ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Ag-umwelt mailing list
Listenarchiv
- From: "Moritz Richter" <mmarichter AT aol.com>
- To: "'Mailingliste der AG Energiepolitk'" <energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de>
- Cc: ag-nachhaltigkeit AT lists.piratenpartei.de, AG Umwelt <ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel
- Date: Sun, 2 Sep 2012 17:04:04 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
- List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>
Hallo,
ein großes +1 von mir, auch zu Gunnars Aussagen. Die Schlüsse der Greenpeace
Studie klingen in meinen Ohren auch vernünftig.
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: energie_und_infrastruktur-bounces AT lists.piratenpartei.de
[mailto:energie_und_infrastruktur-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag
von Wolfgang Gründinger
Gesendet: Sonntag, 2. September 2012 12:46
An: Gunnar Kaestle
Cc: Energiepolitik NDS; IIIB6 AT bmf.bund.de; Mailingliste der AG Energiepolitk;
buero-iva1 AT bmwi.bund.de; Karoline Kampermann
Betreff: Re: [Energiepolitik] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel
Hallo allerseits,
(PS: Ich plädiere dafür, nicht wild Ministeriumsadressen ins CC zu
nehmen, oder wollen die das?)
Erfassung von THG-Senken unter 20 MW:
ja, zu überlegen, ob/wie das Sinn macht. Hinweis: gemeint sind wohl
Quellen (nicht Senken)
Preise abgestürzt, daher ginge Zeit verloren:
stimmt, daher Nachsteuern für aktuell anstehende Periode ab 2013.
80% THG-Minderung bis 2020:
nicht vorstellbar. komplett unrealistisch. 50% wären schon sehr mutig.
Energiesteuern für Nicht-ETS-Teilnehmer:
ja, Harmonisierung durch EU-Richtlinie auf höherem Niveau sinnvoll.
automatische Nachsteuerungsmechanismen ETS:
d'accord, macht Sinn.
wie konkret nachsteuern:
gibt ne WWF/Greenpeac-Studie dazu, siehe hier:
http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/klima/Greenpeace__WWF__2012__-_Studie_Emissionshandel_engl.pdf
Grüße vom #bump12
Wolfgang
Am 2. September 2012 07:30 schrieb Gunnar Kaestle <gunnar.kaestle AT gmx.net>:
> Wolfgang Gründinger schrieb:
>
>
>> Ich sehe eine Forderung nach Abschaffung des Emissionshandels skeptisch.
>
>
> Geht mir ähnlich, da muss man sich auch ein wenig mit den realpolitischen
> Gegebenheiten anfreunden. Allerdings hat der bestehende Status Quo zwei ganz
> gravierende Lücken:
> 1. THG-Senken unter 20 MW Feuerungswärmeleistung sind nicht erfasst
> 2. Absturz der Preise und damit keinerlei Anreizwirkung
>
> Durch den letzten Punkt geht wertvolle Zeit verloren, die wir uns an sich
> nicht leisten können. Lester Brown vertritt die These, dass eine 80%
> THG-Minderung bis 2020 erfolgt sein sollte, weil das Klimaschutzziel auch
> einen Bestandsschutz für die Gletscher im Himalay beinhalten muss. Wenn die
> weg sind, dann wird die Wasserversorgung in Trockenzeiten und damit auch die
> Bewässerungskapazitäten durch die großen asiatischen Flusssysteme
> unsicherer. Er sieht als Agrarexperte ein zentrales Risiko für die
> Stabilität von Zivilisationen im Wegklappen einer ausreichenden
> Nachrungsmittelversorgung.
> http://www.earth-policy.org/datacenter/pdf/80by2020_german.pdf
>
>
>> 1. Die dritte EU-Emissionshandelsphase ist beschlossen und tritt 2013
>> in Kraft. Bei aller Liebe zu grundsätzlichen Überlegungen, ist es
>> unrealistisch, dass eine mit viel Mühen aufgebaute europaweite
>> Handelsinfrastruktur nun wieder gekippt wird. Europaweite CO2-Steuern
>> als Alternative sind sehr schwer durchsetzbar. Die bessere und
>> einfacher durchsetzbare Ergänzung zum Emissionshandel sind
>> Einspeisevergütungen nach EEG-Vorbild.
>
>
> So schwierig ist eine CO2-Steuer für jene Emittenten, die nicht dem European
> Trading Scheme unterliegen, nicht umzusetzen. Dazu muss man sich nur mal die
> Vorschläge zur Energiesteuer-Richtlinie anschauen.
> http://bdi.eu/download_content/EnergieStRLcom_2011_169_de.pdf
> Die Stellungnahme des BDI findet sich hier:
> http://bdi.eu/download_content/BDI-Stellungnahme_EnergieStRL_-_Hg_-.pdf
>
> Frage an Frau Dr. Kampermann: Inwiefern erkennt der BDI angesichts der
> nachgewiesenen Produktionselastizitäten der Faktoren Energie und Arbeit
> (siehe Tabelle S. 11:
> http://www.umsteuern-mit-energiesteuern.de/pdf/produktionsfaktor_energie.pdf)
> die Umverteilung der Steuerlast weg von der Arbeit hin zur Energie als
> Standortvorteil für Deutschland an? Wie groß ist der durchschnittliche
> Kostenanteil bei den Unternehmen im BDI für den Faktor Arbeit bzw. Energie?
