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bergisches-land - [Bergisches Land] Fwd: Re: bug report: Piratiges Grundeinkommen 0.1

bergisches-land@lists.piratenpartei.de

Betreff: Regionalgruppe Bergisches Land (Nordrhein-Westfalen)

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[Bergisches Land] Fwd: Re: bug report: Piratiges Grundeinkommen 0.1


Chronologisch Thread 
  • From: Olaf Wegner <pirat@thoth23.de>
  • To: Bergisches Land <bergisches-land@lists.piratenpartei.de>
  • Subject: [Bergisches Land] Fwd: Re: bug report: Piratiges Grundeinkommen 0.1
  • Date: Thu, 17 Nov 2011 00:24:32 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/private/bergisches-land>
  • List-id: "Regionalgruppe Bergisches Land \(Nordrhein-Westfalen\)" <bergisches-land.lists.piratenpartei.de>

Hallo Arnim,

Wenn jemand nach unserem Modell 1041,67 Euro verdient, würde er bei
einer Flat-Tax von 48% 500 Euro Steuern zahlen. Gleichzeitig würde er
500 Euro Grundeinkommen erhalten. Praktisch würde er also keine Steuern
zahlen; das ist der Steuerfreibetrag, ich sehe nicht, wie er jemandem
nützen oder schaden sollte, er ist einfach ein berechenbarer Wert.

Heute erhält ein Single in Deutschland wenn er kein Einkommen hat
Durchschnittlich 649 Euro Harz-IV inkl. Wohnung ausgezahlt; dort wo
Wohnungen billiger sind erhält er weniger und dort wo sie höher sind
mehr; die 100 Euro für die Krankenkasse bekommt er nicht ausgezahlt.

Und 750 Euro sind 100 Euro mehr.

Auch die 750 Euro sind ein Durchschnittswert. Im München gäbe es mehr
Wohngeld, auf dem Land weniger. Das Wohngeld soll sich nach dem
Mietspiegel der Gemeinde richten und krankenversichert wäre man über die
steuerfinanzierte Krankenkasse.

Und was man nicht vergessen sollte, zwar wird nach dem Modell bei Paaren
das Wohngeld nicht 2x mal sonder nur 1,5x ausgezahlt, doch erhält auch
der zweite Mensch im Haushalt sein volles Grundeinkommen.


Ein paar Beispiele, die das soziale unseres Modells veranschaulichen sollen:

1. Beispiel:
Paar mit zwei Kinder: 2000 Euro Grundeinkommen plus 2,5x Wohngeld,
ergibt 2625 Euro.
Diese Familie würde bis zu einem Verdienst von 4166,67 Euro praktisch
keine Steuern zahlen (Steuerfreibetrag :-)) sondern mehr an
Grundeinkommen erhalten als sie an Steuern zahlt.
Das nenne ich eine soziale Familienförderung.

2. Beispiel
Alleinerziehend zwei Kinder: 1500 Euro Grundeinkommen, 2x Wohngeld: 500,
zusammen: 2000 Euro
Steuerfreibetrag:3125 Euro

Endlich würde dass Geld mal dort hin fließen, wo es dringend benötigt
wird, zu den Familien mit Kindern.

Wenn du übrigens nach den Verlierern einer solchen Veränderung suchst es
sind in erster Linie die Singles und Doppelverdiener ohne Kinder mit
einem Brutto-Einkommen über 1800 Euro (je Verdiener). Bei den Singels
würden alle mit einem Brutto-Einkommen über 1800 Euro nach der
Umstellung weniger Geld zur Verfügung haben als wie heute und alle mit
einem Brutto-Einkommen unter 1800 Euro mehr (auch die ohne Einkommen).
Auch meine Frau und ich würden zahlen müssen. Doch empfinden wir das als
gerecht, wenn wir für den Unterhalt von schwachen Familien mit
aufkommen. So blöd es sich auch anhört die Kindern dieser Familien,
werden meinen Wohlstand im Alter mitbestimmen. Und eins ist klar, wenn
ich schlecht mit Ihnen umgehe, kann ich später nicht viel von Ihnen
erwarten. Meiner Meinung nach ist dies auch ein Teil des
Genetationenvertrags oder sollte es werden.

