird der Nutzer gezwungen, direkt „in
Facebook“ seine Texte zu konsumieren. Zusammen mit den vielen
Facebook-Pages aller möglichen Unternehmen, die teilweise schon nicht
mal mehr eine eigene Web Site haben, wird es so immer mehr „normal“,
innerhalb des Gartens zu bleiben.
Der neueste Coup in dieser Richtung ist, daß Facebook die vorher nur
optionale facebook.com-Mailadresse für alle Nutzer zwangsaktiviert hat
(natürlich kann man die wieder deaktivieren – siehe 1) …). Zusätzlich
wurde diese Adresse über die Facebook-App auf Smartphones bei allen
Kontakten als primäre Adresse eingetragen, was beim Verfassen von Mails
selten auffällt, da normalerweise nur der Name angezeigt wird.
Angeblich war das ein Bug in der App. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Daß Facebook seine Software nicht ordentlich testet, kann ich mir nicht
vorstellen. Und wer den Vorfall bis jetzt nicht bemerkt hat, hat dann
halt die gewollten Adressen erstmal so in den Kontakten stehen.
¹ https://en.wikipedia.org/wiki/Walled_garden_(technology)
3) Facebook gefährdet das Recht auf Anonymität im Netz
Über den unter 2) genannten Link-Redirect kann Facebook alle Links
verfolgen, die ein Nutzer anklickt. Zusätzlich wird jeder „Like“-Button
genau wie andere „social features“ direkt von den Facebook-Servern
geladen. Diese Seitenaufrufe können also auch vom Konzern gesammelt und
zugeordnet werden. Bei manchen Diensten kann man sich sogar nur per
Facebook-Account anmelden!
Über all diese „Features“ ist eine direkte Zuordnung zu individuellen
Personen möglich. Selbst im ausgeloggten Zustand kann man weiter
verfolgt werden – denn Facebook löscht nicht etwa den Login-Cookie,
sondern vermerkt nur, daß man jetzt ausgelogt ist.
Per Cookie können auch Leute verfolgt werden, die keinen
Facebook-Account haben. Dort fehlt zwar die Zuordnung zu einer konkreten
Person, wer aber seine Cookies nicht regelmäßig löscht, kann aber auch
bei einer zukünfigen Anmeldung bei Facebook noch nachträglich seinem
Surfprofil zugeordnet werden.
„Haha“, sagt der Facebook-Fan, „ich melde mich einfach pseudonym an!“
Dumm gelaufen nur, daß das gegen die AGB von Facebook verstößt. Laut c’t
werden neuerdings beim Einloggen stichprobenartig Fotos der Freunde
präsentiert zusammen mit der Frage, ob das Foto wirklich zum Namen
passt. (Noch) ohne Konsequenzen, falls nicht.
Alle diese Daten nutzen natürlich nicht nur Facebook, sondern auch
staatlichen Stellen, die gerne ein paar Personenauskünfte haben möchten.
Und diese staatlichen Stellen sind nicht immer so zivilisiert wie unsere
es zum Glück noch weitestgehend sind.
4) Facebook ist proprietär und zentralisiert
Facebook ist Closed Source. Facebook bietet zwar Schnittstellen,
allerdings nur für ein eingeschränktes Set an Möglichkeiten.
Beispielsweise ist es nicht möglich, sich aus einem anderen Netzwerk
heraus mit jemanden bei Facebook zu „befreunden“.
Damit ist Facebook ein klassischer Single Point of Failure¹. Weniger im
Sinne der Fehlerwahrscheinlichkeit als in Hinsicht auf Beeinflußbarkeit.
Dadurch, daß Facebook im Walled Garden Facebook logischerweise eine
Monopolstellung hat, wird Zensur und das Unterdrücken / Aussperren
unliebsamer Menschen, Organisationen und Meinungen sehr einfach.
Freie und dezentrale Alternativen existieren. Als Beispiele seinen
Friendica² und Diaspora*³ genannt. Für Microblogging bietet sich noch
status.net⁴⁵ an.
¹ https://de.wikipedia.org/wiki/Single_Point_of_Failure
² http://friendica.com/
³ http://diasporaproject.org/
⁴ https://status.net/
⁵ https://identi.ca/
5) Facebook nimmt Dir die Rechte an Deinen Inhalten
„Du gibst uns eine nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare,
unentgeltliche, weltweite Lizenz für die Nutzung jeglicher IP-Inhalte,
die du auf oder im Zusammenhang mit Facebook postest.“¹
Dieser Satz sagt schon alles. Facebook darf deine Inhalte nicht nur
(kommerziell) verwerten, sondern auch an andere Firmen zu beliebigen
Zwecken weitergeben. Und Geld dafür nehmen. Weltweit. Ohne Dich vorher
zu fragen.
¹ http://www.facebook.com/note.php?note_id=10150282876970301
A) Und Twitter ist besser?
Nein, denn Twitter macht genau den selben Quark, den Facebook auch
macht. Und auch Twitter ist zentralisiert und geschlossen.
Aber: Twitter ist grundsätzlich öffentlich. Anders als bei Facebook gibt
es erstens weniger Daten und zweitens keine Möglichkeit, Daten und Fotos
nicht-öffentlich hochzuladen – es sei denn, man verschließt seine
komplette Timeline gegenüber Menschen, die man nicht abonniert hat. Also
kann man auch nicht aus Versehen oder durch eine Änderung der
Modalitäten seitens Twitter Dinge öffentlich zugänglich machen, die nur
für einen kleinen Personenkreis gedacht waren.
Fazit:
Alle oben genannten Punkte widersprechen explizit im Wahlprogramm
formulierten Zielen der Piraten.
Privat darf natürlich jeder Pirat weiterhin alle Dienste nutzen, die er
möchte. Allerdings finde ich persönlich es befremdlich, wenn erklärte
„Kernis“ dann plötzlich bei Facebook, Google+, Twitter und Konsorten
auftauchen. Die Partei, ihre Organe und Gliederungen jedoch sollten auf
keinen Fall aktiv ein Tool nutzen, das so eklatant anders handelt als
wir im Programm verlangen und fördern möchten.
Keine Präsenz dort zu zeigen oder sogar bestehende Seiten zu schließen,
ist allerdings auch keine Lösung. 2 Minuten später taucht dann jemand
auf und erstellt sie wieder, nur daß wir dann als Partei keine Kontrolle
mehr darüber haben. Stattdessen sollten wir die Präsenzen zur Aufklärung
nutzen und nach außerhalb des umzäunten Gartens linken.
Gruß,
ka’imi
--
ordinärer Crewmensch und Teilzeittroll
https://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:Ka'imi
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Liebe Mailinglistenadmins, nehmt in Eure Whitelists doch bitte
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auf. Danke!
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