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ag-meinungsfindungstool - Re: [Ag Meinungsfindungstool] Ranking von Personen und Beiträgen

ag-meinungsfindungstool AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Ag-meinungsfindungstool mailing list

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Re: [Ag Meinungsfindungstool] Ranking von Personen und Beiträgen


Chronologisch Thread 
  • From: Alexander Praetorius <alexander.praetorius AT serapath.de>
  • To: ag-meinungsfindungstool AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag Meinungsfindungstool] Ranking von Personen und Beiträgen
  • Date: Sat, 9 Jun 2012 22:17:15 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-meinungsfindungstool>
  • List-id: <ag-meinungsfindungstool.lists.piratenpartei.de>

2012/6/9 Harald Maedl <harald.maedl AT gmx.de>
Alexander Praetorius wrote:

> So, aber das ist blos meine Meinung und wer an solche
> "Anti-Troll-Mechanismen" glaubt und noch dazu Energie in deren Entwicklung
> stecken will soll das tun.

Nein, lieber nicht. Hat sich so etwas etabliert, bekommt man es nie
wieder weg.

Personen-Ratings sind ohnehin problematisch. Wer gegen den Strom
schwimmt, bekommt zumeist Schläge, ganz gleich wie gut seine Argumente
auch sein mögen.

Sehe es ähnlich und sehe deshalb keinen Sinn in einem "Anti-Troll-Mechanismus", der von entsprechend gut organisierten Teilgruppen der Gemeinschaft als Zesurmechanismus gebraucht werden kann.
Das "brandmarken" von Personen durch das Anbringen persönlicher Meinungen über diese, ist nicht anderes als diese in gewisse Schubladen zu stecken. Man macht es diesen Personen dadurch um so schwerer sich zu verändern.
Hinzu kommt, was viel schwerer wiegt, dass eine Gruppe gut organisierter "Zensoren" über den Mechanismus darüber entscheiden welcher Content bei den Diskursteilnehmern ankommt. Ein neuer Diskursteilnehmer bekommt manche Beiträge dadurch nicht zu Gesicht oder erhält direkt einen gefärbten Contentstream, in dem Beiträge mancher Teilnehmer als "Troll" oder sonstiges gekennzeichnet sind, was dazu führt, das sich viele nicht die Mühe machen sich überhaupt mit dem Inhalt persönlich auseinanderzusetzen.
 

Solche Ratings sind letztlich ein Züchtigungsinstrument, um
Willfährigkeit zu erzwingen, da ein erheblicher psychischer Druck
aufgebaut werden kann.

Zudem sprechen auch rechtliche Gründe gegen ein Personenrating, denn
solches bedarf AFAIR der expliziten Zustimmung des Betroffenen zur
Veröffentlichung. 
Insbesondere derjenige, welcher unter Realnamen schreibt, kann im
weiteren auch Nachteile dadurch erlangen, dass solche Ratings z.B.
publiziert werden usw.

+1 (Solange wir uns nicht im Entscheidungssystem befinden sollte ein freier Diskurs stattfinden sollte, der nach Möglichkeit nicht durch die ausgiebige und vielleicht auch gezielte Nutzung solcher Mechanismen durch wenige gefärbt wird)
 

Rating von Beiträgen halte ich nicht für unproblematischer.
Motto: "Einmal unten durch = immer unten durch"
Auch hier schlägt wieder der Gruppenzwang durch.

