ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Ag-umwelt mailing list
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- From: Jörg Dürre <jfdurre AT gmail.com>
- To: ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
- Subject: [Ag-umwelt] EU Entscheidung morgen 12.12 zu Biokraftstoff - Diskussion?
- Date: Wed, 11 Dec 2013 17:28:44 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
- List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>
Am morgigen Donnerstag 12.12.2013 wird in der EU über die weitere Biokraftstoffpolitik abgestimmt. Nach der heftigen Kritik besonders an E10 sowie der Abholzung von Natur würde man meinen, dass die Chance zur Kurskorrektur genutzt wird. Die Möglichkeit wird offensichtlich vertan.
Ziele der Ökoregelung 10% Ökoenergie im Verkehr bis 2020 der EU war hauptsächlich die Vergrößerung der Unabhängigkeit von Mineralöl und höherer Wettbewerb. Jetzt sind wir von Agrarimporten abhängig und Wettbewerb gibt es keinen, da die Biokraftstoffe über die üblichen Tankstellen ohne Wettbewerb gemischt verkauft werden.
Schon heute wäre billiger und sauberer Ökostrom statt Nutzpflanzen vom Acker gesetzlich möglich. Für die gleiche Fahrtstrecke benötigt man z.B. mit Photovoltaik nur ein Hundertstel der Fläche. Ökostrom statt Biokraftstoffe würde weiterhin bedeuten, dass weniger Strom über das EEG bezahlt werden müsste sondern dieser stattdessen z.B. in Elektroautos genutzt würde. Selbst bei den hohen Vergütungen von alten Photovoltaikanlagen von durchschnittlich 29 Cent pro Kilowattstunde, wären die Kosten solcher Ökoenergie im Verkehr geringer als beim Einsatz von Pflanzenölen in Biodiesel. Der Bundesbürger würde finanziell entlastet.
Die aktuelle EU Vorlage berücksichtigt die Interessen der deutschen Autoindustrie. Für die Nutzung von Biokraftstoff in der Beimischung wird die rechnerische CO2 Belastung der Fahrzeugflotte des Herstellers vermindert. Der Autohersteller muss also keine effizienteren Motoren bauen, sondern mehr Biomasse anbauen lassen.
Die gesamte Biokraftstoffpolitik der EU ist eine Regelung, die erst bis zum Jahr 2020 verbindlich umgesetzt werden muss. Heute ist die ganze E10 und Teller-Tank Diskussion einer freiwillige Maßnahme unserer verschiedenen Bundesregierungen zu verdanken. Die Möglichkeit auf den ineffizienten Einsatz von Biokraftstoff möglichst komplett zu verzichten und den nächsten großen Schritt zur Elektromobilität zu gehen wird nicht verfolgt. Es gibt keine ordentlichen Zuständigkeiten in der deutschen Bundesregierung. Das Finanzministerium kümmert sich um Biokraftstoffe und das Umweltministerium um Bioheizstoffe – am Ende kümmert sich keiner oder nur die Lobbyisten.
Die jüngsten technologischen Entwicklungen zeigen auf, dass die Elektromobilität gerade in Ballungsgebieten neben der generellen Unabhängigkeit von Ölimporten und Wettbewerb für die Tankstellen erhebliche Verbesserungen bei Lärm- und Feinstaubbelastung führen kann. Weit vorteilhafter wären noch öffentliche Transportmittel, da nur so der Platz in der Stadt optimal genutzt werden kann.
Die Piratenpartei Hamburg hat einen Vorschlag entwickelt, bei dem
eine günstige Verminderung von Abgasen ohne Verbote gelöst werden
kann. Wichtigster Bestandteil zukünftiger Verkehrspolitik wäre die
Förderung von öffentlichem Verkehr. Auch bei Bus und Bahn lässt
die EU die Anrechnung von Ökostrom auf die Quote zu. Mehr grüner
Strom beim HVV würde die Erfüllung der Quote mit weniger Biodiesel
aus Nahrungsmittelölen bedeuten. Noch ist die Mineralölindustrie
verpflichtet, entweder Biosprit in ihre Tankstellen zu füllen oder
eine Strafe zu zahlen. In einer offeneren Marktlösung könnte die
Mineralölindustrie Ökostromkilometerzur Verminderung von Pflanzenkraftstoffkilometern einsetzen.
Der jetzige zur Abstimmung stehende EU Vorschlag erhöht den Anteil von Biokraftstoffen auf
7% entgegen des Vorschlags des EU Umweltausschusses von 5,5%.
Power to Gas wird damit auch als Ökokraftstoff anerkannt - das wird vermutlich ziemlich teuer.
Insgesamt eine wenig elegante Gesetzgebung. Durch die besondere Berücksichtigung von sogenannten Reststoffen ergibt sich Potenzial zum groß angelegten Betrug. Wer will durchgängig nachvollziehen ob diese oder jede Ware tatsächlich Rest oder nur absichtlich als Rest übrig gelassen wurde. Die Kosten für all das wird der Verbraucher tragen.
Jörg- [Ag-umwelt] EU Entscheidung morgen 12.12 zu Biokraftstoff - Diskussion?, Jörg Dürre, 11.12.2013
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