Bei den Paaren und Alleinerziehenden mit einem Kind, würden übrigens
alle Haushalte bis zu einem Brutto-Gesamteinkommen von ca. 2500 Euro
(auch die ohne Einkommen) mehr Geld zur Verfügung haben als vor der
Umstellung und alle mit einem Brutto-Einkommen über ca. 2500 Euro weniger.

Je größer der Haushalt ist um so mehr verschiebt sich die Grenze von
Verlieren und Gewinnern in höhere Gehaltsklassen.

Und Arnim, was dir gefallen dürfte, alle Kapitalerträge würden nach der
Umstellung mit 48% Flat-Tax besteuert und nicht mehr wie heute mit
soviel ich weiß 25% Steuer auf Kapitalerträge.


Liebe Grüße Olaf/Thoth23


-------- Original-Nachricht --------
Betreff: Re: [Bergisches Land] bug report: Piratiges Grundeinkommen 0.1
Datum: Wed, 16 Nov 2011 22:26:39 +0100
Von: Arnim v. Herff <arnimvherff@wuplug.org>
Antwort an: arnimvherff@wuplug.org
Organisation: WupLUG
An: Olaf Wegner <pirat@thoth23.de>

Olaf,

wenn man etwas ändern will, dann muß man erstmal 'Traumtänzer' sein, sonst
verheddert man sich im "Weiter so Deutschland!"-Sumpf. Du bist alt genug um
diesen Wahlkampfslogan von 'Birne' und die Folgen davon noch zu kennen. Ich
war bislang davon ausgegangen, daß solches Bestreben Dir fremd ist.

Du meintest den Begriff aber auch anders, was einer fruchtbaren Diskussion
nicht dienlich ist. Ich versuche dennoch bei letzterer zu bleiben.

Einen Steuerfreibetrag von 1041 kann ich explizit in Eurem Konzept nicht
erkennenn. Desweiteren sind Steuerfreibeträge nur denen dienlich, die mehr
Steuern zahlen, die übrigen haben nichts davon. Ergo haben
Steuerfreibeträge
wie eh und je die Funktion der Umverteilung - aufwärts.

Laut WP beträgt der derzeitige Steuerfreibetrag für das Existenzminimum
8004€
per annum, also 667€ im Monat.
Hartz 4 macht heute in der Regel schon mehr aus, trotz des Wegfalls des
Rentenbeitrags (40.- € pro Monat) seit dem 1.1.2011:

364.- Regelleistung
220.- Miete*
80.- Heizung, incl. Nebenkosten**
(100.-) Krankenversicherung***
-----
764.-€ Leistungen nach SGB II ohne Zuschläge für medizinisch indizierte
Mehraufwendungen ( § 21 SGB II und Art. 1 GG), die "von der Leyen
Bildungs-Nebelkerze" (§ 19 Abs. 2, § 28 SGB II oder § 34 SGB XII ) und
gegebenenfalls Warmwasser (seit 1.1.2011, vorher stand einem
Leistungsempfänger in diesem Land nur kaltes Wasser zu - Warmwasser war
Luxus
wie Zigaretten oder Alkohol gleichgestellt).

* variiert je nach Kommune; Wuppertal max. 4,85 €/qm für max. 45qm für eine
Person, ergo 218,25€.
** zurückhaltender Wert für eine energetisch halbwegs intakte Wohnung,
sonst
meist höher.
***Wert ist mir derzeit nicht bekannt, ich meine es wären 150, setze
aber den
geringeren Betrag an.

Nach Eurem Konzept stehen also die meisten Hartz 4 Empfänger mit max.
750.- €
schlechter da, als heute. Soviel zu Euren solidarischen Lippenbekenntnissen
für die "Ärmsten der Armen".

Zweiter Anlauf.

Es gibt nicht wenige, die die Leistungen nach SGB II für zu gering zur
Existenzsicherung erachten. Dann ist es ein Steuerfreibetrag von 667.-€ pro
Monat erst recht und auf jeden Fall. Zumal dann wenn man bedenkt, daß er
eigentlich für Menschen gilt, die ihr Einkommen selbst erwirtschaften, also
noch höhere Gestehungskosten haben als ein Hartzer. Das wird sogar von der
herrschenden Regierung (gezwungenermaßen) nicht bestritten: Für 2013
wird der
Grundfreibetrag auf 8130.- € (677,50 €/Monat) und 2014 auf 8354.- € (696,17
€/Monat) erhöht. Die machen dafür ein Propagandafaß auf, aber was noch
schlimmer ist, nutzen das gleichzeitig um wieder ein wenig am
Schräubchen der
Umverteilung zu drehen - Umverteilung nach oben natürlich (vgl.
http://www.spiegelfechter.com/wordpress/7208/steuersenkung-oder-doch-eher-schwarz-gelbe-pr).

