- From: Christian Jordan - Piraten Diepholz <christian.jordan AT piraten-diepholz.de>
- To: Kreisverband Diepholz <NDS-Diepholz AT lists.piratenpartei.de>, Dorian Spange Verteiler <nienburg AT lists.piraten-nds.de>
- Subject: [NDS-Diepholz] Geflügelschlachthof in Wietzen LK Nienburg
- Date: Thu, 5 Jul 2012 15:45:21 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/nds-diepholz>
- List-id: Kreisverband Diepholz <nds-diepholz.lists.piratenpartei.de>
Ahoi,
anbei ein Statement meinerseits aus der leicht "Grünen-Piratenseite" in mir.
...
in Wietze (Landkreis Celle) steht der – nicht ausgelastete – Geflügelschlachthof der Firma Rothkötter mit einer Schlachtkapazität von ~ 135 Millionen Tieren.
In Wietzen (Landkreis Nienburg) beabsichtigt die Firma WIESENHOF einen alten Geflügelschlachthof abzureissen und durch einen neuen mit einer Kapazität von
60-90 Millionen Tieren zu errichten.
Dies macht zusammen etwa 200 Millionen (200.000.000) Tiere pro Jahr!
Wietzen liegt direkt an der B6 an der Grenze der Landkreise Diepholz und Nienburg.
In erster Linie soll dieser Bau saisonale Schwankungen besser abfangen und natürlich eine Konkurrenz zur errichteten Schlachthof in Wietze (Celle) sein.
Die Auswirkungen des Schlachthofe ins Wietze haben wir bis an unsere Landkreisgrenzen gespürt. Beispielsweise die BI in Rodewald gegen die Errichtung der Ställe.
Bei einem Neubau und einer Vergrößerung des Schlachthofes in Wietzen, muss auch dieser ausgelastet sein. D.h. die Produktionsmenge von mindestens 130.000 Tieren am Tag muss gewährleistet sein.
Die Reguläre Mastdauer eines industriell Erzeugten Hähnchens dauert in der Regel 32 bis 56 Tage. Oftmals sind es nicht mehr als 35 Tage.
Das allseits beliebte Argument "Der Verbraucher möchte es Billig" kann meines Erachtens nach hier nicht angewendet werden.
Der Verbraucher hat kaum eine andere Wahl ausser zwischen Fleisch aus Massentierhaltung oder teurem Biofleisch zu wählen.
Natürlich muss es sich jeder Leisten können - dies ist absolut keine Frage.
Aber: Wir leben in einer absoluten Überproduktion und produzieren mehr als wir verwerten können. Vor allem Hähnchenfleisch wird oftmals zum Exportgut.
Vor wenigen Wochen wurde uns vorgerechnet wie viele KG an Lebensmitteln jeder Haushalt im Jahr wegwirft.
Anstatt solche Mastanlagen und Schlachtanlagen zu Subventionen wäre das Geld im Sozialwesen vermutlich besser aufgehoben. Vor allem, da in erster Linie die großen Konzerne daran profitieren. Nur je größer dieses Netz wird, umso schwerer ist es änderbar der starke politischen Einfluss dieser Firmen verstärkt das ganze.
Zudem gehört eine Aufklärung der Verbraucher dazu, die bereits in der Schule anfangen muss um die Notwendigkeit hochwertiger Lebensmittel zu rechtfertigen.
Auch eine niedrige Besteuerung könnte die Schwelle zwischen Massenerzeugung- und konventionellem Fleischerzeugung für den Verbraucher erträglicher machen.
Dies sind allerdings keine Themen für uns als Kreisverbände - sondern Landes und Bundesthemen.
Nur welche Gefahren sind wir bereit dadurch zu tragen.
Von 1970 bis 2009 hat sich die weltweite Fleischproduktion fast verdreifacht: Von knapp über 100 Mio. Tonnen auf fast 300 Mio. Tonnen pro Jahr. Jeder Deutsche isst pro Jahr im Schnitt rund 60 kg Fleisch. Gesund, aus der Sicht von Ärzten und Ernährungseperten wäre weniger
als die Hälfte.
Eine Fläche von der Größe Österreichs wird benötigt, um den Hunger auf Fleisch der Deutschen zu befriedigen: 8,42 Millionen Hektar – fast die Hälfte der Fläche, die wir Deutschen für unsere Ernährung benötigen (18,8 Mio. ha.) Einen beachtlichen Anteil dieser Fläche belegen wir in Südamerika. Dort werden für den Anbau von Futtermitteln, wie Soja, Wälder gerodet und wertvolle Ökosysteme zerstört. Dies nur zu den Globalen Auswirkungen.
