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- Subject: [Ag-umwelt] Fwd: WESTERWELLE-Interview für MDR info
- Date: Wed, 16 Mar 2011 15:36:56 +0100
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WESTERWELLE-Interview für „MDR info“ (16.03.2011)
Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundesaußenminister DR. GUIDO WESTERWELLE gab „MDR info“ heute das folgende Interview. Die Fragen stellte TIM DEISINGER:
Frage: Herr Westerwelle, wenn Sie jetzt nach Japan schauen und sehen was da passieren kann, hätten Sie den Atomkompromiss mit der Laufzeitverlängerung am liebsten doch nicht beschlossen?
WESTERWELLE: Das hat nichts mit innenpolitischen Fragen zu tun. Es geht darum, dass wir eine Brücke bauen in das Zeitalter der erneuerbaren Energien. Dass wir gleichzeitig aber auch erkennen, nach Japan ist die Welt eine andere als vorher. Niemand kann da zur Tagesordnung übergehen, niemand kann so tun, als würde das, was wir in Japan sehen, nicht Frage aufwerfen. Und die entscheidende Frage ist die Sicherheitsfrage. Das hat oberste Priorität. Die Sicherheit, auch unserer Kraftwerke in Deutschland, und deswegen musste auch gehandelt werden, denn wenn in Japan Unvorstellbares passiert, dann ist doch die Frage: was ist mit den Kühlsystemen in Deutschland, kann es ähnliche Risikokonstellationen auch bei uns geben. Wir haben zwar die sichersten Kernkraftwerke der Welt, aber es ist eben doch auch gleichzeitig notwendig, der Sicherheit immer Vorfahrt zu geben und deswegen haben wir gehandelt.
Frage: Aber sind denn das tatsächlich neue Erkenntnisse? Eigentlich meint man ja, man muss taub gewesen sein, wenn man die Bedenken, die es auch in dieser Hinsicht gegeben hat, vor Japan nicht gehört hat.
WESTERWELLE: Da bin ich anderer Auffassung. Ich glaube, da macht man es sich auch zu leicht und das entspricht auch mehr der parteipolitischen Debatte. Sehen Sie, dass ein so starkes Erdbeben Japan heimsucht, wie es dort noch niemals gegeben hat, das ist ja eine Risikoeinschätzung, die man vorher nicht gehabt hat. Dass zugleich ein Tsunami auftritt, der dann die Kühlsysteme im japanischen Kraftwerk Fukushima lahmlegt, ist auch etwas was man so nicht erwartet hat in Japan. Das ist eine hochtechnologisierte Gesellschaft und so etwas muss man auch nicht in Deutschland erwarten. Aber dennoch gibt es auch bei uns Risiken und wir hören, dass der Ausfall der Kühlsysteme in Japan von großer Bedeutung ist und die Schwierigkeiten und die Katastrophe, die dort entstanden ist. Also ist doch die Frage, ob bei uns alles zweifach, dreifach abgesichert ist. Deshalb haben wir ein Moratorium beschlossen. Das ist auch das, was man von einer Regierung erwarten kann, übrigens egal ob das jetzt di e Regierung ist die einst den Ausstieg beschlossen hat, oder unsere Regierung - in jedem Fall hätte jede Regierung nach Japan handeln müssen.
Frage: Warum hat man aber vor der Laufzeitverlängerung die Sicherheit der Atomkraftwerke nicht auch überprüft?
WESTERWELLE: Die Sicherheit der Atomkraftwerke ist überprüft worden, aber das Japan neue Erkenntnisse gibt, das bestreitet doch niemand.
Frage: Wer entscheidet denn nun letztlich, und nach welchen Kriterien, welche AKW abgeschaltet bleiben und welche wieder ans Netz gehen?
