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bergisches-land - [Bergisches Land] von Arnim: Infrastruktur im Städtedreieck (zu lang zum Lesen)

bergisches-land@lists.piratenpartei.de

Betreff: Regionalgruppe Bergisches Land (Nordrhein-Westfalen)

Listenarchiv

[Bergisches Land] von Arnim: Infrastruktur im Städtedreieck (zu lang zum Lesen)


Chronologisch Thread 
  • From: derwuppi@pirat-nrw.de
  • To: bergisches-land@lists.piratenpartei.de
  • Subject: [Bergisches Land] von Arnim: Infrastruktur im Städtedreieck (zu lang zum Lesen)
  • Date: Wed, 25 Jan 2012 01:48:52 +0100 (CET)
  • Importance: normal
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/private/bergisches-land>
  • List-id: "Regionalgruppe Bergisches Land \(Nordrhein-Westfalen\)" <bergisches-land.lists.piratenpartei.de>
  • Sensitivity: Normal

Ahoi.

Gestern am Stammtisch hatten einige nach genaueren Informationen zu der
zu erwartenden Streckenstillegung zwischen Gruiten und Wuppertal-Vohwinkel
gewünscht. Darum im Folgenden die Meldung als Abschrift, durch die ich
von dem Vorgang erfuhr [Anmerkungsnummern von mir eingefügt]:

---
KBS[1] 485 Aachen/Venlo – Düsseldorf – Hagen
---
Am 17.11.11 hat die DB Netz AG die 3,4 km lange eingleisige elektrifizierte
Hauptbahn mit der Streckennummer 2733 Gruiten – Wuppertal-Vohwinkel zur
Übernahme
durch Dritte[2] ausgeschrieben. Es handelt sich dabei um das fünfte, nur dem
Güterverkehr vorbehaltene südlichste Gleis zwischen den genannten Betriebs-
stellen, das planmäßig lediglich von maximal drei Zügen werktäglich befahren
wird, die dann über die verbleibenden Gleise geleitet werden sollen.
2010 standen Betriebskosten von 12.339 EUR Einnahmen von 18.122 EUR gegenüber,
was unter dem Strich zwar eine schwarze Zahl ergibt, jedoch nur durch
zusätzliche
Erlöse aus außerplanmäßigen Umleiterverkehren [3] in Höhe von 8.342 EUR
möglich
wurde. Als Investitionen in den nächsten Jahren (Standard DB Netz AG [4])
werden
ca. 180.000 EUR angegeben, als (jeweils netto) Kaufpreis 69.824 EUR, als
Pachtzins 5.586 EUR/a und als Kosten für den Eisenbahninfrastrukturanschluß[5]
19.892 EUR/a.
---
(Quelle: Bahn-Report; Heft 1/2012; Hrsg.: Interessengemeinschaft
Schienenverkehr e.V.; Rohr 2011; S. 53f)
---

Ergänzendes Detail aus einer ansonsten weniger ausführlichen Meldung in
"Drehscheibe" (Nr. 237; Heft 1/12 Februar, Köln 2012; S. 77):
Ende der Abgabefrist für ein Angebot auf die Ausschreibung ist der 17.02.2012.

---

Glossar

[1] KBS = Kursbuchstrecke
[2] Die "Ausschreibung zur Übernahme durch Dritte" ist der gesetzlich
 vorgeschriebene, erste Schritt in einem angestrebten Stillegungsverfahren.
[3] Diese "außerplanmäßigen Umleiterverkehre" werden zu einem guten Teil
Überholungen durch verspätete Reisezüge sein, die sonst hinter Güterzügen -
unter
Umständen bis Hagen - hinterherzuckeln müssten ("Ihr Zug hat wegen erhöhter
Streckenauslastung xx Minuten Verspätung" - meint, von den planmäßigen Zügen
ist
leider keiner ausgefallen). Ein zweiter, wesentlicher Teil dieser
"unerwarteten,
nicht zu kalkulierenden Verkehre" wird durch die 'klammheimliche' (vergleiche:
Bergische Wirtschaft; Magazin der Industrie- und Handelskammer Wuppertal-
Remscheid-Solingen; 8/2011, S. 10) Sperrung der Müngstener Brücke für
Güterzüge
im März 2010 (nicht verwechseln mit der Sperrung für Personenzüge im November
des gleichen Jahres) verursacht worden sein, da dadurch solche nach Remscheid
nicht mehr direkt über Solingen geführt werden können, sondern seitdem den
Umweg
über Wuppertal-Oberbarmen nehmen müssen.
Inzwischen steht fest, dass die Müngstener Brücke in den nächsten 25 bis 30
Jahren nicht mehr für den Güterverkehr hergerichtet werden soll. Deswegen muss
man die Güterzüge aus den beiden Richtungen vom Rheintal (Köln und Düsseldorf)
nach Remscheid dem Planverkehr zurechnen, auch wenn die DB Netz AG dieses
bislang
nicht tut.
[4] "Standard DB Netz AG" heißt in diesem Zusammenhang in der Regel, eine
nicht
kostenoptimale "Luxussanierung", die nicht zwingend zu Kapazitätserweiterungen
führt und oft sogar das Gegenteil bewirkt ("S21-Syndrom"). Die Darlegung der
Gründe würde hier zu weit führen, als Stichwort möge "Mischfinanzierung aus
öffentlichen Töpfen" genügen.
[5] Die "Kosten für den Eisenbahninfrastrukturanschluss" meint die Gebühren,
die die DB Netz AG jährlich einfordern würde, damit die Weichen erhalten
bleiben,
über die man vom übrigen Schienennetz auf die hier zur Debatte stehende
Strecke
gelangen könnte. Wieso diese Kosten für einen Eigentümer außerhalb des
DB-Konzerns höher sein sollen, als die gesamten Betriebskosten der Strecke im
Konzerneigentum, erschließt sich nicht mit sachbezogener Logik.