Nach Recherchen des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sind in Deutschland in den Jahren 2008 und 2009 jeweils über eine Milliarde Euro an Agrarsubventionen in die industrielle Massentierhaltung von Schweinen und Geflügel geflossen. Pro Jahr wurden davon rund 950 Millionen für den Anbau von Futtermitteln für Mastschweine, Masthühner und Puten ausgegeben. Der Bau großer Mastanlagen wurde im Jahr mit durchschnittlich etwa 80 Millionen Euro bezuschusst. Knapp 20 Millionen Euro gingen jährlich, meist in Form von Exportsubventionen, direkt an die zehn größten Schlachtfirmen - dazu zählt auch Wiesenhof.
Aber gerade Lohnmastbetriebe welche sich dem Preisdruck der großen Firmen wie Wiesenhof unterordnen müssen, können gar nicht anders als sich diesem Druck zu beugen.
Dabei bleibt die Qualität durch die intensive Aufzucht auf der Strecke. Termine müssen eingehalten werden und eine nicht abzustreitende Gesundheitliche Gefahr für die Bevölkerung wird zugunsten einer billigen Produktionskette in Kauf genommen.
Von der Abnahme der Küken, über das Futter bis hin zu den Arzneimitteln sind die Betreiber dabei an Wiesenhof gebunden.
Dies ist natürlich Ermessenssache eines jeden Landwirtes. Immerhin haben sich diese die Lohnmast als Haupterwerb ausgesucht. In vielen Fällen bleibt Ihnen aber auch kein anderer Weg, da der Preisdruck in der Landwirtschaft stetig steigt.
Auch wenn nach Wiesenhof aussage keine neuen Mäster herangezogen werden, muss die Anlage ausgelastet laufen. Hier wird es nur eine Frage der zeit sein, bis die bereits existierenden Ställe ausgeweitet und vergrößert werden.
Auch die Arbeitsplätze in solchen Schlachtereien werden zum größten Teil mit Arbeitern aus Osteuropäischen Ländern besetzt, die dort zum Teil für Billiglöhne eine Knochenarbeit verrichten so das auch die oft so beliebte "Wir schaffen Arbeitsplätze" Taktik nicht unbedingt zum tragen kommt.
Auch ist es den Kommunen sowie den Bürgern in den meiste Fällen nicht möglich Einsprüche gegen solche Projekte wie Ställe geltend zu machen die auch noch dem privilegierten Baurecht unterliegen.
"eine Privilegierung im Außenbereich für Anlagen, die “einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt”.
Hierbei wird unter dem Deckmantel der "Landwirtschaft" ein Schlupfloch für die Massentierhaltung geschaffen. Das Baurecht muss gezielt geändert werden, um den Kommunen den Eingriff in das Planungsrecht zu ermöglichen.
Dies kann nur aktiv gefordert und gemeinsam durchgesetzt werden.
In ländlichen Bereichen nehmen die Planungen für solche Bauvorhaben stetig zu. Ökosysteme werden dadurch zerstört.
Wer die Medien verfolgt hat wird am Montag die Meldungen aus NRW gesehen / gelesen haben: http://www.stern.de/news2/aktuell/studie-in-nrw-ein-huhn-ohne-antibiotika-ist-eine-raritaet-1850696.html Nordrhein-Westfalens Verbraucherschutzminister Remmel hat in einer Studie den massiven Einsatz von Antibiotika in der Hähnchenhaltung bestätigt.
Bei dieser Menge an Tieren in einem Stall ist die Verbreitung von Krankheiten unaufhaltsam. Im Schnitt werden die Tiere innerhalb der ca. 35 tägigen Mastdauer 2,4 mal mit Antibiotika behandelt.
Auch in
Niedersachsen, dem größten Agrarland der Republik, müssen wir die Geschehnisse
mit aller Sorgfalt verfolgen.
Antibiotikarückstände
sind zudem für das immer ernsthafter werdende Problem der Infektionen durch
multiresistente Bakterien mitverantwortlich unter denen in erster Linie die
medizinischen Einrichtungen leiden. Die Folgen solcher Infektionen sind nicht
zuletzt ein erheblicher Kostenfaktor im Gesundheitswesen sowie eine Gefahr für
bereits Immungeschwächte Patienten und führen oftmals zum Tod .
