nds-wolfsburg AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Ortsgruppe Wolfsburg (Niedersachsen)
Listenarchiv
- From: "Tobias Erichsen" <t.erichsen AT gmx.de>
- To: nds-wolfsburg AT lists.piratenpartei.de
- Subject: [NDS-Wolfsburg] Tolle Übersicht! Piratenfragen und Antworten
- Date: Thu, 24 Sep 2009 15:01:39 +0200
- List-archive: <http://service.piratenpartei.de/pipermail/nds-wolfsburg>
- List-id: "Ortsgruppe Wolfsburg \(Niedersachsen\)" <nds-wolfsburg.lists.piratenpartei.de>
Hallo allerseits,
ich habe auf Xing in der Piratengruppe eine gute Zusammenfassung
von typischen Fragen zur Piratenpartei gefunden. Diese stammt
von einem der Moderatoren dort und ist sicherlich eine gute
Sammlung von Argumenten bei Unterhaltungen mit potentiellen
Wählern:
11 Richtigstellungen zur Piratenpartei
Zu folgenden Punkten:
1. Piratenpartei? Ach, ihr seid doch nur eine Spasspartei!
2. Warum habt ihr dann diesen Namen?
3. Ihr seid doch die, die alles kostenlos aus dem Internet runterladen wollen!
4. Hm, dann wollt ihr nicht das Urheberrecht abschaffen?
5. Ihr seid doch nur für Internet-Benutzer interessant
6. Aber trotzdem wollt ihr doch, dass das Netz ein rechtsfreier Raum bleibt,
oder?
7. Seid ihr nun eigentlich rechts oder links?
8. Benachteiligt die Piratenpartei Frauen?
9. Ihr habt ja gar nix zu Sozial-/Umwelt-/Wirtschaftspolitik in eurem
Programm!
10. Warum versuchen eure Mitglieder nicht in den etablierten Parteien etwas
zu bewegen?
11. Und wenn ihr die 5%-Huerde nicht schafft? Dann verschwende ich doch meine
Stimme …
Disclaimer: Auch wenn ich im weiteren Verlauf von der Piratenpartei oft als
“wir” spreche, ist dieser Artikel natürlich keine offizielle Äußerung der
Partei, sondern nur von mir als einzelnem Mitglied.
1. Piratenpartei? Ach, ihr seid doch nur eine Spasspartei!
Unser Name mag nicht besonders seriös wirken, aber unsere Themen sind sehr
ernst: Stärkung der Bürgerrechte, Schutz der Privatsphäre, mehr direkte
Demokratie und freier Zugang zu Bildung. (Vollständiges Wahlprogramm lesen.
http://klarmachen-zum-aendern.de/wahlprogramm/ )
Eine Spaßpartei würde kaum eine solche Eintrittswelle (von unter 1000 auf
über 8000 Mitglieder in nur 4 Monaten) und ein solches Engagement auslösen.
Und das vor allem in Altersgruppen die bisher als politikverdrossen
abgeschrieben wurden.
2. Warum habt ihr dann diesen Namen?
Die allererste Piratenpartei entstand in Schweden als Reaktion auf die
Musikindustrie, die Filesharer als “Verbrecher” und “Piraten” bezeichnete.
Die Gründer nahmen den Begriff ironisch auf und wollten ihn positiv besetzen.
Als sich in ganz Europa und darüberhinaus Schwesternparteien gründeten,
übernahmen sie den Namen. Auch mich hat der Name anfangs sehr befremdet, aber
nachdem man sich erstmal mit dem Namen angefreundet hat, bietet er viel
kreatives Gestaltungspotenzial :) Außerdem zählen doch die Inhalte, oder
nicht?
3. Ihr seid doch die, die alles kostenlos aus dem Internet runterladen wollen!
Nein, es geht uns nicht um kostenlose Downloads. Uns ist durchaus klar, dass
Künstler eine angemessene Bezahlung verdienen!
Aber das Internet ändert gerade massiv und unumkehrbar die Spielregeln:
Bisher gibt es Künstler, Konsumenten und die Verwertungsgesellschaften. Die
Verwerter waren ursprünglich dazu da, Kultur zugänglich zu machen. Sie kaufen
Künstlern die Rechte an deren Werke ab und vervielfältigen sie. Dabei
entstand ein einträglicher Markt. Rechteverwerter verdienen im Normalfall
viel mehr an den Kulturgütern
http://www.tagesspiegel.de/kultur/Urheberrecht;art772,283579... , als
diejenigen, die sie erschaffen haben.
Die jetztigen Verwertungsmodelle, pervertieren oftmals die ursprünglichen
Absichten, so ist z.B. eine junge Sängerin finanziell ruiniert, weil sie für
ihre Konzerte GEMA-Gebühren für ihre eigenen Stücke zahlen muss
http://www.gulli.com/news/gema-s-ngerin-barbara-clear-2009-0... oder die FAZ
kann Artikel von Elke Heidenreich ohne deren Einverständnis als Buch
veröffentlichen
http://www.freitag.de/community/blogs/joachim-losehand/wir-s... .