Fazit:
Mit der Stillegung dieses relativ kurzen Gleises, das zudem noch seine
Betriebskosten über die Trassengebühren vollständig selbst erwirtschaftet (was
in der Logik vernetzten Denkens für die Fahrplanstabilität und
Wirtschaftlichkeit des Schienen(teil)netzes nicht einmal notwendig wäre),
würde
die ohnehin schon knappe Kapazität der Schieneninfrastruktur im Zulauf auf
Wuppertal weiter einschränken. Die Netzauswirkungen dieses Kapazitätsabbaus
für
den ICE-Verkehr zwischen Köln und Hamm (– Berlin), sowie den den östlichen VRR
wären fatal und die häufigen Verspätungen auf der sogenannten "Wupperschiene"
würden zum 'fest eingebauten' Dauerzustand. Nutzer der Nahverkehrslinien RE
4, 7
und 13, der RB 48, sowie der S8 können sich schon heute vorstellen, was das
bedeuten würde: Die Betroffenen kämen nicht nur aus Wuppertal, sondern auch
aus
EN und HA, bis hin nach Unna und Hamm.
Auch für die letzten Güterverkehrskunden in Remscheid könnte die Nutzung der
Schiene vollends unattraktiv werden - zumal diese mit einem weiteren
Damoklesschwert, dem baufälligen Rauentaler Tunnel in Oberbarmen, der starken
Steigung im Blombachtal, sowie den Umwegkosten (Trassenkilometer, Treibstoff)
schon heute auf eine harte Geduldsprobe gestellt werden. Die Autofahrer würden
sich sicherlich freuen, ihre 'gut ausgebauten', 'staufreien' Straßen dann mit
diesem zusätzlichen LKW-Verkehr teilen zu dürfen.

Die immanente Unlogik des Vorgangs verlangt geradezu nach Transparenz und der
Offenlegung der wirklichen Gründe für das Vorhaben. Denn die
Schieneninfrastruktur
ist Aufgabe des Bundes, die dieser nur quasi treuhänderisch an die
privatwirtschaftlich organisierte DB Netz AG übertragen hat und für deren
Unterhalt fortlaufend bezahlt.
Als Analogie stelle man sich vor, ein großes Straßenbauunternehmen würde den
Autobahnzubringer von einem Industriegebiet umpflügen, damit die ohnehin
gezahlten, in der Höhe festgelegten, staatlichen Subventionen die Gewinn-
ausweisung des Unternehmens erhöhen könnten.

---

Warum ist das ein Piratenthema?

- Wer den fahrscheinlosen ÖPNV fordert (piratiges Landesthema, welches in der
Öffentlichkeit aufmerksam registriert wurde), muß sich auch Gedanken über die
Rahmenbedingunen machen, in denen dieser stattfindet. Wenn dieser Rahmen
unattraktiv und dysfunktional ist, dann kann man die Wähler mit dem Thema
nicht
erreichen.
- Wer sich Kompetenz in der Kommunalpolitik erarbeiten will, kommt nicht
umhin,
sich allgemein mit der Verkehrsanbindung der Gemeinde auseinanderzusetzen, für
deren Interessen er sich einsetzen möchte.
- Umgang mit notwendigem, funktionierenden, öffentlichem Eigentum durch
demokratisch nicht legitimierte, privatwirtschaftliche Unternehmen.

Was können wir tun?

- Informieren. Zumindest die mit uns sympatisierende, schwarze Seele, die
Mitglied der unaussprechlichen Partei ist, hat den Hinweis schon dankbar
aufgenommen.

- Stellungnahme der örtlichen IHK einholen? Wer hat Kontakte?

- Stellungnahme der örtlichen (w, RS, EN) Ratsparteien über die
Standortverschlechterung einholen?

- Infoaktion im RE 13 der Eurobahn zu Pendlerzeiten? (Absprache mit Keolis,
alle
anderen betroffenen Pendlerzüge werden vom DB-Konzern gefahren.)

- Weitere Vorschläge?

---

Gruß Arnim

Noch ein PS für die "schwarze Seele" ;-), wenn es sie mal wieder gelüstet auf
die
Verräterpartei einzuschlagen:
Irgendein SPD-Hampelmann aus Erkrath hat für den Regional-Express der Linien
RE
4 und 13 einen Halt in Hochdahl gefordert, damit Touristen-Scharen das schöne
Neandertal besuchen können. Als Kompensation hat er den Ausfall des Halts in
Wuppertal-Barmen "angeboten".
Inkompetenz beweist er mit der Forderung mehrfach: Mit dem Zug fährt man in
das
Neandertal auf der von der Regio-Bahn betriebenen Linie S28, die direkt
oberhalb
des Museums einen Haltepunkt unterhält. Die Stadt Erkrath ist Miteigentümer
der
benutzen Bahnstrecke. Desweiteren sind zumindest die Fahrzeuge auf der RE 13
so
modern und spurtstark, daß sie einen zusätzlichen Halt zwischen Düsseldorf und
Vohwinkel einlegen könnten, ohne die Notwendigkeit, die planmäßige
Gesamtfahrzeit zwischen den beiden Stationen zu verlängern. Der billige
Populismus, der Nachbarstadt Wuppertal ans Bein zu pinkeln und ihr etwas
wegnehmen zu wollen, ist technisch schlicht nicht notwendig... (Quelle: a.a.O.
Bahn-Report)



  • [Bergisches Land] von Arnim: Infrastruktur im Städtedreieck (zu lang zum Lesen), derwuppi, 25.01.2012

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