> Hat Deutschland in den vergangenen Jahren bezüglich der industriellen
> Produktion von der vor über 10 Jahren eingeleiteten ökologischen
> Steuerreform nach Branchenmeinung nachhaltig profitiert und wie gut könnten
> Abwanderungstendenzen nach BDI-Einschätzung gestoppt werden, wenn man die
> Bruttolohnkosten durch eine Weiterführung dieses Prinzips weiter senkt?
>
>
>> 2. Der Emissionshandel ist grundsätzlich ein wirksames
>> Klimaschutzinstrument. Er begrenzt die Menge der Emissionen effektiv,
>> während andere Instrumente wie CO2-Steuern elastischer wirken. Wer
>> also z.B. 40% Reduktion bis 2020 verwirklichen will, kann das
>> Emissionsbudget entsprechen gestalten. Das ist ein großer Vorteil
>> gegenüber Preismechanismen. Der EU-Emissionshandel hat bereits diverse
>> geplante Kohlekraftwerke unrentabel gemacht. Auf den inzwischen
>> geheilten Kinderkrankheiten und gemachten Erfahrungen kann man
>> aufbauen und den Emissionshandel zu einem scharfen
>> Klimaschutzinstrument machen.
>
>
> Elastizität muss kein Fehler sein, das wird normalerweise als Vorteil
> gesehen. Die Federwirkung kann man im Zeitverlauf auch nachstellen, z.B.
> über eine automatische Anpassung der Steuerhöhe in regelmäßigen Abständen.
> Damit hätte man ein Hybridinstrument aus Preis- und Mengenmechnismus
> geschaffen, dass im Sinne eines ökonomischen Regelkreises die gewünschte
> Wirkung nachregeln kann. Ein ähnlicher Zwitter wäre auch die Nachrüstung des
> Mengeninstrument des Zertifikatehandels mit eine Anpassung der
> Cap-Absenkrate in Abhängigkeit eines Zielpreiskorridors für die
> Verschmutzungsrechte.
>
>
>> 3. Dass der Emissionshandel derzeit nicht funktioniert, liegt nicht
>> an immanenten Systemfehlern oder am Einfluss von Lobbyisten der
>> Energiekonzerne, die bei der Ausgestaltung der zweiten Handelsphase
>> (2008-2012) bereits verloren hatten, sondern daran, dass man die
>> Rezession und die damit einhergehenden niedrigeren Emissionen nicht
>> vorhergesehen und entsprechend im Emissionsbudget eingeplant.
>
>
> Der Systemfehler besteht darin, dass man Mehrjahrespläne erstellt, die keine
> Möglichkeit einer unterjährigen Nachregelung umfassen. Das gilt es dringend
> zu beheben. Beim Autofahren blinzelt man auch nicht alle 10 Sekunden auf die
> Straße, merkt sich den Verlauf der Fahrbahn sowie den Standort der anderen
> Verkehrsteilnehmer und extrapoliert dann hoch. Es ist wesentlich,
> konzentriert die Situation dauerhaft im Auge zu haben, um unvorhergesehene
> Ereignisse zeitnah zu erkennen und kurzfristig darauf reagieren zu können.
>
>
>> 4. Öko-Institut, WWF, Greenpeace, Germanwatch und BUND sind alle pro
>> Emissionshandel und für dessen konsequente Verschärfung statt
>> Abschaffung.
>
>
> Das liegt aber m.E. primär am realpolitischen Bewusstsein, sich ein (auch
> suboptimales) Instrument nicht aus der Hand nehmen zu lassen, auch wenn man
> dem zahnlosen Tiger erst noch ein frisches Gebiss verschaffen muss.
> Wesentlich ist meiner Ansicht nach die vom Zertifikatepreis geregelte
> Absenkung des Caps.
>
>
>> Daher: Emissionshandel beibehalten und verschärfen, EEG europaweit
>> verbreiten, im nicht vom Emissionshandel erfassten Sektoren (d.h.
>> Haushalte, Gewerbe, Verkehr) sind Energiesteuern überlegenswert.
>
>
> Einverstanden, wobei ich noch nicht verstanden habe, wie die Verschärfung
> des Emissionshandes nach aktuellen Plänen aussehen soll. Eine reine
> zeitliche Verschiebung der Nachversteigerungstermine kann es ja nicht sein.
> Das EEG verbreitet sich aufgrund der in der Praxis erlebten Vorteile von
> ganz allein, hier sollte man allerdings Schützenhilfe leisten, um die
> kostendeckende Vergütungsanpassung gerade bei der PV schnell zu verbreiten.
> Ein Überschießen wie es in Spanien, Tschechien, etc. auftrat, ist dringend
> zu vermeiden, weil es zur hektischen Vollbremsung führen kann.
>
> Gruß,
> Gunnar
>
>
> --
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- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 02.09.2012
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- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 02.09.2012
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