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bergisches-land - [Bergisches Land] das grosse Schweigen

bergisches-land@lists.piratenpartei.de

Betreff: Regionalgruppe Bergisches Land (Nordrhein-Westfalen)

Listenarchiv

[Bergisches Land] das grosse Schweigen


Chronologisch Thread 
  • From: Gerhard Raeder <piratgerd@gmail.com>
  • To: bergisches-land@lists.piratenpartei.de
  • Subject: [Bergisches Land] das grosse Schweigen
  • Date: Thu, 19 Apr 2012 22:21:57 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/private/bergisches-land>
  • List-id: "Regionalgruppe Bergisches Land \(Nordrhein-Westfalen\)" <bergisches-land.lists.piratenpartei.de>

Ahoi Piraten,

der Schreiber des nachfolgenden Textes hat übersehen, dass es uns Piraten
gibt.
Somit gibt es doch noch Hoffnung.
Beste Grüße
Piratgerd




Das große Schweigen - von Julian-Gabriel Konopka (ehemals Occupy Düsseldorf)


"Angesichts der historischen Vorgänge in der Eurozone, gewaltiger
Umverteilungsmaßnahmen und zunehmenden Demokratieentzug ist es
verdächtig ruhig auf den Straßen. Doch am Ende kann niemand sagen, er
hätte das, was uns bevorsteht, nicht kommen sehen können.


Als Wilhelm Hankel und Joachim Starbatty als D-Mark Nationalisten
beschimpft wurden, habe ich geschwiegen, denn ich wollte kein D-Mark
Nationalist sein.

Als Heiner Flassbeck vor den Ungleichgewichten innerhalb der Eurozone
warnte, habe ich geschwiegen, denn ich wollte kein Anhänger eines
Gutmenschen-Ökonomen sein.

Als Hans-Olaf Henkel als Euro-Sarrazin verunglimpft wurde, habe ich
geschwiegen, denn ich wollte mich nicht mit Rechtspopulisten gemein
machen.

Als Albrecht Müller vom Versagen unserer Medien, von Meinungsmache und
Gehirnwäsche sprach, habe ich geschwiegen, denn ich wollte kein
Verschwörungstheoretiker sein.

Als die Linkspartei unter die Beobachtung des Verfassungsschutzes
gestellt wurde, habe ich geschwiegen, denn ich hatte Vorbehalte gegen
die SED-Nachfolgepartei.

Als Stefan Homburg mit Griechenland-Anleihen spekulierte, habe ich
geschwiegen, weil ich nicht an die grenzenlose Haftungsbereitschaft
der Bundesregierung glaubte.

Als Hans-Werner Sinn das Target-Problem aufdeckte, welches ursächlich
war für die offiziellen Rettungsschirme, habe ich geschwiegen, denn
ich glaubte, wir retten unsere europäischen Freunde – nicht deren
Geldgeber.

Als Wolfgang Bosbach von seiner eigenen Partei gemobbt wurde, nachdem
er sich der Stimme für die Bankenrettungsschirme verweigerte, habe ich
geschwiegen, denn ich glaubte, er betreibe Profilierung auf eigene
Rechnung.

Als der Euro-Mitgliederentscheid von Frank Schäffler erkennbar
manipuliert wurde, der drastische Schulden- und somit Gewinnschnitte
für die Anleihebesitzer der Randstaaten vorsah, habe ich geschwiegen,
denn meine Kanzlerin behauptete: „Scheitert der Euro, scheitert
Europa“.

Als die Fraktionen des Deutschen Bundestags Norbert Lammert
bedrängten, er möge den Kritikern innerhalb der Bundesregierung nicht
länger das Wort erteilen, habe ich geschwiegen, denn ich hatte mich
längst damit abgefunden, dass wir nicht mehr in einer Demokratie
leben.

Als Max Otte schrieb, wir leben mittlerweile in einer
Finanzoligarchie, begann ich, die Handlungsfäden miteinander zu
verknüpfen, mein Schweigen zu brechen und auf die Straße zu gehen.
Doch als ich das Spiel von „Teile und Herrsche“ hinlänglich begriff,
mir die Dimensionen unserer Belastungen vergegenwärtigte und erkannte,
wessen Vermögen wir über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)
in Verbindung mit dem Fiskalpakt tatsächlich retten, gab ich mich
wieder „Brot und Spielen“ hin. So wie es all jene tun, die den
Leidensdruck entweder (noch) nicht spüren oder für die der
Leidensdruck unerträglich geworden ist.

In den USA gehen die Professoren Chomsky, Stiglitz, Zizek und Graeber
auf die Straße, unter weitaus gefährlicheren Bedingungen als bei uns.
Und hier? „Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf“
(Johann-Wolfgang von Goethe). Das einstige Land der Dichter und Denker
liegt im Tiefschlaf, während sich seine letzten wackeren
Bundestagsabgeordneten und seine renommiertesten
Wirtschaftswissenschaftler im ideologischen Grabenkampf befinden.
Unsere Begriffe sind verwirrt, unsere intellektuellen Bindekräfte
versiegt, die Bevölkerung weithin verzagt, verblödet oder verzweifelt.

In wenigen Wochen werde ich meinen Wahlbogen für NRW in Händen halten.
Ich werde ihn mitnehmen und als Lesezeichen für die Bücher all jener
Kritiker verwenden, die nicht den Mut aufgebracht haben, auf der
Straße Präsenz zu zeigen, ihre Worte zu wiederholen und gemeinsam das
Schweigen in diesem Land zu brechen. Strecken wir die Waffen – die
Gouverneure mögen übernehmen. Das ist der Preis für unsere
Indifferenz."




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