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ag-umwelt - Re: [Ag-umwelt] Energiebilanz der Erde geht nicht auf

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Betreff: Ag-umwelt mailing list

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Re: [Ag-umwelt] Energiebilanz der Erde geht nicht auf


Chronologisch Thread 
  • From: "Dr. Volker Jaenisch" <volker.jaenisch AT inqbus.de>
  • To: ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag-umwelt] Energiebilanz der Erde geht nicht auf
  • Date: Wed, 02 Jun 2010 17:17:10 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
  • List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>

Ahoi!

Guido Körber schrieb:

Und noch mal zum CO2: Wenn Du wirklich glaubst CO2 bleibt am Boden kleben, dann bist Du vollständig unqualifiziert um zu diesem Thema eine Meinung zu äußern.
Die molare Masse von CO2 beträgt 44 und ein paar zerquetschte, die von Luft so rund 29 g/mol.
Von daher ist CO2 tatsächlich schwerer als Luft. Es würde sich auch unten am Boden sammeln,
wenn außer der Schwerkraft keine weiteren Kräfte auf die Moleküle der Atmosphäre wirken würden.

Aber selbst auf dem Mond Titan welcher nur sehr wenige Sonnenstrahlung abbekommt,
reicht diese aus um die Atmosphäre zu vermischen.

Das Problem mit der molaren Masse des CO2 ist aber nicht unerheblich, wenn wir z.B. mal an
die Diskussion um CCS denken. Dort Argumentieren wir ja, wie gefährlich CO2 ist,
da es schwerer als Luft ist. Wir dürfen also nicht mit zweierlei Maß diskutieren sondern müssen schon
schlüssig erklären, warum wir einerseits behaupten CCS ist gefährlich weil das CO2 zu Boden sinkt
und gleichzeitig jemandem den Mund verbieten dürfen, der diese unsere Argumentation auf das Klima übertragen will.

Der Grund warum das CO2 sich nicht aus der Atmosphäre entmischt ist, dass durch die atmosphärische
Turbulenz ein stetes Rühren und durchquirlen der *unteren* Luftschichten erfolgt. Diese Luftschichten
sind die Troposphäre in der sich das Wetter abspielt. Auch in der Troposphäre gibt es Schichten, diese
bestehen aber *nicht* aus unterschiedlichen Gasen, sondern aus Luftschichten unterschiedlicher Temperatur und/oder Wasserdampfgehalt. Diese Schichten werden von großen (Z.B. Tiefdruckgebiete) bis winzigen (ein paar Milimeter, vgl. Kolmogoroffskala http://klimt.iwr.uni-heidelberg.de/PublicFG/ProjectB/CFT/dipluschimpf/node39.html) Wirbeln verquirlt.
Mittelgrosse Wirbel kann jeder beobachten der im Sommer (wenn es mal einer wird :-( ), auf einer Wiese liegt und über ihn ab und zu eine kleine Wolke hinüberstreicht. Sobald die Wolkenkante beinahe über einem ist verspürt man einen Luftzug entgegen der Zugrichtung der Wolke. Ist die Wolke direkt über einem ist es Windstill. Verläßt einen die Wolke dann spürt man einen Luftzug in Zugrichtung. Eine solche Kumuluswolke ist wie ein Staubsauger, der Luft nach oben "ansaugt". All diese Mixer sorgen dafür, dass die Luft sich nicht entmischt.

Anderes liegt bei einer CCS-Katastrophe vor. Hier tritt innerhalb kurzer Zeit eine große Menge CO2 in die Atmosphäre. Natürlich beginnt die natürliche Durchmisschung sofort und vermischt auch das CO2 mit der Atmosphäre. Allerdings beginnt diese Durchmischung nur am Rand der weitläufigen sich bildenden flachen CO2 Blase, da innerhalb der Blase ja keine Luft da ist, die sich mit dem CO2 vermischen könnte. Selbst wenn man Glück hat und es ist ordentlich Wind, so vermischt sich das CO2 am Boden trotzdem nicht so schnell wie man glauben möchte:

"""
Das Wetter war stürmisch und die Arbeiten wurden in freier
Umgebung an frischer Luft durchgeführt. Der Ablass eines
Kondensatabscheiders war einen Spalt breit geöffnet, um
kontinuierlich CO2 abzublasen. Bei seiner Arbeit befand
sich der Elektriker mit seinem Gesicht weniger als 0,5 m
von der Ausblaseöffnung entfernt. Die nach dem Ereignis
durchgeführten Messungen zeigten eine Sauerstoff-
konzentration von 15,8 % nahe am Austritt. Dieser
Sauerstoffgehalt bedeutet, dass das CO2 mehr als 25% der
Luft verdrängt hat – ein Wert, der tödliche Folgen haben
kann. Im EIGA Dokument 66/99 ”CO2-Behälter mit
Rückkühlung für die Anwendung beim Kunden“ werden in
Anlage B Informationen zu gefährlichen Auswirkungen im
Zusammenhang mit CO2 gegeben.
"""
http://www.industriegaseverband.de/eiga/eigasafetynews/SNL_78_03_D.pdf

Nehmen wir mal an, wir haben eine 2 Meter starke CO2-Schicht und wollen diese
mit einer 98 Meter hohen Luftschicht auf 2% verdünnen. (Gefährlich wird es so ab 3%. 8% führen nach 30 bis 60 Minuten zum Tod)
Dazu brauchen wir einen Wirbel von 100 Meter Durchmesser (in die Höhe). Bei einer Karmanzahl von 0.4 ist die charakteristischen turbulente Mischungslänge des Wirbels l(mix) = 0.4 * 100m = 40 m. Diese Mischungslänge besitzt nach Prandtl folgende Mischungszeit:
T(mix)=l(mix)/(2 K) . Mit K der Prandtl-Zahl (liegt in der Atmosphäre so zwischen 1 und 10 m^2/sec in Abhängigkeit von der Turbulenz (also massgeblich von der Höhe!)) ergibt dies 80 Sekunden im Minimum (Also bei starken Bodennahen winden). Nehmen wir aber ein Prandtlzahl von 1 an (geringe Turbulenz) dauert es 800 Sekunden. Viel Spass beim Luftanhalten.

Ist also kein Wind da, kann nur durch die Termik eine Umwälzung der Atmosphäre erfolgen. Ist das CO2 noch dazu kalt (Was wohl die Regel sein wird, da es vorher unter Druck gestanden hat.) dann gibt es keine Termik und damit keine Durchmischung. Erst wenn die Sonneneinstrahlung die Kälte des Bodens und der CO2-Schicht überwunden hat, beginnt durch die Termik auch eine vertikale Durchmischung. Aber das kann bei Windstille Stunden oder Tage dauern.

Beste Grüße

Volker

--
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Dr. Volker Jaenisch http://www.inqbus.de
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