Seit einigen Jahren macht das Internet die Verwerter als Vervielfältiger
überflüssig. Es gibt bereits erfolgreiche Geschäftsmodelle mit denen
Kulturschaffende ihre Werke direkt an ihre Konsumenten verkaufen, sowohl
große international bekannte wie Radiohead, als auch kleine weniger bekannnte
wie Angelika Express.
Kein Wunder, dass die Lobby der Verwerter - Musik-Labels, Verlage und
Film-Verleihe - laut aufschreit und versucht ihre Pfründe zu sichern.
Die Piratenpartei wehrt sich dagegen, dass Filesharer kriminalisiert werden.
Sich privat eine Kopie z.B. von der CD eines Freundes zu machen, ist
vollkommen legal und sollte es auch bleiben, wenn diese Kopie digital ist.
Kopien die verkauft werden (Raubkopien) sollten weiterhin illegal sein.
4. Hm, dann wollt ihr nicht das Urheberrecht abschaffen?
Nein, wir wollen das Urheberrecht reformieren um den Interessen von Urhebern
und Konsumenten gleichermaßen Rechnung zu tragen. Das Urheberrecht in seiner
jetztigen Form war ja auch nicht immer so
http://www.artnet.de/magazine/features/ortland/ortland08-21-... .
Mehr zur Urheberrechtsreform finden Sie in unserem Wahlprogramm.
http://klarmachen-zum-aendern.de/wahlprogramm/#Urheberrecht_...
5. Ihr seid doch nur für Internet-Benutzer interessat
Wieder ein klares Nein. Unsere Themen berühren unser alltägliches Leben:
* Abbau unserer Bürgerrechte
* zunehmende Überwachung, on- wie offline z.B. durch Kameras oder Handyortung
* die zentrale Speicherung unserer Krankenakten auf der Gesundheitskarte
* Studiengebühren & Büchergeld
* Abgeben unserer Fingeabdrücke
* Einsicht in unsere Konten für die USA
* …
Es stimmt, dass die Ursprünge der Piratenpartei im Internet liegen und das
wir uns ohne niemals so schnell zu einem handlungsfähigen Ganzen hätten
organisieren können, aber unsere Ziele betreffen weit mehr als das Internet.
6. Aber trotzdem wollt ihr doch, dass das Netz ein rechtsfreier Raum bleibt,
oder?
In aller Deutlichkeit: Das Internet war nie ein rechtsfreier Raum. Bei der
Phrase vom “rechtsfreien Raum” handelt es sich um eine populistische
Redewendung von Politiker auf Stimmenfang. Tatsächlich ist alles was im
Internet verfügbar ist, irgendwo auf der Welt auf einem Computer (genannt
“Server”) gespeichert. Die Inhalte sind nach dem Recht des Landes strafbar,
in dem dieser Computer steht. Alles was auf deutschen Servern angeboten wird,
ist also hier strafbar. Politiker verweisen an dieser Stelle gerne auf Server
im Ausland, an die man dann nicht drankomme. Schwerwiegende Straftaten sind
in jedem Land mit nennenswerter IT-Infrastruktur strafbar. Gerade bei der
gern herangezogenen Kinderpornographie hat es Frau von der Leyen noch nicht
geschafft ein Land zu nennen, in dem Kinderpornographie kein Straftatbestand
ist. (Versucht hatte sie Kasachstan, Indien und “den Ostblock”, die aber
sämtlichst Gesetze dagegen haben.)
An dieser Stelle hat es ein besonderes Geschmäckle, dass Phishing-Seiten, die
versuchen Bank- und Kreditkartendaten zu ergaunern, binnen Stunden gelöscht
werden, egal wo sie auf der Welt liegen. Dort geht also was bei
kinderpornographischen Inhalten angeblich nicht geht, weswegen wir unbedingt
eine Zensurinfrastruktur brauchen, die für ihren vorgeblichen Zweck technisch
völlig ungeeignet ist. An dieser Stelle mag jeder seine eigenen Schlüsse
ziehen…
Um zur Ursprungsfrage zurückzukehren: Wir wollen, dass das Internet
zensurfrei bleibt und darüberhinaus Netzneutralität garantiert wird. Schon
jetzt hat das Netz die Lebenswelt weiter Teile der Bevölkerung massiv
verändert. Es öffnet ungeahnte Möglichkeiten des Austauschs mit anderen
Menschen und den Zugang zum Wissen der Welt. Das wird sich ähnlich radikal
auswirken, wie die Erfindung des Buchdrucks. Damals wie heute, betrachtet man
neue Kulturtechniken mit Skepsis. Netzferne konzentrieren sich auf schlechtes
im Internet, aber vergessen das enorme Potenzial für Wissen, Kultur und
Partizipation - auch und gerade für Personen die in ihrer Mobilität
eingeschränkt sind.
