ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Ag-umwelt mailing list
Listenarchiv
Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Antragsentwurf "Risikovorsorge gegen Peak Oil" mit Modul zur Energiesteuer
Chronologisch Thread
- From: Gunnar Kaestle <gunnar.kaestle AT gmx.net>
- To: AG Energiepolitik <energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de>, AG Umwelt <ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de>, Energiepolitik NDS <nds-ag-energiepolitik AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Antragsentwurf "Risikovorsorge gegen Peak Oil" mit Modul zur Energiesteuer
- Date: Mon, 22 Oct 2012 22:08:40 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
- List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>
Moritz Richter schrieb:
Das mag so sein, aber so wie ich es verstanden habe, geht es ja grade darum,
durch eine frühzeitige Reaktion eben genau langfristig Wohlstand und
Wachstum eben zu sichern. Es geht volkswirtschaftlich theoretisch darum
externe Kosten zu internalisieren, um die intertemporäre Wohlfahrt zu
steigern. Wir wollen den Wohlstand mit den Maßnahmen langfristig sichern und
nicht kaputthauen. Und genau das würde ich betonen und nicht, dass wir
bereit sind, auf Wachstum zu verzichten.
Ich zitiere Mal aus einem Aufsatz, den ich heute aus der Uni-Bib gegraben habe.
D. Meadows: Die Grenzen des Wachstums und Planung für die Zukunft, in: H.E. Richter (Hrsg) Wachstum bis zur Katastrophe, Deutsche Verlags Anstalt, Stuttgart, 1974.
"Falls die Menschheit sich weiterhin darauf verläßt, ihre kurzfristigen Probleme durch Wachstum lösen zu können, glauben wir, daß Bevölkerung und Produktion über die einhaltbaren Grenzen hinaus wachsen, die Lebensgrundlagen der Erde erschpft und ein unkontrollierbarer Rückgang der Bevölkerungszahl und der Wirtschaft eintreten werden." (S. 12)
Wachstum ist also keine nachhaltige Lösung, sondern die Ursache für schwer zu lösende Probleme. Schwer zu lösende Probleme haben einen Lösungspfad, bei dem man temporär Verzicht üben muss und der daher wenig attraktiv ist.
Ein ähnlicher Spruch ging etwa so: Die Ursachen für die größten Probleme sind Lösungen. (Das hat etwas von dem göttlichem Ingenieur, der durch seinen Einfallsreichtum die anfänglichen Barrieren wegräumt, nur dass man wenig später auf noch viel größere Schwierigkeiten trifft, die man gar nicht hätte, wäre man am ersten Hindernis stehengeblieben.)
Auf Seite 17 findet sich die Aussage: "Die materielle Wachstumsrate des Weltsystems wird von langen Verzögerungen im Feedback bestimmt. Verzögerungen sind die Hauptursache für die Instabilität des globalen Systems. Wenn sich ein schnelles Wachstum mit einer großen Verzögerung zwischen Ursache und Wirkung gekoppelt ist, kann sich das Wachstum weit über die erträglichen Grenzen hinaus fortsetzen, bevor die Wirkungen zum Tragen kommen, die es anhalten können."
Das kann man ggf. mit Krebswachstum vergleichen. Wenn der an einer empfindlichen Stelle sitzt und schon früh durch Beschwerden auf sich aufmerksam macht, kann man ggf. etwas dagegen tun (OP, Chemo, Bestrahlung). Wenn der Tumor aber nicht stört, und fröhlich vor sich hin wächst, dann bemerkt man ihn ggf. zu spät, wenn er also schon metastasiert hat oder inoperabel geworden ist. Auch das Bild mit der Bakterienkultur in der Petrischale zeigt das Problem auf. Wenn sich die Bakterien alle Minute teilen und von 11:00 bis 12:00 die ganze Schale überwuchert wird, wann fragt sich das erste Bakterium, ob noch genug Platz da ist? Um 11:59 wenn noch 50% der Petrischale frei ist, oder schon um fünf vor zwölf wenn erst 3,125% der Bakterienwelt belegt ist?
Früher oder später müssen wir zu einer Steady-State-Economy finden. Das heisst nicht, dass keine dynamischen Prozesse mehr ablaufen, aber im Bereich der materiellen und energetischen Konsumflüsse darf es nur noch zu Null-Summen-Spielen kommen. Wirtschaftswachstum im klassischen Sinne ist dann immer noch möglich, wenn z.B. ein größer werdenender Teil der Bevölkerung sich gegenseitig die Haare schneidet und von der einfach Variante für 15,- auf die Luxusvariante incl. Kopfmassage für 150,- upgradet.
Wachstum ist also nicht der Garant für langfristigen Wohlstand, sondern führt eventuell zum Systemkollaps, wenn nach dem Überschwinger ein Tiefschwinger kommt. Frühzeitige Dämpfung hilft, auch wenn das niemand wahrhaben will. http://de.wikipedia.org/wiki/D%C3%A4mpfung
Gruß,
Gunnar
--
/^\
\ / Plain-Text Ribbon Campain
X Say NO to HTML in email and news!
/ \
- [Ag-umwelt] Antragsentwurf "Risikovorsorge gegen Peak Oil" mit Modul zur Energiesteuer, Johannes Nix, 20.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] Antragsentwurf "Risikovorsorge gegen Peak Oil" mit Modul zur Energiesteuer, Gunnar Kaestle, 21.10.2012
- Nachricht nicht verfügbar
- Nachricht nicht verfügbar
- Nachricht nicht verfügbar
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Antragsentwurf "Risikovorsorge gegen Peak Oil" mit Modul zur Energiesteuer, Gunnar Kaestle, 22.10.2012
- Nachricht nicht verfügbar
- Nachricht nicht verfügbar
Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.