Daher ist
nicht nur in der Human- sondern auch in der Veterinärmedizin verantwortungsvoller
Umgang mit Antibiotika unerlässlich.
Wir Piraten sollten daher daher die Forderung zu stärkeren Kontrollendes Antibiotikaeinsatzes in der
Tierhaltung unterstützen. Die Zahlen müssen exakt erfasst und ausgewertet werden.
Billige Lebensmittel
in Masse zu produzieren sollte nicht auf Kosten unser aller Gesundheit
gehen.
Veterinärantibiotika gelangen zudem über Gülle
und Trockenkot auf Felder und Weiden, ebenfalls ist das überleben solcher Keime
in Gärresten von Biogasanlagen noch strittig, nach dem ausbringen gelangen
diese von dort durch partielles Abschwemmen mit dem Regen in
Oberflächengewässer und über Versickern im Boden teilweise auch bis ins
Grundwasser.
Hühnertrockenkot ist zudem ein sehr gutes Koferment für Biogasanlagen aufgrund der ausbeute an Methangas. Diese lässt sich in solchen Anlagen nahezu ohne Umstände entsorgen. Wird dazu zum Teil mehrere hundert Kilometer durch die Republik gefahren oder wie auch hier zum Teil aus den Niederlanden etc. importiert. Wie weiter oben und unter Quellenangabe bereits angegeben ist auch hier die Keimfreiheit nicht gewährleistet.
Auch aus Sicht des Tierschutzes sind diese Ställe stark umstritten.
Die Tiere fristen Ihr Leben in unwürdiger Enge und der Knochenbau der Tiere kann bei der starken Zunahme an Muskelfleisch nicht mithalten.
Daher die Frage ob man dies unter dem Deckmantel des Faktor Wirtschaftlichkeit in kauf nehmen sollte.
Wir leben in einer angeblich so modernen Welt und erwarten Achtung von unserem Gegenüber. Dann sollten wir diese Achtung auch unser Umwelt und auch den Tieren zollen - selbst wenn diese "nur" als Nahrungsmittel angesehen werden.
Ich bin keine aktiver Tierschützer, allerdings sagt mir alleine mein gesunder Menschenverstand das hier etwas schief läuft und dringend Handlungsbedarf besteht.
Ich möchte mich aber auch nicht als Lobbyist outen - selbst Bürgerinitiativen sind für sich eine eigene Interessen Lobby. Daher ist es unumgehbar sich eine fundierte, mit Fakten belegte Meinung zu bilden.
Und diese Fakten sind in meinem Augen in dieser Thematik eindeutig. Und dies sollten wir als Bürger und Piraten nicht erdulden müssen, nur um die Einnahmen großer Unternehmen zu fördern.
Wirtschaftliche Interessen sollten weit hinter unser Gesundheit und unserem Mitentscheidungsrecht stehen. Und die Bevölkerung muss aufgeklärt und informiert werden.
Daher würde ich diese Problematik gerne auf Kreisebene (Piraten Diepholz Nienburg) sowie auf Landesebene (AG Landwirtschaft) aufgreifen wollen.
Schöne Grüße
Christian
Christian Jordan
Kreisverband Diepholz
Sulinger Strasse 106
27305 Bruchhausen-Vilsen
Tel.: 0160 / 90232234
Twitter: Pirat_CJ
Haftungsbeschränkung/Disclaimer
Diese Email-Nachricht ist vertraulich und ausschließlich für den benannten Empfänger bestimmt.
Sie dient nur dem Informationsaustausch. Wir können auf diesem Wege keine rechtsgeschäftlichen Erklärungen
entgegennehmen oder abgeben. Sollten Sie nicht der bestimmte Empfänger sein, bitten wir Sie, den Absender zu informieren.
In diesem Fall löschen Sie bitte außerdem diese Nachricht. Sie dürfen eine nicht für Sie bestimmte Nachricht oder Anhang weder
speichern noch an Dritte weiterleiten. Für die Vollständigkeit oder Richtigkeit dieser Nachricht können wir keine Haftung übernehmen.
- [NDS-Diepholz] Geflügelschlachthof in Wietzen LK Nienburg, Christian Jordan - Piraten Diepholz, 05.07.2012
Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.