All die schlimmen Dinge die dem Internet momentan angekreidet werden, wie
z.B. Mobbing, passieren auch im wahren Leben. Manche schlimmen Dinge, wie
z.B. Körperverletzung gehen aber nicht. Insgesamt ist das Internet genau so
gut oder schlecht wie die Menschen darin.
7. Seid ihr nun eigentlich rechts oder links?
http://wiki.piratenpartei.de/Politisches_Spektrum Die meisten Leute
irritiert, dass sich die Piraten nicht in das gängige Links-Rechts-Schema
einordnen lassen. Wir selbst sehen uns als weder links noch rechts und am
ehesten als humanistische Partei. Wenn man statt des einfachen Links-Rechts
ein Wertedreieck zugrunde legt, wird klar, dass die Piratenpartei eine bisher
unbesetzte Nische abdeckt.
8. Benachteiligt die Piratenpartei Frauen?
Ich, die ich diese Zeilen schreibe und eine Frau bin, finde das schonmal
nicht. Mehr dazu schreibt Mela im Piraten-Newsletter.
9. Ihr habt ja gar nix zu Sozial-/Umwelt-/Wirtschaftspolitik in eurem
Programm! Eine Partei die regieren will, muss darauf Antworten geben!
Ich sehe die thematische Einschränkung als Vorteil, weil meine Stimme so
einem ganz bestimmten Themenbereich in den Fokus rückt.
Momentan äussern wir uns nur zu den Themen von denen wir wirklich Ahnung
haben. Im Zuge unseres gewaltigen Mitglieder-Zuwachses werden wir schon in
naher Zukunft Positionen zu weiteren wichtigen Themen erarbeiten können. Bis
dahin wenden wir das Nuhr’sche Prinzip an, was ich mir auch von anderen
Politikern dringend wünschen würde.
Ansonsten werden wir, falls wir die 5%-Hürde überspringen, nicht allein im
Parlament sein und müssen daher (noch) nicht auf alles eine Antwort haben.
Hier ein Beispiel, wie die Grundhaltung der Piratenpartei auf andere Bereiche
ausgedeutet werden kann. Und ich zumindest habe für nach der Bundestagswahl
schon mehrere soziale Missstände im Auge, die ich gern mit und durch die
Piraten angehen würde.
10. Warum versuchen eure Mitglieder nicht in den etablierten Parteien etwas
zu bewegen?
Ich glaube einfach nicht mehr daran, dass die Regierung bzw. die
Parteispitzen sich ohne Druck bewegen. Eine neue, überraschend erfolgreiche
Partei die Stimmen, dadurch bares Geld und bequeme Posten und Pöstchen kosten
kann, erzeugt diesen Druck.
Als es um die Internetsperren ging, waren die meisten
Partei-Jugendorganisationen dagegen, konnten sich aber innerhalb ihrer Partei
kein Gehör verschaffen.
Wenn ich meine Stimme den Grünen gebe, weiss niemand, ob mich Umweltpolitik
oder Bürgerrechte dazu bewegt haben. Bei den Piraten ist meine Motivation
klarer. Abgesehen davon, haben die Grünen während ihrer Regierungszeit
Schilys Otto-Kataloge abgesegnet, auf denen Schäuble dann aufgebaut hat. Auch
für die FDP sind Bürgerrechte nur ein Lippenbekenntnis: Obwohl sie versucht
sich im Bundestagswahlkampf als Bürgerrechtspartei zu positionieren, hat sie
gerade soeben, am 21.9.2009, in Sachsen für mehr Überwachung gestimmt.
Ausserdem will sie mit der CDU koalieren. Dreimal dürfen wir raten, wer dann
Innenminister bleibt…
Hier gibt es einen Vergleich wie die etablierten Parteien über
Bürgerrechts-relevante Themen abgestimmt haben.
http://buergerrechte-waehlen.hermes-net.de/index.php?option=...
11. Und wenn ihr die 5%-Huerde nicht schafft? Dann verschwende ich doch meine
Stimme …
Erstens sind die 5% bei der aktuellen Dynamik gar nicht sooo unrealistisch
und zweitens ist eine Stimme für die Piraten nie verschwendet, sondern immer
ein deutliches Zeichen für Bürgerrechte, Freiheit und Demokratie. Warum das
so ist, hat Martina hier wunderbar zusammengefasst
http://klarmachen-zum-aendern.de/2009/09/ist-meine-stimme-ni... .
Bitte geh am 27. September wählen! (Selbst wenn es nicht die Piraten werden.)
Klarmachen zum Ändern!
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- [NDS-Wolfsburg] Tolle Übersicht! Piratenfragen und Antworten, Tobias Erichsen, 24.09.2009
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