WESTERWELLE: Wir setzen jetzt eine Expertenkommission ein, die, gemeinsam natürlich mit der Bundesregierung, die Schlussfolgerungen aus Japan berät. Und ich will ein Beispiel nennen: Der Betreiber von Neckarwestheim hat gerade bekannt gemacht, dass die scharfen und schweren Sicherheitsauflagen, die wir auferlegt haben, das Kraftwerk unwirtschaftlich machen und dass es deshalb schon aus ökonomischen Gründen gar nicht mehr ans Netz soll. Das ist dann eben so. Und wir bleiben dabei: Die Sicherheit ist wichtiger als jede wirtschaftliche Überlegung.
Frage: Nun können ja diese extrem unwahrscheinlichen Dinge, von denen die Kanzlerin gesprochen hat, von denen sie sich auch recht überrascht gegeben hat, dass extrem unwahrscheinliche Dinge passieren können, die können ja auch bei jedem anderen Kraftwerk passieren, auch wenn man sich jetzt sagt die Risikoabwägung besagt, das können wir dann doch am Netz lassen. Aber wie gesagt, extrem unwahrscheinliche Ereignisse können ja auch dort passieren. Was wird denn dann mit diesen anderen Atommeilern geschehen?
WESTERWELLE: Ich finde, wir müssen zwei Dinge tun: Wir müssen erstens die Konsequenzen ziehen. Wir brauchen auch eine Atempause und eine Denkpause, bei dem was wir jetzt sehen. Aber wir wollen eine Pause zum Denken und nicht eine Pause vom Denken. Das heißt, wir müssen dafür sorgen, dass jetzt die Konsequenzen gezogen werden. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir doch die sichersten Kraftwerke der Welt haben. Das wir allerdings auch gleichzeitig Gespräche führen müssen mit unseren europäischen Mitgliedsländern, aber auch auf internationaler Ebene. Denn es hilft uns nicht, wenn wir in Deutschland die besten sind und um uns herum läuft die Situation dann ganz anders weiter. Und es ist auch keine Lösung, dass wir bei uns aus den sichersten Kraftwerken der Welt aussteigen, um anschließend den Strom aus sehr viel unsicheren Kraftwerken aus unserer Nachbarschaft einzukaufen.
Frage: Lassen Sie mich zum Schluss nach den rechtlichen Bedenken fragen, die man jetzt aus dem Parlament hört. Die einen reden über Missachtung des Parlaments, wenn man einfach so mit Regierungsbeschluss oder mit Anweisung der Kanzlerin die Kraftwerke abschaltet. Andere meinen Sie würden es eigentlich nicht ernst meinen, wenn Sie es ernst meinen würden, würden Sie ein neues Gesetz beschließen.
WESTERWELLE: Also dass dieses Moratorium keine Vertagung ist, sondern dass es die Dinge ändert, das hat man ja gestern schon an den weiteren Beschlüssen der Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung erkennen können und zunächst einmal ist in solchen Lagen eine Regierung gefordert. Und wir haben keinen Hinweis darauf, dass es irgendeinen rechtlichen Zweifel daran gibt und ich denke jetzt geht es auch erst einmal darum, dass wir handeln, dass wir die Folgen der Krise beseitigen. Dafür sind Regierungen da: dass sie in solchen besonderen Situationen schnell handeln, dass sie aber auch überlegt handeln. Genau das ist die richtige Balance der Entscheidungen der Bundesregierung. Einige, die jetzt schon wissen, was alles zu tun ist, über die wundere ich mich, denn wir wissen in Wahrheit noch sehr wenig, von dem was wir von Japan lernen müssen. Die Informationen sind sehr unübersichtlich, zum Teil sehr widersprüchlich und wir alle hoffen und wir beten vielleicht sogar auch dafür, dass das was im Augenblick unsere japanischen Freunde in Japan heimsucht, einigermaßen unter Kontrolle bleiben kann.
Grüße!
Bernd
bernd.th AT piraten-thueringen.de
"Das Schlimmste an Zensur ist xxx xxxxxx."
- [Ag-umwelt] Fwd: WESTERWELLE-Interview für MDR info, Bernd(TH), 16.03.2011
- Re: [Ag-umwelt] Fwd: WESTERWELLE-Interview für MDR info, Guido Körber, 16.03.2011
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