Wer den unteren Einkommensgruppen wirklich helfen will, der nimmt reales
Geld
in die Hand und gibt es den Menschen direkt (statt den Banken.. ähem
Rettungsfonds), statt mit dem Teufelszeug 'Steuerfreibetrag' Nebelkerzen zu
werfen und sich im Gestrüpp der buchhalterischen Luftschlößer zu verirren.

Den vernünftigsten Ansatz in Eurem Konzept kann ich noch beim
Einheitssteuersatz der Einkommenssteuer erkennen, sofern dessen
Rahmenbedingungen (keine steuermindernden Sondertatbestände) wirklich
eingehalten werden. Die Progression durch die abnehmende Bedeutung des
Grundfreibetrags ist zwar auf den ersten Blick ungewohnt flach, gewinnt
ihren
Reiz aber dadurch, daß sie einfach, verständlich und (wie die
Einkommenshöhe)
unendlich ist. Elegant und folglich auch gerecht!

Über den Sinn des ermäßigten Umsatzsteuersatzes kann man lange streiten,
die
Praxis zeigt aber mal wieder, daß man von detaillierten Steuergesetzen
möglichst die Pfoten lassen sollte:
z. B. Umsatzsteuer 19%: Arzneimittel, Medikamente, Mineral- und Tafelwasser
(kein Leitungswasser), Fühstück im Hotel, Druckwerke (Altersfreigabe über
18 - z.B. Pornos, Anzeigenblätter)
z.B. 7%: Hotelübernachtung, Kunst- (Originale) und Sammlungsgegenstände
(kursungültiges Geld und Briefmarken), Druckwerke (Altersfreigabe unter
18 -
z.B. Malbücher für Kinder, Globen, Tageszeitungen)
z.B. 0%: Briefmarken bei der Post und Pakete bis 5kg (nur DHL)
Bei solcher hirnrissigen Logik vermag ich mich getrost vom ermäßigten
Umsatzsteuersatz verabschieden, auch wenn er eigentlich eine soziale
Komponente des Steuerrechts darstellen sollte.
(Ein Blick über den Tellerrand sei zur Unterhaltung aber mal erlaubt: Die
Schweiz kennt auch eine ermäßigte (2,5%) Umsatzsteuer (7,6%) und selbst
eine
Sonderregeelung für das Beherbungsgewerbe gibt es, allerdings mit eigenem
Satz (3,6%) der aber auch für das Frühstück gilt und maximal bis zum
31.12.2013 angewendet werden darf. Soviel zum Thema "basisdemokratische
Raubritter".)

Du sagtest anfangs, daß Euer Konzept eine erste Disskussionsgrundlage sei.
Wenn man sich dann aber damit beschäftigt und nicht gleich "Hurra!"
schreit,
dann wird man vom Spezialexperten als Depp abqualifiziert. Politik -
insbesondere 'piratige' - geht aber anders, wenn ich mich nicht täusche.

Gruß Arnim

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Am Mittwoch, 16. November 2011 18:23:29 schrieben Sie:
> Hallo Arnim,
>
> du hast in deiner Überlegung einen Fehler, denn Grundeinkommen ist nicht
> gleich Steuerfreibetrag. Um den Steuerfreibetrag zu ermittel musst du
> folgende Rechnung aufmachen: Steuerfreibetrag = Grundeinkommen *
> (100/Flat-Tax)
> Also im konkreten Fall:
> 500 * (100/48) = 1041,67
> Was meinem Wissen nach ein wenig mehr ist, als wie der heutige
> Steuerfreibetrag. Dadurch wird auch klar, dass alle die ein GE in Höhe des
> (heutigen) Steuerfreibetrag fordern entweder Traumtänzer sind oder den
> Zusammenhang von Grundeinkommen, Steuerfreibetrag und Flat-Tax nicht
> verstanden haben.
>
> Liebe Grüsse Olaf/Thoth23



  • [Bergisches Land] Fwd: Re: bug report: Piratiges Grundeinkommen 0.1, Olaf Wegner, 17.11.2011

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