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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Burnout, PBS

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Burnout, PBS


Chronologisch Thread 
  • From: JürgenJu <junghaenel-hannover AT gmx.de>
  • To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Burnout, PBS
  • Date: Sat, 24 Jan 2015 23:18:22 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Hallo,
nach Wolfs post habe ich einmal nachgeschaut und bin dann doch sehr ans Grübeln gekommen, aus einem Spiegelartikel:

Jahre nachdem sich die Lagertore den Überlebenden geöffnet hatten, brach unvermutet wieder auf, was den Häftlingen in den Gestapo-Kellern, Zuchthäusern und Schreckenslagern des NS-Regimes zugefügt worden war. Schwere körperliche und seelische Spätschäden waren die Folge der während der Haft erlittenen Qual.

Von 100 ehemaligen Häftlingen, die beispielsweise in der Leipziger Universitätsklinik untersucht wurden, erkrankten seit Kriegsende 39 an Herz - und Kreislaufstörungen, 19 an Tuberkulose und elf an Magengeschwüren - eine Erkrankungsziffer, die weit über dem Bevölkerungsdurchschnitt liegt und nach Ansicht der Ärzte auf den "irreparablen Verlust der Widerstandskraft" während der Haftzeit zurückzuführen ist.

Noch höher aber ist der Prozentsatz derer, die an den psychischen Folgen der Verfolgung leiden. "Schmerzvolle Erinnerungen", so gab das Ärzte-Journal "Selecta" die Erfahrungen der Mediziner wieder, "gehören zu den schlimmsten Beschwerden." Sie sind derart unerträglich, "daß sie nicht einmal mit dem besten Freund oder Verwandten besprochen werden können". Die Schreckenszenen des KZ-Alltags verfolgen die ehemaligen Häftlinge "bei Tag und Nacht".

Quälende Träume, Schlaflosigkeit und anhaltende Kopfschmerzen beobachteten die Ärzte ebenso als typische Symptome des KZ-Syndroms wie Gedächtnisschwäche, Konzentrationsstörungen und lähmende Müdigkeit.

Anfangs waren die Ärzte ratlos, als in den fünfziger Jahren Patienten über derartige Beschwerden klagten, für die sich keine unmittelbar wirkenden Ursachen erkennen ließen. Daß die Krankheitserscheinungen tief in der Vergangenheit wurzeln und, wie die westdeutschen Mediziner Dr. Helmut Paul und Dr. Hans-Joachim Herberg notierten, "erst nach einem Intervall scheinbarer Symptomfreiheit in Erscheinung treten", wurde erst deutlich, als sich die Fälle häuften.

Norwegische Ärzte waren die ersten, denen das Phänomen begegnete: Ehemalige KZ-Häftlinge brachen seelisch zusammen - Jahre nachdem es ihnen scheinbar gelungen war, den Weg zurück in die bürgerliche Gesellschaft zu finden. Als der norwegische Kriegsopferverband beanstandete, daß die an solchen Spätschäden Erkrankten nicht angemessen unterstützt würden, begannen das Institut für Sozialmedizin in Oslo und die neurologische Abteilung des Osloer Reichshospitals im März 1957, dem Lebensweg ehemaliger NS-Verfolgter systematisch nachzugehen.

Der norwegische Arzt Dr. Leo Eitinger untersuchte das Schicksal von 100 ehemaligen KZ-Insassen. Schon ein Jahr nach der Befreiung, erfuhr Eitinger, waren 87 von ihnen so weit wiederhergestellt gewesen, daß sie wie Gesunde hatten arbeiten können. Doch ein Jahrzehnt später - zum Zeitpunkt der Untersuchung - führten nur mehr vier der 100 Verfolgten ein normales Leben. Alle anderen vermochten ihre Arbeit nur unter größter Anstrengung zu bewältigen; sie zeigten unter anderem Gefühlslabilität und Mangel an Initiative, sie waren nervös und leicht reizbar. Eitinger diagnostizierte: KZ-Syndrom.

Also lag Frau Lasker-Walfisch (und auch ich) wohl mit dem bestätigten Eindruck falsch und dieses kann wirklich daran liegen, dass mittlerweile die schwer geschädigten Menschen verstorben sind.

Euer Jürgen



On 24.01.2015 20:09, wdt wrote:
Nur beobachtend vermute ich auch, dass steigender Wohlstand und damit einhergehend geminderte Erforderlichkeit härteren Einsatzes zu einer allgemeinen Abwehrschwäche führen kann.

Für aktuelle Vergleiche böten sich Entwicklungs- und/oder Schwellenländer an. Ich beobachte wesentlich härtere Einsatzbereitschaft z.B. bei eingewanderten Menschen aus Rumänien/Bulgarien.

Die dort wesentlich geringere durchschnittliche Lebenszeit lässt allerdings auch die Skepsis von Bernd plausibel erscheinen.

\wolf


Am 21. Jan. 2015 um 01:35 schrieb Jürgen Junghänel <junghaenel-hannover AT gmx.de>:

viel eher Frustationen zugemutet

    
    



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