Rating von Beiträgen finde ich weniger problematisch als das raten von Personen.
Allerdings ist auch hier nach dem Sinn oder Unsinn zu fragen. Ein unbewerteter Beitrag erreicht eine Person, die ihn dann bewertet.
Diese Person hat nun den Beitrag bereits gelesen und sich eine Meinung gebildet. Dieser Person zu nun zu ermöglichen die persönliche Meinung anderen mitzuteilen kann nur das Ziel haben eine Wirkung zu entfalten, denn ansonsten wäre die Bewertung überflüssig. Welche Wirkung soll das sein?
Soll das System entsprechend von Bewertungen zensieren?
Oder sollen trotzdem alle Beiträge weiter angezeigt werden nur zusätzlich die aktuelle Bewertung mit ihm?
Ist nur letzteres der Fall, so lesen alle anderen interessierten Teilnehmer den Beitrag ebenfalls. Welche konkrete Zusatzinformation birgt nun die Bewertung, wo doch in der Regel die Diskussionsteilnehmer die Bewerter nicht kennen und dementsprechend auch die Bedeutung der Bewertung nicht wirklich einordnen können.
Ist es also nun so, dass die fleissigsten oder hartnäckigsten Bewerter den Diskursfluss über solche Mechanismen durch persönlichen intensiven, vielleicht auch von gut organisierten Gruppen bezahlten, Zeiteinsatz beeinflussen können sollen?

Sollte sich ein Meinungsfindungstool bei den Piraten als Defactostandard etablieren und die Piraten eine entsprechend hohe Unterstützung erhalten, so bekommt der Inhalt der Diskurse eine sehr hohe Bedeutung, weil er reale Auswirkungen nach sich ziehen kann, der über das Entscheidungssystem und über die Abgeordneten der Piraten unsere gemeinsamen Regeln des Zusammenlebens beeinflusst.
Wir sollten uns also bewusst sein, dass es bei so einer wichtigen Stellung eines Tools auch professionellen Marketingeinsatz geben wird um Diskurse nach allen legalen Regeln der Kunst zu beeinflussen.
Wollen wir also tatsächlich einen solchen Mechanismus?
Wir sollten genau das Für und Wider abwägen und im Normalfall gilt hier wie so oft, weniger ist in der Regel mehr.

 
Wer also unbedingt bewerten will, der soll das per Scoring in seinem
News- oder Mailreader ganz für sich privat bewerkstelligen. Dazu gibt es
nämlich diese Werkzeuge.

> Was ich gerne hätte wäre für mich persönlich eine Möglichkeit diese alle zu
> deaktivieren um ungefiltert jede Scheisse zu bekommen ;-)
> ..wenn das möglich bleiben soll, habe ich nichts gegen keine Art von
> "Anti-Troll-Mechanismen".

Der beste Anti-Troll-Mechanismus ist der eigene Filter. Das erfordert
jedoch Disziplin. Zumeist sind hier die Nutzer zu bequem dazu und rufen
nach einer Moderation, die letztlich für sie die Arbeit abnimmt. Ich
finde nicht, dass eigene Bequemlichkeit auch noch belohnt werden sollte.

Das Meinungsfindungstool sollte in meinen Augen im ersten Anlauf so minimalistisch wie möglich sein.
Treten dann tatsächlich im praktischen Einsatz massive Probleme auf, so kann man immernoch über Lösungsansätze und Weiterentwicklungen und Ergänzungen des Meinungsfindungstools um weitere Mechanismen nachdenken.
Lösungen für nur vermutete und noch garnicht real existierende Problemen vorwegzugreifen kann mehr negative als positive Effekte mit sich bringen.

In den AG's der Piraten geht es gelegentlich drunter und drüber und es entstehen auch mal persönliche Streitereien, die legen sich aber auch wieder und trotz allem finde ich die Arbeit bisher sehr Ergiebig und wesentlich zielstrebiger und schneller als in anderen etablierten Parteien, in denen extrem starke Zensurmechanismen etabliert sind. Viele Menschen die Politikerverdrossen sind und sich aufgrund aufgestauter Frustration auch mal unterhalb der Gürtellinie äußern werden bewegt sich wieder an Politik zu beteiligen und trotz allen negativen Facetten kann ich mir nicht vorstellen, dass ein Zensurmechanismus weiterhelfen würde.
Im Gegenteil, die etablierten Parteien sind ein Beispiel dafür in welche "Betriebsblindheit" man laufen kann, wenn man die kritischen Stimmen ausgrenzt.
Es folgt eine gefühlsmäßig verzerrte Wahrnehmung der Realität in unserer Gesellschaft und die reine Statistik vermag das bei der Entscheidungsfindung in der es oft auf die Gewichtung von Interessen und Problemen ankommt nicht auszugleichen.





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